piwik no script img

Frankfurts OB über die IAA„Das hat es bislang nicht gegeben“

Seit Jahren ist es Tradition, dass Frankfurts Oberbürgermeister das Grußwort auf der IAA hält. Dieses Jahr wurde er nicht eingeladen. Warum?

„Die Themen Klimawandel und Verkehr sind eng miteinander verknüpft“, sagt Feldmann Foto: imago images / Jan Huebner
Katharina Schipkowski
Interview von Katharina Schipkowski

taz: Herr Feldmann, was haben Sie gedacht, als der Verband der Automobilindustrie (VDA) Ihnen mitgeteilt hat, dass Sie dieses Jahr nicht zur IAA-Eröffnung eingeladen sind?

Peter Feldmann: Ehrlich gesagt war ich ein bisschen überrascht. Dass der Oberbürgermeister und Aufsichtsratsvorsitzende der Frankfurter Messe bei der IAA kein Grußwort hält, hat es bislang noch nicht gegeben.

Meinen Sie, Ihre Rede war dem VDA zu kritisch?

Die Rede kannte der VDA vorher ja nicht. Aber bei der letzten Eröffnung der IAA vor zwei Jahren habe ich schon das eine oder andere Wort in Richtung Automobilindustrie gesagt, das jetzt vielleicht nicht jedem gefallen hat. Ich hatte allerdings ähnliches für dieses Jahr angekündigt.

Sie fordern eine Mobilitätswende und weniger SUVs. Das dürfte nicht im Sinne des VDA sein.

In Städten wie Frankfurt geht es eigentlich gar nicht anders. Der Platz ist begrenzt, da können wir nicht darüber diskutieren, die Stellplätze von Parkhäusern zu vergrößern, weil die neuesten Karossen dort nicht mehr reinpassen. Aber wie wir die Verkehrsströme organisieren, sodass weniger Menschen morgens und abends im Stau stehen, wie wir es schaffen, dass mehr Menschen auf Bus, Bahn oder das Rad umsteigen, wie wir genug Stromtankstellen schaffen und die Autos vernetzen – das sind wichtige Fragen für uns alle.

Sie sagen, die Verantwortung dürfe nicht bei den Verbrauchern abgeladen werden, die Industrie müsse sich stattdessen an die Gesetze halten. Nach allem, was bekannt ist, wäre es aber fast naiv zu glauben, dass dort Einsicht einkehren wird. Wäre es nicht Zeit für harte Sanktionen?

Ich würde mir wünschen, dass die Bundesregierung forscher auftritt. Die Nachrüstung von Diesel-Fahrzeugen wurde zu zögerlich angegangen. Die Städte stehen außerdem vor dem Problem, dass sie nur wenig von Berlin unterstützt werden. Etwa, wenn es darum geht Elektrobusse anzuschaffen oder Handwerkern und dem Gewerbe zu helfen. Klar ist: ohne Autos, ohne Busse, ohne Lastwagen wird es in den Städten nicht gehen. Und: Die Menschen müssen davor sicher sein, dass ihr teuer erkauftes Fahrzeug plötzlich nichts mehr wert ist.

Sie bedanken sich bei den Protestierenden. Wieso?

Bild: dpa
Im Interview: Peter Feldmann

60 Jahre, ist seit 2012 Oberbürgermeister der Stadt Frankfurt am Main.

In Frankfurt haben wir in der Geschichte immer gute Erfahrungen mit Protestbewegungen gemacht. Zu einer Stadt der Händler gehört eben auch, dass man diskutieren, mitreden, mitentscheiden will. Das war 1848 so, als hier das erste deutsche Parlament zusammenkam. Das war 1968 so, als Frankfurt eines der Epizentren der Studentenbewegung war. In den vergangenen Jahren haben die Frankfurterinnen und Frankfurter für mehr Mieterrechte demonstriert, für günstigere Fahrpreise, für besser ausgestattete Schulen, kostenlose Kindergärten … und diese Forderungen sind letztlich in politische Entscheidungen umgemünzt worden.

Es werden mehr Sozialwohnungen gebaut, es gibt 365-Euro-Tickets für Schüler und Senioren, Schulen werden gebaut und renoviert, Kindergärten sind endlich kostenlos – und zuletzt hat die Initiative Radentscheid dafür gesorgt, dass das Parlament für den massiven Ausbau von Fahrradwegen gestimmt hat. Proteste bringen etwas in Gang – man sieht es ja auch bei der IAA.

Ist die IAA im Jahr 2019 nicht mehr angemessen?

Eine neue IAA wäre es. Eine IAA, die uns hilft zu verstehen, wie wir die sozial-ökologische Verkehrswende schaffen. Wie wir mit Bus oder Bahn, mit dem Fahrrad oder dem Auto schneller und umweltfreundlicher ans Ziel kommen. Es gibt gute Ansätze auf der IAA. Wie jene Konferenzprogramme, die sich genau mit diesen Fragen auseinandersetzen. Doch von einer breiten gesellschaftlichen Debatte sind wir entfernt, wenn man versucht, Wirtschafts- und Umweltfragen gegeneinander auszuspielen.

Sie sitzen im Aufsichtsrat der Messe. Werden Sie dagegen stimmen, dass die IAA nochmal in Frankfurt stattfindet?

Frankfurt ist eine Messe-Stadt seit hunderten von Jahren. Der Grund dafür ist, dass Messen nicht nur Orte sind, um Geschäfte zu machen. Messen sind Marktplätze der Ideen, des Austauschs von Menschen aus verschiedensten Ecken der Welt. Zu einer Pendlerstadt wie Frankfurt würde eine „Neue IAA“ passen.

Sie haben Ihre Rede auf Facebook veröffentlicht. Welche Reaktionen haben Sie bekommen?

Manche meinten schon scherzhaft, ich solle öfter Reden nicht halten – damit sie mehr Aufmerksamkeit bekommen. Der Zuspruch auf Facebook und Twitter hat mich jedenfalls gefreut. Er zeigt: Die Themen Klimawandel und Verkehr sind eng miteinander verknüpft. Und sie berühren viele Menschen. Das kann man nicht einfach ignorieren.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

19 Kommentare

 / 
  • Kommentar entfernt. Bitte halten Sie sich an die Netiquette.

    Die Moderation

    • @Link:

      Kommentar entfernt. Bitte bleiben Sie sachlich.

      Die Moderation

    • @Link:

      Ach was! - Ganz schön link - wa.

  • Am Montag sollten 600.000 Humvees nach Frankfurt gebracht werden.



    Jeder Einw. bekommt eines.



    Jetzt sofort.

  • 7G
    7964 (Profil gelöscht)

    Klar, die Autoindustrie kann nicht weiter so. Wir müssen aufpassen, dass jetzt nicht auf E-Autos umgesattelt wird - auch die brauchen viel Platz, um drei leere Sitze herumzufahren. Auch die fahren jeden Tag zwölf Menschen tot.



    Noch schlimmer wäre es allerdings wenn die Autoindustrie dann auf Panzer umsattelt...

  • Tja Rudi Arndt mit selbstgetunten Opel Commodere (?) - das waren schon & doch SPezialDemokratische Zeiten. Gelle. 👻 👻 👻

    unterm—— wg Wort zum Sonntag -



    “…Als Oberbürgermeister von Frankfurt war er auch verantwortlich für die Baupolitik und damit betroffen vom Häuserkampf, den Bürgerinitiativen und Studenten um die Erhaltung von bedrohtem Wohnraum im Frankfurter Westend führten. Seiner 1965 geäußerten Idee, die bei den Luftangriffen auf Frankfurt am Main zerbombte Alte Oper nicht wieder aufzubauen, sondern sprengen zu lassen, verdankte er den Spitznamen Dynamit-Rudi. Arndt erklärte später, die Sprengung nie ernsthaft vorgeschlagen zu haben. 1972 taufte Arndt das 14. im Zoo Frankfurt geborene Flusspferd auf den Namen Dynamit.

    Er nahm die Parteispenden entgegen, die als Spendenaffäre der Frankfurter SPD durch Teile der Medien und der Opposition kritisiert wurden.[9]

    Bei den Kommunalwahlen am 20. März 1977 gelang der CDU Hessen ein Erdrutschsieg. Bundesweite Beachtung fand vor allem die absolute Mehrheit der Union im Römer. In der Folge wurde Walter Wallmann (CDU) Oberbürgermeister* und Arndt wurde Oppositionsführer im Stadtparlament.“

    Tja - da ging’s ab.

    de.wikipedia.org/wiki/Rudi_Arndt



    (* nur weil ich einst Wally - nicht als Bezirksvorsitzender in Mbg/Lahn mit einem Eintritt bei den Schwarz-Reaktionären & damit die Stahlhelmfraktion über Dreggertown verhindert habe. Gelle. 😈



    Schnatt Schnatt 🦆- Schande auf meine Federn! 🤓

    • 7G
      76530 (Profil gelöscht)
      @Lowandorder:

      Für einen derart wichtigen Zeitzeugen wäre eine Missachtung dieser bahnbrechenden Aussage frevelhaft.



      ^^

      Diese Enthüllung verdient noch eine späte Würdigung ... von einem langjährigen Marburger, der dadurch seine Tagträume vom richtigen Leben im falschen fortsetzen konnte ... bis ein gewisser Herr Möller aus Oberweimar erschien.

      Das mit den Federn vergessen wir mal ganz schnell. Umsomehr als heute - Einwurf meiner Abt. aus Kalau - in Zeiten von Tastaturen und Allergien Federn nur noch selten gebraucht werden. :-)

      • @76530 (Profil gelöscht):

        Sie sehen mich platterdings a weng ratlos.

        unterm—-Möller?



        Um den Hermann M. - der als Jugendstrafrichter nie in Robe judizierte? - kann‘s sich kaum handeln.



        Gelle.

        Wie zum Rest.

        • 7G
          76530 (Profil gelöscht)
          @Lowandorder:

          Wenn es nur darum geht, die letzten Klarheiten zu beseitigen:

          de.wikipedia.org/w...Möller_(Politiker)

          Service:gerne.

          • @76530 (Profil gelöscht):

            Jo mei 1993 - als - OB - eingeführt. 🤠

            Mach Bosse. Lokalradio.

  • Das Redeverbot für den demokratisch gewählten OB ist nichts weiter, als eine Machtdemonstration der Autobranche! In alter antidemokratischer Tradition der Mächtigen: "Wer nicht für uns ist, ist gegen uns!" Oder "Sing unser Lied, oder stirb!"

    • Paula , Moderatorin
      @Drabiniok Dieter:

      Wir haben alle Kommentare, die sich gar nicht mehr auf das Thema bezogen, entfernt.



      Bitte achten Sie auf unsere Netiquette.



      Die Moderation

    • @Drabiniok Dieter:

      Inhaltlich m. E. gut auf den Punkt auf den Punkt gebracht.



      Dass der VDA so selbstbesoffen unverschämt ist = Null natürlicher Anstand, Null Fähigkeit zur Selbstkritik, Null Fähigkeit zu echter Innovation, aber bescheißen und dichthalten, das könn 'se. Jämmerlich das.



      Wie ein Verband so dummdreist stolz sein kann, auf die Verarsche und Manipulation von dummen Käufern… das sagt doch einiges aus.



      Ich hoffe sehr, dass die Autoindustrie eine sterbende ist.

    • 7G
      76530 (Profil gelöscht)
      @Drabiniok Dieter:

      Die Intensität Ihrer gewählten Worte wird dem Thema wenig gerecht.

      Weder MUSS Herr Feldmann das Lied der Autobranche singen, noch wegen der Nicht-Einladung (etwas anderes als Redeverbot) sterben. Er kann, was er auch bereits getan hat, die nicht gehaltene Rede ins Netz stellen. Und dafür in einem Maße Resonanz erhalten, die er ansonsten nie erhalten hätte. (Wir beide dürfen davon nur träumen.)

      Falls Sie sich in realer Gegnerschaft zur Automobilbranche befinden, so werden Sie leicht mit den falschen Argumenten - oder dem falschen Ton - zum willfährigen Erfüllungsgehilfen.

      Ich gehe mal davon aus, dass sie dies nicht wirklich möchten.

  • „es gibt 365-Euro-Tickets für Schüler und Senioren“

    Warum nicht für alle? In Wien gehts doch auch!

    Dann wirds die Stadt der Banken doch wohl auch schaffen. Wie kann man Proteste hochloben, wenn man selber nicht in Bewegung kommt?! Als Kommune kann das von heute auf morgen beschlossen werden!

  • 7G
    76530 (Profil gelöscht)

    Aus der Abteilung 'Kröpfe und Artverwandte': Gratis-Wahlwerbung für die abkackende SPD.

    • @76530 (Profil gelöscht):

      Womal in Frankfurt ja Wahlen anstehen, ...