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Geiseldeal in NahostHamas bricht den Deal

Die Terrororganisation hat die für Samstag geplante Freilassung israelischer Geiseln ausgesetzt. Die Ankündigung folgte auf neue Trump-Äußerungen.

Hamas Kämpfer am 8. Februar in Deir el-Balah bei einer Geiselübergabe an das Internationale Rote Kreuz Foto: UPI Photo/imago

Das ohnehin brüchige Waffenstillstandsabkommen zwischen der radikalislamischen Hamas und Israel hängt nun am seidenen Faden. Am Montagabend kündigte die Hamas an, den für Samstag geplanten Austausch von Geiseln und Gefangenen auf unbestimmte Zeit zu verschieben.

Israel habe in den vergangenen drei Wochen angeblich seine im Waffenstillstandsabkommen festgelegten Verpflichtungen nicht erfüllt, so der Sprecher des militanten Flügels der Hamas, der Al-Kassam-Brigaden, Abu Obeida. Ihm zufolge behindere die israelische Armee den Fluss humanitärer Hilfe nach Gaza und nehme Palästinenser ins Visier, die in den Norden des Streifens zurückkehren.

Die Hamas fordert eine „rückwirkende Entschädigung“ für die angeblichen Verstöße Israels gegen den Waffenstillstand, andernfalls werde sie bis auf Weiteres keine Geiseln mehr freilassen.

Ob der Schritt der Hamas auch eine Antwort auf Trumps jüngste Äußerungen zu seinen Gaza-Plänen ist, bleibt vorerst Spekulation. Der US-Präsident hatte in einem Interview mit dem US-amerikanischen Sender Fox News auf die Frage, ob die Palästinenser das Recht haben würden, in das Küstengebiet zurückzukehren, gesagt: „Nein, das würden sie nicht, denn sie werden viel bessere Unterkünfte haben.“

Trumps „Rivierapläne“ schuld?

Laut Trumps Ansinnen soll Gaza zukünftig im Besitz der USA sein. Aus dem Küstenstreifen will er die „Riviera des Nahen Ostens“ machen und die Pa­läs­ti­nen­se­r*in­nen zwangsumsiedeln. Er geht davon aus, einen Deal mit Israels Nachbarn Ägypten und Jordanien schließen zu können. Beide Länder lehnen die Unterbringung von Palästinensern aus dem Gazastreifen aber vehement ab.

Bislang wurden seit dem Inkrafttreten der Waffenruhe fünfmal Geiseln gegen palästinensische Gefangene ausgetauscht. Der nächste Austausch war für Samstag geplant. Dabei hatten drei israelische Geiseln im Gegenzug für Hunderte palästinensische Häftlinge freikommen sollen.

Nach der Freilassung drei weiterer israelischer Geiseln am vergangenen Samstag im Gazastreifen sind erschreckende Details über die Umstände ihrer Geiselhaft bekannt geworden. Der Bruder des freigelassenen Or Levy berichtete, der 34-Jährige sei „16 Monate lang hungrig, barfuß und in ständiger Angst“ gewesen. Einer der Männer sei angekettet gewesen und habe weder gerade stehen noch gehen können.

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18 Kommentare

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  • Hat wirklich die Hamas den Deal gebrochen? Die Tagesschau berichtete gestern, eine israelische Delegation für weitere Verhandlungen wird seit einer Woche in Katar erwartet und niemand kam. Entsprechend reagiert die Hamas nun, warum finde ich dazu hier nichts?

    • @TV:

      Ich hab gelesen, das die Delegation bereits wieder abgezogen worden ist. globalnews.ca/news...ons-hostage-delay/



      Und da steht auch: "...while another group representing Israeli military veterans accused the government of intentional sabotaging the ceasefire agreement."



      Zumal in verschiedenen Medien berichtet wurde, das das Team gar keine Zusagen treffen durfte und keine wirklichen Verhandlungsbefugnisse hatte. Deren Abreise aus Israel wurde sowieso mehrere Tage verzögert wegen Netanjahus Besuch in den USA.



      Die New York Times hat zumindest versucht zu überprüfen ob die Anschuldigung von Hamas bezüglich der Lieferungen von z.B. Zelten stimmen: "Speaking on the condition of anonymity to discuss a sensitive matter, three Israeli officials and two mediators said that Hamas’s claims were accurate." Cogat behauptet was anderes. www.nytimes.com/20...ase-fire-deal.html



      Und seit dem Beginn des Deals wurden 25 Palästinenser in Gaza getötet (von 3 wurde selber hier gestern in der taz berichtet) und unzählige verletzt durch die isr. Armee- wieso stellt das kein Bruch des Deals dar?

  • Trump ist ein Chaot und macht hier mit seiner Rhethorik das zarte Pflänzchen Hoffnung auf einen Weg zum Frieden kaputt. SO SAD!

    Die Psychologie der Palästinenser ist aber sogar für die Palästinenser selbst überfordernd. Sie sind in einem Teufelskreis aus Hass und Vernichtungsphantasien gefangen. Hamas hält die gesamte eigene Bevölkerung als Geiseln, könnte man sagen. Stockholm-Syndrom inklusive.

    Das Foto illustriert sehr anschaulich einen weiteren Widerspruch: Die israelisischen Geiseln sind abgemagert und unterernährt - die Hamas-Kämpfer dagegen demonstrativ top fit und gut ernährt. An einen generellen Mangel an Versorgungsgütern in Gaza mag man da nicht so recht glauben. In den Tunneln gibt es weiterhin genug zu essen - nur eben nicht für die Geiseln.

  • Die Qualifikation der Hamas als Terrororganisation mag richtig sein, sie hilft aber im Falle des asymmetrischen Konfliktes zwischen Israel und der von ihr kontrollierten, palästinensischen Bevölkerung nicht weiter. Fragt Frankreich, wie das mit der "Polizeiaktion" in Algerien in den 1950ern denn so war. Vermutlich mehr als eine Million Tote auf der algerischen Seite, aber das hat ihren Willen nicht gebrochen, im Gegenteil!

    Das von Trump bestätigte Kriegsverbrechen (Gaza is a demolition site) und das angekündigte (Vertreibung, Enteignung und Immobilienprojekt) helfen ganz bestimmt nicht weiter.

    Jetzt droht der mit der Psychologie der Palästinenser völlig überforderte Trump mit "der Hölle". Hat er nicht die Tracks der in den zerstörten Norden zurückkehrenden Menschen gesehen? Wen will er damit beeindrucken?

    • @Deutschfranzose:

      Trump ist nicht nur mit der Psychologie der Palästinenser völlig überfordert, sondern auch mit seinen eigenen Machtansprüchen.

  • "Hamas bricht den Deal"

    und/oder

    "Israel habe in den vergangenen drei Wochen angeblich seine im Waffenstillstandsabkommen festgelegten Verpflichtungen nicht erfüllt, ..."

    Ich bin an der Wahrheit interessiert und fände es gut in einem taz-Artikel zu erfahren, welche der beiden Darstellungen korrekt ist bzw. ob beides stimmt.

    Freundlichen Dank.

    • @*Sabine*:

      Streng genommen hat Hamas den Deal noch nicht gebrochen, da die nächste Freilassung erst am 15.2. fällig ist.



      Solche Verzögerung um auf die andere Seite Druck auszuüben haben die Isr. auch gemacht.



      www.timesofisrael....ease-of-prisoners/

      Vorwürfe gegen Isr.:



      1. Beschuss von Rückkehrern; schwer verifizierbar, evtl. Auslegungssache. Zumindest kam es zum Beschuss von Pal., die anscheinend in der Pufferzone isr. Truppen zu nah gekommen waren. Weitere Tote gab es in Al-Qatara und Shujayea, über die nicht näheres vorliegt, aber auch diese Viertel sind grenznah.



      www.timesofisrael....three-said-killed/

      2. Verzögerung der Rückkehr nach Norden; kann ich nicht verifizieren, zumindest hat sich IDF wie im Abkommen vorgesehen am Wochenende aus der Netzarim-Schneise zurückgezogen.

      3. Ausbleibende Hilfslieferungen; schwer verifizierbar, weil zu wenig Daten vorliegen. Zumindest die geforderte Menge an 600 LKW tägl. Seit lt. COGAT rein gekommen. Hamas beklagt weniger Treibstoff, Unterkünfte, Baumaschinen als vereinbart – darüber später noch weiteres.

    • @*Sabine*:

      Hamas hat den Deal gebrochen, das war abzusehen. Auch weil die verbleibenden verschleppten Geiseln in meist fürchterlichen Zuständen ihre Zeit verbracht haben.

      Keine gute PR und da Israel Teritorium aufgegeben hat konnte Hamas sich reorganisieren. Sie haben also kein Grund am Deal festzuhalten.

  • Hatte mich eh gewundert, dass die Hamas Verträge macht.

    Ihre Gründungscharta von 1988 schließt das aus.

    Artikel 13 erklärt, dass die Hamas friedliche Lösungen und internationale Konferenzen zur Lösung der Palästina-Frage rigoros ablehne; sie habe kein Vertrauen, dass die Unterdrückten so die geforderte Gerechtigkeit bekommen könnten.

    Konferenzen seien „lediglich eine Spielart unter anderen, um die Ungläubigen zu Herrschern auf dem Boden Palästinas zu machen“.

    Die Palästina-Frage könne nur durch den Dschihad gelöst werden.

    Schrecklich für die Geiseln. Mehr als die Hälfte von ihnen hat die Hamas schon zu Tode gequält. Leben da überhaupt noch welche? Die Hamas dealt längst mit Leichen.

    • @shantivanille:

      "Artikel 13 erklärt, dass die Hamas friedliche Lösungen und internationale Konferenzen zur Lösung der Palästina-Frage rigoros ablehne; ..."

      Ich finde es in Zusammenhang mit der nicht erfolgreichen und durchlässigen, angeblichen und/oder tatsächlichen Blockade Gazas auch etwas unfair, nicht zu erwähnen, dass sich die gazanische Regierung nach gewonnener Wahl geweigert hat Israel anzuerkennen und auf Gewalt zu verzichten. Somit musste sich Israel zumindest darum bemühen, die Lieferung von Waffen und waffentauglichem Material zu unterbinden, was letztendlich nicht gelungen ist, wie wir wissen.

  • Riviera hin, Riviera her.

    Die Hamas muss restlos entmachtet werden, wie auch immer.

    Die widerlichen Übergabe-Shows der Hamas sprechen eine deutliche Sprache.

    Die Palästinenser hatten viele Chancen und Möglichkeiten zur Staatenbildung.



    Sie haben alle ausgeschlagen.

    Irgendwann ist die Party vorbei.

    Wenn die Hamas den Endkampf will, soll sie ihn haben. Gegen die Nationalsozialisten hat auch nichts anderes geholfen.

    • @Jim Hawkins:

      Wenn es denn bitte die Hamas komplett trifft.

    • @Jim Hawkins:

      Blöd nur wenn beide eine Blut-und-Boden Ideologie unter religiöser Ummäntelung vertreten. Zur Klarstellung ich meine nicht die Völker Palästinas/Israels sondern konkret Hamas und Kabinett Netanjahu.

  • "Die Hamas fordert eine „rückwirkende Entschädigung“

    Deshalb verhandelt man nicht mit Terroristen. Ihre Versprechen sind einfach nichts wert.

    Gefolterte, vergewaltigte und halb verhungerte Geiseln.

    Und weltweit wird zugelassen, dass verwirrte Kinder die Terrorsimbolik an Wände von Universitäten schmieren.

    "Beide Länder lehnen die Unterbringung von Palästinensern aus dem Gazastreifen aber vehement ab."

    Selbst die direkten Nachbarn fürchten die Terroristen die sie sich ins Land holen würden.

    "Sollte der Rafah-Grenzposten für palästinensische Flüchtlinge geöffnet werden, fürchtet Kairo, dass auch Hamas-Unterstützer den Gazastreifen verlassen und sich auf dem Sinai mit ihren ideologisch verwandten Dschihadisten zusammentun könnten. Die ohnehin angespannte Sicherheitslage auf der Halbinsel würde sich weiter zuspitzen."

    "Die steinreichen Golfstaaten Katar, Saudi-Arabien oder die Ver. Arabischen Emirate könnten Flüchtlingsunterkünfte problemlos finanzieren, wollen aber bis auf reiche Ausländer aus dem Westen niemanden ins Land lassen. Katar beherbergt dafür ausgerechnet Hamas

    www.n-tv.de/politi...ticle24505765.html

    • @Pawelko:

      "Deshalb verhandelt man nicht mit Terroristen. Ihre Versprechen sind einfach nichts wert."

      Na zum Glück sind wir gerade mitten im Wahlkampf, da ist es leichter so eine Aussage richtig einzuordnen. Ist immer eine Frage der Perspektive.

  • Sind halt einfach ganz nette Leute, die Hamas-Kämpfer. Die tun was. Gegen die Unterdrücker.

    Oder sind's einfach fiese brutale Terroristen, denen es scheißegal ist, wer da wie dran glauben muss?

  • "Israel habe in den vergangenen drei Wochen angeblich seine im Waffenstillstandsabkommen festgelegten Verpflichtungen nicht erfüllt"



    Diese Aussage ist an Lächerlichkeit nicht zu überbieten, vor allem in Anbetracht das bisher jedes Mal einige wenige Israelis gegen hunderte Palästinenser freigepresst wurden...



    Zumal die Israelis zumeist unbescholtene Bürger/Geiseln waren, während es sich bei den Palästinenser fast durchweg um verurteilte Terroristen handelt.

    • @Farang:

      "...während es sich bei den Palästinenser fast durchweg um verurteilte Terroristen handelt."



      Das ist jetzt nicht unbedingt so durchgängig, da gibt es durchaus Zweifel. Sonst pflichte ich Ihnen bei.