Fehlende Atemschutzmasken: Hilfe im Anmarsch

In vielen Kliniken und Praxen fehlt es an Atemschutzmasken. Ausgerechnet jetzt sind 6 Millionen bestellte Masken verloren gegangen.

Behelfsmaske aus Stoff und Slipeinlage

Kann nur Behelf sein: Schutzmaske eines Marktarbeiters aus Stoff und Slipeinlage Foto: Axel Heimken/dpa

BERLIN taz | Herber Rückschlag für die Bundesregierung bei der Vorbereitung auf die Corona-Pandemie: Beim Einkauf dringend benötigter Schutzmasken hat es dem Spiegel zufolge eine schwere Panne gegeben. Sechs Millionen in Kenia bestellte Atemschutzmasken seien „verloren gegangen“, heißt es aus dem Bundesverteidigungsministerium.

Der Krisenstab der Bundesregierung hatte das Beschaffungsamt der Bundeswehr in Koblenz beauftragt, den Einkauf von Schutzmaterial für das Gesundheitsministerium logistisch zu unterstützen. Das Ministerium bemühe sich nun um Aufklärung, „was da passiert ist“. Eigentlich sollten die Masken am vergangenen Freitag in Deutschland eintreffen.

Um auf den erwarteten Ansturm von Corona-Infizierten in den kommenden Wochen vorbereitet zu sein, brauchen allen voran Ärzt*innen, Pflegekräfte und Kliniken dringend Nachschub an Schutzanzügen und Atemschutzmasken. Wie gut ein Land diese Krise bewältigt, hängt nicht zuletzt davon ab, ob das medizinische Personal ausreichend vor dem Virus geschützt ist und Ärzt*innen sich nicht selbst anstecken und damit ausfallen. Auch Senior*inneneinrichtungen und andere Pflegeeinrichtungen sind dringend auf Masken angewiesen. Menschen ab 70 und andere Pflegebedürftige gelten als besonders gefährdet.

Doch die Bestände reichen vielerorts nicht aus. In Berlin etwa beklagt die Kassenärztliche Vereinigung, dass von den versprochenen Schutzmasken bis Montag lediglich 8.000 Stück eingetroffen waren. „Das ist gerade einmal eine Schutzmaske pro Praxis“, so der Vorstand. Und auch in anderen Landesteilen werden die Kliniken nervös, weil ihr Maskenbestand nicht ausreicht.

Nun rächt sich die Abhängigkeit von China

Die meisten hierzulande erworbenen Masken kamen bis vor Kurzem aus China. Chinesische Firmen hatten sie bis vor wenigen Wochen für nur drei Cent pro Stück produziert. Doch sie werden nun weltweit nachgefragt. Und obwohl die Volksrepublik die Produktion zuletzt drastisch hoch gefahren hat, kommt der Export wegen der wochenlang unterbrochenen Lieferketten im Ursprungsland des Coronavirus erst langsam wieder in Gang.

Doch es gibt auch gute Nachrichten. Die Bundesregierung hat bereits in der vergangenen Woche deutsche Firmen gebeten, die Produktion von Masken wieder aufzunehmen. Mit ersten Erfolgen: So hat die oberfränkische Sandler AG zugesagt, ihre Produktion drastisch hochzufahren. Die Firma ist Hersteller von Vliesstoff, dem grundlegenden Material für Schutzmasken. Die bayerische Landesregierung konnte am Montag mit der Verteilung von mehr als 800.000 Schutzmasken an Krankenhäuser, Arztpraxen und andere Einrichtungen beginnen.

Drosten: Medizinisches Personal muss Vorrang haben

Auch andere große Unternehmen, vor allem mit engem Bezug zu China, engagieren sich. Volkswagen hat von einem chinesischen Staatsunternehmen mehrere Zehntausend Atemmasken bestellt und will sie noch in diesen Tagen an niedersächsische Kliniken ausliefern. Und in Nordrhein-Westfalen hat der chinesische Baumaschinenhersteller Sany 50.000 Atemschutzmasken an Organisationen verteilt.

Christian Drosten, Chef-Virologe an der Berliner Charité, bereitet die weltweite Verknappung der Masken Sorge. Er hält das Tragen der Masken zwar auch im Alltag für sinnvoll, warnt aber vor einer Marktkonkurrenz, „wenn die Öffentlichkeit jetzt auf dieselben Bestände zugreifen würde“ wie die Einkaufsabteilungen an Krankenhäusern. Ärzte und Pflegekräfte sollten jetzt unbedingt Vorrang haben. In seinem täglichen Podcast auf NDR Info weist er daraufhin, dass für den Alltag schon Halstücher oder aus Stoff selbst gemachte Masken die Virenübertragung verringern könnten.

Andreas Dorow, Chefarzt einer privaten Klinik, hat Alternativen: Ein Kaffeefilter, der mit einem Gummiband vor Mund und Nase befestigt würde, würde die Ansteckungsgefahr auch schon mindern.

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