Freie Wähler in Rheinland-Pfalz: Mit Streit in den Mainzer Landtag

Joachim Streit zieht für die Freien Wähler ins Landesparlament. Der Jurist und langjährige Landrat gilt als bodenständiger Macher.

Joachim Streit sitzt an seinem Schreibtisch

Er gilt als Macher, aber kann er Landtag? Joachim Streit zieht mit den Freien Wählern nach Mainz Foto: Harald Tittel/dpa

MAINZ taz | Er ist der hidden champion der Landtagswahl in Rheinland-Pfalz: Joachim Streit, 55, mischt als Sprecher einer neuen, sechsten Landtagsfraktion künftig in Mainz mit. Der Jurist und seit mehr als einem Jahrzehnt Landrat im größten Flächenkreis des Landes gab als Spitzenkandidat der Freien Wähler bis jetzt den bodenständigen Macher: „Ich kenne die Sprache der Menschen“, so vollmundig Streit.

Seine Forderungen sind populär, etwa „Breitband bis zum letzten Haus!“. Streit will kräftig in die Gesundheitsversorgung auf dem flachen Land investieren. Die Freien Wähler sind für ihn eine „Partei der bürgerlichen Mitte“, unideologisch, an der Sache orientiert. Am Wahltag konnte er von den Verlusten von CDU und AfD profitieren, aber auch durch Abgrenzung. Die Freien Wähler seien eine „Brandmauer gegen die AfD“, versichert Streit.

Die erste Hürde nahm er, als er die heterogenen Wählervereinigungen in Rheinland-Pfalz auf eine gemeinsame Landtagskandidatur verpflichten konnte. Streit startete nach seiner Kür im Juni 2020 mit einem roten Feuerwehrauto, seinem „Streitwagen“, recht selbstbewusst in den Wahlkampf.

Damals hatten ihn und seine Formation nur wenige auf dem Zettel. Er sammelte Stimmen von enttäuschten Coronageschädigten, Soloselbstständigen, Gastronomen und EinzelhändlerInnen, die um ihre Existenz kämpfen. Mit kantigem Profil und sachbezogenen Auftritten machte er medial eine passable Figur. Nach Bayern und Brandenburg ziehen die Freien Wähler nun zum dritten Mal in ein Landesparlament ein.

Mehr Geld für Kommunen

Im Landtag will Streit vor allem für eine bessere Finanzausstattung von Landkreisen, Städten und Gemeinden kämpfen. Das rheinland-pfälzische Verfassungsgericht hatte zuletzt festgestellt, der kommunale Finanzausgleich sei verfassungswidrig. „Pleite“ seien viele Städte und Gemeinden wegen ihrer erdrückenden Schuldenlast, sagt Streit. 400 Millionen Euro mehr aus dem Landesetat fordert er für die Kommunen – jährlich.

Die bisherige und wohl auch künftige Ministerpräsidentin Malu Dreyer argumentiert, solange einige Landkreise in der Krise noch finanzielle Rücklagen bilden könnten, gehe es eher um eine Umverteilung und nicht um eine Erhöhung der Mittel. In Joachim Streit wird sie im Parlament auf einen streitbaren Gegenspieler treffen.

Wer der Legislative wie ab jetzt Streit angehört, kann nicht Landrat und damit Exekutive sein. „Das Loslassen fällt mir schwer“ bekannte der Spitzenkandidat am Wahlabend. Sein Amt als Landrat muss er nun aufgeben. Das hatte er zuletzt mit 88 Prozent der Stimmen verteidigt.

Am Tag vor der Wahl habe er sich online von den künftigen Landtagsabgeordneten schon einmal für den Fraktionsvorsitz nominieren lassen, bekannte er jetzt freimütig. Der Dienstwagen mit Fahrer für die langen Wege aus der Eifel nach Mainz und zurück scheint also gesichert. Außerdem erreichte Streits Sohn Jakob, 22, im Wahlkreis Bitburg-Prüm für die Freien Wähler mit fast 19 Prozent einen Achtungserfolg.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Am 14. März 2021 hat Rheinland-Pfalz einen neuen Landtag gewählt: Malu Dreyer und ihre SPD bleiben in der Regierung. Wer kommt in die Koalition?

▶ Alle Grafiken

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.