Fachkonferenz zur Demokratieförderung: Für eine wehrhafte Demokratie

Mit einer Fachkonferenz nimmt die Ampel am Mittwoch die Arbeit an einem Demokratiefördergesetz auf. Verbände und Ex­per­t:in­nen stellen Forderungen vor.

Graffitis einiger Opfer des rechtsradikalen Anschlags von Hanau

Ein Graffiti mit Porträts einiger Opfer des rechtsradikalen Anschlags von Hanau in Berlin Foto: Daniel Biskup

BERLIN taz | Das Demokratiefördergesetz nimmt Form an: Am Mittwoch wollen Familienministerin Lisa Paus (Grüne) und Innenministerin Nancy Faeser (SPD) das Vorhaben im Rahmen einer Fachkonferenz mit rund 170 Dachverbänden und Wis­sen­schaft­le­r:in­nen diskutieren. Die Ampel will damit umsetzen, was der Großen Koalition nicht gelungen ist.

Im Sommer letzten Jahres hatte die SPD ein entsprechendes Gesetzesvorhaben für gescheitert erklärt, der Grund war Widerstand aus der Union. Nach dem Regierungswechsel legten die Ministerien im Februar ein Positionspapier vor und starteten das Beteiligungsverfahren.

Ziel dieses Gesetzes ist es, Extremismus zu bekämpfen und Projekte vom Bund zu finanzieren. Ausschlaggebend waren vor allem rechtsextreme Anschläge, die in den vergangenen Jahren zugenommen haben. Während staatlich finanzierte Förderungen bislang nur für eine Legislaturperiode galten, soll mit dem Gesetz eine langfristige Perspektive für überregionale Projekte geschaffen werden.

Verbände wollen Forderungen diskutieren

Cornelia Lotthammer vom Violence Prevention Network begrüßt diese Entwicklung: „Wir fordern eine langfristige Absicherung der fachlichen Expertise“, sagte sie der taz. „Bislang konnte man bei zivilgesellschaftlichen Trägern die Ex­per­t:in­nen nicht halten, wenn ein Projekt zu Ende ging.“ Die Organisation ist tätig in der Extremismusprävention und der Deradikalisierungsarbeit.

Zur Situation von radikalisierten Strafgefangenen erklärt Lotthammer, dass es wichtig sei, „überregionale Strukturen auch für Personen ohne intrinsische Ausstiegsmotivation“ zu schaffen. So sei Tertiärprävention von Strafgefangenen notwendig – also auf Menschen zugehen, die noch kein Interesse haben, ihre Ideologie zu verlassen. Eine dritte Forderung ist die Qualitätssicherung: eine Nachbetreuung für Strafgefangene, damit sie nach ihrer Entlassung nicht sich selbst überlassen werden.

Timo Reinfrank, Geschäftsführer der Amadeu Antonio Stiftung, die sich gegen Antisemitismus und Rechtsextremismus einsetzt, betont die Wichtigkeit der Stärkung einer „wehrhaften Demokratie“. Der taz sagte er, dass die Demokratie stärker gegen Angriffe verteidigt werden müsse – und dass er Ministerien in diesem Kontext „sehr passiv“ erlebe.

Betroffene mehr einbeziehen – und zwar dauerhaft

Er fordert, marginalisierte Menschen und Betroffene von rechter Gewalt in Diskussionen einzubeziehen: „Wir brauchen eine neue Form von Bürgerbeteiligung, damit wir von vornherein Partizipation mitdenken“, so Reinfrank. Außerdem soll es ein gesetzliches Recht auf Förderung geben. Laut Reinfrank fehlt es bislang vor allem an Geld für zivilgesellschaftliche Projekte: „Wir brauchen aber eine Demokratie­infra­struktur, und die ist nicht verhandelbar.“

Als dritten Punkt fordert er eine dauerhafte Beteiligung der Zivilgesellschaft. „Es kann nicht sein, dass wir anfangs gefragt werden, im Nachhinein aber nur Ministerien entscheiden. Die Wissenschaft und Expertise muss viel früher miteinbezogen werden.“ Die Verabschiedung des Gesetzes ist bis zum Jahresende geplant.

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