Finanzierung des AfD-Lehrer-Prangers: Zweckentfremdetes Geld?

Die Hamburger AfD hat ihren Online-Pranger für Lehrer mit Staatsgeld finanziert. Nun kommen Zweifel auf, ob das rechtmäßig ist.

Eine Lehrerin steht vor einer Schulklasse an der Tafel.

Ist die Lehrerin neutral im Sinne der AfD? Oder zu AfD-kritisch und deshalb anzuprangern? Foto: dpa

HAMBURG taz | Das Melde-Portal der Hamburger AfD-Fraktion konnte mit Datenschutz-Bedenken bisher noch nicht aufgehalten werden – stattdessen findet es bundesweit Nachahmer. In Brandenburg, wo die AfD-Fraktion in dieser Woche eine solche Plattform für angebliche Neutralitätsverletzungen von Lehrern freischalten will, äußerte jetzt Landtagspräsidentin Britta Stark (SPD) eine ganz andere Kritik. Stark ist für die Ausgabe der staatlichen Mittel an die Fraktionen verantwortlich. Sie habe „erhebliche Zweifel“, ob eine Geldausgabe für das Meldeportal durch das Fraktionsgesetz gedeckt sei.

Was die Fraktionen mit dem Geld, das sie vom Staat bekommen, tun dürfen, ist in den Landesgesetzen einheitlich geregelt. So darf zum Beispiel kein Geld für Parteien abgezwackt werden. Fraktionen dienen der politischen Willensbildung der Parlamente, sie können mit anderen Parlamenten zusammenarbeiten und die Öffentlichkeit über ihr Tun unterrichten.

Gestützt werden Britta Starks Bedenken von Verwaltungsrechtler Klaus Herrmann, der am Donnerstag einen Gastbeitrag in der Legal Tribune Online veröffentlichte. Er fordert eine Prüfung durch die Landesrechnungshöfe.

Denn: Das vor gut vier Wochen ans Netz gegangene Hamburger Meldeportal fordert Bürger auf, „mutmaßliche Verstöße“ gegen ein Neutralitätsgebot zu melden. Auf dem Portal heißt es: Sollte ein „begründeter Anfangsverdacht“ auf einen Verstoß gegen eine Rechtsvorschrift – wie das Neutralitätsgebot – vorliegen, biete man an, dies zur Überprüfung an die Schulbehörde weiterzuleiten.

Britta Stark habe „erhebliche Zweifel“, ob eine Geldausgabe für das Meldeportal durch das Fraktionsgesetz gedeckt sei

Laut Herrmann gehe es bei dem Portal folglich nicht um Informationen über die parlamentarische Arbeit. Es gehe vielmehr um Schüler und Eltern, die sich gegen mutmaßliche Missstände zur Wehr setzen sollen, „also um Rechtsverfolgung und Interessendurchsetzung außerhalb des Parlamentsbetriebs“. Somit würden aber Fraktionsmittel für Aufgaben verwendet, die anderen Institutionen unterlägen, „etwa Gewerkschaften oder Parteien“, sagt der Rechtswissenschaftler.

Gelangten nun die Rechnungshöfe der Länder zu dem Schluss, dass hier Mittel nicht bestimmungsgemäß verwendet wurden, „müssen die Landtagspräsidenten die Haushaltsmittel zurück fordern“. Sie seien schließlich für die parlamentarische Arbeit zweckgebunden.

Der Hintergrund ist das aus Artikel 20 des Grundgesetzes abgeleitete „Demokratieprinzip“, wonach die Willensbildung des Volkes von staatlichen Einflüssen freigehalten werden müsse, auch von solchen der staatlich finanzierten Fraktionen.

Die taz bat die AfD-Hamburg um eine Stellungnahme zu Starks Vorstoß, die Mittel zurückzufordern, sollte die Prüfung eine Zweckentfremdung ergeben. Bis Redaktionsschluss erhielt sie keine Antwort. „Das wird heute nichts mehr“, sagte ein Sprecher.

Berlin macht Tempo

Hamburgs Bürgerschaftspräsidentin Carola Veit (SPD) beurteilt die Sache zurückhaltender. Es sei davon auszugehen, dass es sich bei dem Portal der AfD-Fraktion „im Schwerpunkt um die Kommunikation mit den Bürgerinnen und Bürgern im Zuge der politischen Willensbildung“ beziehungsweise um „Aspekte der Öffentlichkeitsarbeit“ handele, sagte ein Sprecher. Und Veit habe nur die Aufgabe, der offensichtlich falschen Verwendung von Geld oder Sachleistungen entgegenzuwirken. Ob die Ausgabe für das AfD-Portal zulässig sei, prüften zudem ein Wirtschaftsprüfer und der Rechnungshof.

Das aber kann dauern und passiert nur im Nachgang. In Hamburg hat der Rechnungshof zuletzt im Herbst 2014 Ausgaben des Jahres 2012 moniert. Damals stellten die Prüfer fest, dass bei einer internen Weihnachtsfeier sowie bei Plakat­aktionen Geldleistungen von über 4.000 Euro „zweckwidrig verausgabt“ wurden.

In Berlin, wo am 22. Oktober ebenfalls ein Lehrer-Bewertungsportal starten soll, will der Landesrechnungshof allerdings das Tempo beschleunigen. Eine Sprecherin sagte der Berliner Zeitung: „Wir prüfen, ob wir das Thema außerhalb der turnusmäßigen Fraktionsprüfung aufgreifen können.“

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