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Finanzskandal „Paradise Papers“Paradiesisch legale Briefkästen

Der neue Finanzleak zeigt: Anlegern wird es viel zu leicht gemacht, ihr Geld in Steuerparadiesen vor den Finanzämtern zu verstecken.

Hier erholt sich das Geld der Reichen: Strand in Speightstown auf der Karibikinsel Barbados Foto: ap

Berlin taz | Die sogenannten „Paradise Papers“ ermöglichen einen tiefen Einblick in die Welt der Steueroasen – von Malta bis zu den Bermudas. Denn der Leak, über den am Sonntagabend das Netzwerk Investigativer Journalisten in zahlreichen Medien weltweit berichtete, umfasst 13,4 Millionen Dokumente, die überwiegend von der Offshore-Anwaltsfirma Appleby stammen, die potente Kunden und Unternehmen gern dabei berät, wie man seine Steuerpflichten minimieren kann. Appleby selbst ist sich jedoch keiner Schuld bewusst. Die Kanzlei erklärte, es gebe „keinen Beweis für Fehlverhalten“.

In der Tat: „Steuergestaltung“ ist legal. Internationalen Unternehmen ist es nicht verwehrt, durch Tricks wie Patentboxen oder Scheinkredite ihre Gewinne in Länder zu verschieben, wo der Steuersatz gen Null tendiert.

Allerdings ist die Grenze zwischen Steuergestaltung und Steuerhinterziehung fließend. Dies gilt vor allem für Privatpersonen, die sich sogenannte Briefkastenfirmen in Steueroasen zulegen. Die Briefkastenfirma selbst ist nicht illegal – aber sie muss dem heimischen Finanzamt angezeigt werden. Diese Information wird aber gern unterlassen, denn sonst müsste man das Einkommen ja zuhause versteuern.

Genau an dieser Stelle werden die „Paradise Papers“ explosiv: Es wurden nämlich auch die Unternehmensregister von 19 Steueroasen geleakt. Jetzt ist bekannt, wem die Briefkastenfirmen gehören, die in Antigua & Barbuda, Aruba, den Bahamas, Barbados, den Bermudas, Kaimaninseln, Cookinseln, Dominica, Grenada, Labuan, Libanon, Malta, Marshallinseln, St. Kitts und Nevis, Saint Lucia, Saint Vincent, Samoa, Trinidad und Tobago sowie Vanuatu angesiedelt sind.

Ergebnis: natürlich nicht

Es lässt sich also ganz leicht abgleichen, ob die hiesigen Finanzbehörden über die Briefkastenfirmen informiert sind, die sich in diesen Steueroasen befinden und deutschen Staatsbürgern gehören. Ergebnis: natürlich nicht.

Aufruf der Bundesregierung

Die Bundesregierung ruft die beteiligten Medien zur Herausgabe der Originaldaten auf. „Wir würden es begrüßen, wenn diese Informationen der Finanzverwaltung zur Verfügung gestellt werden“, sagte ein Sprecher des Finanzministeriums am Montag in Berlin. Auch den Strafverfolgungsbehörden sollten die unter dem Namen „Paradise Papers“ bekannt gewordenen Daten zur Verfügung gestellt werden, forderte ein Sprecher des Innenressorts. (dpa)

Die Experten der internationalen NGO „Tax Justice Network“ schätzen, dass die Konzerne weltweit etwa 500 Milliarden Dollar an Steuern sparen, indem sie alle legalen Tricks nutzen. Durch die illegale Steuerflucht von reichen Privatpersonen entstehe ein Schaden von weiteren 200 Milliarden Dollar.

An Reformvorschlägen fehlt es nicht. So fordern Oxfam Deutschland und der grüne Europapolitiker Sven Giegold, dass es eine „schwarze Liste“ für Steueroasen geben soll. Dann wäre es schlicht illegal, eine Briefkastenfirma in einem Land zu besitzen, das keine Steuern erhebt.

Beliebtes Dreieck

Diese naheliegende Idee lässt sich in der EU jedoch nicht durchsetzen, weil vor allem Großbritannien blockiert. Giegold fordert daher: „Mit seinen Überseegebieten dominiert Großbritannien die Landkarte der Steueroasen. Wir müssen die Brexit-Verhandlungen nutzen, um die britischen Steueroasen zu schließen.“

Allerdings ist der legalen Steuergestaltung der internationalen Konzerne mit einer „schwarzen Liste“ nicht beizukommen. Die Firmen könnten weiterhin ihre Gewinne von einem Land zum nächsten verschieben. Sehr beliebt ist beispielsweise das Dreieck Irland, Niederlande und Luxemburg.

Daher verlangt Giegold: „Wir brauchen zudem volle Transparenz der Steuern von Großunternehmen und einen gemeinsamen Mindeststeuersatz für Unternehmen innerhalb der EU.“

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23 Kommentare

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  • Was Sven Giegolf fordert begrüße ich mit Ulrike Herrmann, gleichwohl braucht es daneben der Aktivierung der 1997 durch BVG Urteil ausgesetzten Vermögenssteuer mit der Ma0gabe die Ungleichheit bei der Veranlagung unterschiedlicher Vermögensarten, Geld, Kapital, Immobilien, Grund, Boden, Wald, Wiesen, Seen zu beenden, um überhaupt und sei es zu einem Vermögenssteuersatz 0 % die Vermögensverhältnnisse von Unternehmen, Privathaushalten zu erfassen, die über Freibeträge hinausgehen, die Straflosigkeit der Verscheierung von Vermögenswerten abzustellen. darüberhinaus geht es im Vorfeld des Brexit darum. für kommende Verhandlungen die Vermögensverhältnisse Great Britains sonders der exterritorial britischen Gebiete unter dem Dach der iliustren Windsor Royal Family Queen Elisabeth II in Gestalt der Steueroasen in Übersee u. a. Isle of Man, Jersey, KanaliNseln außerhalb der EU zu bewerten, Umsatzsteuerbetrug im Schengenraum aufzudecken strafrechtlich zu ermitteln, juristisch strafbewehrt zu sanktionieren, und wieweit binnen Jahzehnten EU-Ländern durch die britische Wirtschaft, deren Akteure Vermögenswerte und Entwicklungen verkürzt wurden. Dabei ist das Recherche Netzwerk so patriotisch moralin mit Georg Mascolo unterwegs, bei Gefahr nicht zu merken, dass Kontinentaleuropa voran Deutschland hurtig ist, sich als Steueroasen Braut zu schmücken, jene mit verchleierten Vermögen nach Deutschland wg von Great Britains Steueroasen zu locken, die sich durch Paradise Papers auf den Schlips getreten fühlen

  • Ein Schaden von US-$ 700 Mrd. weltweit durch Steuertricks und welche Länder sind das überhaupt: Antigua & Barbuda, Aruba, den Bahamas, Barbados, den Bermudas, Kaimaninseln, Cookinseln, Dominica, Grenada, Labuan, Libanon, Malta, Marshallinseln, St. Kitts und Nevis, Saint Lucia, Saint Vincent, Samoa, Trinidad und Tobago sowie Vanuatu ...

     

    Um diese Staaten militärisch niederzuringen bedüfte es nicht viel, lassen wir mal den Libanon raus, wenn also solche Länder wie Deutschland, Frankreich, die USA oder Großbritannien wirklich ein Problem damit hätten, könnten sie diese Oasen wahrscheinlich in einer Woche militärisch besetzen.

     

    Aber das haben sie gar nicht vor, sondern diese Miniinseln und Ministaaten sind Teil der Wirtschaftsstruktur dieser Welt und können die Welt verarmen helfen, denn das passiert, wenn solche Summen wie US-$ 700 Mrd. gespart werden.

     

    Das Bruttoinlandsprodukt von Staaten wie Mauretanien, Niger, Tschad oder Burkina Faso ist so niedrig, dass US-$ 700 Mrd. unvorstellbar sind.

     

    Aber selbst für Deutschland ist es tödlich, wenn hier Mrd. verschoben werden und offenbar dies legal ist und auch keinen wirklich stört.

     

    Gerade hat ein französisches Gericht festgestellt, dass der Sohn des Präsidenten von Äquatorialguinea alleine ein Frankreich €100 Mio. besitzt und da haben wir noch keinen Blick in seine schweizer Konten oder seine Briefkastenfirmen und Stiftungen geworfen und wie leben die Menschen in dem Öl-reichen Äquatorialguinea?

     

    Die Frage stellt man besser nicht, aber das ist genau das, was durch diese Oasen passiert: Sie produzieren Armut und Unterentwicklung, sorgen für Konflikte, Gewalt, Ausbeutung, Krankheiten und Abstieg. Jeder Anwalt, der dort hilft, beseitigt irgendwo auf der Welt ein Stück Chance, eine Stück Gerechtigkeit oder Ausgleich.

  • Naja, auch rotgrün hat damals schon versucht, die BRD zu einer Steueroase für Unternehmer und Superreiche zu machen. Konnten die damals nicht beenden. Evtl. macht Jamaica da jetzt weiter.

  • 8G
    82236 (Profil gelöscht)

    Viele, die hier dem französischen Jupiter zujubeln als Retter Europas sollten sich darüber im Klaren sein, dass Macron mit seinen Reformen, die er in Frankreich schon angeleiert hat, nur das Kapital stärken will und die Voraussetzungen dafür schaffen will, dass die Kapitalisten auch in Europa von Steuern und Abgaben befreit werden, damit sie kräftig in die Realökonomie investieren....in Frankreich fliessen jedenfalls schon jetzt 80% der Unternehmensgewinne in Dividenden, denn Investitionen werden über Kredite finanziert bei 0% Zinsen ja auch kein Wunder. Und Frankreichs Grossbanken haben 25% ihrer Gewinne in Steuerparadiese angelegt.

    Aber macht nichts je mehr man die Wähler beklaut desto glücklicher sind sie und stimmen für die Freunde des Kapitals in Jamaika oder gar für eine organisierte Steuerhinterziehungs-und Schwarzgeldbande wie die spanische Volkspartei des Verfassugspatrioten Mariano Rajoy.

  • Und unter dem Artikel eine Anzeige mit dem Text "Unglaublich: 1397% gewinn mit Lithium-Aktion? So machen Sie die Riesen-Gewinne"

     

    Passt!

    • @Lucanus:

      Wo?

       

      In der Druck-taz?

       

      Bei mir ist keine Anzeige drunter. Man sollte auch nicht so viel darüber reden, weil sie von den Cookies abhängig ist und nur zeigt, auf welchen Seiten Sie vorher unterwegs waren. Hoffen Sie mal, dass hier kein Steuerfahnder mitliest.

  • „Wir brauchen zudem volle Transparenz der Steuern von Großunternehmen und einen gemeinsamen Mindeststeuersatz für Unternehmen innerhalb der EU.“

     

    Einfach öfters Ross (nicht den Wilbur) und Reiter nennen: Sixt, die Deutsche Post, Siemens, Allianz, Bayer, Deutsche Bank...

  • Ach tatsächlich ?! Das ist wirklich eine faustdicke Überraschung !!! Skandale überall.... Abgasskandal, Sexskandale, jede menge Steuerverschwendungsskandale, NSU Skandal, Olympia x Fifaskandal, Pestizitskandale in der Viezucht, fortwärende Dopingskandale, G - 20 Skandal .....und nun ein neuer Luckypapersskandal.... Viele Demokratiezweifler werden wiedermal bestärkt ....

  • "weil vor allem Großbritannien blockiert."

     

    Ach, wie praktisch...das hätten wir dann ja bald gelöst.

     

    Es ist wie immer: diejenigen, die die dicke Kohle verstecken, haben auch oft das Sagen und Einfluss auf die Entscheidungen.

    Hier hat ganz klar der Staat versagt, dass jetzt Beweise auftauchen ist doch nur die unübersehbare Eisbergspitze "hoppla wo kommt die denn her". Bekannt war das doch allen Verantwortlichen schon lange.

  • Insbesondere die unerträgliche Steuersituation in der EU ist seit Jahren bekannt. Irland wurde nicht dazu gebracht, im Zuge der Rettung seiner Banken sein räuberisches Steuermodell zu ändern. Über Juncker und seine Raubzüge aus Luxemburg heruas wird der Schirm gehalten. Schäuble und Merkel haben in all den Jahren nichts getan, um das Thema anzugehen.

    Wenn ich mir anschaue, wie im Unterschied dazu mit Griechenland verfahren wurde, kann ich nur annehmen, dass die Steuervermeidung für Reiche und Unternehmen von allen Beteikigten bewusst gewollt ist.

  • Bitte für dieses Thema ähnlich viel Engagement und Emotionalität wie für Veganismus, Gender* und Refugees, danke.

  • und schuble schweigt dazu und was er sagt na das wissen wir

  • Manche Dinge sind vielleicht nicht illegal, aber sicherlich unethisch. Eine Korrektur der bisherigen Situation wird natürlich schwer, wenn - so hört man - sogar die Lichtgestalt der deutschen Sozialdemokratie Gerhard Schröder in den Papieren genannt wird.

    • @Lapa:

      Lichtgestalt ? Hmmmm...... wohl eher dunkle Gestalt mit Neodemokratischerm Heilgenschein...Es hätte mich mehr gewundert wenn er nicht auf der Liste zu finden gewesen wäre !

  • Im Klartext:

     

    Der Kapitalismus im 21. Jahrhundert, weltweit.

     

    Politiker*innen und Wirtschaftsführer*innen plündern die sozialen Kassen der Bevölkerung!

     

    Der Kapitalismus, die historische kapitalistische Gesellschaftsformation, einschließlich deren „soziale Marktwirtschaft“, sind ein Gesellschaftssystem der Korruption, Vetternwirtschaft und des mafiösen Verbrechens, an den Armen ihrer nationalen Gesellschaftsordnungen.

     

    Es bedürfte schon eines sozialrevolutionären Bürgerkrieges, auch in den Wohlstands- und Reichtumsregionen, um diesen gesellschaftspolitischen Zustand nachhaltig zu beenden. Aber die mit ideologisch manipulatorischen Medien- und materiellen Massenkonsum befriedigten Volksmassen, insbesondere der werktätigen, in der materiellen Produktion tätigen, wertschöpfenden Bevölkerungen, sind für diesen notwendigen Gewaltakt noch immer nicht bereit.

     

    Bis es zu einer gewaltsamen Überwindung kommt, auch in den Wirtschaftsmetropolen, bedarf es noch vieler äußerer imperialistischer Verbrechen und zugleich interner nationaler Verbrechen, die sich von den ökonomisch und politisch Herrschenden nicht mehr vor den Völkern verschleiern lassen.

     

    Kommt es zum Umbruch im -immer noch manipulierten- Massenbewusstsein, dann kommt es gewiss auch zu einer gewaltsamen Abrechnung mit der Ökonomie und ihrer Politik, in den heutigen Reichtumsmetropolen.

     

    - ungeschminkte bürgerliche Gegenwart 2017 und die Zukunft im 21. Jahrhundert?

     

    Clara Zetkin: “Um sich von der Ausbeutung und Unterdrückung zu befreien, muss die Arbeiterklasse der Bourgeoisie nicht bloß die Produktionsmittel des Lebens entreißen, sondern auch die Produktionsmittel des Todes. Gewalt lässt sich nicht wegdisputieren und nicht wegbeten. Gewalt kann nur durch Gewalt gebrochen werden. Das sprechen wir Kommunisten offen aus, nicht weil wir ‘Anbeter der Gewalt’ sind, wie sanfte bürgerliche und sozialdemokratische pazifistische Gemüter uns beschuldigen."

    -- Aus der “Kommunistischen Fraueninternationale“ 1922, S. 13/14.

  • Ab in den Knast mit diesen Leuten!

    Dann hört das endlich auf.

    • 8G
      82741 (Profil gelöscht)
      @Hartz:

      Auf welcher Rechtsgrundlage?

       

      Der Stammtisch feiert fröhliche Urstand.

      • 8G
        82236 (Profil gelöscht)
        @82741 (Profil gelöscht):

        Ich finde es auch eine Unverschämtheit, dass diese Neidhammel und Habenichtse immer rummeckern müssen. Eine andere Idee wäre das Wahlrecht wieder nach Steueraufkommen ausrichten. Wenn die Superreichen 1Millionen Stimmen pro Nase bekommen, zahlen sie auch bestimmt wieder Steuern in ihren Heimatländern.

    • @Hartz:

      Mit wem? Der gesamten Oberschicht der kapitalistischen Welt? Ohne Revolution klappt das nicht.

      • 8G
        82741 (Profil gelöscht)
        @warum_denkt_keiner_nach?:

        Vorbilder? Russisch? Chinesisch? Kambodschanisch?

        • 8G
          82236 (Profil gelöscht)
          @82741 (Profil gelöscht):

          Warum nicht mit dicken Zigarren, Salsa und Habana Club? Wäre doch viel lustiger und dann in die Produktion ab zur Zuckerrohrernte!

      • @warum_denkt_keiner_nach?:

        Besser Revolution als Apokalypse.