Fetisch und Rassismus: Hinterfragt euren Fetisch!
Frauen of Color oder Schwarze Frauen kennen das Phänomen: Sie werden zum Fetischobjekt von Männern. Das ist ein Problem.
A ls ich elf Jahre alt war, hat ein Junge zu mir gesagt, er wünschte sich, Hitler wäre noch am Leben, dann würde er meine Familie und mich ermorden. Er mobbte mich aufgrund meines muslimischen Glaubens. Später stellte sich heraus, dass er einen „Stand“ auf mich hatte, wie man in Österreich sagt. Im Laufe meiner Schulzeit musste ich mir hier und da ein „Wäh“ von österreichischen Burschen bezüglich meiner dicken Augenbrauen und der dichten Haare anhören.
Ich hätte bestimmt an allen Körperstellen so viele Haare, „eklig“, witzelten sie und verzogen ihre Münder. Viel später traf ich Männer ohne Migrationshintergrund, von denen einer meinte, er finde es aufregend, eine Muslimin zu daten. Das fühle sich so verboten an, so, als ob meine Cousins auf ihn lauern würden, das gebe ihm einen Kick. Ich war von seinen Worten so angeekelt und wollte ihn nie wiedersehen. Muslimische Freundinnen berichteten mir von denselben Erfahrungen. Vor allem jene, die Kopftuch tragen, mussten beim ersten Date schon Fragen ertragen, ob sie das Kopftuch denn auch beim Sex oben ließen.
Ein Phänomen, das Musliminnen, Frauen mit Migrationshintergrund und vor allem Women of Color und Schwarzen Frauen häufig begegnet: Weiße autochthone Männer, die sie fetischisieren. Die „schon immer einmal etwas“ mit einer Schwarzen, einer Asiatin, einer Latina haben wollten.
Der Ex einer Bekannten, die Wurzeln in Jugoslawien hat, wollte von ihr, dass sie sich mehr wie eine Jugo anzieht und schminkt. Er schenkte ihr große goldene Ohrringe, ein kleines Schwarzes und eine Adidas-Jacke. „Ihr Jugo-Frauen habt die geilsten Ärsche“, wiederholte er immer wieder. Sie sollte sich die Lippen rot schminken, ein starkes Augen-Make-up auftragen – wie die Jugo-Frauen das eben so in seinem Kopf machen. Beim Sex sollte sie Kroatisch mit ihm reden. Er, der bei einer linken Organisation politisch aktiv ist, sah nicht ein, wie falsch sein Verhalten war. Als sie sich von ihm trennte und sein Verhalten in der Organisation thematisierte, warfen ihr die anderen linken Männer vor, sie würde Rufmord betreiben.
Eine ganze Industrie
Fetische wie diese werden von der Pornoindustrie gefüttert: Pornos mit Schwarzen, Asiatinnen und Latinas fallen unter eigene Kategorien. Pornos mit kopftuchtragenden Darstellerinnen werden am meisten geklickt. Während Betroffene genau wissen, wie ekelhaft es sich anfühlt, wenn Hautfarbe, Herkunft oder Religion ein sexueller Fetisch für jemanden ist, ist das vielen nicht so klar.
Sie argumentieren, dass sie eben einen bestimmten Typ haben, sie nichts dafür können, wen sie anziehend finden. Sehr wohl können sie etwas dafür. Sie könnten aufhören, Frauen zu sexualisieren, ihnen die eigene Vorstellung aufzudrängen, und sich fragen, woher diese kommen. Zu glauben, dass Sex mit Musliminnen, Schwarzen oder Asiatinnen aufregend ist, ist einfach nur rassistisch.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Rechtspopulistinnen in Europa
Rechts, weiblich, erfolgreich
Buchpremiere von Angela Merkel
Nur nicht rumjammern
Stellungnahme im Bundestag vorgelegt
Rechtsexperten stützen AfD-Verbotsantrag
#womeninmalefields Social-Media-Trend
„Ne sorry babe mit Pille spür ich nix“
Landesparteitag
Grünen-Spitze will „Vermieterführerschein“
Die Wahrheit
Herbst des Gerichtsvollziehers