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Frauenquote in VorständenKoalition einigt sich aufs Drittel

Die Regierungsparteien plädieren für mehr Frauen an Firmenspitzen. Künftig muss von drei Vorstandsmitgliedern mindestens eins weiblich sein.

Bald ein Bild aus alten Zeiten: eine Frau zwischen vielen Männern Foto: Oliver Berg/dpa

Berlin taz | Es geht nur mit Penetranz. So jedenfalls könnte man den Kommentar von Frauen- und Familienministerin Franziska Giffey zum Koalitionsbeschluss verstehen. „Penetranz schafft Akzeptanz“, sagte die SPD-Politikerin. Am späten Freitagabend haben sich Union und SPD auf eine verbindliche Quote in Vorständen börsennotierter und mitbestimmungspflichtiger Unternehmen geeinigt. Demnach muss in einem Vorstand mit mehr als drei Mitgliedern künftig mindestens eine Frau dabei sein. Für Unternehmen in Bundesbesitz muss schon dann eine Frau sitzen, wenn der Vorstand mehr als zwei Mitglieder hat.

Damit gilt – zum ersten Mal in Deutschland – für dieses Gremium eine feste Regel – ähnlich wie bei den Aufsichtsräten. Für die Aufsichtsräte wurde die gesetzliche Frauenquote bereits 2016 durchgesetzt, als 30-Prozent-Regel.

Die Quote für Vorstände war lange umstritten, sowohl innerhalb der Wirtschaftslobby als auch in der Koalition. CDU und CSU wehrten sich vehement dagegen. Nun konnte der Koalitionsausschuss mit Hilfe einer eigens dafür eingesetztene Arbeitsgruppe eine Einigung erzielen. „Wir setzen ein Zeichen für eine zukunftsfähige, moderne Gesellschaft“, erklärte Giffey: „Wir schöpfen alle Potentiale unseres Landes aus, damit die Besten in gemischten Teams erfolgreicher sein können. Weil sich freiwillig nichts tut und wir Vorgaben brauchen, um voranzukommen.“

Die Spitzen der Koalition wollen nächste Woche abschließend über den Quotenkompromiss entscheiden, so dass ein Kabinettsbeschluss in Kürze erfolgen kann. Justizministerin Christine Lambrecht sieht in der Vorstandsquote einen „großen Erfolg für die Frauen in Deutschland“. Sie biete „gleichzeitig eine große Chance sowohl für die Gesellschaft als auch für die Unternehmen selbst“.

Vor allem den beiden SPD-Ministerinnen Giffey und Lambrecht ist es in jüngster Zeit zu verdanken, dass Frauen nun einen stärkeren Zugang zu Unternehmensspitzen bekommen. Grundsätzlich jedoch fußt die Quote, sowohl jene für Aufsichtsräte als auch die für Vorstände, auf dem Engagement von Lobbyorganisationen wie FidAR (Frauen in die Aufsichtsräte) und deren Präsidentin Monika Schulz-Strelow sowie das Frauennetzwerk Business and Professional Women und deren Ex-Chefin Henrike von Platen. Sie haben jahrelang für diese Form der Gleichstellung gekämpft.

Nur knapp 13 Prozent Frauen in den Vorständen

Die Quote für Vorstände ist Teil des sogenannten Führungspositionengesetzes, das der Bundestag im März 2015 beschlossen hatte. Es legt eine 30-Prozent-Quote von Frauen in Aufsichtsräten und Vorständen fest. In den Aufsichtsräten ist der Frauenanteil seit Inkrafttreten der gesetzlichen Vorgabe stark gestiegen. In den 100 größten Unternehmen in Deutschland sind dem Onlinestatistikportal Statista zufolge mittlerweile rund ein Drittel der Aufsichtsräte weiblich.

In den Vorständen hingegen sieht es anders aus. Dort sind derzeit nur knapp 13 Prozent Frauen zu finden, hat die gemeinnützige deutsch-schwedische Allbrigt Stiftung herausgefunden. Infolge von Corona ist der Frauenanteil in den Vorständen in diesem Jahr sogar um knapp 2 Prozent gesunken. Das sei ein deutsches Phänomen, wie Allbright-Geschäftsführerin Wiebke Ankersen sagte. In anderen europäischen Ländern seien an der Unternehmensspitze mehr Frauen als in den Vorjahren zu finden.

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4 Kommentare

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  • na gut... dann freun wir uns mal über 30 statt 50,7 prozent (anteil in der gesamtbevölkerung). und ja, es geht "nur" um gleiche rechte. was frauen mit diesen rechten machen, ist nicht teil der debatte. die megakatastrophen weltweit verursachen seit geraumer zeit fast ausschleisslich männer...ob frauen (innerhalb der bestehenden strukturen) das anders machen, wird sich zeigen.

  • Ich habe so meine Probleme das Prinzip des Konzernvorstandes zu bejubeln und sehe keinen Fortschritt in weiblichen Ausbeutern. Was ist eigentlich los mit der Linken? Amazon und weibliche Vorstände, dazu einen dicken Tesla und die Welt ist eine bessere?

    • @Hampelstielz:

      Interessante Frage.

      In der Wissenschaft ist jedenfalls festzustellen, dass die Belastbarkeit der Forschungsergebnisse mit der Diversifizierung der Forschenden zunimmt, oder ganz platt: wenn du Frauen und Minderheiten gleichberechtigst, wird weniger Stuss geschrieben. Das ist ganz logisch, denn je mehr uinterschiedliche Blickwinkel auf etwas, desto genauer lässt es sich erforschen.

      Auf die Wirtschaft ist das aber leider nicht mal eben übertragbar.

    • @Hampelstielz:

      Lieber Hampelstielz,



      ich finde Ihre Aussage zu platt. Sie schreien bei Unternehmen sofort "Ausbeuter". Das ist ein billiger Stereotyp. Hier arbeiten die Menschen, verdienen das Geld, zahlen Steuern die auch Ihnen und Ihren Freunden zu Gute kommen. Sie machen es sich zu einfach. Zu dem Thema Frauenquote habe ich eine gespaltene Meinung. Bin selber Ingenieur in leitender Funktion und bei den Unternehmen wo ich gearbeitet habe, bzw. arbeite sind Ingenieure auch die Mehrzahl im Vorstand. Leider gibt es zu wenige Frauen in MINT-Studiengängen, so dass eine Quote wohl dazu führen wird, dass es erstmal keine männlichen Personalvorstände mehr geben wird. Ansonsten hat die Sache für mich Geschmäcke, da es eher nach ABM ausgedienter - vor allem aber nicht nur - linker Politikerinnen aussieht. Frau ehemals Dr. G war deshalb auch so penetrant hinter der Sache her. Bei Unternehmen wo der Staat die Mehrheit hat, ok aber ich sehe es ansonsten als Eigriff in meine Unternehmerische Freiheit an. Klagen werden folgen.



      Ok jetzt kann man die Produkte der Unternehmen boykottieren, aber da wird keiner mitmachen, solange diese gute Qualität erzeugen.In diesem Sinne