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Europäischer KlimaschutzDie CDU am Scheideweg

Jonas Waack

Kommentar von

Jonas Waack

Der CO2-Handel ist die zentrale Klimaschutzidee der CDU – und steht unter Beschuss. Beteiligt Kanzler Merz sich daran, ist seine Partei endgültig unglaubwürdig.

Werden die CDU und Merz am Ende auch beim Klimaschutz umkippen? Foto: Boness/Ipon/imago

D er Klimaschutz in Europa ist bedroht wie seit Jahren nicht. Der zentrale Baustein der EU-Klima-Architektur steht unter Beschuss: der Emissionshandel. Gefährdet ist davon nicht nur das Weltklima, sondern auch die Glaubwürdigkeit der CDU.

Der Emissionshandel gilt ihr als „Leitinstrument“ des Klimaschutzes, viel mehr Vorschläge hat die Partei nicht. Lässt Kanzler Friedrich Merz den Abriss dieser wirksamsten EU-Klimaschutzmaßnahme zu, haben sich die fossilen Lobby-Interessen in der Partei endgültig durchgesetzt – wer sich auch nur einen Deut um ein stabiles Weltklima schert, könnte die Union spätestens dann nicht mehr wählen.

Denn aktuell steht die Partei in ihrem Programm noch hinter dem Klimaschutz. Und der Emissionshandel ist ein Projekt der CDU-Frau und EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen. Der Markt regelt in diesem System den CO2-Preis, politisch wird nur vorgegeben, wie viel CO2 insgesamt ausgestoßen werden darf. Marktwirtschaftlicher lässt sich der Klimakrise nicht begegnen.

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Trotzdem beschweren sich Teile der Industrie. Sie sollen weniger CO2 kostenlos ausstoßen dürfen, weil ab kommendem Jahr auch Importe in die EU den CO2-Preis bezahlen müssen und dadurch ihr Wettbewerbsvorteil ausgeglichen wird. Auch gegen den CO2-Handel fürs Heizen und Tanken, der 2027 kommen soll, regt sich Widerstand, vor allem aus Osteuropa.

Die Klimaschützer in der Union müssen handeln

Die Gegner des Emissionshandels haben teilweise ernst zu nehmende Bedenken, was Wettbewerbsfähigkeit und die finanzielle Überforderung von Haushalten angeht. Aber ihre Rhetorik und Forderungen laufen auf eine Demontage des EU-Klimaschutzes hinaus, nicht auf Anpassungen im Detail.

In der Unionsfraktion und Partei gibt es zahlreiche ernsthafte Kli­ma­schüt­ze­r*in­nen. Sie müssen Merz davon abhalten, sich am Abriss zu beteiligen. Schaffen sie das nicht, macht die CDU sich endgültig unglaubwürdig, wenn sie Interesse am Schutz des deutschen und europäischen Wohlstands vor der Erderhitzung behauptet. Die Union würde schlicht zur ausführenden Hand der fossilen Industrien.

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Jonas Waack
Klima-Redakteur
Jahrgang 1999, zuständig für Klima-Themen im Ressort Wirtschaft und Umwelt. Stadtkind aus Mecklenburg, möchte auch sonst Widersprüche vereinbaren. Bittet um Warnung per Mail, falls er zu sehr wie ein Hippie klingt.
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4 Kommentare

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  • Es war von Anfang an klar, dass es so kommen wird. Dass im Endeffekt die CDU, aber auch die SPD sagen würden, dass die Industrie leider die Kosten nicht tragen kann. War ja selbst unter der Ampel so, dass Habeck die Industrie von jeglichen Kosten entlasten wollte. und alles vom Steuerzahler getragen werden sollte.

    Das hätte nur funktionieren können, wenn entweder alle Unternehmen weltweit gleichmässig belastet würden oder die deutschen Unternehmen sagen würden, dass sie das locker tragen können. Beides wird nie passieren.



    Und ausserdem wird man die Belastung von Heizöl und Benzin fallenlassen, da dies ansonsten ein Turbobeschleuniger für rechtsextreme Parteien wie die AfD sein wird. Auch weil es einfach ungerecht ist, dass die kleinen Leute das bezahlen sollen, was die Wirtschaft und die Menschen, die damit reich geworden sind, eingebrockt haben.

    Der einzige Weg ist die alles bezahlen zu lassen, die damit reich geworden sind. Also die Milliardäre und Superreichen. D.h. Es muss nun endlich die Milliardärssteuer her, die Lila von Brasilien gefördert hat.Bund jedes Land, dass da nicht mitmacht, wird von allen anderen mit hohen Zöllen belegt, so wie Trump das vorgemacht hat.

  • Die Union hat in einem schon suizidalen Denkkurzschluss sich als Anti-Grüne stilisiert, um die eigene Konzeptlosigkeit zu verdecken.



    Statt vorzumachen, wie man Klimaschutz auf andere Weise als die Grünen und besser macht. Statt in den Wettbewerb um den besten Umweltschutz konstruktiv einzusteigen.



    Keine Toilette wird sauberer, wenn man das Verdrecken ausdrücklich erlaubt.



    Sind die Unionskräfte inkompetent oder verzagt oder bewusst so?



    Wir bräuchten eine rechtskonservative demokratische und intelligente Partei für den Ideenwettbewerb. Merz/Linnemann sind auch hierfür unreif.

  • Der Waldschutz wurde in der EU unter anderem unter deutschem Druck aufgeweicht, die Landwirtschaft darf weiterhin zu viel düngen; Berichtspflichten fallen weg und Verstöße werden nicht mehr ernsthaft geahndet; das Lieferkettengesetz: Aufgeweicht und aufgeschoben; PFAS - Verbot: Auf Druck der Lobby (und mit Unterstützung des Grünen Habeck) entschärft; FFH - RL; Einstufung von Arten wird politisch beeinflusst (Beispiel Wolf). Ich kann noch lange so weitermachen; ist alles belegbar. Es geht allerdings nicht nur um Klimaschutz, sondern um die gesamte Ökologie (die ohne Klimaschutz, Umwelt- und Naturschutz vollkommen entgleitet).

  • Das Ganze ist doch eh bloß ein Feigenblatt, um vielleicht noch ein paar grün tickende Wähler einzufangen. Wirklich für Klimaschutz hat sich die CDU doch noch nie interessiert. Erst Recht kein Blackrocker wie Merz.