Friedensgutachten 2025: Keine gemeinsame Wertebasis mit Trump
In ihrem diesjährigen Gutachten raten die führenden deutschen Friedensinstitute Europa zu mehr sicherheitspolitischer Unabhängigkeit von den USA.
„Um den Frieden ist es gegenwärtig schlecht bestellt“, lautet der erste Satz des Gutachtens. Als politisches Konzept scheine er sich mit dem russischen Angriffskrieg in der Ukraine erschöpft zu haben. Das Vertrauen in die grundlegenden Sicherheitsinstitutionen, die die europäische Friedensordnung aufrechterhalten, sei zutiefst erschüttert.
Nun seien auch noch die USA als globaler Stabilitätsanker weggefallen und zu einem „Unsicherheitsfaktor“ geworden. In seiner zweiten Amtszeit sei es Donald Trump gelungen, „in kürzester Zeit und ohne viel Widerstand die älteste Demokratie der Welt in ein autoritäres Regime zu verwandeln“, sagte Daase. Mit der Trump-Administration gebe es keine „gemeinsame Wertebasis“ mehr.. Der US-Präsident verfolge eine aggressive Außenpolitik, die auf Egoismus und kurzfristige Vorteile setze.
Angesichts der russischen Bedrohung würde es zwar derzeit noch ohne die Nato nicht gehen, sind die Wissenschaftler:innen überzeugt. Europa müsse aber künftig stärker selbst für seine Sicherheit sorgen. Daher sei es auch „prinzipiell richtig“, dass der alte Bundestag entschieden habe, „Schulden in historischer Höhe zu ermöglichen, um in Verteidigung und Infrastruktur investieren zu können“.
Düstere Aussichten
Wobei allerdings die Idee zu kurz greife, Sicherheit sei alleine durch militärische Abschreckung zu erreichen, warnen die Wissenschaftler:innen. Denn das führe „in eine beklemmende Welt wechselseitiger Aufrüstung, in der schon ein kleiner Fehler in den Untergang führen könnte“. Daher müsse die Perspektive auf eine kooperative europäische Friedensordnung und den Erhalt der regelbasierten internationalen Ordnung im Auge behalten werden. Das möge zwar gegenwärtig utopisch klingen – aber das Ende des Kalten Krieges zeige, „dass so eine Entwicklung nicht unmöglich ist“, sagte Daase.
Das Friedensgutachten erscheint jährlich seit 1987. Darin analysieren das PRIF sowie das Bonn International Center for Conversion (BICC), das Institut für Entwicklung und Frieden (Inef) der Universität Duisburg-Essen und das Institut für Friedensforschung und Sicherheitspolitik (IFSH) an der Universität Hamburg aktuelle internationale Konflikte und zeigen Trends der internationalen Außen-, Sicherheits- und Entwicklungspolitik auf.
Ihr diesjähriges 156-seitiges Gutachten fällt düster aus, geradezu flehentlich haben sie es unter die Überschrift „Frieden retten!“ gestellt. So bilanzieren die Wissenschaftler:innen, dass sich das weltweite Konfliktgeschehen weiter verschärft habe. Allein im vergangenen Jahr seien mehr als 122 Millionen Menschen auf der Flucht vor Krieg und Gewalt gewesen. Insbesondere die Kriege in der Ukraine und in Gaza hätten in drastischer Weise die „Dehumanisierung der Kriegsführung“ in der Gegenwart vor Augen geführt, unter der vor allem die Zivilbevölkerung leide. Kernnormen des Völkerrechts und Menschenrechte würden massiv verletzt.
Mit Blick auf den Gaza-Krieg konstatierten die Friedensforscher:innen, nach dem Überfall der Hamas am 7. Oktober 2023 habe sich die damalige Bundesregierung zu Recht an die Seite Israels gestellt. Aber im Verlauf des Krieges habe die israelische Regierung habe die Grenzen der „legitimen Selbstverteidigung überschritten“ und würde „immer wieder in eklatanter Weise“ das humanitäre Völkerrecht verletzen. Daher sei es „dringlicher denn je“, alle Lieferungen von Waffen, die im Gazastreifen und im Westjordanland eingesetzt werden könnten, zu stoppen.
Außerdem befürworten die Friedensforscher:innen eine Zusammenarbeit mit Staaten wie Frankreich, Großbritannien und Kanada, um eine Umsiedlung der palästistischen Bevölkerung aus Gaza und den besetzten Gebieten zu verhindern. Mittelfristig sollte sich die Bundesregierung zur Anerkennung eines Staates Palästina bekennen. Eine „dauerhafte Lösung des Palästinakonflikts“ schränke „in keiner Weise das Recht Israels auf einen jüdischen Staat in sicheren Grenzen ein“, betonte Daase.
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