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Gehaltserhöhung für MerzMehr Geld und ein Urlaub im Sauerland

Kersten Augustin

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Kersten Augustin

Das Gehalt des Bundeskanzlers steigt. Kein guter Grund für eine Neiddebatte – aber wie wäre es mit Bonuszahlungen für den Agendakanzler?

Ob der Kanzler erfreut wäre, wenn das Gehalt an seine Leistung geknüpft würde? Foto: Stefan Boness

B undeskanzler Friedrich Merz ist bisher nicht durch eine besondere Nähe zu den deutschen Gewerkschaften aufgefallen. Nun allerdings sollte er sich überlegen, doch noch bei Verdi einzutreten und beim nächsten Auftritt statt seiner mittlerweile bekannten „Wir müssen alle mehr arbeiten“-Ruck-Rede zur Abwechslung ein Loblied auf die Solidarität und die streikenden Kita-Erzieherinnen zu singen.

Denn diesen hat Merz es zu verdanken, dass nun sein Einkommen als Bundeskanzler steigt. Wegen der Einigung im Tarifkonflikt des öffentlichen Dienstes im Mai steigen rückwirkend auch die Gehälter von Bundesbeamten. Das Amtsgehalt des Bundeskanzlers steigt um 620 Euro, ab kommenden Mai um weitere 600 Euro. Ohne Zulagen kommt Merz dann auf rund 21.900 Euro. Das ist gutes Geld – aber kein Grund zur Aufregung.

Anonyme Populisten in der taz-Redaktion behaupten zwar: Skandal, das ist ja mehr als der Regelsatz eines Bürgergeldempfängers! Und auch in anderen Medien war von „saftigen“ oder „satten“ Gehaltssteigerungen die Rede. Vielleicht liegt hier aber ein Missverständnis vor, oder mancher Kollege hat Probleme mit der Prozentrechnung. Denn drei Prozent Steigerung im einen und 2,8 im kommenden Jahr sind nicht viel.

Und man darf sowohl bei Friedrich Merz als auch bei anderen Mitgliedern des Kabinetts davon ausgehen, dass sie ihren Beruf nicht aus finanziellen Gründen angenommen haben. Sie könnten in einer anderen Branche mit weniger Stress wohl genauso gut oder besser verdienen.

Merz könnte die Gewerkschaften loben

Besser als eine wenig fruchtbare Neiddebatte wäre es deshalb, wenn Merz die Steigerung als Anlass nähme, die Gewerkschaften zu loben und zu preisen – und die Arbeit im öffentlichen Dienst und von Beamten.

Dass es dazu kommt, ist eher unwahrscheinlich. Denn diese Berufsgruppen haben ja nicht unbedingt den besten Ruf, insbesondere bei der CDU-geführten Bundesregierung. So hat sie bereits angekündigt, die Zahl der Beamten in Ministerien reduzieren zu wollen.

Schon vor seiner Wahl brüstete sich Friedrich Merz gern mit seiner Wirtschaftsnähe und seiner Erfahrung beim Vermögensverwalter Blackrock. Besonders stolz ist er, dass er in sein Kabinett sogenannte Wirtschaftskompetenz geholt hat, mit der Ex-Energiemanagerin Katherina Reiche als Wirtschaftsministerin und dem Ex-MediaMarktSaturn-Manager Karsten Wildberger als Minister für Digitalisierung. In der Talkshow Caren Miosga bewarb Merz am Sonntag das auf der Kabinettsklausur erarbeitete Programm zur Digitalisierung und Entbürokratisierung: Nun mache man es endlich wie in der Wirtschaft, sagte er sinngemäß.

Gehalt muss an Leistung gekoppelt sein

Nur folgerichtig wäre es da doch, auch Merz’ Gehalt als Bundeskanzler in Zukunft frei zu verhandeln, wie es für Manager in der freien Wirtschaft üblich ist, und die Höhe an erbrachte Leistungen zu koppeln.

Bei der Deutschen Bahn, immerhin ein Unternehmen im Besitz des Bundes, werden die Gehälter des Vorstands bereits an messbare Leistungen wie die Zufriedenheit der Mitarbeiter oder die Pünktlichkeit im Fernverkehr gekoppelt. Wenn Merz nun laut von einer neuen Agenda 2030 fürs ganze Land träumt, bieten sich eine Handvoll Parameter an, um seinen Erfolg als Bundeskanzler zu messen.

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Schafft Merz es, bis zur nächsten Bundestagswahl die AfD zu halbieren? Dann wäre mindestens das doppelte Gehalt angemessen. Lässt der Wirtschaftsfachmann das Bruttoinlandsprodukt im kommenden Jahr um 3 Prozent wachsen? Dann wäre eine Steigerung in gleicher Höhe durchaus drin. Kommt Merz auch beim nächsten Besuch bei Donald Trump unbeschadet wieder aus dem Oval Office? In diesem Fall winken drei Tage Sonderurlaub im Sauerland.

Auch kleinere Erfolge wären im neuen, leistungsbezogenen Gehaltsmodell für den Bundeskanzler durchaus denkbar. In der taz wurde etwa wohlwollend registriert, dass Merz sich am Sonntag in der Talkshow von Caren Miosga zum ersten Mal als Bundeskanzler zur Rolle seines Großvaters im Nationalsozialismus geäußert hat (dass ihn erst die Recherchen der taz darauf aufmerksam machten, geschenkt). Auch solche Art der öffentlichen Aufarbeitung der eigenen Familiengeschichte darf durchaus honoriert werden!

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Kersten Augustin
Ressortleiter Inland
Kersten Augustin leitet das innenpolitische Ressort der taz. Geboren 1988 in Hamburg. Er studierte in Berlin, Jerusalem und Ramallah und wurde an der Deutschen Journalistenschule (DJS) in München ausgebildet. 2015 wurde er Redakteur der taz.am wochenende. 2022 wurde er stellvertretender Ressortleiter der neu gegründeten wochentaz und leitete das Politikteam der Wochenzeitung. In der wochentaz schreibt er die Kolumne „Materie“. Seine Recherchen wurden mit dem Otto-Brenner-Preis, dem Langem Atem und dem Wächterpreis der Tagespresse ausgezeichnet.
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18 Kommentare

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  • Wer mit 70 noch wegen des Geldes arbeitet, hat es nötig oder nichts verstanden

  • Eine Bezahlung nach Leistung ist grundsätzlich in Ordnung. Aber wer definiert in der Politik die Leistung. Je nach Parteizugehörigkeit sieht die Definition wohl anders aus.

  • Merz würde in der freien Wirtschaft mehr verdienen, anders, als ehemalige Spitzenpolitiker der Grünen oder SPD wie Lang, Baebock oder Kühnert, die ohne abgeschlossene Ausbildung und ohne jedwede Berufserfahrung auf dem ersten Arbeitsmarkt keine Chance hätten..

  • Naja,

    nehmen wir mal an, der Herr Bundeskanzler würde entsprechend der Wirtschaft entlohnt werden, dann würde sich sein "Grundgehalt" zunächst mindestens verfünffachen und über die Zahlung der Variablen gäbe es wohl ständig Streit.

    Lassen wir doch, wie es ist.

  • Der Bundeskanzler ist ja kein Beamter wird aber so alimentiert :



    Deswegen :



    www.dbb.de/einkomm...ensrunde-2026.html



    www.dbb.de/beamtin...e-und-politik.html

    dbb und tarifunion machen ja kein Geheimnis aus ihren Interessen.

    Deswegen mit Verweis auf benachbarte TAZ Interessensbekundungen :



    www.dbb.de/artikel...ndeskabinetts.html



    www.dbb.de/artikel...-ueberfaellig.html



    www.dbb.de/artikel...h-aufgestellt.html

    Caren Miosga habe ich schon mal gehört, aber immer ignoriert.

    Das Einkommen des Bundeskanzlers, einschließlich Versorgungen ist ein Maßstab für die Grenze nach oben. Mehr nützt natürlicherweise nichts. Die große Wissenschaftspreise liegen etwas über dem Jahreseinkommen, die Empfänger bekommen sie aber meistens nur einmal im Leben und verdienen sonst weniger.

  • In einem Artikel der Kom-Merz-ialisierung der Politik, ihrer Wirtschaftsnähe und dem Typus „Macher“ als obersten „Herrscher auf Zeit“ das Wort zu reden, zeugt von einem Mangel an demokratischer Bildung und kritischer Distanz zu einem Mainstream der Mitte von Medien und Gesellschaft. Der ist daran gewöhnt, Wahlen für demokratisch, elitäre Parteienoligarchie für repräsentativ und eine durch private Profitinteressen dominierte Marktwirtschaft für unverzichtbar zu halten. Nichts davon ist eine absolute Wahrheit, alles pure Ideologie. Kaschiert wird dies u.a. dadurch, dass gute Regierungsführung zunehmend als reines Managementproblem dargestellt wird: Es müssten nur die richtigen Leute an der Spitze die richtigen Entscheidungen treffen.

    Bonis für Bosse in der Wirtschaft spiegeln dort nur die Hierarchien von Macht und Interessen (der Eigentümer und Aktionäre) wieder, nicht die Interessen der Belegschaft, Geschäftspartner oder der Gesellschaft.

  • "man darf sowohl bei Friedrich Merz als auch bei anderen Mitgliedern des Kabinetts davon ausgehen, dass sie ihren Beruf nicht aus finanziellen Gründen angenommen haben. Sie könnten in einer anderen Branche mit weniger Stress wohl genauso gut oder besser verdienen"



    Darin liegt für mich das Hauptproblem unseres Systems. Wir haben viel zu viele Politiker, die aber viel zu schlecht bezahlt werden.



    Wir wären deutlich besser beraten mit einem Bundestag aus 100 Politikern, die dafür adäquat verdienen.



    Vor vielen Jahren war mal zu lesen, dass selbst die Chefin der Berliner Verkehrsbetriebe doppelt so viel verdient wie der Bundeskanzler



    Die BVG hat 16.000 Mitarbeiter und aus unzähligen Medienberichten weiß man, dass da seit langem wenig gut läuft. Hoch verschuldet, unpünktlich, Fahrzeugmangel, etc...



    Trotzdem verdient wer 16.000 Menschen leitet doppelt so viel als wer 84.000.000 leitet. Finde den Fehler.



    Viele Anwälte, Makler, Ingenieure verdienen mehr als Merz...



    Für mich ist es absolut kein Wunder, dass wir keine fähigen Bewerber mehr für politische Ämter haben, denn gemessen an der Verantwortung werden diese Jobs weit unter Mindestlohn besoldet.



    Wie will man da fähiges Personal gewinnen?

    • @Saskia Brehn:

      Ich weiß nicht ob die Höhe der Besoldung die Fähigkeiten der Politiker in politischen Ämtern erhöht.



      Auf die Schnelle fällt mir da Julia Glöckner ein.



      Nicht zu vergessen, Politiker lassen sich für Vorträge bezahlen arbeiten als Anwälte, betreiben Landwirtschaft usw.



      Die Integrität der Politiker ist entscheident nicht das Einkommen finde ich.



      Auszug....



      beschreibt die Eigenschaft, ehrlich, aufrichtig und unbestechlich zu sein und nach moralischen sowie ethischen Prinzipien zu handeln, auch in schwierigen Situationen...



      Bei der Verringerung der Zahl der Abgeordneten bin ich bei ihnen!



      Was die Besoldung der Abgeordneten der AfD anbelangt, nun auch die verachtfachung des Einkommens würde, schaue ich mir die Personen im BT an keine.. Hier muß ich aufhören sonst schmeißt mich Netti raus.

    • @Saskia Brehn:

      Das meinen sie nicht ernst, oder? ;)

      Anwälte, Makler, Ingenieure verdienen in der Regel unter 100k € im Jahr. Da liegen unsere Bundestagspolitiker wohl "leicht" darüber.

      „Je mehr man Menschen für etwas belohnt, desto mehr verlieren sie das Interesse an dem, was sie tun mussten, um die Belohnung zu bekommen.“ Alfie Kohn

      • @EDL:

        Ihre Gehaltsinformationen sind nicht mehr up to date, selbst im Staatsdienst starten Juristen mit 70.000€ aufwärts, die Einstiegsgehälter in Großkanzleien betragen oft schon weit über 100.000 Euro. Das war auch erst vor kurzem Woche hier im der taz zu lesen...



        taz.de/Zukunft-der-Justiz/!6111623/

        • @Saskia Brehn:

          Man sollte das Gehalt der Branchen nicht an den höchsten, sondern wohl eher an den mittleren und niedrigeren Einkommen bemessen. Ich staune in der Regel auch nicht schlecht, was man in meiner Branche so verdienen kann.

          de.jobted.com/gehalt

    • @Saskia Brehn:

      Gleichzeitig haben wir viel zu viele Politiker, die viel zu gut bezahlt werden (insbesondere im EU-Parlament oder den berliner Bezirken).

      • @DiMa:

        Absolut.

  • Wäre Merz Jurist geblieben oder würde als Senior Partner in einer Steuerkanzlei arbeiten, könnte er über die Bezahlung als Bundeskanzler nur müde lachen. Wegen des Geldes tut sich niemand den Job an.

    • @Zven:

      Vielen die in die Politik gehen, geht es anfangs darum, wirklich etwas zu bewirken. Irgendwann merken sie, das klappt nicht. Dann hören sie entweder auf, oder versuchen "Macht" zu bekommen, um doch etwas zu bewirken. Das fängt in Städten und Gemeinden an, endet dann in der großen Politik. Diese ",Machtgeilheit" ist häufig auch ein Phänomen bei Betriebsräten. Macht durch Mitbestimmung.

  • Die Einhaltung der Wahlversprechen kann man bekanntlich nicht erzwingen.

    Aber man könnte das Saläre der Politiker an der Erreichung der vor der Wahl angekündigten Ziele koppeln.

    Allerdings ... negativ kann das Gehalt ja trotzdem nicht werden ....

    • @Bolzkopf:

      In einer Koalition ist es halt nich immer leicht Wahlversprechen zu halten. Alle Partner haben Versprechen gegeben - und irgendwer muss zurückstecken. Ansonsten bekommen wir Freankreich 2025.

  • Werden die Preise von Lebensmitteln denn auch prozentual vom Gehalt berechnet?? Die Miete auf dein Einkommen angepasst??

    Natürlich ist das unverschämt hoch und nötig hat er es auch nicht.