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Flixmobility versus Deutsche BahnZug um Zug

Flixmobility hat die Deutsche Bahn wegen unlauteren Wettbewerbs verklagt. Es kommt ein Hauch von Konkurrenzkampf auf.

Flixtrain und die Deutsche Bahn streiten um Deutschlands Schienenfernverkehr Foto: imago/Future Image

BERLIN taz | Der Fernbusanbieter Flixmobility hat bereits im Juli Klage gegen die Deutsche Bahn eingereicht, weil seine Marke Flixtrain angeblich in den Fahrplänen auf bahn.de nur lückenhaft abgebildet werde. Das Münchner Unternehmen Flixmobility ist Deutschlands größter Fernbusanbieter, vermarktet aber auch Zugtickets auf den Strecken Stuttgart-Berlin und Köln-Hamburg. Nun hat Karl-Martin Naumann, Ehrenvorsitzender des Fahrgastverbands Pro Bahn, Verständnis für die Deutsche Bahn geäußert.

Flixmobility wirft der Deutschen Bahn vor, bei der Suche nach der schnellsten Verbindung werde ihr Angebot manchmal nicht angezeigt. Zudem würden auf der Seite für Fahrten mit dem Flixtrain weder Preise genannt noch Buchungsmöglichkeiten eingebettet. Das Unternehmen sieht darin unlauteren Wettbewerb, denn „bahn.de ist die zentrale Auskunftsplattform für Kunden und gesetzlich dazu verpflichtet, alle Reiseoptionen auf der Schiene aufzuzeigen“, erklärte Flixmobility-Chef André Schwämmlein dem manager magazin. Im Nahverkehr funktioniere das ja auch, so Schwämmlein.

Die Bahn wies die Vorwürfe zurück. Die Klage sei eingegangen und werde nun geprüft, erklärte eine Bahnsprecherin weiter. Abgesehen davon sei man jedoch mit Flixtrain bereits im Gespräch und habe schon „Punkte im Sinne von Flixtrain verändert.“

Und auch Karl-Martin Naumann vom Fahrgastverband Pro Bahn beschwichtigt: „Die Flixtrain-Fahrten werden ja in der Regel angezeigt. Und für Buchungen herrscht einfach keine Kooperation zwischen beiden Unternehmen.“ Dies sei bei Thalys, einem anderen Privatanbieter, der Strecken von NRW nach Frankreich und Belgien anbietet, ebenso der Fall. Das Problem bei den Preisen von Flixtrain hingegen sei deren Unbeständigkeit. „Man könnte sie natürlich heraussuchen und anzeigen, doch zwei Stunden später können sie dann wieder ganz anders sein.“

Drohende Verspätungen, Umleitungen und Ausfälle

Flixmobility ist im März 2018 in den Schienenverkehr eingestiegen und verbindet bisher Köln und Hamburg sowie Berlin und Stuttgart. Geplant sind schon für Ende des Jahres zusätzliche Strecken von der Hauptstadt nach München und nach Köln. Jedoch läuft auch das nicht ganz reibungslos. Im Juli warf Flixmobility der Deutschen Bahn vor, dass für 2019 sowohl auf den bereits bestehenden als auch auf den geplanten Strecken immense Verspätungen, Umleitungen und Flixtrain-Ausfälle drohten. Dies bescheinigte ein eigens beauftragter Gutachter des Jungunternehmens, der den von der Deutschen Bahn herausgegebenen Fahrplan für das kommende Jahr untersuchte. Die Verantwortlichen von Flixtrain fühlten sich nach eigenen Angaben „diskriminiert“.

Für Naumann ist der anhaltende Streit jedoch nichts besonderes. „Streits zwischen der Deutschen Bahn und privaten Anbietern gab es schon immer. Die liefen dann mal mehr und mal weniger friedlich.“

Attraktiv machen den neuen Konkurrenten der Deutschen Bahn vor allem die niedrigen Preise. Eine Fahrt über die längstmöglichen Strecken bekommt man schon ab 9,99 Euro, kürzere wie von Köln nach Gelsenkirchen gar schon ab 4,99 Euro. Als Reaktion darauf bietet die Bahn nun unter anderem den Super-Sparpreis von 19,90 Euro für innerdeutsche Fahrten dauerhaft an.

Insofern hat das Eindringen von Flixtrain in den Markt Fahrgästen doppelt genutzt. „Die Deutsche Bahn hätte ohne die von Flixtrain aufgerufenen Kampfpreise wohl nicht den Super-Sparpreis eingeführt. So spürten sie jedoch den Druck, konkurrenzfähig zu bleiben“, zeigt sich Naumann erfreut. Doch noch viel weiter werden nach Einschätzung des Ehrenvorsitzenden von Pro Bahn die Preise vorerst nicht gesenkt. Nach jetzigem Stand habe die Bahn immerhin noch einen erheblichen Vorteil in Sachen Komfort. „Flixtrain nutzt ja ältere Züge, bei denen die Fahrt nicht so ruckelfrei und ruhig verläuft und die nicht klimatisiert sind.“

Deutsche Bahn wird sich weiter behaupten

Ebenfalls bezweifelt Naumann, dass durch den Vorstoß von Flixmobility weitere Privatanbieter in den deutschlandweiten Schienenfernverkehr einsteigen werden. „Das benötigte Startinvestement wirkt abschreckend, außerdem sind immer weniger freie Trassen zu vergeben.“ Er kann sich jedoch vorstellen, dass weiterhin Nischenprodukte, wie der Harz-Berlin-Express von Transdev oder der Berlin-Night-Express nach Malmö der Georg Verkehrsorganisation, eingeführt würden.

Langsam kommt also etwas Dynamik in den Konkurrenzkampf um den deutschen Fernverkehr. Naumann glaubt, eine ernsthafte Konkurrenz zur Deutschen Bahn werde Flixtrain jedoch nicht: „Ohne staatlichen Rückhalt ist es einfach zu schwierig, sich im deutschen Fernverkehr durchzusetzen.“ Durch den Mitwettbewerber würde bei der Bahn auch kein nennenswerter wirtschaftlicher Effekt einsetzen. „Vielleicht sinkt das Fahrgastaufkommen der Deutschen Bahn auf 99 oder 98 Prozent.“

Für die Zukunft wünsche sich Pro Bahn langfristig ein Portal, auf dem man alle innerdeutschen Fahrten mit öffentlichen Verkehrsmitteln buchen könne. Umgesetzt würde dies jedoch höchstens, „wenn der Deutschlandtakt umgesetzt wird.“ Dieser sehe vor, dass es deutschlandweit aufeinander abgestimmte Fern- und Nahverkehrspläne gibt. Bei diesem Vorhaben ist jedoch vor allem die Politik gefragt. Am Mittwochmorgen kündigte der parlamentarische Staatssekretär im Bundesverkehrsministerium, Enak Ferlemann (CDU), in der Welt an, dass dazu im Herbst ein Konzept vorgestellt werden soll.

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