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Folgen des Brexit für die EUKeine Katastrophe, eine Chance

Bricht jetzt die EU zusammen? Das wohl nicht. Doch die Anhänger eines sozialen und demokratischen Europa sind schlecht vorbereitet.

Diese Flaggen werden keine Freunde Foto: dpa

Berlin taz | Nun ist eingetreten, woran die Europäische Union nicht einmal im Traum denken wollte: Ein großes Mitgliedsland hat für den EU-Austritt gestimmt, die an Erweiterung gewohnte Union muss über Nacht das Schrumpfen lernen. Bricht jetzt die EU zusammen? Ist der Brexit eine Katastrophe für Deutschland und Europa?

Nein, eine Katastrophe ist dieses Ergebnis nur für jene, die sich an den Status quo klammern, für die Fans eines neoliberalen, vom deutschen Merkantilismus dominierten Europa. Für alle anderen, und davon gibt es viele, ist der Brexit eine Chance, einen Neustart in eine bessere EU zu wagen. Doch sie sind schlecht vorbereitet, die Anhänger eines sozialen und demokratischen Europa. Sie haben sich vom britischen Noch-Premier David Cameron einschüchtern lassen, der die Europäer zum Schweigen aufgefordert hatte. Das rächt sich nun. Es gibt keinen Plan B – weder im Guten noch im Schlechten.

Und so werden erst einmal die Routiniers der europäischen Realpolitik das Ruder an sich reißen. Kanzlerin Merkel in Berlin, Präsident Hollande in Paris und vielleicht auch die Regierungschefs in Warschau und Rom werden versuchen, Geschlossenheit zu zeigen und den Schaden zu begrenzen. Für sie hat Vorrang, eine Panik an den Finanzmärkten und einen Dominoeffekt in anderen EU-Staaten zu verhindern. In den Niederlanden und in Frankreich drohen die EU-Gegner schon feixend damit, es den Briten nachzumachen. An den Märkten hat bereits in den Nacht die Spekulation gegen das Pfund eingesetzt.

Beim EU-Gipfel in der kommenden Woche geht es daher zunächst darum, klar Schiff zu machen und den wohl kaum noch zu vermeidenden Brexit in geregelte Bahnen zu lenken. Cameron muss dazu einen formgerechten Austritts-Antrag stellen. Danach bleiben zwei Jahre Zeit, um die Modalitäten auszuhandeln.

Politischer Sprengstoff

Das klingt technisch und bürokratisch, birgt aber politischen Sprengstoff. Denn einige, wie Präsident Hollande oder Kommissionschef Juncker, wollen mit Großbritannien nun knallhart verhandeln, um mögliche Nachahmer abzuschrecken. „Einen Deserteur empfängt man nicht mit offenen Armen“, so Juncker.

Andere, allen voran Merkel, wollen die Briten mit Samthandschuhen anfassen, da sie sie weiter als Handelspartner und Verbündete brauchen. Auch Polen und Ungarn hängen an Cameron. Wenn sie ihm oder seinem Nachfolger zu viele Zugeständnisse machen, könnte dies fatale Folgen haben. Es wäre eine Einladung zum Rosinenpicken und zum Rückbau der EU.

Die nächste Frage ist, welche Lehren die Chefs für die Union als Ganzes ziehen. Das Referendum sei ein „Wake up Call“ gewesen, ein „Weiter so“ dürfe es nicht geben, heißt es in Brüssel. Doch bisher fällt die Antwort auf das britische Misstrauensvotum ziemlich mager aus. Mehr Rüstung, mehr innere Sicherheit, mehr Grenzschutz – das liegt auf dem Verhandlungstisch für den EU-Gipfel in der kommenden Woche. Von mehr Demokratie, mehr sozialer Sicherheit und mehr Transparenz ist hingegen kaum die Rede.

Nur im Europaparlament wagen sich ein paar Mutige vor, die einen Europa-Konvent für eine EU-Reform fordern. Jetzt kommt es darauf an, sie zu unterstützen und auch in Deutschland, der (un-)heimlichen Vormacht Europas, einen Neustart zu fordern. Im Scheitern der Briten steckt die Chance, dass sich die EU noch einmal berappelt. Es ist wohl die letzte Chance vor den Wahlen in Frankreich und Deutschland 2017. Die Strategie der EU-Granden läuft jedoch darauf hinaus, vor diesen Wahlen keine neuen Baustellen aufzumachen und keine großen Reformen zu wagen. Vor allem Merkel käme dies sehr gelegen. Denn für sie lief ja bisher alles bestens in Europa – bis zu diesem bedauerlichen Betriebsunfall in Britannien…

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21 Kommentare

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  • Ich fürchte es passiert auf Jahre gar nichts , was den Brexit betrifft, weil sich, angesichts von 70 % der Abgeordneten im britischen Unterhaus/Westminster, egl ob Torrie- , ob Labour- , Libaral- Mitgleider, die für "REMAIN" Great Britiains in der EU votierten, in England Niemand finden wird, den Ausstrittsparagrafen 50 des EU- Grundlagenvertrages zu aktivieren. Das bedeutet im Klartext, es werden nur die Kampfzonen mit einem "Thundering both" einem donnernden "Sowohl als Auch" erweitert,, weder das eine noch das andere, wie bei der Eurokrise, Folgen der Austeritiy- Politik Berlins, einem deutschen Handelsbilanzüberschuss von 120 Miliarden €/anno. allein gegenüber England von 30 Milliarden €/anno, angeblichen Griechenlandkrise, der humanitären Flüchtlingskatastrophe vor und in den Grenzen der EU zu veranlassen, darunter eben die EU- Richtlinie § 50, die Massenzustromrichtlinie 2001, den vorgesehenen Verteilungsschlüssel für die Aufnahme von Kriegsflüchtlingen im Katastrohlenfall auf alle 28 EU- Länder, nach Bevölkerungszahl, Wirtschaftskraft, Grad der Arbeitslosigkeit zu aktivieren, weil sich kein Mitglied der EU- Kommissionen also der 28 Regierungschefs, noch gehört David Cameron dazu, bereit findet, diese exekutiv auf die Agenda gesetzt abstmmen zu lassen

  • Das kommt davon, den Finanzmarkt dereguliert zu haben, in der Folge, dass die Realwirtschaft nur noch ein Anhängsel der Finanzwirtschaft ist. Somit spielen heute Europaweit die dringenden Fragen, wie Arbeitslosigkeit, Rente usw. kaum noch eine Rolle Nur noch der "fatalen" Markt, Markt und noch einmal Markt Gläubigkeit eine Rolle? Nicht die Finanzwirtschaft, schafft Arbeit, sondern die Realwirtschaft. Es war und ist ein Fehler, dass man mit den legalen Steuersparmodellen, ein Anreiz geschaffen, eher in Finanzprodukte zu investieren, als in die Realwirtschaft. Solange aber Finanzprodukte geringer belastet werden, als Arbeitseinkommen, wird der Anteil von Derivaten weiter steigen, bis zum nächsten Crash, und wieder die arbeitende Bevölkerung mit hunderte Milliarden diese Branche retten muss.

     

    Zinsen fallen nicht vom Himmel, müssen also von realen Menschen in der realen Wirtschaft erarbeitet werden. Geld, wie man uns im Westen Land auf Land ab erzählt, arbeitet eben nicht. Und so liegt weiterhin die Binnennachfrage darnieder. Weil immer mehr prekäre Arbeitsverhältnisse dazu geführt haben, dass Millionen Menschen um nur noch Überleben können.

    • 1G
      10236 (Profil gelöscht)
      @heino Ewerth:

      Schon witzig. Ihr Beitrag spiegelt meine Gedankengänge wider, die mich gestern kurz vorm Einschlafen beschäftigt haben.

      Das exponentielle Aufblühen der Finanzbranche, unterstützt von Politik jeglicher Couleur, stimmt nachdenklich.

      Hab über die Gründe nachgedacht und kann mir das nur so erklären, dass die Eigenschaft der Branche ein extrem hohes Geldvolumen zu bewegen sie befähigt entsprechende Anreize für die Entscheider bereitzustellen. Auf Kosten bleibt die Gesellschaft (inkl. Realwirtschaft) sitzen.

  • Die EU wurde nach den ganzen Kriegen in Europa gegründet und ist seitdem ein wichtiger Garant für den Frieden.

    Die Legitimation der EU hängt von der Stärkung des EU-Parlaments ab!

    Die EU-Kommision/ EU-Rat müssen sich dem EU-Parlament unterordnen!

    Dazu muß die Macht der Lobbyisten aus Globalisierungs-Wirtschafts-Finanz-Mafia beendet werden.

    Die EU existiert schon zu lange, um sie schöner reden zu können, als sie ist -

    ohne eine EU-Parlamentsreform werden die Nazis unter den EU-Kritikern weiter

    gestärkt - denn die greifen diese Tatsachen auf, um sie mit Hetze garniert, gegen die anderen Parteien einzusetzen.

  • "Nein, eine Katastrophe ist dieses Ergebnis nur für jene, die sich an den Status quo klammern, für die Fans eines neoliberalen, vom deutschen Merkantilismus dominierten Europa."

     

    Die Briten sind aber nicht wegen des neoliberalen Deutschland ausgetreten, schließlich ist UK noch neoliberaler als Deutschland. Der Punkt ist doch, dass die Souveränität für viele höher gewertet wird, als die Zugehörigkeit zur EU. Und immerhin sind die Schweiz und Norwegen auch nicht in der EU. Und wie geht es den Normalmenschen in diesen Länder?

    M.M. nach deutlich besser als vielen Menschen in Deutschland, Frankreich, Spanien, Italien oder den Benelux-Staaten. Ich finde zwar nicht, dass die EU eine Volkswirtschaft ruiniert, aber sie begünstigt eben schon negative Entwicklungen was Lohn, Gewerkschaft, Konsum und Investitionen angeht. Alleine die Schuldenbremse oder diese willkürlichen Wertungen von Schulden sprechen Bänder über die Idiotie der EU. Oder die Mitgliedsstaaten: Ungarn lässte echte Rechtsradiale mitregieren, vertreibt systematisch die eigene Roma-Bevölkerung, Rumänien und Bulgarien unterdrücken diese Minderheit auch und exportieren noch Arbeitskräften in andere EU-Staaten, die dort gar nicht gebraucht werden, Deutschland hat die Schuldenkrise der Griechen massiv verstärkt, Griechenland beim EURO gelogen und betrogen und überhaupt sammeln sich eine ganze Menge Minuspunkte für diese EU an. Am schlimmsten finde ich, dass die EU die wirklich armen Menschen scheinbar immer weiter nach Unten drückt. Von positiven Aspekten der EU für die Beschäftigung ist stetig die Rede, aber wo denn bitte konkret? Scheint doch eher umgekehrt zu sein. Diese EU ist m.M. moralisch verwerflich und nur ein Markt mit vielen Nachteilen. Wer weiß, ob UK nicht was gewonnen hat.

  • "Nun ist eingetreten, woran die Europäische Union nicht einmal im Traum denken wollte"

     

    Am 25.6.2014, also ziemlich auf den Tag genau vor 2 Jahre, schrieb ich: „Trotz der Folgen des Europawahlergebnisses für das Europäische Parlament sehe ich weiterhin die größte Bedrohung für die Europäische Idee in der Entwicklung in einzelnen Mitgliedsstaaten. [..] In einigen Mitgliedsstaaten besteht die akute Gefahr, dass sich die Bevölkerungen von der europäischen Idee verabschieden und durch ein Referendum oder durch die Wahl einer Regierung von EU-Gegnern einen Austritt umsetzen.“

     

    "Doch sie sind schlecht vorbereitet, die Anhänger eines sozialen und demokratischen Europa."

     

    Deshalb glaube ich eigentlich auch, dass ich mit meiner Europäischen Föderation ganz gut vorbereitet bin.

    http://www.mister-ede.de/politik/plaedoyer-ef/5147

     

    Eine Reform vor 2017 kann ich mir allerdings auch kaum vorstellen.

  • 2G
    24636 (Profil gelöscht)

    Was der Brexit für Europa bedeutet, wird man bei den französischen Präsidentschaftswahlen sehen. Das hätte man vor 2-3 Jahren noch für undenkbar gehalten und heute ist es greifbare Option. Wenn Le Pen die Wahl gewinnt, ist die EU als Staatenunion gescheitert. Und weil Le Pen damit die Wahl bestreiten wird, werden die Franzosen über die EU abstimmen.

     

    Es gibt wenige, die das europäische Elend so klar ausgesprochen haben wie Ulrike Guérot. Dass nämlich die EU-Gegner nicht zuletzt damit Erfolg haben, dass sie (neben den Ressentiments gegen Migranten) auch gute Argumente haben. Man sieht dies auch daran, wie sich z.B. Mason oder Corbyn inhaltlich (nicht qua Pro/Contra) zum Brexit positioniert haben. Es gibt gute Gründe diese EU abzulehnen. Und solange es die gibt, bleibt die Einflugschneise für die Nationalisten weit geöffnet. Ich möchte gar nicht wissen, wieviele ihr Kreuz allein darum gemacht haben und machen werden, um Rom brennen zu sehen.

  • Schönes Bild mit dem Union Jack. Ob sich die Person da gerade im Klaren ist, dass dieses Symbol des Vereinigten Königreichs durch seine Wahl auch sterben wird?

    Wie wird die Flagge des nicht mehr ganz so vereinigten Königreiches aussehen wenn nur noch Wales und England dabei sind? Selbst Greater London will sich ja abspalten ;)

  • Hmm - Merkel, Hollande, Renzi und Kaczynski, die voll krassen (nicht-linken) Realpolitiker...

     

    Hollande und Renzi sind schonmal frei vom Verdacht "rechts der Mitte" zu stehen, auch wenn sie sicher seit Amtsantritt ein paar Träume begraben haben. Merkel gründet einen guten Teil ihres Wählerpotenzials auf der Fähigkeit, die SPD regelmäßig links zu überholen und hat es mit "Wir schaffen das." sogar hinbekommen, in den Augen Vieler zur Rige der notorischen Sozialromantiker zu wechseln. Bleibt Kaczynski, der vielleicht rechts ist, aber sicher nicht (neo-)liberal.

     

    Fragt sich also, wer da an Linken unterrepräsentiert ist. Allenfalls sind es Jene, die natürlich sofort nach einem viel linkeren Europa rufen könnten (und das sicher auch tun), auf die aber niemand so richtig hört - weil sie nämlich nur einen kleinen Bruchteil der europäischen Wähler repräsentieren. Die haben sicher einen linken Plan B, weil der nämlich ihr Plan A ist und zuvorderst die Briten ihn immer wieder torpediert haben. Aber den wollten auch außerhalb Englands bislang die meisten nicht, und den wollen sie auch jetzt nicht mehr als vorher.

     

    Und das ist auch gut so. Europa braucht jetzt keine Maximalforderungen von links, die Bevölkerung und Union spalten (die Briten sind nicht die einzigen Vertreter der angloamerkianischen Staatslehre). Es gilt, die Rechtspopulisten in Schach zu halten und ein Zerbröseln der Union zu verhindern. Denn dass sie auseinanderbricht und sich dann, auf wundersame von den Illusionen des Kapitalismus geheilt, kurz darauf wieder zusammentut, ist ein frommer Wunsch, mehr nicht.

     

    Realistische Ziele in einer Union ohne Großbritannien sind z. B. eine organisatorische und ihaltliche Stärkung der demokratischen Institutionen der EU, zuvorderst des Europarlaments, und eine bessere Kontrolle über die Finanzmärkte. Dafür zu kämpfen lohnt sich, denn dafür gibt's vielleicht auch Mehrheiten.

    • @Normalo:

      "Merkel gründet einen guten Teil ihres Wählerpotenzials auf der Fähigkeit, die SPD regelmäßig links zu überholen und hat es mit "Wir schaffen das." sogar hinbekommen, in den Augen Vieler zur Rige der notorischen Sozialromantiker zu wechseln. "

      Trotz der kurzen Phase der "Willkommenskultur" versucht Merkel Flüchtlinge draussenzuhalten, indem immer mehr Länder zu sicheren Drittstaaten erklärt werden. Frontex läuft auch munter weiter.

      Griechenland wurde auch unter Merkels Führung durch Austeritätspolitik weiter kaputtgemacht. Wenn das links und Sozialromantik ist, möchte ich nicht wissen, was rechts ist.

    • @Normalo:

      Sehr gut das Dilemma der Linken beschrieben.

       

      Ich glaube aber eine Stärkung der EU-Parlaments würde das Wachstum der Rechtspopulisten beschleunigen.

      Bei nationalen Wahlen würden all jene gewinnen, die das ablehnen (traurigerweise auch dann wenn der Rest des Programms absolute Scheiße ist).

       

      Eine Stärkung der Institutionen EU ist meiner Meinung nach nur möglich wenn sich die Mehrheit als "Europäer" und nicht als Deutscher, Pole, Franzose selbst sieht.

      Davon sehe ich Europa noch Generationen oder ein verbindendes Element (z.B. einen Unabhängigkeitskrieg wie in den USA) entfernt.

  • Kernpunkt ist die Überwindung der Nationalstaaten! Die Egoismen der Nationalstaaten ist die Ursache für so viel Probleme - das ist doch offensichtlich. Erst wenn es Europa und darunter nur noch den europäischen Souverän gibt, den europäischen Bürger, dann kann Europa weiter wachsen und in guten, wie in schlechten Zeiten zusammenstehen.

    • @Georg Marder:

      Wenn die Arbeitnehmerrechte und Löhne weiter abgebaut, mit oder ohne TTIP/CETA weiter privatisiert wird und für Lobbyisten der Großkonzerne keine Bannmeilen rund um Parlamente und Räte eingerichtet werden, dann ist es grad egal ob die jeweils höchstrangige Administration dann "Europa" oder ein Nationalstaat oder sonstwas ist.

      Im Zweifelsfall (und der ist gegeben) ist es dann wohl noch besser, kleinere über- und durchschaubarere Einheiten zu haben, da so nicht kontinental durchregiert werden kann.

      Dafür, dass sich die immer neuen wirtschaftliberalen, anti-sozialen und anti-ökologischen Regelungen mühsam in jedem einzelnen Staat durchsetzen müssen, statt im Hinterzimmer für alle ausbaldowert zu werden, zeige ich gerne meinen Pass vor!

      • @MontNimba:

        Das birgt ein Risiko in sich, das wir heute vielleicht nicht mehr erfahrungsgemäß einschätzen können - viele Nationalstaaten in Europa haben in der Vergangenheit zu vielen Kriegen geführt - das scheint uns heute weit weg im Denken - aber das kann schnell wieder werden -siehe Russlandkonflikt. Mir wäre ein Weg über eine Demokratisierung der EU lieber.

  • Der Nationalismus geht überall über Leichen:

    In der Türkei, in Britain und bei den Deutschlandtrikot-Typen, die auf Afrikaner schießen.

    Joann Cox war wichtig für die SyrerInnen:

    gegen das Vergessen, gegen die Vernichtungspolitik des Assad-Regimes für die demokratische Opposition.

     

    Nationalismus ist dumm und kurzsichtig.

    So wird Zuflucht und Zuwanderung nicht verhindert, das ist isolationistisches Kopf-in-den-Sand-Stecken.

  • 1G
    10236 (Profil gelöscht)

    "Nein, eine Katastrophe ist dieses Ergebnis nur für jene, die sich an den Status quo klammern, für die Fans eines neoliberalen, vom deutschen Merkantilismus dominierten Europa."

     

    Die dominierende Partei des europadominierendes Landes macht sich gerade für ein neoliberales Upgrade (vielleicht it AfD?) bereit:

    http://www.sueddeutsche.de/politik/cducsu-unionspolitiker-wollen-partei-neu-ausrichten-1.3047836

     

    Prinzipiell sagt die Erfahrung, dass jegliche Krise meistens dazu genutzt wird Strukturreformen durchzuführen und Wettbewerbsfähigkeit zu verbessern. Für soziale Politik gibt es keine Parteispenden, keine Vortragshonorare und keine Aufsichtsratsposten. Was man sozial (gab es mal eine europäische Sozialcharta?) in Europa vermasselt hatte kann man in Polen und wird man in Frankreich sehen können, wo sich die nationalistischen Parteien der soziale Frage annehmen.

  • Wer Transparenz und Demokratie fördern will, darf nicht für einen neuen Konvent eintreten. Zur Erinnerung: Der erste Konvent war eine nicht gewählte Runde handverlesener Anhänger von immer mehr Europa. Was in diesem Konvent, der ohne jede Legitimität sich anmaßte, für die Völker Europas zu sprechen, weitestgehend konsensfähig war, fiel dann bei Volksabstimmungen in Frankreich und den Niederlanden durch, wodurch auch klar wurde, wie abgehoben und unrepräsentativ dieser Konvent tatsächlich war.

  • Vielleicht ist der andere Weg, indem einmal jemand aus der EU geworfen wird, Erfolg versprechender.

    MfG

  • 6G
    628 (Profil gelöscht)

    Der Autor unterschätzt die Nebenwirkungen des Brexit vielleicht ein wenig. Fakt ist, dass der Austritt GB aus der EU den nationalistischen Kräften in Europa massiven Auftrieb geben wird. Und diese Kräfte sind nicht nur Europa- sondern auch Sozialstaats- und Demokratiefeindlich. Es könnte also durchaus sein, dass die wesentlichen Errungenschaften Europas nach dem 2. Weltkrieg im Laufe der nächsten Jahre

    kollabieren. Insbesondere, da die europäische Sozialdemokratie (realistisch betrachtet die einzige Kraft, die theoretisch stark genug wäre, einen erfolgreichen Kampf für ein demokratischeres und sozialeres Europa zu führen) beschlossen hat, sich selbst abzuschaffen.

    Den Hauptvorteil, den ich im Brexit sehen kann, ist der, dass die Menschen in GB nun nicht mehr die EU und Migranten für ihren stetig sinkenden Lebensstandard verantwortlich machen können, sondern sich mit ihrer eigenen Politik auseinandersetzen müssen.

    • @628 (Profil gelöscht):

      Ich befürchte, erst einmal werden die Menschen in GB weiterhin die EU verantwortlich machen, nämlich indem sie der EU bei den Detailverhandlungen alles vorwerfen, was nicht 100% im Interesse von GB steht. Genau das ist die Gefahr, die vom Kollaps der EU ausgeht: Unversöhnliche Polarisierung.

       

      Und die Migranten werden immer noch verantwortlich gemacht werden, denn verschwinden werden sie ja nicht.