Folgen der Inflation: Fleischkonsum sinkt stark

Von Januar bis Juli haben die Menschen in Deutschland 11,5 Prozent weniger Fleisch gekauft. Der Vegetarierverband sieht darin einen Langzeittrend.

Rechts und links von einer nachgebildeten riesigen Bratwurst gehen Leute vorbei

Mehr oder minder appetitanregende Bratwurstattrappe an einer Imbissbude in Niedersachsen Foto: Julian Stratenschulte/dpa

BERLIN taz | Die VerbraucherInnen in Deutschland essen unter anderem wegen der gestiegenen Preise deutlich weniger Fleisch. Im Juli sank die im Einzelhandel verkaufte Menge an Fleisch und Wurstwaren um 8 Prozent im Vergleich zum Vorjahresmonat, teilte das Marktforschungsunternehmen GfK am Donnerstag mit. Weil der Absatz schon in den Monaten davor geschrumpft war, betrug das Minus von Januar bis Juli im Vergleich zum selben Vorjahreszeitraum sogar 11,5 Prozent.

Die KonsumentInnen sparen auch bei anderen Lebensmitteln – aber bei Fleisch besonders. Für Brot und Backwaren verzeichneten die MarktforscherInnen im Juli lediglich 6 Prozent weniger Menge. „Frisches Obst kann im Juli 2022 das Mengenniveau des Vorjahresmonats halten“, ergänzten die MarktforscherInnen, die jeden Monat die Einkaufsbons Tausender VerbraucherInnen auswerten. Es sei 2 Prozent weniger frisches Gemüse verkauft worden.

Für Umwelt- und TierschützerInnen ist der Trend zu weniger Fleisch positiv. Denn eine Kalorie aus tierischen Lebensmitteln belastet das Klima stärker als pflanzliche Produkte. Für die Fleischerzeugung werden auch mehr Ackerflächen benötigt, es fallen große Güllemengen an, die das Grundwasser gefährden. Außerdem leiden die Tiere. Getreide etwa ernährt zudem mehr Menschen, wenn es direkt gegessen und nicht erst verfüttert wird. Weiterhin steht zu viel Fleisch im Zusammenhang etwa mit Krebs und Kreislauferkrankungen. Der Trend zu weniger Fleisch wegen höherer Preise könnte nun die Diskussion über eine Abgabe auf tierische Lebensmittel für mehr Tierschutz befeuern. Diese wird in der Ampelkoalition bisher vor allem von der FDP verhindert.

Dass die Preise eine wichtige Ursache für die aktuellen Rückgänge sind, zeigen die Unterschiede zwischen den Fleisch­arten: Am stärksten ist das Minus mit 22 Prozent beim Rindfleisch. Die Geflügelmenge dagegen sank nur um 8,5 Prozent, Schweinefleisch lediglich um 5 Prozent. Hat sich Rindfleisch demnach im Juli im Vergleich zum Vorjahresmonat um knapp 17 Prozent verteuert, so stiegen Schweinefleischpreise nur um knapp 8 Prozent. Ein Kilogramm Schweinefleisch koste jetzt mit im Schnitt rund 8 Euro ungefähr 4 Euro weniger als Rindfleisch, so die MarktforscherInnen. Hähnchenfleisch habe sich ähnlich stark verteuert, liege jetzt aber in etwa auf dem Niveau von Schweinefleisch.

VegetarierInnenverband findet die Entwicklung gut

Als weitere Ursache für die Rückgänge im ersten Halbjahr hatte GfK den „Basiseffekt wegen der Lockdowns in 2021“ angegeben. Aufgrund der Coronapandemie waren Restaurants geschlossen, sodass die Menschen ungewöhnlich viel Lebensmittel in Supermärkten kauften. Dieser einmalige Effekt erklärt den Rückgang im Vergleich zum Vorjahr aber nur teilweise und das Minus gegenüber den Vormonaten überhaupt nicht.

Der VegetarierInnenverband ProVeg begrüßte den schrumpfenden Fleischabsatz als Schritt zu einer Ernährung, „die unsere klimaschädlichen Emissionen so weit senkt, dass wir das Pariser 2-Grad-Ziel noch einhalten können.“ Schon seit 2018 falle der Fleischkonsum kontinuierlich und habe 2021 ein Rekordtief von 55 Kilogramm pro Person erreicht. „Diese Entwicklung wurde bislang vor allem einem gewachsenen Gesundheitsbewusstsein während der Pandemie zugesprochen. Die aktuellen Zahlen zeigen jedoch, dass die Menschen in Deutschland ihren Fleischkonsum auch weiterhin reduzieren. Die Zeichen mehren sich somit, dass der tierische Anteil an unserer Ernährung dauerhaft sinkt“, teilte ProVeg-Geschäftsführer Matthias Rohra der taz mit.

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