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Facebook und Instagram in EuropaKeine Rücksicht auf Big Tech

Kommentar von Svenja Bergt

Vorläufig bleiben Facebook und Instagram den Nut­ze­r:in­nen in der EU erhalten. Fraglich nur, wie lange noch – und zu welchem Preis.

Demnächst weniger präsent in der EU? Ein ausgedruckter Zuckerberg bei einem Protest in Brüssel Foto: Francois Lenoir/reuters

W as für ein Versprechen! Der Tech-Konzern Meta erwägt, sich mit seinen Plattformen Facebook und Instagram aus der EU zurückzuziehen, wenn es keine Datenschutzregeln gibt, die dem Unternehmen genehm sind. So las sich eine Passage im aktuellen Jahresbericht an die US-Börsenaufsicht. Das wäre ein echter Fortschritt im Vergleich zum Status quo: nämlich einfach tun und lassen, wie es beliebt, einigermaßen unbeeindruckt von der geltenden Rechtslage.

Eine Geschäftspolitik, die Meta natürlich weder erfunden noch exklusiv hat, sondern mit einigen internationalen Konzernen teilt, nicht nur solchen aus der IT-Branche. Aber: Was klingt wie eine interessante Chance für die europäische Start-up- und Debattenkultur, sei keine Drohung, sondern, so Meta, nur die übliche Offenlegung von Risiken gegenüber Investoren.

Ein Risiko, das nicht ganz neu ist, schließlich läuft der Konflikt zwischen der EU und den USA um die Frage von Überwachung und was mit den Daten von Nut­ze­r:in­nen aus der EU passiert, die bei Unternehmen in den USA landen, schon eine Weile. Doch die 450 Millionen EU-Bürger:innen waren als Markt dann wohl doch zu interessant für einen Rückzug.

Interessant ist die Risikoerwähnung dennoch, denn sie wirft eine Frage auf: Könnte die EU, die gerade dabei ist, die Regeln für Plattformen neu zu schreiben, das skizzierte „Risiko“ nicht ernst nehmen? Dann schlösse sich die Frage an: Warum Rücksicht nehmen auf die zahlreichen Lob­by­is­t:in­nen von Big Tech, die versuchen, geplante Regulierungen aufzuweichen, abzumildern oder gleich ganz wegzudiskutieren?

Dabei kann die EU ein klares Signal senden: Entweder, liebe Konzerne, ihr haltet euch an die Regeln zum Schutz von Privatsphäre und gesellschaftlichem Diskurs oder, wisst ihr, es war nett mit euch. Es gibt nämlich auch Ansätze, Plattformen zu entwickeln, die etwas gesellschaftsverträglicher sind. Eigentlich eine Win-win-Situation für Regulierer:innen.

Klar: Die Branche hätte Grund, leicht nostalgisch in die Vergangenheit zu schauen. In der kein Ende der Niedrigzinsphase in Sicht war und die Leute in (Tech-)Aktien investierten, als wären sie übermorgen ausverkauft. In der in den USA das Wort Zerschlagung noch böse und nach Kommunismus klang und nicht nach etwas, das in Klagen von US-Regierung und Bundesstaaten gegen Facebook und Google aufgeworfen wird.

In der sich der Präsident des Bundeskartellamtes noch nicht öffentlich dafür aussprach, dass bei einem Kartellverfahren doch eigentlich das Unternehmen, das kaufen will, beweisen sollte, dass die Übernahme nicht dem Markt schadet. „Amerikaner, werdet neidisch“, schrieb das Online-Magazin Mashable als Reaktion auf die Passage in Metas Jahresbericht. Die Lage war schon schlechter.

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Redakteurin für Wirtschaft und Umwelt
schreibt über vernetzte Welten, digitale Wirtschaft und lange Wörter (Datenschutz-Grundverordnung, Plattformökonomie, Nutzungsbedingungen). Manchmal und wenn es die Saison zulässt, auch über alte Apfelsorten. Bevor sie zur taz kam, hat sie unter anderem für den MDR als Multimedia-Redakteurin gearbeitet. Autorin der Kolumne Digitalozän.
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9 Kommentare

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  • @CALLMEISHMAEL

    :-)

    Ich verstehe Ihre Verwirrung. Es war eine Antwort auf @DIMAs Einwurf, der einen deutlich ultraneoliberalen Geruch hat: was hat sich der Staat denn in Verträgen einzumischen, die zwischen Provider und Consumer stattfinden.

    Ich erinnerte nur daran, dass das in anderen Bereichen, z.B. Lebensmittelindustrie, durchaus gang und gäbe ist (nach meinem Geschmack noch zu schüchtern, übrigens).

  • Es ist völlig klar, dass das aktuelle Geschäftsgebaren von u.a. Facebook unterbunden werden muss. Es geht nicht an, das die Willensbildung der Bevölkerung durch den Weiterverkauf von Daten beeinflusst werden kann, so das damit Wahlen gezielt beeinflusst werden können.

    Die DSGVO ist gut und wichtig. Der Skandal um Cambridge Analytica hat für eine kurze Zeit die Spitze eines Eisbergs aus dem Wasser ragen lassen. Dieser Eisberg ist riesig, mit vielen Ecken, Kanten und Verwinkelungen.

    Facebook unterscheidet sich in keiner Weise von einem autokratischen Staat, der die Medien des Landes gleich gleichgeschaltet hat. Schlimmer noch. Facebook agiert bekanntlich überstaatlich.

  • @DIMA

    Ich weiss auch nicht, warum den Unternehmen verboten wird, Melamin in die Lebensmittel zu mischen. Wenn's auch noch auf der Verpackung steht?

    Schliesslich eine freiwillige Kaufentscheidung, wa?

    • @tomás zerolo:

      äääähhhhh?????

  • Bei dem ganzen Konflikt frage ich mich, auf welcher kompetenzrechtlichen Basis sich die EU eigentlich bewegt. Im Falle von Meta schließen die Kunden schließlich Verträge mit US Unternhemen.

    Und selbst wenn hier irgendwas geschlossen werden sollte, blebt der Zugang über VPN Dienstleister ja recht einfach erhalten.

    • @DiMa:

      Nein. Wenn Sie das Datenschutz Gesetz lesen, da steht genau, was das, dass Sie sagen, verboten in Europa ist. Zu Recht.

      • @CallmeIshmael:

        Gerade die DSGVO ist kompetenzrechtlich höchst zweifelhaft. Dienstlesitungen werden nicht in Europa erbracht, wenn die Server außerhalb der EU stehen. Gerade durch die Nutzung von VPN Diensten kann niemand erkennen, wo sich der jeweilige Nutzer im Zeitpunkt der Nutzung aufhält.

        Natürlich sind das Kleinigkeiten von denen sich die EU (und deren Organe) nicht beeindrucken lässt.

  • Ich erinnere mich gerne zurück an Zeiten, die 2000er-Jahre, wo ich das erste Mal im Internet war. Mein Stiefvater hat mir klip und klar gesagt, dass ich aufpassen muss, keine Spyware zu erhalten.

    20 Jahre später: Spyware ist allgegenwärtig geworden. Nicht nur der Bundestrojaner oder Pegasus, die einem ohne Zustimmung eingepflanzt werden. Per Opt-In stimmen die Leute zu, dass über Cookies Konzerne deine Aktivitäten ausspähen und weiterverarbeiten dürfen, da der Dienst sonst nicht benutzt werden kann und das schlimmste ist, die Leute würden auf die Barrikaden gehen, wenn ihr geliebtes Instagram nicht mehr verwendbar ist. Facebook und Whatsapp eher weniger, aber Instagram ist immernoch im Trend und sowas zu verlieren wäre ja schlimm....

    • @Troll Eulenspiegel:

      Ja, das stimmt. Aber das Gesetz in der EU verbietet genau das. Jetzt kommen die Regulierungen, die das stoppen sollen (bei Cookies, zB. sind die erste Regulierungen schon im Kraft). Wir hoffen, diesmal auch, wie bei Jan Phillip Albrecht, haben wir Politiker, die sich von Lobbyisten nicht kaufen lassen