Fahndungsplakate der RAF: Die Porträts der Gesuchten
Die alten RAF-Fahndungsplakate haben sich ins Gedächtnis gebrannt. Originale aus den Siebzigern kann man heute auf Ebay kaufen.
Bis in die 1990er Jahre hinein hingen sie in den Postämtern, großformatig, sichtbar platziert: die Fahndungsplakate der RAF. Auch in der Kleinstadt, in der ich aufgewachsen bin, war das so. Die örtliche Post war eine kleine Filiale mit zwei Schaltern. Zu gucken gab es nicht viel anderes. So oder so aber ging von den Plakaten eine irre Faszination aus.
Vor „anarchistischen Gewalttätern“ und der „Baader/Meinhof-Bande“ wurde auf dem ersten gewarnt, später, auf denen, die ich sah, vor „Terroristen“, ergänzt durch den Hinweis „Vorsicht Schußwaffen!“. Darunter waren Porträts der Gesuchten abgedruckt, schwarz-weiße Fotos, bei denen es sich um private Aufnahmen oder Passfotos handelte, um keine also, die in polizeilichen Zusammenhängen aufgenommen wurden.
Eingebrannt haben sich die Gesichter vielleicht, weil sie so gefährlich gar nicht wirkten, wie es die Plakate vermitteln sollten. Fast schon mondän wirkt auf dem ersten, das ab 1971 aushing, Brigitte Mohnhaupt mit Fellkragen und Smokey Eyes. Etwas verträumt blickt Daniela Klette, die jetzt erst in ihrer Kreuzberger Wohnung verhaftet wurde, auf einem der späteren Fotos durch ihre Ponyfransen. Schablonenartiger wurden die Porträts mit den Jahren. Die Polizei wollte die Fotos vereinheitlichen und den Wiedererkennungswert der Bilder erhöhen.
Verstärkt wurde dadurch womöglich der Mythos um sie. RAF-Fahndungsplakate fanden ihre Wege in WG-Küchen und Jugendzimmer. Die Bilder selbst wurden zunehmend popkulturell vereinnahmt, so dass es rückblickend schwer zu sagen ist, wo man welche tatsächlich zuerst gesehen hat. Ironie des Schicksals, dass es jetzt aber tatsächlich Fotos waren, die Daniela Klette enttarnten.
Plakate wie die aus den 1970ern bis in die 1990ern gibt es heute nicht mehr, dafür Fotos und Zeichnungen im Internet auf der Seite des BKA. Die neuen Fahndungsfotos, mit denen Ernst-Volker Staub und Burkhard Garweg aktuell gesucht werden, gibt es als amtliche Aushänge, und sie laufen auch im Außenraum auf digitalen Screens.
Untergegangen in der Bilderflut
Wo auch sonst? Postämter gibt es nicht mehr, seit die Post Mitte der 1990er privatisiert wurde, wie auch viele andere Orte des öffentlichen Raums. Einprägen werden die Fotos sich in der Bilderflut der Gegenwart gewiss ohnehin nicht mehr in vergleichbarem Maße.
Und die alten Plakate? Originale aus den 1970ern, 1980ern und 1990ern kann man heute auf eBay kaufen, für 199 Euro oder per Preisvorschlag. Solche, auf denen Daniela Klette, Ernst-Volker Staub und Burkhard Garweg abgebildet sind, werden momentan nicht angeboten.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nahost-Konflikt
Alternative Narrative
Putins Atomdrohungen
Angst auf allen Seiten
Nach der Gewalt in Amsterdam
Eine Stadt in Aufruhr
+++ Nachrichten im Nahost-Krieg +++
IStGH erlässt Haftbefehl gegen Netanjahu und Hamas-Anführer
Die Wahrheit
Der erste Schnee
James Bridle bekommt Preis aberkannt
Boykottieren und boykottiert werden