Feministische Demo in Berlin: Der Angst trotzen
Tausende Menschen protestieren gegen Trump und den weltweit zunehmenden Rechtsruck. Sie sorgen sich um die Auswirkungen auf Frauen, Trans und Queers.
Zügig wird es voll vor dem Brandenburger Tor, vereinzelt sind Frauen mit pinken Mützen zu sehen. Hier sind am Sonntagmittag Teilnehmer*innen für einen „Flinta-March“ zusammen. Und zwar absichtlich am selben Tag, an dem Organisationen in den USA zum „Peoples March“ aufgerufen haben, einer Protestdemo gegen Donald Trump, der am Montag seine zweite Amtszeit als Präsident der USA beginnt. Die pinken Mützen, genannt Pussy Hats, oft mit zwei Spitzen, die sie wie Öhrchen aussehen lassen, waren das Erkennungszeichen beim ersten Women’s March gegen die Amtseinführung von Donald Trump 2017.
Heute, 2025 in Berlin, eint die Demonstrant*innen die Sorge vor einem weiteren, vielleicht weltweiten Rechtsruck unter Trump und den Tech Bros – und davor, dass fortschreitende faschistische Tendenzen das Leben von Frauen, Trans und Queers wohl auch in Berlin weiter erschweren und gefährlicher werden lassen. Auf Plakaten fordern sie, dass Schwangerschaftsabbrüche legalisiert werden müssen. Sie treten ein für ein Ende von Sexismus, Patriarchat und sexualisierter Gewalt und machen sich stark für Trans-Rechte.
Am Zugang zum Pariser Platz hat sich eine Gruppe aufgestellt, mit zwei größeren Transparenten gegen Antisemitismus und für eine progressive Linke. Sie fordern die Freilassung der Geiseln der Hamas. „MeToo – außer du bist Jüdin?“, hält eine von ihnen auf eine Pappe geschrieben in die Luft.
Viele Teilnehmer*innen positionieren sich zur kommenden Bundestagswahl, eine hat „Kein Merz im Februar“ auf eine Pappe geschrieben, ein paar Meter weiter hält eine andere ein Schild hoch mit der Aufschrift „Kein Merz im März“. Auch gegen die AfD richten sich viele Plakate.
Zusammenstehen gegen Rückschritte
Zu dem Protest aufgerufen hatte eine Gruppe von Aktivist*innen. Sie seien „geschockt durch den Wahlsieg Trumps und den stetigen Anstieg antifeministischer und trans*feindlicher Meinungen, die uns immer mehr im Alltag begegnen“, schreiben sie auf der Webseite zum Flinta-March. Bei der Auftakt-Kundgebung geben sie das Motto aus: „Tue es, auch wenn du Angst hast“. Die kommende Zeit drohe mit vielen Rückschritten in Bezug auf die Rechte von Frauen. Da helfe es, zusammenzustehen.
„Keine Sekunde geben wir auf“, sagt Luisa Neubauer von Fridays for Future, sie ist Hauptrednerin bei der Auftakt-Kundgebung. „Klimagrechtigkeit bedeutet ein Leben in Würde, Gleichberechtigung und Respekt“, ruft Neubauer den Zuhörer*innen zu, das sei ein feministischer Kampf. „Genau das ist es, was der Faschismus nicht aushalten kann. Deshalb greifen sie uns so an, deshalb haben sie davor solche Angst – auch vor Versammlungen wie unserer heute“, sagt sie.
Auf der Bühne spielt die Berliner Musikerin Emi X. Elektro-Pop-Songs. Die Moderator*innen üben Demo-Slogans mit den Teilnehmer*innen ein. Und am Rand ergeben sich Gespräche zu Grundsatzfragen. „Was Macker sind? Das sind Männer, die sich zu sehr aufspielen“, sagt eine Mutter zu ihren zwei Söhnen, neun und zehn Jahre alt. Sie macht sich dabei selbst breiter als sie eigentlich ist, hat die Arme seitlich an ihren Körperseiten wie zu einem „O“ geöffnet und wiegt sich langsam hin und her – eine Geste, die vage an das Dominazgehabe von Gorillas erinnert. „Und Sexisten sind…“ setzt sie zu weiteren Erklärungen an. Die Söhne machen große Augen. Ein paar Schritte weiter erläutert eine Demo-Teilnehmerin ihrem männlichen Begleiter den Slogan „My Body, my Choice“.
Nach einer guten Stunde Auftakt-Kundgebung setzt sich der Zug mit laut Polizeiangaben 3.500 Menschen in Bewegung, die Organisator*innen sprechen später von 15.000. Die Route führt zur Spree und über die Friedrichstraße zurück. Teilnehmer*innen rufen „This is what democracy looks like“, My Body, my choice“ und „Gegen Macker und Sexisten“.
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