Folgen der harten Sanktionen: Russland droht die Pleite
Wegen der harten Sanktionen könnte der russische Staat bald zahlungsunfähig sein. Davon wären auch deutsche Banken und Versicherer betroffen.
Ein ähnliches Szenario droht derzeit unter anderen Vorzeichen erneut: Ging es damals um riesige Staatsschulden und geringe Devisenreserven, sind es heute vor allem die Sanktionen wegen des kriegerischen Überfalls auf die Ukraine, die Russland alsbald in die Pleite treiben dürften.
Das Land verfügt derzeit zwar über Devisenreserven in Höhe von über 600 Milliarden US-Dollar, kann aber wegen der Sanktionen gegen mehrere russische Banken und die Zentralbank nur schwer Zahlungen tätigen. Deshalb ist es höchst ungewiss, ob Gläubiger im Ausland an ihr Geld kommen werden.
Derzeit stehen 49 Milliarden Dollar an Staatsanleihen in Dollar und Euro offen. Bereits am 16. März müsste das Land Zinsen in Höhe von über 100 Millionen Dollar überweisen. Dann bleibt noch eine Gnadenfrist von 30 Tagen.
Kreditwürdigkeit im Ramschbereich
Am 4. April läuft zudem eine Anleihe über 2 Milliarden Dollar aus. „Wir sehen einen Zahlungsausfall als wahrscheinlichstes Szenario“, schrieb die US-Investmentbank Morgan Stanley. Auch die großen Ratingagenturen machen Anlegern wenig Hoffnung. Fitch, Moody’s und S&P sehen Russlands Kreditwürdigkeit inzwischen im sogenannten Ramschbereich.
Unter einer Pleite würden auch deutsche Investoren leiden, sagte Marcel Fratzscher, Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung. In der Eurozone spielten die russischen Banken eine wichtige Rolle für die Liquidität.
Das zeigt auch eine Aufstellung der Finanz-NGO Urgewald vom Mittwoch. Danach haben deutsche Banken und Versicherer stark in die russische Öl- und Gasindustrie investiert. Die Deutsche Bank sei so – immer europaweit – viertgrößter Finanzierer der russischen Öl- und Gasindustrie, die Commerzbank zweitgrößter Finanzierer der russischen Kohleindustrie und die Allianz größter Investor in russische Staatsanleihen.
Deutsche Banken und Versicherer mit Geld in Russland
Firmen wie Gazprom, Lukoil, Rosneft oder Novatek seien von Deutschland aus durch Kredite und Risikoübernahmen im großen Maße unterstützt worden. Dabei hätten insbesondere Deutsche Bank sowie Commerzbank betont, ihr Engagement in Russland seit der Krim-Annexion 2014 zurückgefahren zu haben.
Die russische Zentralbank versuchte bereits mehrfach, bei den Sanktionen gegenzuhalten. Die neueste Maßnahme vom Mittwoch zeigt, wie knapp Devisen im Land sind: Russen dürfen danach nicht mehr als 10.000 Dollar von Fremdwährungskonten abheben.
Die Ukraine kann indes im Kampf gegen die russische Invasion auf frisches Geld zählen. Laut der Zentralbank in Kiew hat der Internationale Währungsfonds IWF am Mittwoch grünes Licht für eine Notfallfinanzierung in Höhe von 1,4 Milliarden Dollar gegeben. Die Weltbank hatte bereits am Montag einem 723 Millionen Dollar schweren Hilfspaket für die Ukraine zugestimmt. (mit Agenturen)
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Exklusiv: RAF-Verdächtiger Garweg
Meldung aus dem Untergrund
Anschlag auf Magdeburger Weihnachtsmarkt
Vieles deutet auf radikal-islamfeindlichen Hintergrund hin
Keine Konsequenzen für Rechtsbruch
Vor dem Gesetz sind Vermieter gleicher
Wahlprogramm von CDU und CSU
Der Zeitgeist als Wählerklient
Russische Männer auf TikTok
Bloß nicht zum Vorbild nehmen
Anschlag in Magdeburg
„Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“