Frauenrechte in Afghanistan: Welle der Festnahmen
In Afghanistan gehen die Taliban immer härter gegen Frauen vor. Wer protestiert, wird festgenommen, der Zugang zu Bildung weiter eingeschränkt.
Bewaffnete Taliban stürmten die Veranstaltung, als die Anwesenden gerade symbolisch ein grünes Band durchschnitten hatten. Sie nahmen eine Frau, Sarifa Jakubi, und vier Männer fest.
Jakubi war bereits mehrmals führend an Straßenprotesten in der afghanischen Hauptstadt beteiligt. Zuletzt war das am Montag zuvor, als sich in einem Kabuler Park arbeitslose ehemalige Mitarbeiterinnen von Regierungseinrichtungen versammelten, um für ihr Recht auf Arbeit zu demonstrieren.
Taliban zerstreuten den Protest, hinderten Journalisten an der Berichterstattung darüber und führten die Reporterinnen auf ein nahes Polizeireview ab, wo sie unterschreiben mussten, künftig nicht mehr über Proteste zu berichten.
Harsche Reaktion der Taliban auf die organisierten Frauen
Ähnlich lief es nach der Pressekonferenz von Jakubis Organisation: Teilnehmer:innen seien laut afghanischen Exilmedien geschlagen und ihnen die Mobiltelefone abgenommen worden. Am nächsten Tag sollten sie mit männlichen Angehörigen die Handys in einem Geheimdienstbüro wieder abholen.
Die UN-Mission in Afghanistan bestätigte den Vorfall und forderte von den Taliban-Behörden Aufklärung über den Verbleib der Verhafteten. Bisher blieb die Anfrage jedoch ohne Antwort, und die Taliban berichteten bislang nicht über diese Vorfälle.
Die harsche Reaktion der Taliban auf diese Aktion hat wohl zwei Gründe. Zum einen meldete sich damit zum ersten Mal im Land eine organisierte Gruppe zu Wort, die gegen ihr Regime protestiert.
Zum zweiten wird die Gruppe von einer inzwischen aus dem Exil agierenden politischen Partei unterstützt, der Bewegung Welle der Veränderung, die bereits 2013 in Afghanistan von der damaligen Parlamentsabgeordneten Fausia Kufi gegründet worden war. Kufi und die Partei bekannten sich nach den Festnahmen zu der Aktion und gaben an, Jakubi gehöre zu deren Führungsrat. Kufi selbst ist in den eigenen Reihen nicht unumstritten: Viele Frauenrechtlerinnen liegen mit ihr über Kreuz, da sie zu unabgesprochenen Alleingängen neigt.
Weder Park noch Auditorium
Schon Ende Oktober zogen in Kabul Schülerinnen, Mütter und Lehrerinnen vor drei Schulen, um symbolisch Einlass zu begehren. Sie trugen Schilder mit dem in sozialen Medien trendenden Slogan „Unterricht ohne Angst“ (dars bedun-e tars), der auf einen Aufruf des im Exil lebenden afghanischen Sängers Farhad Darja zurückgeht.
In Faisabad, Hauptstadt der Nordost-Provinz Badachschan, protestierten Studentinnen dagegen, dass die Taliban-Moralpolizei Amr bi-l-Maruf einigen von ihnen den Zugang zum Campus verwehrte, weil sie Covidmasken statt des vorgeschriebenen Gesichtsschleiers trugen.
Die Taliban schlugen nun zurück. Seit Donnerstag dürfen Frauen keine Fitnessstudios und öffentlichen Parks mehr besuchen. Letzteres war schon zuvor auf einen Tag pro Woche begrenzt. Sie begründeten das neue Verbot damit, dass Frauen und Männer trotzdem gemeinsam Parks besucht hätten. Ausnahmen für Familien gab es nicht.
Mitte Oktober wurde bekannt, dass die Taliban die für Studentinnen zur Auswahl stehenden Fachrichtungen begrenzt haben. Nach einer BBC-Recherche sind ihnen landesweit die Fakultäten für Landwirtschaft, Veterinärmedizin, Ingenieurwissenschaften und Wirtschaft verschlossen. Journalismus wird Frauen nur an wenigen Universitäten wie in Kabul angeboten.
Nur die Fächer Medizin und Krankenpflege, Lehramt und Islamische Studien stünden weiblichen Studierenden noch überall offen. Ein Sprecher des Taliban-Hochschulministeriums erklärte, die Universitäten könnten über das Angebot selbst entscheiden.
Die oppositionelle Onlinezeitung Hascht-e Sobh berichtete aber unter Bezug auf eine Quelle in dem Ministerium, im Oktober sei eine Delegation in die Provinzen gereist und habe die Universitäten diesbezüglich angewiesen.
Nun gibt es sogar – bisher unbestätigte – Gerüchte, die Taliban wollten nach dem jetzigen Semester die Universitäten generell für Frauen schließen.
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