Frankreichs Innenminister Manuel Valls: Der populistische Hardliner
Valls, stets am rechten Rand der sozialistischen Partei, hat mit Äußerungen über die Roma viele Linke schockiert. Doch in der Bevölkerung ist er beliebt.
PARIS taz | Das hat in Frankreich bereits Tradition, dass der Innenminister das mit Abstand populärste Mitglied einer sonst wenig geliebten Regierung ist. Das hatte vor allem Nicolas Sarkozy vorgemacht, dessen markige Sprüche gegen große Kriminelle und kleine Ganoven das Volk so sehr beeindruckt hat, dass er zum Präsidenten gewählt wurde. Warum soll die Masche nicht ein zweites Mal funktionieren? Das zumindest scheint sich der gegenwärtige Innenminister auch zu sagen.
Manuel Valls ist zwar ein Sozialist und Mitglied der Linksregierung von Präsident Hollande, doch wenn es um die innere Sicherheit und Ordnung geht, tönt er nicht viel anders als der konservative Expräsident. Schon seit Jahren, als er noch nicht Minister war, sich aber als Abgeordneter und Bürgermeister der Pariser Vorstadt Evry in Sicherheitsfragen profilierte, hängt Valls das Etikett eines „linken Sarkozy“ an. Nicht unbedingt schmeichelhaft für einen Sozialisten.
Letztlich schert sich Valls, der stets am rechten Rand seiner Partei verortet worden ist, keinen Deut um solche Vergleiche. Er ist sportlich, energisch, sieht gut aus, spricht Klartext, er kommt an. Er ist populär, weil er kein Blatt vor den Mund nimmt und einfache Lösungen hat: Wenn’s kracht, schickt er mehr Polizei. Da er selbst als gebürtiger Katalane und Sohn einer Tessinerin erst mit 20 durch Einbürgerung Franzose wurde, fühlt er sich über jeden Vorwurf der Fremdenfeindlichkeit erhaben.
Weil sie sich kaum von den üblichen rassistischen Sprüchen unterscheiden, haben seine jüngsten Äußerungen über die Roma, die er wegen eines „extrem anderen Lebensstils“ für nicht integrierbar hält, manche LinkswählerInnen schockiert. Dennoch hat sich Präsident Hollande hinter Valls gestellt. Laut Umfrage finden 77 Prozent seiner Landsleute dessen pauschales Urteil angebracht, und 97 Prozent bestätigen die Binsenweisheit, Roma seien in Frankreich nicht integrierbar.
Und die Schuld für die echte Misere aber sucht man wohl lieber bei den anderen, in diesem Fall bei den eingereisten Roma oder bei der EU-Kommission, die sich „erdreistet“ hat, die Mängel der französischen Politik bei der Aufnahme dieser europäischen Mitbürger zu tadeln.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Politikwissenschaftlerin über Ukraine
„Land gegen Frieden funktioniert nicht“
Scholz und Pistorius
Journalismus oder Pferdewette?
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste
taz-Recherche zu Gewalt gegen Frauen
Eine ganz normale Woche in Deutschland
Internationaler Strafgerichtshof
Ein Haftbefehl und seine Folgen
Warnung vor „bestimmten Quartieren“
Eine alarmistische Debatte in Berlin