Falsche Kritik an Grenzplänen: Es geht nicht um Machbarkeit
Die Grenzschließungspläne sind nicht falsch, weil sie unmöglich sind. Sie sind falsch, weil sie moralisch und politisch eine Katastrophe wären.
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G eht doch gar nicht! Verkürzt war es dieses Argument, mit dem Moderatorin Pinar Atalay am Sonntag beim „Quadrell“ die Pläne der AfD zu entlarven versuchte, nach denen die Grenzen für Geflüchtete geschlossen werden sollen. Einen Polizisten pro Kilometer Grenze brauche es dafür, rechnete Atalay Alice Weidel vor und fragte, wie das konkret umgesetzt werden solle. Da schwang mit: Das ist völlig unmöglich, wäre aber eigentlich ganz okay. Es ist ein Argument, das man ähnlich auch von Linken hört, oder von den Grünen. Auch der Union, die die Ideen der AfD teils übernommen hat, wird es immer wieder vorgehalten. Nur leider geht das Argument völlig am entscheidenden Punkt vorbei.
Denn natürlich wäre es möglich, die 4.000 Kilometer langen deutschen Grenzen weitgehend für Geflüchtete zu schließen. Man sollte die moderne Überwachungstechnik und die drittgrößte Volkswirtschaft der Welt nicht unterschätzen. Aber – und das ist das entscheidende – das ist völlig egal. Die Grenzpläne sind doch nicht falsch, weil sie unmöglich sind. Sie sind falsch, weil sie moralisch und politisch eine Katastrophe wären. Sie würden noch weiteres Elend bedeuten, für diejenigen, die vor Krieg, Folter und Elend fliehen müssen. Sie würden die EU gefährlich destabilisieren und das Schengen-System der offenen Grenzen beerdigen. Sie würden auch sehr, sehr viel Geld kosten.
Wer diese inhaltliche Ebene ignoriert, um stattdessen über die Umsetzbarkeit zu sprechen, hat schon halb verloren. Statt um große Fragen geht es nur mehr um technische Einzelheiten. Man konnte das am Sonntag bei Atalay und Weidel gut beobachten. Letztere konnte bequem darauf verweisen, dass die konkrete Ausarbeitung dann bei der Bundespolizei liege, die sich mit den „Detailfragen“ auseinandersetzen würde.
Das Geht-doch-gar-nicht-Argument erlaubt der AfD so, sich als die einzige Partei mit den großen Visionen aufzuspielen. Alle anderen werden zu kleinkarierten Beschützern des Status quo degradiert, die es sich in eingebildeter Ohnmacht gemütlich machen. Dieses Geschenk sollte man der AfD wirklich nicht machen.
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