Flüchtlingsprotest in Berlin: Erfolgreicher Häuserkampf

Die Protestierenden vom Oranienplatz und vom Brandenburger Tor haben Angebote für Unterkünfte. Strittig bleibt indes die Finanzierung.

Flüchtlinge verfolgen die Debatte im Abgeordnetenhaus am Donnerstag. Bild: dpa

Die Flüchtlinge vom Oranienplatz können schon bald in eine feste Unterkunft umziehen. Zwei Häuser stehen zur Auswahl, in denen die meist über Lampedusa nach Berlin Eingereisten bleiben könnten. Eines befindet sich nach taz-Informationen in Kreuzberg, das andere in Friedrichshain. Bei den 26 Flüchtlingen, die am Brandenburger Tor einen zehntägigen Hungerstreik durchgeführt haben, zeichnet sich ab, dass sie das Provisorium in einer Obdachloseneinrichtung der Heilig-Kreuz-Gemeinde bald aufgeben können. „Wir prüfen gerade einige Angebote“, sagte eine Sprecherin der evangelischen Kirche.

Geht es nach den Flüchtlingen, die seit gut einem Jahr in dem Protestcamp auf dem Oranienplatz leben, zögen sie lieber in ein Haus in Kreuzberg. „Der Vorteil wäre, dass sie in ihrem gewohnten Umfeld bleiben könnten“, sagt die Unterstützerin Taina Gärtner. Der Infostand auf dem Oranienplatz, der nach dem Abbau des Zeltdorfs bleiben darf, sei dann besser zu betreuen. Zwischen 50 und 150 Flüchtlinge würden auf dem Oranienplatz leben, heißt es. Die Mehrzahl stammt aus Afrika. Noch ein Winter auf dem Platz wäre für sie unzumutbar. Auch Teile der Bevölkerung haben das Camp auf öffentlichem Grund zunehmend als Ärgernis empfunden.

Die Geschäftsführerin des Diakonischen Werks Stadtmitte, Evi Gülzow, hat das Kreuzberger Haus am Mittwoch gemeinsam mit der Bezirksbürgermeisterin Monika Herrmann (Grüne) besichtigt. Gülzow hält das Gebäude als Flüchtlingsunterkunft für gut geeignet. „Alles Weitere ist eine Frage der Finanzierung“, so Gülzow. Die Finanzverwaltung habe 136.000 Euro als Kältehilfe zugesagt. „Damit kommen wir vielleicht gerade über den Winter.“ Die nötige Reparatur von Teilen der Haustechnik könne davon jedoch nicht bestritten werden. Nach Informationen der taz belaufen sich die Kosten auf rund 30.000 Euro. „Da ist die Senatsverwaltung für Soziales gefordert“, sagt Gülzow.

Das zweite, für die Lampedusa-Gruppe infrage kommende Haus in Friedrichshain hat Sozialsenator Mario Czaja (CDU) von einem privaten Träger angeboten bekommen, erfuhr die taz. Der Träger wollte dort ursprünglich eine Obdachlosenunterkunft einrichten. Offen ist die Finanzierung: Die Sätze, die der Träger für die Unterbringung der Flüchtlinge berechnet habe, lägen deutlich über dem Satz der Kältehilfe, die pro Kopf und Tag rund 16 Euro berechnet, heißt es. Geklärt werden müsste also, wer den Rest bezahlt. Das Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg sieht sich dem Vernehmen nach dazu nicht in der Lage.

Auch das Abgeordnetenhaus beschäftigte sich am Donnerstag mit dem Protest der Flüchtlinge. Es ist der CDU-Abgeordnete Joachim Krüger, der die Debatte eröffnet und gleich klarmacht, worum es seiner Fraktion geht: dass sich aus Mitgefühl mit den Flüchtlingen nicht ergeben kann, alle aufzunehmen. Natürlich gehe es den Menschen in Deutschland besser als in vielen anderen Teilen der Welt. Aber, und dazu zitiert Krüger aus einem kürzlichen Interview mit dem ehemaligen Parlamentspräsidenten Walter Momper (SPD): „Man kann nicht alle Wirtschafsflüchtlinge dieser Welt nach Deutschland holen.“

Auf der Zuschauertribüne nehmen währenddessen rund 30 schwarze Männer Platz, die ein weißes T-Shirt mit dem Aufdruck „Lampedusa in Berlin“ tragen. Das gleiche T-Shirt trägt die Grünen-Abgeordnte Canan Bayram, als sie ans Rednerpult tritt und die Gruppe als Flüchtlinge vom Oranienplatz auf Englisch begrüßt.

Bayram und ihre Grünen-Fraktion fordern ein Bleiberecht für in Berlin lebende Flüchtlinge. Es sei ja nett, dass Integrationssenatorin Dilek Kolat (SPD) auf die Koalitionsverhandlungen im Bund zwischen CDU und SPD verweise. Aber: „Frau Kolat, Sie haben doch hier auch eine große Koalition, reden Sie doch mal hier mit der CDU.“

Hakan Tas (Linkspartei) begrüßt, dass Kolat die Flüchtlinge mehrfach getroffen habe. Er kritisiert aber, dass sich CDU-Innensenator Frank Henkel sich nicht kümmern würde: „Das ist armselig und auch nicht christlich, Herr Henkel.“

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