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Geflüchtete und RessentimentsDer Riss durch Deutschland

Mit den Geflüchteten kamen die Ressentiments. Der aufkeimende Hass vergiftet auch das soziale Umfeld und zerstört Familien.

Eine Asylbewerberunterkunft in Ludwigshafen am Rhein Foto: Erik Irmer

Lüneburg/Hamburg taz | Als das Schuljahr im Spätsommer 2015 in beginnt, fragt die Lehrerin, ob es ein aktuelles Thema gäbe, über das die SchülerInnen mit ihr sprechen wollten. Marc Fleischmann hat gerade erst in die elfte Klasse des beruflichen Gymnasiums 1 in Lüneburg gewechselt. Er meldet sich. „Über die Flüchtlingskrise sollten wir sprechen“, findet er. Da weiß Marc Fleischmann noch nicht, wie sehr sie ihn selbst treffen wird.

Ein gutes Jahr später steht die Herbstsonne über Lüneburg. Marc Fleischmann führt über den Schulhof, einmal um das Backsteingebäude mit dem Flachdach herum. Hinter der Schule steht die Turnhalle. „Hier waren die Flüchtlinge untergebracht“, erzählt Fleischmann und deutet auf einen modernen Bau, keine hundert Meter vom Eingang der Schule entfernt.

Marc Fleischmann hat seine kurzen Haare aufgestellt. Während er über den vergangenen Herbst spricht, blickt er ein wenig schüchtern durch seine schwarze Brille. „Da gab es schnell die ersten Gerüchte. Dass die Flüchtlinge beim Kiosk klauen oder Mädchen angrabschen“, erinnert er sich.

Auch in Fleischmanns Klasse gibt es Vorurteile. Mehr noch, einige seiner MitschülerInnen werden ausfällig, machen sich lustig. Für ihn ist das schwer auszuhalten. Die Ressentiments, die dummen Sprüche, die durch den Klassenraum schallen, sie gelten den Geflüchteten in der Turnhalle. Doch vor allem treffen sie ihn. Er widerspricht. Und wird gemobbt. Der Gang zur Schule wird für ihn zunehmend zur Qual.

Es geht ein Riss durch Deutschland

Dass Marc Fleischmann Rassismus nicht egal ist, merkt man sofort. Der Achtzehnjährige engagiert sich in der Grünen Jugend in Uelzen, wo er wohnt. Wenn er von Politik spricht, verschwindet das Jungenhafte an ihm. Als „progressiven Linken“ versteht er sich. Kretschmann, Palmer, das sind für ihn „Ultra-Realos“. „Ob die überhaupt noch grün sind – na ja.“ Sein Vokabular ist nicht das eines Schülers. Der vorsichtige Gang und die Winterschuhe mit Klettverschluss wirken wie Understatement.

Die kriegen ja alles in den Arsch gesteckt, sagt ein Mitschüler

Es geht ein Riss durch Deutschland. Er zeigt sich im öffentlichen Diskurs, der in Fernsehtalkshows oft vor allem der Darbietung persönlicher Anfeindungen dient. Man sieht den Riss bei den Land- und bald auch den Bundestagswahlen, bei denen die AfD immer mehr Zustimmung erfährt.

Vielleicht aber, das wird bei der Recherche schnell klar, ist der Riss abseits der Öffentlichkeit noch tiefer. Viele, die sich engagieren, berichten, dass die eigene Familie oder Freundschaften zerbrechen. Oder eben die Schulklasse: je näher die Menschen, desto tiefer die Spaltung. Schon deshalb lohnt der Blick auf den Alltag derer, an denen das Weltgeschehen nicht unbeachtet vorbeirast, die sich in dieser Zeit wie Marc Fleischmann engagieren, demonstrieren oder einfach das Geschehen nicht hinnehmen wollen.

„Asylantrag abgelehnt!“

In Lüneburg sind es von Fleischmanns Schule nur zehn Minuten bis in die Altstadt. Er geht an den malerischen Altbauten vorbei, kramt sein Telefon hervor und zeigt Screenshots aus der WhatsApp-Gruppe seiner Klasse aus dem letzten Winter. Ein paar Hänseleien gegen ihn. Eine Bildmontage, auf der Angela Merkel im Kopftuch zwischen den Penissen zweier dunkelhäutiger Männer kniet. Dann ein Schwarz-Weiß-Bild. Es zeigt einen Wehrmachtssoldaten, der auf Menschen schießt, die vor ihm auf der Straße liegen. „Asylantrag abgelehnt“, steht darunter.

„Ich wollte nicht juristisch dagegen vorgehen, dann wäre ich ja noch mehr an den Rand gedrängt worden“, erzählt Marc Fleischmann. „Die haben vor mir Witze über Flüchtlinge gemacht, um mich zu provozieren.“ Zu Beginn des Schuljahrs fühlte er sich noch gut aufgehoben, mit zwei, drei SchülerInnen freundete er sich gar an. Doch irgendwann wenden auch die sich von ihm ab. „Da war ein Mädchen dabei, dessen Mutter von Hartz IV lebt“, erinnert sich Fleischmann. „Als die Flüchtlinge kamen, hatte sie Angst, dass sie noch weniger Geld haben werden. Sie hat mich nicht verstanden, und der Kontakt brach ab.“

Kurz vor Weihnachten trifft sich die Klasse zum Frühstück. Er schlägt vor, die übrigen Brötchen in die Turnhalle zu bringen. Ein Klassenkamerad lacht ihn aus und schmeißt die Brötchen in den Müll: „Die kriegen ja alles in den Arsch gesteckt.“

Das ist zu viel für ihn. Marc Fleischmann verlässt aufgewühlt den Unterricht. Die Weihnachtsferien verbringt er in einer Klinik. Im Anschluss müht er sich durch den Rest des Schuljahrs. Seine MitschülerInnen sollen nicht von der Depression erfahren. Wenn diskutiert wird, mischt er sich nicht mehr so oft ein, das haben ihm auch die Ärzte geraten. Heute ist das Thema weniger präsent, ein Teil der Klasse hat das Schuljahr nicht geschafft, und so fällt es ihm wieder leichter herzukommen: „Ich weiß, dass die mich nicht mögen, und die wissen, dass ich sie nicht mag.“

Ein gutes Jahr wird Marc Fleischmann noch zur Schule gehen. Doch er denkt schon weit darüber hinaus. „Wie kann man diesen Hass eindämmen? Wie können wir als Gesellschaft wieder zusammenfinden?“ Das sind die Fragen, die sich Fleischmann an diesem Vormittag in Lüneburg stellt. Und er meint, die Schuldigen für den Hass zu kennen: „Wir müssen was gegen die Leute machen, die diese Stimmung verbreiten.“ Ob er sich in Zukunft weiter engagieren, nach seinem Volkswirtschaftsstudium vielleicht Politiker werden möchte, hätte man ihn eigentlich nicht fragen müssen.

Die Hetze aus der eigenen Familie

Ein paar Kilometer nördlich, in Hamburg, betritt Tania Ellinghaus ein portugiesisches Café. Den Latte Macchiato bringt der Besitzer ungefragt. Sie ist Ende vierzig, sie trägt einen Pony, spricht selbstbewusst und viel. Auch Ellinghaus lebt seit einiger Zeit nahe am Riss. Eigentlich verstand sie sich gut mit ihrer älteren Schwester. „Herzlich war das Verhältnis zu ihr“, erzählt sie. Doch als letzten Sommer immer mehr Geflüchtete nach Deutschland kommen, beginnt ihre Schwester Hassbotschaften und Artikel des neurechten Compact-Magazins zu posten.

„Bemerkt hat das erst meine Tochter, die rief mich schockiert an, und dann haben wir beraten, was wir tun können“, berichtet Ellinghaus. Sie selbst hilft in der Flüchtlingsarbeit hier und da aus, steht auf einer Warteliste für die Aufnahme minderjähriger Geflüchteter. Ihre Tochter, die sie allein großgezogen hat, studiert in Süddeutschland und war selbst an der österreichischen Grenze, um Geflüchteten zu helfen. Die Hetze aus der eigenen Familie trifft die beiden. Ellinghaus’ Tochter schreibt einen Brief an ihre Tante und erntet nur Unverständnis und Häme.

Die verstoßene Schwester

Wie ihr geht es vielen Menschen, die sich in der Flüchtlingsfrage engagieren oder äußern. Doch bei Tania Ellinghaus ist es bereits das zweite Mal, dass sie sich von ihrer Schwester verstoßen fühlt. Die beiden sind in der DDR aufgewachsen. Ellinghaus jedoch flüchtete 1988 nach Hamburg. Gegen die gerade ausgelernte Laborantin wurde ein Berufsverbot verhängt, nachdem sie sich weigerte für die Stasi zu spionieren. Für ihre Schwester und ihren Schwager, der bei der Stasi arbeitete, war das Verrat. Jahrelang hatte Ellinghaus keinen Kontakt zu ihrer Schwester. Nur langsam besserte sich das Verhältnis zu den beiden. „Das Krasse ist ja“, meint Ellinghaus, „dass sie den Flüchtlingen heute dasselbe vorwirft, wie mir damals: dass wir unser Land und die Familie im Stich lassen.“

Mit ihren Eltern kann Ellinghaus immerhin noch sprechen, wenn auch nicht über Politik. Wenn sie von dem Riss erzählt, der durch ihre Familie geht, bleibt Ellinghaus nie lange beim Thema. Sie schweift schnell ab, sucht in langen Monologen nach Ursachen für den Hass ihrer Schwester.

Dann beginnt ihre Schwester Artikel des rechten Compact-Magazins zu posten

Wieso sind wir so unterschiedlich geworden? Da ist die Wendezeit, die ihrer Schwester, der technischen Zeichnerin, und ihrem Schwager, dem Stasioffizier, den Beruf kostete. Davon haben sie sich nie wirklich erholt. Ist da ein Bruch zwischen Ost und West? Wie kommen wir wieder zueinander?

Eigentlich heißt Tania Ellinghaus gar nicht so. Auch die Namen ihrer Tochter und ihrer Schwester sollen hier keine Rolle spielen. Denn sie will nicht noch mehr rütteln an der Verbindung, die da vielleicht noch irgendwo ist. Ellinghaus würde gern wieder ein normales, ja überhaupt ein Verhältnis zu ihrer Schwester aufbauen. Das Gefühl des Verstoßenseins schmerzt. „Das damals verstehe ich noch. Doch dass sie uns jetzt verstößt, heißt, dass sie uns in unserem freien Handeln beschneidet“, sagt sie. „Es ist meine Energie und mein Geld. Das kann ich vergeuden wie ich will.“ Tania Ellinghaus klingt fast ein wenig verzweifelt.

Letztens wurde sie am Knie operiert. Ihre Tochter war gerade mit dem Freund zu Besuch. Ellinghaus erinnert sich: „Im Krankenhaus habe ich gesagt, meine Familie holt mich ab. Da habe ich gemerkt: Ja, krass, die beiden sind jetzt meine Familie. Meine Tochter und ihr Freund.“

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42 Kommentare

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  • Ein sehr dramatisch geschriebener Artikel. Schade, dass der Autor hier mit vielen Worten der Sprachlosigkeit Ausdruck verleiht. Zu einem Blick über den Gartenzaun ist er nicht bereit gewesen. Mich hätte interessiert, was z.B. die Schwester denkt.

  • Ja. Nach meinem Eindruck wurde das Thema tatsächlich auch dazu benutzt zu polarisieren. Ausd meiner Sicht werden Menschen mit Fake-News und Hass zugeschüttet, bis sie dieser neuen "Sekte" beitreten.

     

    Wenn diese Menschen dann bei der Sekte sind, darf mensch ihnen nicht mehr mit Fakten und Argumenten kommen. Es gibt direkt Botschaften von Hass udn Beleidigungen. Facewbookfreundschaften werden gekündigt. Und genau da liegen sie goldrichtig: Das passiert in beide Richtungen. Ich selber tat das nicht, sondern wurde nach bekam eine langjärhige Freundschaft gekündigt, weil ich sachlich und freundlich mit Fakten richtigstellte.

     

    Und der Hass ist wahrhaftig wieder in Deutschland. Die absolut meisten Taten mit den höchsten Steigerungsquoten und den schwersten Straftaten kommen dabei statistisch von Rechtsextremen. Wird aber von einem Politiker mal versucht phantasievolle Konzepte gegen Rechtsextreme zu bilden?

     

    Eineseitig und damit mit einem durchaus löcherigen Sicherheitskonzept geht es nur gegen Islamisten. Auch über Maßnahmen gegen Linksextreme "darf" diskutiert werden. Wehe aber die Rechtsextremen werden mal öffentlich angesprochen. Es gibt gleich Botschaften von Hass und Beleidigungen. Gegen Linksextremisten und Islamisten ist die Demkratie inzwischen wehrhaft. Wo aber bleibt der Aufschrei gegen Rechtsextremisten?

    • @Celsus:

      Also ich keine keine rechtsextreme Organisation die offen vom Staat nach Motto "Kampf gegen Links" gefördert wird. Und bei den Straftaten hält man sich bei den Rechten auch nicht zurück. Und schreien und aufschreien tuen hier viele.

      Der Hass von Links nimmt sich wenig gegenüber dem Hass von Rechts.

       

      Ihr Ungleichgewicht erschliesst sich mir nicht.

  • Es geht also ein Riss durch Deutschland. Gehts nochen Bisschen dramatischer?

     

    Familienmitglieder entfremden sich, weil sie unterschiedliche politische Ansichten haben. In der Schule wird ein Jugendlicher gemobbt.

     

    Das alles ist ganz normaler Alltag in Deutschland seit Jahrzehnten und hat mit der "Flüchtlingskrise" aber mal überhaupt nichts zu tun.

     

    Es geht eben kein Riss durch Deutschland - vermutlich zum Leidwesen der nach schlechten Nachrichten gierenden Presse...

  • Syrien hatte 1950 etwa 3,5 Mio Einwohner. 2010 (vor Kriegsbeginn) waren es etwa 18 Mio Einwohner. Zusätzlich hat Syrien Palästinensische Flüchtlinge (ca. 0,5 Mio) und irakische Flüchtlinge (ca. 1,5 Mio) aufgenommen. Allerdings hat sich auch die Weltbevölkerung in diesem Zeitraum mehr als verpdoppelt, die Bevölkerung Asiens sogar verdreifacht.

     

    Es gibt keine eindeutigen Anhaltspunkte dafür, dass das Bevölkerungswachstum ursächlich für den Bürgerkrieg verantwortlich ist oder diesen begünstigt hat. In der Türkei hat sich die Bevölkerung im gleichen Zeitraum von 20 auf 80 Mio erhöht (+60 Mio), in Saudi-Arabien von 5 auf 32 Mio (+27 Mio). Trotzdem gelten diese Länder als politisch relativ stabil. Auf der anderen Seite herrscht im Libanon seit 40 Jahren Bürgerkrieg, hereingetragen von den Machtinteressen der Nachbarstaaten in östlicher und südlicher Richtung.

     

    Auch in Syrien selber sind die Ursachen in den politischen Rahmenbedingungen zu suchen. Vor allem das korrupte und repressive Assad-Regime ist für die Eskalation verantwortlich, aber auch die Expansion des IS, der sich aus der von der westlichen "Öl-Allianz" gedemütigten und durch Flucht und Vertreibung radikalisierten Teilen der irakischen Mittel- und Oberschicht gebildet hat.

    • 8G
      80576 (Profil gelöscht)
      @cursed with a brain:

      Was haben diese hübschen Zahlen mit dem Thema des Artikels zu tun?

      • @jhwh:

        Sehr interessant. Danke für den Link!

      • @jhwh:

        Ihre sogenannte "Quelle" ist ein subjektiv erscheinender, anonymer Blog, der bis zum Beweis des Gegenteils bestenfalls eine subjektive Einzelmeinung, unter Umständen aber auch politisch gelenkte Kampagne wiedergibt.

        • @cursed with a brain:

          Ich hatte Ihnen den Link als (tatsächlich gutgemeinte) Empfehlung geschickt.

           

          "Quelle" würde ich es nicht nennen aber die beste mir bekannte Zusammenfassung der Ereignisse, die in den syrischen Bürgerkrieg führten.

           

          Die Autorin legt ihre für jedermann zugänglichen Quellen am Ende des Artikels offen. Wenn Sie bis dahin kommen, können wir ja noch einmal darüber sprechen, ob es sich um eine "subjektive Einzelmeinung" oder eine Kampagne handelt.

  • "Würden Freunde oder Bekannte diesen Nazi-Schmarrn vertreten, den man bei Pegida, AfD & Co hört, würde ich ASAP den Kontakt abbrechen, bei Vewandten den Kontakt auf das absolut notwendige Minimum beschränken."

    So entstehen Filterblasen.

     

    Solange noch miteinander diskutiert wird gibt es ja noch Hoffnung. Wenn aber die Streitenden sich gegenseitig zu Untermenschen erklären ist der Griff zu den Waffen nicht mehr weit. Das sollte man dann doch verhindern.

  • Die Hauptursache für den Riss ist, daß sich sowohl das linke wie das rechte Lager der Republik in ihren ideologischen Schützengräber eingegraben haben, und nicht bereit sind, aufeinander zuzugehen, um sich irgendwo in der Mitte, da wo die Konsensfähigkeit liegt, zu treffen. Diese ideologische Verbohrtheit auf BEIDEN (!!) Seiten verstellt den Blick auf das Wesentliche. Daran muß gearbeitet werden, ansonsten wird der Riss immer tiefer. Das müssen nicht "nur" die Rechten verstehen, sondern die Linken ebenso. Es gibt zu diesem Thema eben gerade nicht "nur" Rechtspopulismus, sondern in gleichem Maße auch ideologisierten Linkspopulismus. Solange das so bleibt, wird sich am Kernproblem nicht viel ändern.

  • Ergänzend zu meinem Beitrag von 15:15 ungefähr vielleicht noch ein Hoffnungsschimmer.

     

    Die Verhältnisse haben sich ja komplett gedreht seit dem letzten Sommer. Diejenigen, die da glaubten, sie wären die Vernünftigen, wurden ausgegrenzt und als Rassisten bezeichnet, kennen also die Außenseiterrolle ganz gut. Nach Silvester 15-16 drehte die Stimmung erst leicht, nach den gescheiterten Anschlägen im Sommer, Freiburg und dem Anschlag von Berlin fühlen sich jetzt diejenigen ausgegrenzt und ohnmächtig, die nach wie vor die Flüchtlinge unterstützen, die ja ganz überwiegend weder kriminell noch Terroristen sind.

     

    Eigentlich wäre es ein guter Zeitpunkt, über die verschiedenen Rollen zu verschiedenen Zeitpunkten zu reden. Im Augenblick wäre es an denen, die "Oberwasser" haben, auf die anderen zuzugehen.

  • Muss in dem Beitrag zu Frau Ellinghaus denn wirklich der Bogen zu der Stasi-Vergangenheit von deren Schwager geschlagen werden? Ich meine, dass innerhalb der Familie gestritten wird weil die Schwester und deren Mann etwas gegen Flüchtlinge/Ausländer haben ist doch die eigentliche Aussage. Warum denn noch der, wie ich finde, angestrengte Versuch, als Ursachensuche in der DDR-Vergangenheit der Familie zu betreiben?

    • @Chris Toph:

      das "als" vor Ursachensuche muss weg. Sorry

      • @Chris Toph:

        Aufgabe der Stasi war zu verfolgen, auszugrenzen, Personen zu diffamieren und zu zerstören um einen autoritären Staat zu schützen. Dies hat sich tief in die Persönlichkeit dieser Kastenangehörigen in der DDR eingegraben. Genauso, wie eine Nazivergangenheit spätere Positionen und Lebenseinstellungen erklären kann, tut dies auch eine Stasivergangenheit.

  • es kann keinen wirklichen Frieden geben, wenn man auf gleicher Ebene miteinander redet. Wenn eine Seite glaubt, sie wäre sowieso im Recht, die einen, weil sie die einzig moralischen sind, die anderen, weil sie die einzig Vernünftigen sind. So kann keine Harmonie entstehen, sondern allenfalls ein Waffenstillstand.

    • @Dr. McSchreck:

      Was haben Sie gegen "Waffenstillsta[e]nd[e]", verehrter Dr. MCSCHRECK?

       

      Waffenstillstände verschaffen den Menschen Zeit. Zeit, während der sie überleben können und sich um wichtigere Dinge kümmern als die privaten Eitelkeiten einzelner Möchtegern-Alphas. Und wie sagt noch mal das Sprichwort? Kommt Zeit, kommt Rat.

       

      Mitunter klärt sich ja im Laufe der Geschichte, wer recht hatte und wer sich geirrt. Wieso soll man es darauf nicht ankommen lassen? Weil manche Leute keine Geduld haben und immer sofort Zustimmung erhalten müssen? Ja sind wir denn allesamt Dreijährige, die keinen Zeitbegriff besitzen?

      • @mowgli:

        ich habe selbst einige "Waffenstillstände", die vermutlich sehr lange andauern werden mit mir nahestehenden Personen. Wir klammern Themen aus, wo wir garantiert aneinander geraten würden.

         

        Der Artikel beschäftigt sich aber mit dem Wunsch nach mehr als einem Waffenstillstand. In diesem Sinne war mein Beitrag zu verstehen, dass dafür beide von der Idee Abschied nehmen müssen, sie wären "besser" und damit "von oben herab" reden.

         

        Ich hatte noch einen zweiten Beitrag geschrieben, der bisher fehlt. Da ich nicht glaube, dass er gegen Vorschriften verstoßen hat, warte ich erst mal ab. Der erklärt auch ein bißchen etwas, wie die Perspektive aussehen könnte.

  • Ich kann das nachvollziehen.

    Ich habe diese Hänseleien und Abwertungen selbst als Schüler erlebt, als ich 1987-88 in einem Freundeskreis Asyl mitwirkte und bei einer Veranstaltung in der Schule diesen vorstellte. Das war in Süddeutschland.

    Da gab es auch schon Residenzpflicht, Proteste gegen die Massenhinrichtungen im Iran, und die Geflüchteten wollten nicht mehr in diesen Lagern untergebracht sein und selbst kochen.

    Es sind in den Kleinstädten die ganzen Vorurteile der Eltern, die ihre Kinder in der Schule wiederholen.

     

    Verstehen Sie das nicht, Herr Majchrzyk, dass es um existenzielles Überleben geht und man hier riesigen Reichtum umverteilen kann?

    • @nzuli sana:

      "Verstehen Sie das nicht, Herr Majchrzyk, dass es um existenzielles Überleben geht und man hier riesigen Reichtum umverteilen kann?"

       

      In welcher Parallelwelt leben Sie denn?

    • @nzuli sana:

      Wie viel haben Sie perönlich schon von Ihrem Reichtum umverteilt?

    • @nzuli sana:

      Ich fürchte fast, verehrteR NZULI SANA, dieseR JAROSLAW M. Versteht nur all zu gut. Wenn es tatsächlich einen „riesigen Reichtum umzuverteilen“ gibt und es ums „existenzielle[] Überleben geht“, dann müssen, die, die etwas zu verlieren haben, tatsächlich Angst kriegen um ihren Besitz. Nein, ich meine damit nicht die richtig reichen Leute. Die zahlen, wie wir alle wissen, so gut wie nie. Ich meine die, die grade so über die Runden kommen – und die Erfahrung haben, dass es immer ihre Tasche ist, in die gegriffen wird.

       

      Es ist halt jedem immer noch das eigne Hemd näher als der Rock des Gegenübers. Das sie das so nicht sagen wollen, die Angsthasen und die Bedenkenträger, verstehe ich. So was gehört sich einfach nicht. In sofern rechne ich es JAROSLAW M. Hoch an, dass er versucht, wenigstens gute Gründe anzuführen für seine Vorbehalte. Er hat ja auch nicht so ganz Unrecht. Die Entscheidung, wo seine unfreiwillige "Spende" hingeht, trifft ja nicht er. Die treffen nachher wieder solche Leute, die selber gar nicht solidarisch sind. Das ist schon ziemlich ärgerlich.

    • 1G
      10236 (Profil gelöscht)
      @nzuli sana:

      Doch, das verstehe ich wohl. Versuch aber kurz zu schildern woher meine persönlichen Bedenken gg. der jetzingen Flüchtlingspolitik resultieren:

       

      1. Es wird eben hierzulande keine Umverteilung vorgenommen. Jedenfalls nicht von oben hin zu den Flüchtlingen.

       

      2. Man nimmt diejenigen an, die einen strapaziösen Weg bewältigt haben - zu 80% junge Männer.

       

      3. Die Ursachen (auch für Bürgerkriege) vor Ort, wie z.B. Bevölkerungswachstum (Syrien - 500% in 50 JAhren) werden ausgeblendet und nicht angegangen.

       

      4. Möchte man wirkliche Hilfe leisten? Am besten durch einen Hilfsplan für südliche/östliche Mittelmeeranreihner mit Hunderten Mrd. Euro im JAhr und Programmen wie Bevölkerungskontrolle, Solarwirtschaft, Agrar etc. Kräftige Besteuerung der Unternehmen und oberen Top10% als Vorausssetzung.

       

      5. Akut und aktuell - zig Mrd. Soforthilfe für wirklich Bedürftige, die irgendwo in den LAgern vor Ort sich aufhalten. Finanzierung - siehe 4.

      • 6G
        61321 (Profil gelöscht)
        @10236 (Profil gelöscht):

        .

        Sie skizzieren eine Hilfe, die auf mehreren Ebenen ansetzt, schlüssig und vernünftig ist.

        Allein, so gut wie nichts davon steht auf der Agenda von Frau Merkel und das wird sich bitter rächen.

        • @61321 (Profil gelöscht):

          leider nicht für Frau Merkel. Die Frau ist erst 62. Robert Mugabe regiert noch mit 93.

  • 1G
    10236 (Profil gelöscht)

    Ich weiß nicht, ob der Autor hier typische Beispiele schildern wollte. Was jedenfalls rausgekommen war, trieft nur so von Klischees.

    • @10236 (Profil gelöscht):

      Nicht nur TeenieTrief!

      Der Artikel unterteilt Menschen in die die helfen wollen, Menschen die gut sind und die die andere Menschen grundlos hassen also böse sind.

      Dieser Artikel trägt null dazu bei irgendeine Diskussion anzustoßen oder irgendetwas zu erklären.

    • @10236 (Profil gelöscht):

      'Dass Marc Fleischmann Rassismus nicht egal ist, merkt man sofort. Der Achtzehnjährige engagiert sich in der Grünen Jugend in Uelzen' ....

       

      Ich stimme Ihnen voll und ganz zu, Herr Majchrzyk. Es sind der Klischees zu viele.

      • @Nikolai Nikitin:

        Es muss ja schrecklich für Sie sein, dass sich Jugendliche in anderen Parteien als die Linke und für Sahra im speziellen engagieren... Ich finde Herrn Fleischmann bei den Grünen an der richtigen Stelle.

    • 3G
      36855 (Profil gelöscht)
      @10236 (Profil gelöscht):

      Das sehe ich ebenso!

  • Würden Freunde oder Bekannte diesen Nazi-Schmarrn vertreten, den man bei Pegida, AfD & Co hört, würde ich ASAP den Kontakt abbrechen, bei Vewandten den Kontakt auf das absolut notwendige Minimum beschränken.

    • @Kaboom:

      Deutschland ist nicht besser als Frankreich, die Niederlande, Dänemark oder Österreich. Die Entwicklung der Rechtspopulisten findet hier nur langsamer statt. Das gibt uns die Chance, aus den Fehlern der anderen zu lernen.

      Sie ahnen nicht, wieviel Sie gerade im Freundes- und Verwandtenkreis mit guten Argumenten erreichen können. Es setzt allerdings die Fähigkeit zum Zuhören voraus.

    • @Kaboom:

      Echt, würden Sie, KABOOM? Ich meine: Haben Sie denn nicht gelesen, dass "das Gefühl des Verstoßenseins schmerzt", weil es die Menschen in ihrem "freien Handeln beschneidet"? Ein schöner "Freund[]" sind Sie! Jemanden zu verstoßen, nur weil sie ihn nicht überzeugen können - gehört sich das, da wo Sie herkommen?

  • Eine Erklärung für den Riss in der Gesellschaft ist Macht. Um mehr Macht zu haben oder höhere Geld-Erträge zu bekommen, ist es erforderlich, dass einige Bevölkerungsgruppen diskriminiert und finanziell benachteiligt werden. So werden v.a. von einigen besonders reichen und/oder auch rassistischen Gruppen die Feindbilder in die Gesellschaft eingepflanzt. Dazu zählen Flüchtlinge, Arbeitslose Menschen, Obdachlose Menschen, Pflegebedürftige Menschen, Menschen mit Behinderungen usw. Diesen Bevölkerungsgruppen wird die Schuld für irgendwelche gesellschaftliche Probleme (z.B. sinkender Wohlstand) in die Schuhe geschoben. Dabei sind gerade Diejenigen schuld, die die Anderen beschuldigen.

    • @Stefan Mustermann:

      Genau so schauts aus!

  • "Kurz vor Weihnachten trifft sich die Klasse zum Frühstück. Er schlägt vor, die übrigen Brötchen in die Turnhalle zu bringen. Ein Klassenkamerad lacht ihn aus und schmeißt die Brötchen in den Müll: „Die kriegen ja alles in den Arsch gesteckt.“"

     

    Seltsam, wo war die Lehrerin/der Lehrer? Dass ein Schüler eigenmächtig -aus welchen Gründen auch immer- Essensreste von gemeinsamen Frühstück in den Müll schmeißen kann, ohne dafür gerügt zu werden, mutet seltsam an.

    • @Jens Egle:

      Also in meiner Schulzeit - vor allem in der entsprechenden Altersstufe war die Kontrolle und Aufsicht der Lehrer eher locker.

       

      "Du und du, ihr kümmert euch um die Essensreste!" und fertig. Wenn dann niemand beim Lehrer "petzt" ist ihm das egal.

       

      Finde ich prinzipiell auch oke, warum sollte der Lehrer sich um ein paar belegte Brötchen kümmern bei 20-30 Schülern und weit wichtigeren Problemen.

       

      Heikler ist natürlich, wenn das ganze in Richtung Mobbing geht, das hat die Lehrer dann schon eher zu interessieren.

    • @Jens Egle:

      Sie stellen hier Mutmaßungen an. Sie haben keine weiteren Informationen über die Situation in der Klasse. Vielleicht hat Lehrer etwas gesagt, vielleicht war das gar keine offene ausgetragene Diskussion in der Klasse, vielleicht hat der Lehrer davon gar nichts mitbekommen.

    • 2G
      2097 (Profil gelöscht)
      @Jens Egle:

      Ich vermute mal ganz stark, die Mehrheit der Lehrer dort, hat die Auffassung von Herrn Fleischmann auch nicht geteilt und deswegen nicht interveniert. Ich kenne die Gegend aus den gesamten achtziger Jahren. Die Lehrer dort haben Duckmäusertum erwartet und die Schüler sind allen nicht Angepassten, mit Ablehnung begegnetet. Kein angenehmes gesellschaftliches Klima. Hat sich anscheinend nicht geändert. Schade.

      • @2097 (Profil gelöscht):

        WoW - das nennt man wohl postfaktisch.

         

        Ich hab vor knapp 25 Jahren was gesehen....

        • 2G
          2097 (Profil gelöscht)
          @Thomas_Ba_Wü:

          Was haben Sie an dem Satz "Hat sich anscheinend nicht geändert" nicht verstanden?