FDP über Initiative Finanzielle Bildung: Klientelpolitik der alten Schule
Die FDP will 2 Millionen Euro für mehr finanzielle Bildung an Schulen zur Verfügung stellen. Zu anderen Themen wie Umwelt oder Politik schweigt sie.
F ür manche Projekte hat Christian Lindner also doch Geld! Zwei Millionen Euro stellt er im kommenden Jahr für die „Initiative Finanzielle Bildung“ zur Verfügung. Am Donnerstag erklärten er und Parteifreundin Bettina Stark-Watzinger, warum: Wirtschaftliche Zusammenhänge, Finanzmärkte oder private Altersvorsorge kämen im Unterricht zu kurz. Mit einer Plattform für außerschulische Angebote und mehr Forschung zum Thema wollen die beiden FDP-Minister:innen jetzt gegensteuern. Langfristig soll eine bundesweite Strategie her.
Konkreter werden die Pläne nicht. Wie auch! Über Lehrpläne, Stundentafeln und Lehrerausbildung entscheiden ja die Länder. Und die lassen sich ungern von Berlin Vorschriften machen. Der Wunsch nach mehr finanzieller Bildung ist also Wunschdenken, solange die Länder nicht mit im Boot sind. Sind sie aber nicht. Zumal manche bereits ein eigenes Schulfach für Wirtschaft haben.
So gesehen kann man den Vorstoß gut und gerne als Symbolpolitik abtun. Damit ist es leider aber nicht getan. Denn einerseits gibt es gute Gründe für das Anliegen: Viele Schulen holen sich bei Finanzthemen Expertise von außen – und das birgt Gefahren, wenn Sparkasse & Co Kinder und Jugendliche nur allzu gerne als Kund:innen gewinnen möchten. Mehr Kompetenz bei Lehrkräften bedeutet im Idealfall: mehr Schutz vor Werbung.
Was ist mit Bildung zu Klima oder Politik?
Das Problem von mehr finanzieller Bildung ist aber: Was lässt man stattdessen weg? Lindner und Stark-Watzinger geben darauf keine Antwort. Die Minister:innen müssen sich zudem die Frage gefallen lassen, warum sie sich nicht genauso leidenschaftlich für andere Fächer einsetzen.
Wenn finanzielle Bildung wichtig für unseren Alltag ist, ist es Demokratiebildung für unsere freie Gesellschaft. Und Klimabildung für unser Überleben. Für mehr Politik oder Nachhaltigkeit an Schulen gibt es aber keine starke Lobby – im Gegensatz zur Finanzbranche, wie ein Blick in das Lobbyregister zeigt. Die Initiative riecht stark nach Klientelpolitik – auch wenn zwei Millionen letztlich Peanuts sind.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Umgang mit der AfD
Sollen wir AfD-Stimmen im Blatt wiedergeben?
Krieg in der Ukraine
Kein Frieden mit Putin
Utøya-Attentäter vor Gericht
Breivik beantragt Entlassung
Warnung vor „bestimmten Quartieren“
Eine alarmistische Debatte in Berlin
Entlassene grüne Ministerin Nonnemacher
„Die Eskalation zeichnete sich ab“
Internationaler Strafgerichtshof
Ein Haftbefehl und seine Folgen