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Essay über die Schwäche der DemokratieDie Schuld der liberalen Eliten

Neoliberalismus führt zur Entsolidarisierung. Das gilt für Menschen, die sich Rechtspopulisten zuwenden – genauso aber auch für Liberale.

Pegida-Demo in Dresden: Gegen die Elite, gegen Merkel Foto: dpa

Nehmen wir mal an, die westlichen Demokratien lebten in einem gemeinsamen Haus: Dann gilt spätestens seit der Wahl Donald Trumps: Der Dachstuhl hat Feuer gefangen, im Keller steht das Wasser – und in der Hofeinfahrt stehen Abrisskräne. Als letztere können rechtspopulistische Bewegungen und Parteien gelten, die sich zunehmend und gleichzeitig darin gefallen, autoritäre Herrschaftsformen zu bevorzugen und die liberale Demokratie offen als Fehlentwicklung zu bezeichnen. Dies ist übrigens in nahezu allen westlichen Gesellschaften so. Dass sie sich gleichsam parallel in einem Krisenmodus befinden, ist sicherlich kein Zufall. Es muss also vergleichbare Entwicklungen geben.

Gesucht werden lange Linien der Veränderung, die sich in allen Gesellschaften des Westens zugleich nachweisen lassen. Diese werden hier in der doppelten Liberalisierung gesehen – in einer spezifisch wirtschaftlichen und einer spezifisch soziokulturellen. In der Verwobenheit dieser beiden Liberalisierungen lässt sich für die ubiquitäre Demokratiekrise des Westens ein Erklärungsmuster finden, das – kurz gesagt – darin besteht, dass der falsche liberale Esel geschlagen und auf das falsche, nämlich das autokratische Pferd, gesetzt wird.

Die ökonomische Liberalisierung, um mit ihr zu beginnen, hat im Westen in den letzten Jahrzehnten der Globalisierung eine neoliberale Form angenommen. Unter der generellen Prämisse, dass marktwirtschaftliche Antworten immer besser seien als politische und der Staat dem Markt prinzipiell unterlegen sei, lässt sich für die letzten Jahrzehnte ein Rückzug des Staates aus dem Wirtschaftsgeschehen beobachten. Im Einzelnen gehören dazu unter anderem: Deregulierungen, Privatisierungen, der Rückbau des Sozialstaats und die Zuweisung der Verantwortlichkeit für die ökonomische Absicherung an das Individuum. Dazu kommt eine Steuerpolitik, die die Abgaben der am besten Verdienenden absenkt. Und die im Ergebnis eine immense Verschärfung der ungleichen Vermögensverteilung bewirkt.

Helmut Däuble

Der Autor, 55, lehrt als Akademischer Oberrat Politikwissenschaft und -didaktik an der Pädagogischen Hochschule Ludwigsburg. Er studierte Soziologie und Politik an der FU Berlin und der New School for Social Research in New York.

Welche Wirkungen ergeben sich aus dem neoliberalen Ansatz für die Gesellschaften des Westens? Ein zentraler Effekt ist der sich ständig erhöhende Druck, der auf allen Protagonisten der westlichen Gesellschaften lastet. Es sind nicht nur die Marginalisierten – wie etwa Geringverdiener, Arbeitslose oder Hartz-IV-Empfänger –, die darüber in einen gleichsam darwinistischen Überlebenskampf um das Bestehen in Konsumgesellschaften gepresst werden.

Dauernde Anspannung

Betroffen ist auch die untere Mittelschicht. Sie sieht sich einer ständigen Konkurrenz von unten gegenüber. Das führt zu einem Leben in steter Abstiegsangst. Die scheinbar abgesicherte gehobene Mittelschicht, gut gebildet und gut verdienend, die von den Steuersenkungen für Besserverdienende immer Vorteile ziehen konnte, wird davon ebenso belastet. Auch sie wird über das neoliberale Paradigma, der Markt sei auch in Zeiten der Globalisierung an Effizienz unschlagbar, ständig dazu gezwungen, sich um ihre Arbeitsplätze zu sorgen. Das bedeutet: Deren Arbeit steht unter dauernder Anspannung, den Anforderungen des Marktes gerecht zu werden. Sie muss also so verrichtet werden, dass sie weder wegrationalisiert noch in andere Volkswirtschaften verlagert wird.

Im Ergebnis heißt dies, dass die Menschen in den westlichen Gesellschaften nahezu allesamt in Bedrängnis geraten sind. Die neoliberalen Kompressionen wirken in alle Gesellschaftsbereiche – nicht nur auf die privatwirtschaftlichen. Beispiel Lehrende: Ihre Schülerschaft sollen sie bei den nächsten Pisa-Tests möglichst weit nach oben hieven. Der Druck ist deshalb enorm hoch. So sehr, dass man fast meinen könne, es handle sich um eine Überlebensfrage. Wenn nicht um eine der gesamten Menschheit, so doch um eine der eigenen Gesellschaft.

Welche Folgen ergeben sich nun daraus, dass die westlichen Gesellschaften sich zu Gesellschaften der Bedrängten entwickelt haben? Es gilt die Annahme: Menschen, die in Bedrängnis sind, wollen sich daraus befreien. Sie suchen nach Erklärungen für die Ursachen ihrer Bedrängnis und nach Lösungen, wie sie ihre Situation verbessern können. Naheliegend wäre die Suche nach den Wurzeln ihrer sie bedrückenden Situation im ökonomischen Bereich. Doch der Fall liegt anders, ebenso die Lösung. Sie besteht darin, Gründe für die Belastungen in der gesellschaftlichen Liberalisierung zu suchen. Und genau danach greift ein immer größer werdender Teil dieser in in Bedrängnis Geratenen.

Zweifelsohne hat sich in den Gesellschaften des Westens in den letzten Jahrzehnten eine weitere Liberalisierung (neben der ökonomischen) vollzogen: die soziokulturelle Modernisierung. Diese kann in vielerlei Hinsicht als fortschreitender Emanzipationsprozess bezeichnet werden. Drei Beispiele: Zum einen ist die Partizipationschance von Frauen gestiegen, zum anderen lässt sich eine gewachsene Akzeptanz von vielfältigen sexuellen Lebensformen beobachten. Schließlich hat sich das Bewusstsein verbreitet, dass dauerhafte Einwanderung keine Ausnahme, sondern Normalität ist und dass ethnische Zuschreibungen nicht zu Diskriminierungen führen dürfen. Natürlich ist keine der drei Entwicklungen in den jeweiligen westlichen Gesellschaften mit derselben Geschwindigkeit vorangekommen. Es gab stetige Rückschläge und keine dieser drei exemplarischen „Erfolgsgeschichten“ ist zu Ende erzählt. In zunehmendem Maße haben sie jedoch die westlichen Gesellschaften durchdrungen.

Komplexe ökonomische Dynamiken

Gegen diese gesellschaftliche Liberalisierung hat sich in den letzten Jahren aber ein massiver – von Rechtspopulisten verstärkter – Widerstand aufgebaut, der bis in die Mitte der Gesellschaft hineinreicht. Das geht von den Demonstrationen Zehntausender in Paris aus, die gegen eine „mariage pour tous“ und gegen „Gender-Theorien“ sind. „Gegen alles Bunte“ wenden sich Deutschlands Pegida-Anhänger auf ihren Märschen. Und auf einem AfD-Parteitag formulierte der Bundessprecher Jörg Meuthen folgenden Satz: „Wir wollen weg vom linken, rot-grün verseuchten, leicht versifften 68er Deutschland“. Die Mitglieder johlten, sie wollen die in den sechziger Jahren begonnenen soziokulturellen Modernisierungen am besten ausradiert sehen. Oder wenigstens so weit wie möglich rückgängig machen. Mehr Beifall gab es für Meuthen, nebenbei erwähnt, an keiner anderen Stelle dieser Rede.

Wie aber lässt sich verstehen, dass sich der Unmut eines Teils der Bedrängten anti-emanzipatorischen Strömungen zuwendet? Oder Strömungen umschwärmt, die gegen die soziokulturelle Modernisierung sind? Wäre es nicht naheliegender, sich vorrangig mit der wirtschaftlichen Liberalisierung eben dieser Gesellschaften zu beschäftigen? Eine Erklärung ist, dass der Druck unter den diese Gesellschaften geraten sind, in seiner Entstehung, in seinen Wirkungen und in seiner Urheberschaft nur sehr schwer von breiten Gesellschaftsschichten durchschaut werden kann.

Die Komplexität ökonomischer Dynamiken des von der Politik als alternativlos dargestellten Neoliberalismus gilt in Zeiten zunehmender Globalisierung den allermeisten Menschen als intransparent. Die Menschen sehen zwar, wie schnell sich ihre Lebenswelten ganz real verändern, aber die Ursache-Folge-Ketten bleiben ihnen oft verborgen. Aus dieser Ungreifbar- und Unbegreiflichkeit entsteht ein Bedürfnis nach leicht nachvollziehbaren Erklärungen: Wer ist verantwortlich für die Verlagerung von Arbeitsplätzen nach Mexiko, nach Rumänien oder nach Indien? Wer muss dafür haften, dass die Schere zwischen Reich und Arm immer weiter auseinandergeht? Wer sorgt dafür, dass der Druck, der auf immer mehr Arbeitnehmern in den westlichen Gesellschaften lastet, so gewaltig angestiegen ist? Man bräuchte dafür eine kritisch-aufgeklärte Analysefähigkeit und sozioökonomische Urteilskompetenz. Beides ist in unseren demokratischen Gesellschaften nach wie vor stark unterentwickelt.

Statt nun nach Erklärungen im ökonomischen Bereich zu suchen, greift also ein Teil derjenigen, die sich von der Neoliberalisierungs- und Globalisierungsdynamik bedrängt sehen, zu einem einfachen Antwortmuster. Sie nehmen wahr, dass sich die „gute, alte Zeit“, in der sie sich noch in privilegierter Position sahen, in gesellschaftlicher Hinsicht verändert hat: Die Frauenquoten in Firmen, die gleichgeschlechtliche Ehe oder Staatsbürgerrechte für Menschen mit Migrationshintergrund sind Konkretisierungen der gesellschaftlichen Liberalisierungsprozesse. Diese Entwicklungen sind nahe und sie erscheinen zugleich greifbar. Sie für die erlebte Bedrängnis verantwortlich zu machen, bietet sich als eine simple und verführerische Erklärung an, egal wie absurd sie sein mag.

Einheimische Privilegisierungsphantasien

Die zentrale Schuld für ihre Misere auf Einwanderer und Geflüchtete zu schieben, die einem die Arbeitsplätze und die bezahlbaren Wohnungen wegnähmen, erscheint ihnen im selben Maße einleuchtend. Genauso wie die Behauptung, dass der Kampf gegen Diskriminierung von Frauen oder die Akzeptanz sexueller Vielfalt das „gute Alte und Bekannte“ zerstört hat. Egal wie aberwitzig die Herstellung eines Zusammenhangs zwischen ihrer Bedrängnis und der soziokulturellen Modernisierung auch sein mag, so nachhaltig ist die entfremdende Wirkung, die sich daraus für sie ergibt: Dieses Gefühl, zu Strangers in Their Own Land, wie es Arlie Hochschild unlängst formuliert hat, geworden zu sein, deren Vorstellungen von dem, was sie für „normal“ halten, immer stärker in die Defensive geraten ist, hat sich verbreitet und wird von rechtspopulistischen Strömungen aufgegriffen.

Ihr Normalitätsverständnis enthält neben der männlichen Vorrangstellung und der Privilegierung von Heterosexualität noch das Selbstverständnis, dass man als Staatsangehöriger, der „keine“ oder eine lange zurückliegende Zuwanderungsgeschichte hat, bei Verteilungskämpfen automatisch privilegiert werden sollte. So ist es beispielsweise in der bundesrepublikanischen Gesellschaft immer noch so, dass ein Arbeitssuchender mit einem deutsch klingenden Namen deutlich weniger Bewerbungen schreiben muss als ein gleich qualifizierter Mitbewerber, dessen Name türkisch klingt, um überhaupt eine Einladung zu einem Vorstellungsgespräch zu erhalten. Diese anwachsenden Privilegisierungsphantasien von „Einheimischen“ sind in allen westlichen Gesellschaften festzustellen.

In gewisser Weise wird hier der alte Spruch von Brecht, das Fressen komme vor der Moral, wieder wahr: Der nur „Einheimischen“ zustehende Kuchen wird als gefährdet begriffen und geteilt wird er, wenn überhaupt, bestenfalls mit dem Inner Circle derjenigen, die ebenfalls als berechtigt wahrgenommen werden. Und das sind definitiv nicht die „Dazugekommenen“. Der Verlust von Vorrechten wird als illegitim wahrgenommen. „America first“ ist insofern zu deuten als Vorfahrt für die weiße Bevölkerung. Als Resultat findet man eine wachsende Nostalgie nach einer besseren Zeit: „Make America great again!“ ist der exemplarische Schlachtruf, unter dem sich die Rechtspopulisten dieser Tage versammeln, man muss nur „America“ durch das jeweilige Land ersetzen. Diese wehmütige Rückwärtsgewandtheit nach einer vergangenen, aber vermeintlich wiederholbaren Zeit, einem Again, in der die Dinge angeblich noch in Ordnung waren, in der Homophobie noch als Selbstverständlichkeit galt, in der Frauen noch für Haus und Familie zuständig waren und Migranten bestenfalls als Gäste tituliert wurden, ist auf dem Vormarsch.

Dieses eingangs so genannte Schlagen des falschen liberalen Esels, das die gesellschaftliche Liberalisierung gleichsam als Sündenbock missbraucht, lässt sich allerdings nicht hinreichend über die mangelnde Analysefähigkeit (der wirtschaftlichen Liberalisierung) von breiten Bevölkerungsschichten erklären.

Moralische Hochnäsigkeit

Ein weiteres erklärendes Momentum scheinen viel eher die zahlreichen Kränkungen zu sein, die die doppelte Liberalisierung breiten Bevölkerungsgruppen in allen westlichen Gesellschaften zugefügt hat. Nicht nur sind viele in Bedrängnis geraten, nicht nur wird es immer schwieriger für sie, den Wohlstand durch eigene „harte und ehrliche“ Arbeit zu erhalten, sondern zugleich sehen diese Entfremdeten, dass die Gewinner der ökonomischen Liberalisierung, ein Großteil der sogenannten Besserverdiener, in aller Regel auch die Taktgeber für die soziokulturelle Liberalisierung sind. Diese „Doppelpack-Gewinner“ haben es durch ihre Führungspositionen geschafft, dass die meisten Medien, nahezu alle politischen Parteien, selbst Institutionen wie das Militär ein liberales, sich der soziokulturellen Modernisierung verpflichtetes Image hochhalten, so dass es auf den ersten Blick eigentlich nur verwundern kann, wie Illiberalität auch nur den Hauch einer Chance in den westlichen Gesellschaften bekommen konnte.

Warum diese hier so genannte liberale Elite trotz anhaltender ökonomischer Neoliberalisierung, die auch für sie eine Bedrängnis darstellt, eine emanzipationsfördernde und progressive Haltung einnimmt und bewahren kann, ist schwer zu beantworten. Eventuell zeigen sich an dieser Stelle schon die Früchte einer jahrzehntelangen Aufklärung durch Bildungsprozesse.

Diese hegemoniale Position wird jedoch in einer arroganten Weise vertreten. Verbunden mit der Siegerpose dieser hauptsächlich urbanen Führungsschicht ist eine moralische Hochnäsigkeit gegenüber denjenigen, die sich als Missachtete wahrnehmen. Sie werden als Hinterwäldler verspottet, von Hillary Clinton etwa als deplorables – zu deutsch: Jämmerliche – verhöhnt.

Die liberale Dominanz ertrugen die deplorables bisher bestenfalls zähneknirschend. Immer weniger ertragen sie, dass aus dieser Überlegenheit Überheblichkeit wurde und dass sie zunehmend dünkelhaft daherkommt. Weil zudem die Vorstellung der „Hinterherhinkenden“ vom guten Leben, die oftmals eine kleinbürgerliche Ordnung vorsieht, gleichsam von oben herab bespuckt wird, ist in ihren Augen eine unverzeihliche Grenzverletzung: Genug ist genug! Es ist also gerade der auf dem hohem Ross vollzogene Siegeszug der soziokulturellen Liberalisierung, der unter neoliberalen Rahmenbedingungen die rechtspopulistischen Bewegungen erst aufblühen lässt.

Und in dieser schon jahrzehntelang anhaltenden Situation, die sich nur in eine Richtung, nämlich zugunsten der liberalen Aristokratie verändert hat, erkennen die vermeintlich Gedemütigten nun zum ersten Mal eine Chance, es den verhassten liberalen Eliten, deren ökonomisches, kulturelles und soziales Kapital stetig gewachsen ist, zu zeigen. Als Reaktion auf diesen liberalen Snobismus hat sich viel Wut und Hass aufgestaut: Dass ihre Bedrängnis auch noch als kulturelle Rückständigkeit gewertet wird, ist für sie eine solche Schmähung, dass sie bereit sind, Wahlentscheidungen zu treffen, die als Akte des Aufbegehrens deutbar sind und von denen viele von ihnen ahnen, dass sie niemals zu ihren Gunsten wirken werden.

Aus ihrer Sicht stehen die Dinge wie folgt: Wenn ich einen Ziegelstein durch die Wohnzimmerscheibe der „wohlsituierten liberalen Mitte“, wie sie von Zeit-Chefredakteur Giovanni Di Lorenzo genannt wird, werfen kann, dann werfe ich ihn eben. Und wenn der einzige Ziegelstein, den ich zur Hand habe, ein womöglich psychopathischer Milliardär ist (oder der Ausstieg aus der EU), dann nehme ich ihn halt trotzdem. Punkt. Rationale Kosten-Nutzen-Abwägungen sind bei solchen höchst affektiven Entscheidungen weitgehend außer Kraft gesetzt. Der Verstand, der besagt, dass ein womöglich psychopathischer Krösus nicht unbedingt die beste Hilfe für die „Missachteten“ des Mittleren Westens ist, wird ignoriert. Denn im Moment des Steinwurfs verschafft die Aktion den deplorables eine immense Entlastung, verknüpft mit der Hoffnung, dass das Klirren der Scheiben bei den Erschrockenen eine andere Haltung hervorruft. Nämlich, dass die Abgehängten wieder ernster genommen werden und vielleicht sogar etwas „rausbekommen“.

Ein angeschwollenes Rachebedürfnis

Was sind die Folgen? Sehr wahrscheinlich tritt das genaue Gegenteil ein, vertiefen sich die Gräben, nimmt die Abschottung zu. Die Steinewerfer verspüren dies eher, als dass sie es klar erkennen können. Und dass ein Teil dieser Bedrängten des Neoliberalismus damit einer Autokratie den Boden bereitet, finden sie nicht ganz so schlimm. Wesentlich dominanter ist das angeschwollene Rachebedürfnis. Die Bereitschaft, sich selbst Schaden zuzufügen und selbstzerstörerische Wirkungen in Kauf zu nehmen, ist daher groß.

Aus der empfundenen Position der Schwäche heraus bieten die Rechtspopulisten nun den einzigen Fluchtpunkt, um es den sogenannten Gutmenschen zu zeigen. Denn die deplorables finden, dass sich das Pendel wieder in ihre Richtung neigen sollte – und das unter expliziter Inkaufnahme von Illiberalität. Die Wut, die sich an den Geflüchteten und Zuwanderern als den Fremden von außen entzündet hat, kann sich nun gegen diese liberalen Fremden von innen richten. Nur durch diese Gegenwehr glauben sie, sich im eigenen Land wieder heimisch fühlen zu können.

Der liberale Staat, dessen Aufgabe es eigentlich ist, gesellschaftliche Liberalisierung bürgerrechtlich abzusichern und ökonomische Liberalisierung sozial einzuhegen, gilt den Wütenden und Enttäuschten dabei nicht als Verbündeter, sondern als ein schwacher Staat, der ihnen abweisend gegenübersteht. Warum sollten sie in einer solchen Situation etablierte Parteien wählen, die ihrer Überzeugung nach keine Vorteile für sie bringen? Ihrer Ansicht nach ist es gerade der liberale Staat, der zu wenig getan hat, um ihrem Bedürfnis und ihrer Forderung nach vorrangiger Privilegierung gerecht zu werden. In dieser Situation ist dann eine relativ hohe Zahl an Geflüchteten oder an illegalen Einwanderern nicht die Ursache für ihre Entscheidung, rechtspopulistische Parteien und Führertypen zu unterstützen, sondern nur der Auslöser.

Aus dieser Schwäche der liberalen Gesellschaft und des liberalen Staates erwächst bei denen, die „im Schatten stehen“, der Wunsch nach einem autoritären Staat; möge doch dieser zu ihren Gunsten eingreifen. Dieser Wunsch lässt sich nachvollziehen, gerade weil diese, sich der Gegenaufklärung zugewandten Bedrängten, ihre Position als eine Position der Schwäche verstehen. Umso mehr suchen sie deshalb nach einer starken Hand, die nach Möglichkeit die soziokulturelle und zugleich die ökonomische Liberalisierung stoppen soll. Die Wette auf den starken Staat und auf den autoritären Führer, der par ordre du mufti die neoliberalisierte Globalisierung stoppen möge, indem er etwa Konzerne dazu „verdonnert“, Arbeitsplätze nicht auszulagern, mag zwar naiv sein, erscheint ihnen aber als einziger Ausweg.

Der starke Mann soll die Marktkräfte bändigen

Es ist das Prinzip Hoffnung. Eine mächtige, ordnende Hand soll schützend agieren, die alten Verhältnisse wieder herstellen. Es ist gleichsam der Wunsch nach einem Deus ex Machina. Dass diese Hand mit einem harten Besen ausgestattet ist und demokratische Werte hinwegfegen kann, ist den Befürwortern (die hoffen, es mögen kleine Wunder geschehen) keine vertiefte Betrachtung wert.

Durch ihr Setzen auf das falsche Pferd – das des illiberalen Autoritarismus (indem es der durchgreifende autoritäre Staat richten soll) – goutieren sie also zwei Dinge: Erstens eine Zurückweisung der gesellschaftlichen Liberalisierung. Und zweitens auch eine durchaus neoliberal-kritische Stoßrichtung: Der autoritäre „starke Mann“ soll auch die Marktkräfte bändigen. In gewisser Weise lässt sich Rechtspopulismus daher als eine Revolte gegen den Neoliberalismus deuten. Ob eine Politik allerdings, die Protektionismus, Strafzölle, Grenzwälle und Abschottung gegenüber Einwanderung mit Steuersenkungen und Deregulierungen verbindet, als anti-neoliberal gelten kann, ist eine andere Frage. Meiner Ansicht nach ist sie klar zu verneinen.

Der Versuch des Rückzugs jedenfalls in ein „Heartland“, so Paul Taggart, das mit rigiden Maßnahmen gegen alle Stürme der Globalisierung geschützt werden soll, ist aus Sicht vieler Bedrängter eine gute Lösung. Zumal eine bessere als sie die repräsentativen und liberalen Demokratien in den letzten Jahrzehnten geliefert haben.

Insofern ist das Modell Putin – das als autokratisches Muster sich auch in den Demokratien des Westens allmählich zu universalisieren scheint – als das Versagen der Verteidiger liberaler Ordnungen zu deuten: Die Verteidiger der liberalen Ordnungen waren nicht in der Lage, in all den Jahrzehnten den Siegeszug des ungezügelten Neoliberalismus einzuhegen und zeitgleich solidarischere Gegenmodelle zu etablieren. Dass autokratische Herrschaftsformen oder zumindest eine Re-Ethnisierung der Demokratie gerade Konjunktur haben, zeigt zudem, wie wenig die Idee der liberalen Demokratie verwurzelt ist.

Wohlstandschauvinismus der liberalen Elite

Warum aber erkannte dies die liberale Elite nicht und reagierte entsprechend? Die Gründe sind vielfältig. So ist sie als Mitbedrängte selbst dem unaufhörlichen Druck des Neoliberalismus ausgesetzt. Dieser führt oft dazu, dass die Fähigkeit dieser Elite, nämlich für einen gesellschaftlichen Ausgleich und gerechtere Verhältnisse zu sorgen, nicht gewachsen, sondern eher verkümmert ist. Bei allem zivilgesellschaftlich beachtlichem Engagement, etwa in der Flüchtlingsarbeit, ist eine selbstbezogene Haltung vieler Liberaler zu diagnostizieren.

Die Bereitschaft, sich für politisch wirksame Maßnahmen einzusetzen, die die Repressionen durch den Neoliberalismus reduzieren, zugleich aber den eigenen Status gefährden, ist sehr gering. Die „Furcht vor Statusverlusten“, wie sie Jürgen Habermas bei den Anhängern der Rechtspopulisten findet und die er als „Regressionsphänomene“ tituliert, finden sich daher auch bei den aufgeklärten Liberalen.

Die stressproduzierende Verdichtung der Neoliberalisierung führt also nicht nur bei denjenigen, die sich den Rechtspopulisten zuwenden, zu einer Entsolidarisierung, sondern auch bei den liberalen Eliten. Das neoliberale Diktum, alles sei einer nüchternen Nutzenmaximierung zu unterwerfen und der homo oeconomicus stelle das zentrale Leitbild dar, hat gerade bei ihnen einen Wohlstandschauvinismus erzeugt, der vorrangig die Absicherung der eigenen Prosperität anspricht. Die Ellbogengesellschaft ist erkennbar auch ins liberale Milieu vorgedrungen. Oder, um Fassbinders Filmtitel umzuformulieren: Es gilt nicht nur, Angst essen Seele auf, sondern auch: Druck essen Solidarität auf. Und dies in allen Lagern.

In dieser demokratiegefährdenden Situation helfen wohl nur politischen Strategien, die tatsächlich gesellschaftliche Gegenmodelle zur neoliberalen Globalisierung durchzusetzen – und zugleich die liberalen Demokratien erhalten. Kurzum: Den richtigen Esel zu schlagen und aufs richtige Pferd zu setzen. Wie aber sollen diese Gegenmodelle aussehen? Wer kann diese in bedrängten Zeiten vorantreiben? Haben wir die Kraft dazu? Und reicht uns die Zeit dafür überhaupt noch aus?

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90 Kommentare

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  • Zur Ergänzung des Themas ein selbstkritischer (linker) Blick auf die Journalistenzunft in privaten Print- und öffentlich rechtlichen Medien, die sich zu Komplizen der liberalen Eliten gemacht haben (Vortrag bzw. Autor: Jakob Augstein). https://lecture2go.uni-hamburg.de/l2go/-/get/v/20926

    • @esgehtauchanders:

      Super :) danke danke;))

  • Danke für den schönen Artikel!

     

    Es ist verständlich, soziale Liberalisierung für neoliberale Missstände verantwortlich zu machen: Im Betrieb sieht man die Quoten ("werde ich nicht eingestellt, weil eine Frau meine Stelle kriegt?") und in den Medien die Eingliederung der Flüchtlinge ("bekomme ich den Ausbildungsplatz nicht, weil ein Flüchtling mehr arbeitet?"), aber die wirklichen Ursachen der seit Jahrzehnten laufenden Schwächung der Arbeiter¹ gegenüber Kapitaleignern werden kaum gezeigt.

     

    Wieso wird nicht wochenlang darüber gesprochen, woher das Geld der neuen Millionäre kommt — und warum werden deren Namen nicht genannt?

     

    Sichtbar sind die sozialen Liberalisierungen, daher ist es nur logisch, sie für die Probleme verantwortlich zu machen — obwohl sie weit davon entfernt sind, den größten Anteil daran zu haben.

     

    ¹: Ich meine hier mit Arbeiter alle, die für ihren Lebensunterhalt arbeiten, nicht den engen Begriff aus dem Angestellte und kleine Selbstständige auf einem für mich nicht nachvollziehbarem Weg ausgenommen wurden.

  • 7G
    7964 (Profil gelöscht)

    Ja, so stelle ich mir die taz vor.

  • Aus einem Interview mit Oskar Lafontaine:

    "Der Soziologe Colin Crouch habe „darauf hingewiesen, dass der Ruf nach offenen Grenzen eine zentrale Forderung des Neoliberalimus ist“."

    https://www.welt.de/politik/deutschland/article161818446/Staat-muss-entscheiden-koennen-wen-er-aufnimmt.html

     

    Skurrilerweise ist es ein Donald Trump, der plötzlich gegen TTIP und TTP vorgeht: Die Welt hat sich von links auf rechts gedreht (oder andersrum)

    • 3G
      36855 (Profil gelöscht)
      @Jens Frisch:

      Klar sind diese Leute für offene Grenzen. Dank der unterschiedlichen Lohnniveaus, der unterschiedlichen Sozialsysteme sind sie die idealen Kandidaten für ein ausbeuterisches System.

      Wie hat die Grüne Vorsitzende gesagt:

      "Wir bekommen Menschen geschenkt"

       

      Der Satz hätte auch vom Arbeitgeberverband kommen können oder von der FDP!

  • Verhältnisse und Mechanismen werden treffend umrissen. Ein vielschichtiger Artikel, durchaus lesenswert. Doch so ein paar Dinge fehlen mir bzw. sind seltsam dargestellt.

    "Die Ellbogengesellschaft ist erkennbar auch ins liberale Milieu vorgedrungen."

    Das stellt die Zusammenhänge auf den Kopf. Die Ellenbogengesellschaft ist doch aus dem liberalen Milieu entsprungen.

     

    Im Fokus des Artikels steht die liberale Elite und die verängstigte, wütende Mittelschicht. Unerwähnt bleiben die rechte Strömungen, die sich auch unter den Eliten finden lassen und nicht alleinig eine Reaktion auf die zugespitzten Folgen des Neoliberalismus darstellen.

     

    Mangelnde Analysefähigkeit erscheint mir ein zentraler Punkt zu sein. Mensch könnte es auch Betriebsblindheit nennen - eine Begleiterscheinung des Anpassungsprozesses der Einzelnen an das System.

     

    "[...] die liberalen Demokratien erhalten."

    Leider wird im Ausblick des Artikels der denkbare Rahmen recht eingeschränkt dargestellt. Alleinige Alternative zur Diktatur könne nur die liberale Demokratie darstellen. Vergangene Modelle oder Utopien scheinen unmöglich zu bleiben. Schade.

    • @Uranus:

      Die Ellenbogengesellschaft wurde aus *Teilen* des liberalen Milieus unterstützt — aber nicht nur von dort und nicht von der Mehrheit dort. Es sei denn, wir definieren liberal eng als "Führungsriege der FDP 2013".

  • Punktlandung. Danke!

  • Danke für diesen Artikel, der ja wunderbar zusammenfasst, inwiefern die liberalen Eliten versagen und die Rechtspopulisten recht haben. Der Autor hängt zwar ein Paar Schnörkel an, die Rechtspopulisten würden sich ja eigentlich selber schaden - aber muss man das ernst nehmen???

    • 8G
      85198 (Profil gelöscht)
      @Rainer Möller:

      Da steht nirgends, dass die Rechtspopulisten recht haben.

      Es steht ganz klar, dass sie sowohl in kultureller, als auch in ökonomischer Sicht rückschrittlich sind.

    • 8G
      85198 (Profil gelöscht)
      @Rainer Möller:

      ja

  • Wow. Das erste Mal seit ewig, dass ich beim Lesen eines TAZ-Artikels wieder das Gefühle habe, einen TAZ-Artikel zu lesen. Weiter so! Alle TAZ-Redakteure sollten zum Pflichtlesen dieses Artikels verdonnert werden, bevor sie den nächsten Text in Angriff nehmen.

    • 3G
      36855 (Profil gelöscht)
      @Tobias Schrabe:

      DANKE, auch von mir für diesen Artikel!!

      Warum die jungen Menschen hier sich alles gefallen lassen, wie Hanuman schreibt, das frage ich mich auch.

      Ich frage mich auch, warum so viele Rentner und Rentnerinnen, die jetzt schon in Altersarmut leben, immer noch die CDU, Grüne oder SPD wählen und keine Revolution anzetteln oder zumindest in großer Zahl auf die Straße gehen.

  • 2G
    25726 (Profil gelöscht)

    "...was die akademische Linke mit den Universitäten angestellt hat bekomme ich auch einen Groll."

     

    Herrje, wie dämlich. Wieder einmal strotzt ein Rechter vor Selbstgerechtigkeit. Sie bekommen keinen Groll, Sie tragen ihn wie eine Monstranz vor sich her.

    Ihre Lieblingsfloskel " die Linke(n)hat/haben.." tauchte diesmal nach ca. zehn Zeilen auf und danach folgt der übliche Quark. Verwunderlich, daß Sie hier noch nicht Meister Schurichs "Ekkaaaat, die Russen kommen!" von sich gegeben haben.

     

    Völlig verborgen bleibt Ihnen Däubles Intention, uns Linken die Versuchung intellektueller Trägheit vor Augen zu führen und nicht moralischer Hybris zu verfallen. Wir Linken können solch' angebrachte Zurechtweisung ertragen, weil es uns lebendig hält.

     

    Aber die eigenen Standpunkte zu hinterfragen oder gar Selbstzweifel ist nicht Sache des auf Bildungsbürgertum machenden rechten Gesindels. Sie sind der schreibende Beweis dafür.

     

    Im übrigen einen Dank an den Autor. Er hält meine Hoffnung aufrecht, das es ab und zu doch lohnt, die Taz zu lesen

    • 2G
      25726 (Profil gelöscht)
      @25726 (Profil gelöscht):

      Alle und so manch' einer kann sich's denken: Ist eine Antwort auf Janus' breiten Quark.

  • Die "Gesellschaften der Bedrängten" ist vielleicht immer eine Gesellschaft der Berdrängten, auch in den 1960ern und 1970ern gab es starken Druck auf Familien, auf Arbeitskräfte und selbst das Freizeitverhalten stand teilweise unter Beobachtung bzw. es gab schon Druck zur Konformität.

     

    Ich glaube, dass jede Gesellschaft Disziplinierungen bereit hält und diese auch praktisch umgesetzt werden. Unsere Zeit ist nur an dem Punkt anders, dass wir gegen rational-wissenschaftliche Erkenntnisse eine Gesellschaftsordnung herstellen, die wir zuletzt im Kaiserreich hatten und die damals nur in einer diktatorisch-autoritären Regierungsform möglich war.

     

    Das politische System ist heute also offenbar in die Hände von sozialen Gruppen gelangt, die diese Ordnung über die Politik - über den Staat umsetzen können und dies auch tun.

     

    Die SPD, einst Anwalt des 'kleinen' Mannes, ist die Avantguarde dieser Entwicklung: Diese Partei hat die geringsten Hemmungen krebskranke Menschen aus dem Arbeitsleben und auf H4 zu setzen. Soziale Hemmungen gibt es bei dieser Partei sowenig wie bei der FDP, doch deren Anhänger und Mitglieder können sich so eine Einstellung auch leisten, bei der SPD war (und teilweise ist) das Gegenteil richtig.

     

    Dass dieser Aufbau von Ausgrenzung, Armut und Abwertung kontraproduktiv ist, spielt gar keine Rolle, auch in der öffentlichen Debatte. Es muss schon damit zusammenhängen, dass eine bestimmte soziale Gruppe diese Absicherung durch den Neoliberalismus und seiner negativen Belgeiterscheinungen so dringend braucht, dass sie andere soziale Gruppen und daraus gebildete Parteien und Organisationen unter ihre Kontrolle bekommen haben.

     

    Vor 30 oder 40 Jahren hätte die SPD sich nicht um die Albrecht-Familie oder andere ultra-reiche Unternehmerdynastien gesorgt, heute tut sie das und vernachlässigt bewusst ihre Stammwähler.

  • Treffer. Anamolie hat es auf den Punkt gebracht.

    Sein (i.d.R gelebtes Sein, in Abgrenzung zum Abstraktionsniveau im Elfenbeinturm) bestimmt nun mal Bewusstsein. Fraglich, ob diese Elite, die das, was man mal als Sozialstaat bezeichnet hat, also von 1945 bis zu dessen Vernichtern Schröder, Fischer & Co. , überhaupt wertzuschätzen in der Lage ist.

    Oder überhaupt dazu in der Lage ist.

    An den Unis kann man in den Fachbereichen Wirtschaftswissenschaften und Jura tagtäglich diese zukünftigen Krieger im Inneren -im Sold des Kapitals- erleben. Und braucht sich nicht wundern, wenn die dort indoktrinierte Ideologie des Neoliberalismus (Hayek, Ronald Reagan und Margret Thatcher & Co.) die akademische Denke alternativlos macht.

    Es grenzt schon an historischen und politischen Zynismus, dass ausgerechnet ein Trump auftauchen musste, um diese Haltung in bestimmten Kreisen zum Hinterfragen zu bringen.

    Die Akademikerdiktatur lässt grüßen.

    Wer kein Abi hat darf nicht Bundeskanzler werden. Eine Bundestagsabgeordnete der SPD weiß sich zu helfen, diese Ressentiments durch eine gefaktes Jurastudium karrieretechnisch zu umgehen.

    Eine vollkommen legitime Notwehr in dieser Akademikerdiktatur. Was für ein Aufschrei.

    Ääh, sollte der Bundestag nicht irgendwie die Bevölkerung repräsentieren?

    Ach ich vergaß Bildung, Bildung, Bildung, etwas was parteipolitisch immer gut kommt, ohne was propagandistisch falsch zu machen. Daher ist das offenbar der neue Maßstab.

    Diese akademische Elite dürfte auch gar nicht in der Lage sein, zu reflektieren, dass ihr sozialer Stand sich möglicherweise zwar in Eigenleistung aber nur Dank der nicht selbst erarbeiteten Gene ergeben hat. Doch das wäre ein Maß an Demut, welches zu erwarten hoffnungslos ist

  • in Ergänzung meines Beitrages ganz oben, der sich ein wenig mit Janus "Pseudo-Wissenschaft" deckt bzw. der Frage, ob ein großer Teil des Problems nicht eine Meinungselite ist, die wohlgenährt Ausbeutung beklagt, die sie selbst nun überhaupt nicht trifft, die ein staatlich finanziertes abgesichertes Leben als Moralprediger führen.

     

    Natürlich gibt es das nicht nur im Staatsdienst, sondern auch in großen Unternehmen. Google und Co geben Milliarden für "Landschaftspflege" aus und das hat nichts mit Ökologie zu tun. Leider bin ich ausgerechnet über eine rechte Seite, verlinkt von der FAZ darauf gestoßen, wie Google z.B. auf die Demokraten Einfluss genommen hat, gewisse steuerliche Privilegien für die globalen Internet-Unternehmen nicht anzutasten.

     

    Das ist natürlich kein bisschen besser als die korruptionsähnlichen Phänomene im dt. Verwaltungs- bzw. staatl. finanzierten Stiftungswesen.

     

    Es ist aber eben auch wieder "marktfern" und näher an Korruption als an Marktwirtschaft.

     

    Der Vertrauensverlust speist sich natürlich auch aus solchen Phänomenen. In Griechenland ist die Krise vor allem auf den Zusammenbruch dieses Systems von Nepotismus zurückzuführen. Noch heute heißt es, die hohen Renten seien wichtig, weil ganze Familien davon leben. Frage nur, was mit den Familien ist, die keinen reichen Rentner in ihren Reihen haben.

     

    Richtigerweise muss doch das System so korrigiert werden, dass nicht der profitiert, der irgendeinen politischen Günstling in der Familie hatte und die anderen gucken in die Röhre, sondern ein Sozialsystem knüpft daran an, dass Leute Hilfe brauchen und zwar gerade die, die nicht jahrelang von Korruption profitiert haben am meisten.

     

    Tut mir leid, dass der Beitrag etwas länger geworden ist - aber die Strukturen, die zum Vertrauensverlust geführt haben, sind eben überall ähnlich.

    • @Dr. McSchreck:

      Da sagste was. Ich stimme dem Essay weitestgehend zu, aber es fehlt m. E. tatsächlich das Element der legalen Korruption. Der "freie" Markt ist noch nicht einmal das, was er zu sein vorgibt, indem einzelne Akteure sich maßgeschneiderte Rahmenbedingungen kaufen können. Sie schaffen sich die Umstände, innerhalb derer sie eigentlich nur "frei" konkurrieren sollen. Insofern leben wir in einer Art Super-Liberalismus oder auch einem beginnenden Naturzustand des Marktes. Dass das mit den normalen Theorien der ökonomischen "Wissenschaften" nicht eingeholt wird: Wen wundert's.

    • 8G
      85198 (Profil gelöscht)
      @Dr. McSchreck:

      Wie jetzt es gibt also kein Problem, das Problem sind die, die behaupten es gäbe eines?

      Es muss nur mal ein starker, vollkommenen integerer Mann kommen, der alles wieder zurechtrückt? Wie Trump?

      Woher soll der kommen und wie kommt er an die Macht?

       

      Haben sie den Essay überhaupt gelesen?

       

      Wie haben Sie ihre Antwort eigentlich geschrieben, mit Kopf im Sand und Finger im Ohr? Voice-to-Text?

      • @85198 (Profil gelöscht):

        es gibt ein Problem, aber das ist die Bereicherung ganz vieler in Machtpositionen, ob politische Macht oder wirtschaftliche Macht.

        Das Problem ist aber nicht der Markt, weil Bereicherung ineffizient ist und daher eigentlich marktfeindlich.

         

        Deshalb stimme ich dem ersten Teil des Artikels nicht zu, dem zweiten aber durchaus. Dass viele der "Liberalen" zu denen gehören, die sich selbst ohne wirkliche Leistung die Taschen vollstopfen. Unten waren es Steuergelder für politische Ämter, hier sind es Lobbyisten und "Berater".

  • 3G
    33523 (Profil gelöscht)

    "... die Zuweisung der Verantwortlichkeit für die ökonomische Absicherung an das Individuum."

     

    Ja aber echt jetzt mal! Was für ein Scheiß, wenn jeder für sein eigenes Leben verantwortlich ist! Wenn das so weiter geht ist man bald auch noch für seine eigenen Handlungen haftbar... nicht auszudenken sowas!

     

    "Wäre es nicht naheliegender, sich vorrangig mit der wirtschaftlichen Liberalisierung eben dieser Gesellschaften zu beschäftigen?"

     

    Warum soll man sich der Ökonomie zuwenden wenn man mit der Kultur ein Problem hat? Das ist für diese Menschen naheliegend, weil die Linke sich seit Anfang der 70er von der Ökonomie auf die Kultur umorientiert hat. Ich störe mich an dem meisten was dadurch entstanden ist nicht. Aber wenn ich mir anschaue was die akademische Linke mit den Universitäten angestellt hat bekomme ich auch einen Groll.

     

    Es wurden alle möglichen postmodernistisch geprägten Fächer installiert deren Institutionen oftmals keinerlei wissenschaftlichen Wert haben und nicht selten exklusiv dazu da sind um genehme "Fakten" zu produzieren. Es gibt einige Bücher zu dem Thema die empfehlenswert sind. Allen voran "Fashionable Nonsense" von Alan Sokal.

    Herr Sokal hat 1996 einen Artikel bei der "Social Text" eingereicht, einer angäblich akademischen Fachzeitschrift, welcher die These vertrat Quantengravitation sei ein soziales Konstrukt. Der Artikel wurde akzeptiert, weil er den richtigen Ton traf und politisch konform erschien. Inhaltlich war er natürlich hanebüchener Unsinn.

     

    "Wer sorgt dafür, dass der Druck, der auf immer mehr Arbeitnehmern in den westlichen Gesellschaften lastet, so gewaltig angestiegen ist?"

     

    Mein Opa hat ab seinem 14. Lebensjahr 10 Stunden am Tag Zementsäcke auf dem Bau geschleppt bis er dann 21 war und studieren konnte. Die Finanzierung seines Studiums war in den ersten Jahren ähnlich unangenehm. Immer wenn ich dann solche Klagen höre frage ich mich: Ist diesen Menschen nicht klar das es ihnen viel besser geht als jeder Generation vor ihnen?

    • @33523 (Profil gelöscht):

      "... die Zuweisung der Verantwortlichkeit für die ökonomische Absicherung an das Individuum."

       

      Zur Aufklärung der Begrifflichkeit auch für wutschnaubende Nichtverstehenwollende:

       

      Die Aussage des Autors umschreibt die seit Jahren im neoliberalen Trend liegende und politisch auch gewollte Abwälzung der Kosten für die Daseinsfürsorge auf die abhängig Beschäftigten. Medial vorbereit wurde dies seit den 90er Jahren durch die „Standortdebatte“ losgetreten von Unternehmerfreunden wie CDU, FDP. FAZ oder den Instituten. Heute braucht man nur Globalisierung zu sagen und mit Rumänien oder Bangladesh winken.

       

      Zwei anschauliche Beispiele: Die gesetzliche Rentenversicherung wird bewusst nicht zukunftssicher gemacht und finanziell nicht ausreichend ausgestattet, sondern den Beschäftigten wird Jahr für Jahr das Mantra von der Notwendigkeit der privaten Vorsorge um die Ohren gehauen. Riester, die Versicherungslobby lassen grüßen. Folge: Entlastung der Arbeitgeber. Die Kosten für die Alterssicherung werden einseitig auf die arbeitende Bevölkerung verlagert.

       

      Beispiel zwei: Die nicht mehr hälftige Zahlung der Beiträge zur gesetzlichen Krankversicherung, die zuletzt im aktuellen Koalitionsvertrag ausdrücklich von der CDU/CSU durchgedrückt wurde als Schmankerl an die Arbeitgeber, weil man der SPD den Erfolg mit dem Mindestlohn nicht so einfach überlassen wollte. Folge hier: Sie zahlen prozentual einen höheren Anteil am GKV-Beitrag als ihr Arbeitgeber.

    • 8G
      85198 (Profil gelöscht)
      @33523 (Profil gelöscht):

      Herr Janus, stellen Sie sich mal vor, Sie hätten einen angeborenen Herzfehler, der ohne Operation dafür sorgen würde, dass sie irgendwann im Alter zwischen von 25 und 30 Jahren sterben.

      Eine Operation kostet aber eine sechstellige Summe. Sie können diese Summe in so kurzer Zeit unmöglich erwirtschaften.

      Wegen wegen ihres Herzfehlers sieht es eh schlecht damit aus, mehr als 4 Stunden am Tag zu arbeiten, dann würden Sie noch früher sterben.

      Bitte also sterben Sie einfach ohne mich damit zu nerven und halten Sie bitteschön das Maul!

       

      Wie menschenverachtend kann man denn sein? Ich kenne US-Bürger, die haben Krebs und warten nur darauf, dass sie sterben, weil sie alles Geld das sie verdienen, für ihre Kinder brauchen.

      Sind die Kinder auch selbst verantwortlich dafür, dass sie irgendwann ohne Mutter auf der Straße sitzen?

       

      Chuck Schuldiner war ein begnadeter Musiker, hat den technischen Death Metal quasi erfunden. Leider erkrankte er im Alter von 32 Jahren an Krebs. Fans in der ganzen Welt haben Geld für seine Behandlung gesammelt, aber er wurde totkrank vom Krankenhaus zum Sterben auf die Straße gesetzt.

       

      Das Wort "Scheiß" haben Sie verwendet. Ich sage "Abflusskanal" und "Gosse" zu ihrem Denken.

      • 3G
        33523 (Profil gelöscht)
        @85198 (Profil gelöscht):

        Ich habe nichts gegen die staatliche Krankenversucherung und das habe ich auch nicht gesagt. Lustig gemacht habe ich mich über die Formulierung von Herr Däuble, der so tut als sei es völlig abwegig das ein Mensch für sein eigenes Leben verantwortlich ist.

         

        Allerdings: Hätte ich die Möglichkeit ich würde ohne Zögern aus der Rentenversicherung austreten. Die wird meine Generation besonders viel kosten und uns gleichzeitig besonders wenig bringen. Das ist ein beschissener Deal den vorherige Generationen zu Lasten ihrer eigenen Kinder prodziert haben.

        • @33523 (Profil gelöscht):

          "Hätte ich die Möglichkeit ich würde ohne Zögern aus der Rentenversicherung austreten."

          Ohne da jetzt den Staat und seine Institutionen wie Sozialversicherungen über den grünen Klee loben zu wollen - wow, was für eine Solidaritätserklärung!

          "Die wird meine Generation besonders viel kosten und uns gleichzeitig besonders wenig bringen."

          Die Reichen Ihrer Generation dürften davon nicht betroffen sein.

          "Das ist ein beschissener Deal den vorherige Generationen zu Lasten ihrer eigenen Kinder prodziert haben."

          Und das ist in Stein gemeißelt?

        • 8G
          85198 (Profil gelöscht)
          @33523 (Profil gelöscht):

          "Zuweisung der Verantwortlichkeit für die ökonomische Absicherung an das Individuum" heißt im Klartext, dass es im Neoliberalismus idealerweise keine sozialen Sicherungssysteme gibt, weder gesetzliche Krankenversicherung, noch Rentenversicherung, keine Arbeitslosenversicherung und auch kein bedingungsloses Grundeinkommen, auch keinen Mindestlohn, keine Gewerkschaften, keine Streiks und keine Tariflöhne, wie es in den USA der Fall war und bald wohl wieder sein wird. Das bedeutet, dass Leute auf offener Straße verrecken, was in den USA alltäglich ist.

           

          Was haben Sie denn darunter verstanden? Haben Sie es überhaupt verstanden?

           

          Weil sie sich es leisten könnten, privat vorzusorgen, wollen sie lieber gar keine staatliche Altersvorsorge?

          Soll ich sie daran erinnern, wieviele Menschen ihr Geld durch die Riester-Rente verloren haben?

          Hätten Sie kein Problem damit, im Alter gar nichts zu haben, weil jemand ihre Rente an der Börse verspielt?

          Es ist sicher, dass in der Marktwirtschaft manche Rentenversicherungen Gewinn machen und andere gehen pleite.

          Heißt das dann Pech gehabt, wenn man auf's falsche Pferd gesetzt hat?

          Oder soll der Steuerzahler dann wieder einen "Rettungsschirm" aufspannen?

           

          Ist es ok, wenn Menschen im Alter einfach krepieren, wenn sie nicht genug ansparen konnten?

          • @85198 (Profil gelöscht):

            ""Zuweisung der Verantwortlichkeit für die ökonomische Absicherung an das Individuum" heißt im Klartext, dass es im Neoliberalismus idealerweise keine sozialen Sicherungssysteme gibt, weder gesetzliche Krankenversicherung, noch Rentenversicherung, keine Arbeitslosenversicherung und auch kein bedingungsloses Grundeinkommen, auch keinen Mindestlohn, keine Gewerkschaften, keine Streiks und keine Tariflöhne,"

             

            Also das mit den Gewerkschaften und den Tariflöhnen müssen Sie mir erklären. Mal weg von aller Sozialromantik und politischem Lobbyismus ist so eine Gewerkschaft doch auch nichts anderes als etwa der Zusammenschluss mehrerer Unternehmer, um bei Zulieferern bessere Preise aushandeln zu können. Wenn etwas kapitalistisch und wirtschaftsliberal ist, dann sind das Gewerkschaften in ihrer ursprünglichen Bedeutung als Zusammenschluss als Arbeitnehmer (im Gegensatz zum heute vorherrschenden Selbstverständnis als sich selbst überflüssig machende Lobbyisten).

        • 1G
          10236 (Profil gelöscht)
          @33523 (Profil gelöscht):

          Also, wenn ich das richtig vertsanden habe: solidarische KV finden sie OK, weil Sie das Gefühl haben, dass sie Ihnen nützt. Kann ich verstehen, ich kenne einen Geschäftsführer (Bosch-Zulieferer), der auf Teufel komm raus aus der privaten weg will weil a)wird älter b)Frau+2Kids.

           

          Aber in einer Gesellschaft sollte man sich nicht den solidarischen Teil rauspicken können. Da zahlt immer irgendwo irgendjemand für irgendwas drauf.

          Angenommen ich wäre z.B. ein nicht klassikaffiner Hamburger, könnte ich mich ärgern über die 800 Mio. die die Stadt für irgendwelche sowieso nicht armen Schnöseln ausgegeben hatte (Karten dürften wohl Betriebskosten decken, oder nicht mal?).

          • 3G
            33523 (Profil gelöscht)
            @10236 (Profil gelöscht):

            Ich habe das Gefühl das die KV allen nützt die darin Mitglieder sind. Und Geschichten wie die des Bosch-Zulieferers kenne ich selbst, deshalb will ich auch nicht in die Private. Das lohnt sich, wenn überhaupt, nur dann wenn man die Ersparnis die man früh hat zu 100% anlegt und dazu fehlt fast jedem die Disziplin.

             

            Das man die Rentenversicherung als Solidarisch bezeichnen kann wage ich mal ganz stark zu bezweifeln. Es ist ja nicht so das da nur einzelne Personengruppen besonders stark belastet, sondern ganze Generationen. Und das sind dann auch noch grade diejenigen die am Ende besonders wenig bekommen.

             

            Kulturförderung ist ein klassisches Beispiel für Umverteilung von Unten nach Oben. Und dabei rauskommen tun am Ende meist ehh nur "sozialkritische" Filme/Werke die dann von einer minimalen Anzahl Menschen wahrgenommen werden. Und das sind i.d.R. Menschen die es nicht nötig haben subventioniert zu werden.

    • 6G
      6474 (Profil gelöscht)
      @33523 (Profil gelöscht):

      "Mein Opa hat ab seinem 14. Lebensjahr 10 Stunden am Tag Zementsäcke auf dem Bau geschleppt bis er dann 21 war und studieren konnte. Die Finanzierung seines Studiums war in den ersten Jahren ähnlich unangenehm. Immer wenn ich dann solche Klagen höre frage ich mich: Ist diesen Menschen nicht klar das es ihnen viel besser geht als jeder Generation vor ihnen?"

       

      -und dein Opa war wann genau 14?

       

      Mein Vater hat damals noch einen Roller und doppeltes Gehalt als Einstieg für den ersten Monat angeboten bekommen, wenn er die Lehre bei Firma XY beginnen möge. Das war Ende der 60er Jahre.

       

      Meine älterer Bruder hat 10 Jahre lang studiert und arbeitet jetzt in dem Bereich für den er das Studium gemacht hat.

       

      Meine Mutter hat sich neben ihrem Minijob Ende der 90er Jahre, noch eine Fortbildung geleistet und eine eigene Praxis angemietet.

       

      Ein 48 jähriger Freund von mir wohnt seit ca. 20 Jahren direkt in der Innnenstadt und hat noch einen alten Mietvertrag.

       

      Meine Großeltern haben ihr Leben lang in einer Fabrik gearbeitet und sind mit ihrer stattlichen Rente um die halben Welt gereist, hatten ein Haus mit Untermieter und viel zu vererben.

       

      Dein Opa, meine Eltern usw. hatten nach ihrem abgeschlossenen Studium oder der Lehre einen Job samt Wahlmöglichkeit schon halbwegs in der Tasche.

      In meiner Generation der 25 bis 35 Jährigen, arbeiten 80 Prozent unterbezahlt in anderen Bereichen.

       

      Von den Zukunftsaussichten mal abgesehen. Die Mieten steigen weiter an, die Lebenshaltungskosten werden auch nicht günstiger, Flexibilität wird heute nur noch vom Arbeitnehmer erwartet und dann flüstert da noch diese neoliberale Stimme im Ohr."Carpe Diem, besser wirds nicht. Dieser Weg ist alternativlos"

      • 3G
        33523 (Profil gelöscht)
        @6474 (Profil gelöscht):

        "In meiner Generation der 25 bis 35 Jährigen, arbeiten 80 Prozent unterbezahlt in anderen Bereichen."

         

        Ach wirklich? Woher kommen diese Zahlen?

         

        Sie halten mich scheinbar für älter als ich bin. Ihre Generation ist auch meine Generation und meine Erfahrungen sind da ganz andere als Ihre!

         

        Ich habe länger an einer Universität gearbeitet. In dieser Zeit habe ich hunderte Studenten kennen gelernt von denen fast alle dirtekt einen Job in ihrem Bereich bekommen haben.

         

        Fast alle von Ihnen geschilderten Fälle sind auf steigende Anforderungen zurückzuführen. Es gibt auch heute noch viele der von ihnen genannten vergünstigungen, allerdings nur in Bereichen in denen Arbeitnehmer knapp sind. Das Problem dem wir da gegenüberstehen ist in der Tat groß. Erst wurden die einfachen körperlichen Tätigkeiten wegrationalisiert, nun sind die einfachen geistigen Tätigkeiten dran. Es wird immer weniger Menschen geben die in der Lage sind etwas zu erbringen das nicht automatisierbar ist. Informatiker, Ingenieure und der gesamte soziale Bereich werden auf absehbare Zeit sichere Häfen sein,... Das wird denke ich eine Umstellung werden wie man sie auch zu Zeiten der Industrialisierung hatte. Es wird echt übel werden, bis es dann besser wird und der Lebensstandard auch im Schnitt anzieht.

        • @33523 (Profil gelöscht):

          Ich weiß nicht, ob die anderen Kommentatoren Sie für zu alt halten, um überhaupt noch heutige Realität mitzubekommen, oder zu jung, um groß was vom echten Leben mit all seinen Fallstricken mitbekommen zu haben. So oder so argumentieren Sie wie ein privilegiertes weißes männliches hetero FDP-Jüngelchen, dass sich wider alle Fakten einbildet, sich all seine Privilegien durch harte Arbeit selbst erworben zu haben während alle, denen es dreckig geht, angeblich nur nicht den eigenverantwortlichen Hintern hochbekommen haben. Es ist offensichtlich höchste Verblendung im "ich bin ja achso rational"-Gewand. Und Ihre fadenscheinigen Versuche, absolut alle, die Sie darauf hinweisen, als irrational und unwissenschaftlich hinzustellen, machen die Sache nicht weniger offensichtlich.

    • @33523 (Profil gelöscht):

      Tja, das ist so eine Sache mit dem eigenen Horizont und der Zeilgruppe.

       

      Vorgehaltene Spiegel sind schon Sch...

      Darum vergleicht man dann Schlechtes mit noch Schlechterem.

       

      Um im Bild zu bleiben. Die Opas, die heute noch Zementsäcke schleppen müssen, würden Ihnen den Stinkefinger zeigen.

      Da war doch was mit Altesarmut oder so?

       

      Ach ich vergaß, in Afrika solles es ja gar keine Rente geben.....

      • @Morus:

        der Begriff "ansteigen" hat hier eine "zeitliche Komponente". Wenn man die Chronologie berücksichtigt, ist der Druck nicht gestiegen, sondern gesunken. So ist der Beitrag zu verstehen und daran finde ich nichts falsches.

        • 8G
          85198 (Profil gelöscht)
          @Dr. McSchreck:

          Der Druck ist gestiegen.

          Früher konnte die Sozialhilfe nicht willkürlich entzogen werden, das geht mit Hartz IV und es passiert auch.

          In den 60ern musste ganz bestimmt kein Rentner bei der Tafel anstehen.

          Dass ein Amt (das Jobcenter) Kindern von Leistungsempfangern den Besuch des Gymnasiums verbieten will und sie zwingen will, eine Lehre aufzunehmen, das gibt es auch erst seit Hartz-IV.

          • 3G
            33523 (Profil gelöscht)
            @85198 (Profil gelöscht):

            "Der Druck ist gestiegen."

             

            Ja aber auch nur im Vergleich zum bestmöglichen Referenzpunkt. Im Vergleich zu anderen, jetzt existierenden Gesellschaften oder unserer eigenen Gesellschaft im geschichtlichen Kontext aber nicht!

             

            Und besagter Referenzpunkt war auch nur tragbar, weil so wenige Sozialleistungen in Anspruch nehmen mussten, da es quasi Vollbeschäftigung gab und die Verteilung von Alt und Jung ausgeglichener war.

            • 8G
              85198 (Profil gelöscht)
              @33523 (Profil gelöscht):

              Was erzeugt eigentlich diese kontrafaktische Wahrnehmung, der deutschen Wirtschaft würde es schlechter gehen als in der Vergangenheit? Die Lebensqualität hat sich seit dem Bestehen der BRD kontinuierlich gesteigert, die Produktivität ist immens gestiegen.

               

              Da ist es widersinnig und kontrafaktisch, zu behaupten, es würde solche Not herrschen, dass die Sozialleistungen ausgesetzt werden müßten und dass Jugendliche nicht das Gymnasium besuchen sollen, weil sie dem Steuerzahler auf der Tasche liegen, wenn sie keine Lehre anfangen (das ist wirklich schon beim Jobcenter passiert).

              Der Essay untersucht auch diese Frage: Warum wächst der Sozialneid von oben, während der gesellschaftliche Reichtum immer größer wird?

               

              Das Problem ist, wie die Arbeit verteilt wird. Ohne Hartz-IV und den Niedriglohnsektor, auf den die SPD so stolz ist, hätte es keine Migration von Kapital und Arbeitsplätzen nach Deutschland gegeben. In Südeuropa würde die Jugendarbeitslosigkeit nicht bei 40-50% liegen.

              Die Austeritätspolitik hat keine Arbeitsplätze geschaffen, sondern aus dem europäischen Ausland nach Deutschland verlagert, dabei Löhne gesenkt, Arbeitsbedingungen verschlechtert und die Profitrate erhöht.

               

              Kapitalismus erzeugt eine Krise nach der anderen. Das hat schon Marx gewußt und Keynes wußte es auch.

              Wenn bei jeder Krise die Antwort darin besteht, den Sozialstaat auszuhöhlen, die Arbeitsbedingungen zu verschlechtern und Kapital nach oben umzuverteilen., dann ist das Ergebnis klar.

              Es wird irgendwann einfach keinen Sozialstaat mehr geben, der gesellschaftliche Reichtum und die Macht werden in immer weniger Händen konzentriert.

               

              In der Krise mit Nullwachstum oder gar Deflation sind mehr Waren auf dem Markt, als nachgefragt werden kann. Deutschland ist Exportweltmeister.

              Die Mittel der Wahl in dieser Situation sind Kürzung der Arbeitszeit (um die Arbeit und die Einkommen wieder gerecht zu verteilen ) und Umverteilung der Waren (um neue Nachfrage zu erzeugen)

              • 3G
                33523 (Profil gelöscht)
                @85198 (Profil gelöscht):

                Nun ich nehme das nicht so wahr. Aber man kann schnell den Eindruck bekommen, weil eben primär über negative Dinge berichtet wird.

                 

                Ich habe weder gesagt man müsse Sozialsysteme aussetzen, noch das man den Besuch von Gymnasien unterbindne müsste. Das haben Sie sich zu 100% ausgedacht.

                 

                "Kapitalismus erzeugt eine Krise nach der anderen. Das hat schon Marx gewußt und Keynes wußte es auch."

                 

                Sie meinen Sie haben geglaubt. Kapitalisten glauben das übringends auch, nennen es aber anders.

                 

                Im Übrigen weiß man das Systeme wie Marx es sich erträumt hat im vergleich zum Kapitalismus extrem schlecht abschneiden. Von daher verstehe ich nicht warum man glaubt immer Marx bemühen zu müssen. Reichen 100 Millionen Tote nicht um Sie zu überzeugen? Oder wollen Sie sich auf "Das war ja gar kein echter Kommunismus!" rausreden?

              • @85198 (Profil gelöscht):

                > Was erzeugt eigentlich diese kontrafaktische Wahrnehmung, der deutschen Wirtschaft würde es schlechter gehen als in der Vergangenheit?

                 

                Die Wahrnehmung ist nicht kontrafaktisch, nur nimmt sie nicht "die Wirtschaft" wahr, sondern die Situation der Beschäftigten.

                 

                Wenn ich mit einem 50-jährigen rede, der mir erzählt, wie er früher mit seinem Meister monatlich Netto das Sechsfache der Mietkosten verdient hat, dann kommt diese Wahrnehmung auf.

                 

                Wenn ich mir die preisbereinigte Lohnentwicklung der letzten 20 Jahre anschaue, und die zunehmende Befristung im akademischen Bereich, dann sehe ich auch, dass es schlechter wurde.

                 

                Aber die Wahrnehmung ist ja nicht die Situation "der Wirtschaft". Die Wahrnehmung ist die Situation der Beschäftigten.

                 

                Denn die Situation "der Wirtschaft" ist nur dann überhaupt relevant für den Großteil der Leute, wenn sie bei den Beschäftigten ankommt.

    • @33523 (Profil gelöscht):

      Welches Glück, dass der Opa den Absprung noch rechtzeitig geschafft hat.

      Bitte mal alle "sinnlosen postmodernistisch geprägten Fächer aufzählen. Würde mich echt mal interessieren.

      • 3G
        33523 (Profil gelöscht)
        @lions:

        Eine Umfängliche Liste kann ich ihnen nicht liefern. Besonders unangenehm aufgefallen sind mir stets Gender Studies, Critical legal studies, alles mit Postkolonialismus im Titel und Critical Race Studies.

        Aber es gibt eine vielzahl anderer Ausprägungen die mir erspart geblieben sind. Alles was schon im Namen des Faches "Critical" hat betrachte ich mit größter Skepsis, weil das Critical in diesem Kontext sicher nichts mit einer besonders kritischen reflektion der eigenen Standpunkte zu tun hat.

         

        Wie gesagt,... lesen Sie das Buch, falls das Thema Sie ernsthaft interessiert.

        • @33523 (Profil gelöscht):

          Also sind "sinnlose postmodernistisch geprägte Fächer" solche, die die Folgen von Unterdrückung thematisieren, an der man selbst beteiligt sein könnte?

          • @Arne Babenhauserheide:

            Haha Volltreffer!

          • 3G
            33523 (Profil gelöscht)
            @Arne Babenhauserheide:

            Die Themen schlagen vermeindlich immer in diese Kerbe. Allerdings sind es nicht die Themen die hier der entscheidende Faktor sind, sondern die Methodik, welche wissenschaftlichen Standards nicht gerecht wird.

             

            Der Kollonialismus wird im FB Geschichte behandelt, die Rechtssprechung bei den Juristen, die Selbstwahrnehmung in Psychologie,... für bald jedes dieser Themengebiete gibt es bereits einen Fachbereich der sich mit diesen Themen beschäftigt. Der Grund dafür das diese Themen ausgegliedert werden ist das man sie anders (nicht wissenschaftlich) und politisch motiviert behandeln will und da ordentliche Wissenschaftler dieses Spiel nicht mitspielen müssen eben neue Studiengänge her.

            • @33523 (Profil gelöscht):

              So ein Quatsch. Sie kritisieren ganz offensichtlich mit vorgeschobenen Methodik-Argumenten immer nur genau die Fachbereiche, die sich auf genau diese Themen focussieren. - Und ganz offensichtlich, ohne davon jenseits von "Ich hab da mal ein Buch gelesen" irgend eine Ahnung zu haben.

               

              Mal davon abgesehen, dass es in Deutschland kaum abgetrennte Fachbereiche für "Gender Studies" oder "Postkolonialismus" gibt, speisen sich diese Schwerpunkte aus einer Vielzahl von Herangehensweisen aus eben jenen Fachbereichen (Geschichte, Soziologie, Psychologie, Jura, Literatur- und Kulturwissenschaften etc.), mit deren Methodiken Sie ja angeblich überhaupt keine Probleme haben, solange diese Themen nur ein insignifikanter Unterfocus bleiben.

               

              Und übrigens spiele ich ungern den grammar nazi, aber Ihre sachkenntnisfreien, blind ideologietriefenden Ausführungen zu "Kollonialismus" [sic] und Gender Studies und den Gründen dafür, "das" [sic] diese "vermeindlich" [sic] gebündelt und ausgelagert werden, wirken durch die komplette Unkenntnis elementarer Orthografie- und Grammatikregeln auch nicht gerade kompetenter oder wissenschaftlicher.

              • @kami:

                Das hat er schon so oft zu hören bekommen und bringt seine Leier dennoch, in ähnlicher Weise, immer und immer wieder. Faktenfrei, aber mit größter Überzeugung, obwohl er eigentlich ein kluger Kopf ist und es besser könnte. Er glaubt es trotzdem, einfach weil er es glauben will, und ist schmerzfrei genug, Spott genauso wie vernünftige Kritik an sich abperlen zu lassen.

                Das ist übrigens eine verbreitete Vorgehensweise, die ich oft beobachte: Erst Quatsch behaupten, wenn der Quatsch widerlegt ist ausweichen und anderen Quatsch behaupten, und später einfach wieder mit dem ersten Quatsch kommen.

                Dieses Spiel lässt sich ewig durchziehen, und ich fürchte, mit rationaler Argumentation lässt sich dem nicht beikommen.

      • @lions:

        Jau & ich dacht schon in tiefer Senilität -

        Wo bleibt Behle? & däh! ganichuneben

        Es halt doch noch Verlaß in der Welt der Bedrängten! & gleich daneben. Fein. Das ist - was zählt!

  • Was hat die liberale Elite wohl verkehrt gemacht? Selektives Mitgefühl für die Schwächsten, die Diskriminiertesten, völlig Entrechteten. Doch kurz darüber lässt man Ignoranz walten. Wohlwissens, dass dieses Sklavenheer der Globalisierung jetzt als Kanonenfutter geopfert werden muss, damit der eigene Status erhalten bleibt. Das Engagement für die diskriminierten Randgruppen hat dabei Alibifunktion, um dem "Pöpel" begreiflich zu machen: "Was regt ihr euch auf, seht her, es geht noch viel schlechter!"

    Das Mitgefühl, wie es bspw die Willkommenskultur hervorbrachte, ist ein falsches, weil echtes Mitgefühl keinen Aspekt der Ungerechtigkeit auslässt. Ich bescheinige der liberalen Elite Egoismus, selektive Empathie, Ignoranz und den Narzissmus in der schlechtesten Definition von Gutmenschentum respektive modernen Ablasshandel. Die narzisstische Oberklasse stößt auf die Gegenwehr der Vergessenen unter der Führung von Narzissten. Es muss ein Ende haben und wahrscheinlich sehr weh tun.

    • @lions:

      *Pöpel* nee Popel...ach, nehm ich eben Pöbel.

      Sch...ß Assoziationen!

      • @lions:

        ...peuple ?

  • 1G
    10236 (Profil gelöscht)

    2Nicht dass ich da etwas weg reden möchte, aber bisher ist noch keine westliche Demokratie einfach so kollabiert und ein bißchen Vertrauen muss man schon haben, sonst sitzt man da wie das Kaninchen vor der Schlange."

     

    In meinen Augen geht es weniger ums Kollabieren der Demokratien und vielmehr um die Ensteheung und dann Festsetzung (nicht unbedingt formell) gewisser gesellschaftlicher Strukturen. Plumpees Beispiel: wenn irgendwann mal, sagen wir mal in 50 Jahren, wir eine Gesellschaft haben wo durch soziales Verhalten (man heiratet unter sich), Einkommens-/Vermögensverteilung, Bildungssystem etc. ein Gros der Bevölkerung über 3-4 Generationen das bleibt, was ihre Vorfahren (Akademiker, gewisse Mittelschicht, "Unterschicht"), dann ist es schwer tragbar. Sozusagen fast völliges Erliegen jeglicher sozialen Mobilität.

    • @10236 (Profil gelöscht):

      "Akademiker" bleiben als "Elite" unter sich, haha. Mir scheint, Sie haben nicht mitbekommen, wie an deutschen Unis (übrigens fast zeitgleich mit der Umsetzung der Agenda 2010) mittlerweile fast jede feste Vollzeit-Mittelbaustelle in ultraprekäre befristete Teilzeitstellen umgewandelt worden sind. Die "Mobilität" gibt es sehr wohl, aber leider nur karacho nach unten.

      Sorry, aber ich kann als Universitätsdozentin inzwischen echt nur noch lachen, wenn von all den achso anti-Establishment Pseudopopulisten immer was von "akademischer Elite" schwadroniert wird.

    • @10236 (Profil gelöscht):

      So eine Gesellschaft haben wir jetzt! Es gab kurze Anläufe zu einer Erhöhung der sozialen Mobilität, aber das ist schon lange wieder zum Erliegen gekommen, auch in Deutschland.

    • @10236 (Profil gelöscht):

      "wenn irgendwann mal, sagen wir mal in 50 Jahren,"...??

      Mir scheint, Sie beschreiben da eher eine gar nicht ferne Vergangenheit - wobei nicht auszuschließen ist, dass gewissen Kreisen das auch als Zukunftsmodell vorschwebt.

  • 8G
    85198 (Profil gelöscht)

    Danke für diese Analyse.

    "Gesellschaftliche Gegenmodelle" gab es z.B. in Spanien, Italien und der Ukraine bis Sie von Faschisten und Kommunisten "beendet" wurden.

    Der Syndikalismus als Idee, dass sich Arbeitskräfte frei, im aufrechten Gang und auf Augenhöhe, zusammenschließen können und ihre Waren miteinander tauschen, gemeinsam Preise und Löhne festlegen, steht als Konzept eigentlich genau zwischen einem radikalen Markt und einem radikalen Staat. Im Syndikat verbinden sich auch Emanzipation (Liberalismus) und Solidarität (Sozialismus).

    Heute haben wir Mikrochips und soziale Netzwerke, bewerten Videos und Posts in Minuten. schaffen es aber nicht, ein soziales Bewertungsystem für Waren, Dienstleistungen und Löhne einzurichten oder Online-Dienste wie "Helpling" als Syndikat zu betreiben.

    Mir fehlt in dem Essay: der Fetisch der Ware und das Humankapital. Beides beinflußt stark, wie "Emanzipation" verläuft.

    "Ich wil mich selbst verwirklichen." enthält das Ego in dreifacher, vielleicht sogar vierfacher Potenz, andere Menschen aber gar nicht. So ist auch die Existenz ausgerichtet, auf Konsum von Waren und nicht auf andere Menschen.

    In dem Maße, wie nahezu alle Menschen, und gerade die im Essay so genannte liberale Elite, die Zwänge des Marktes internalisieren (müssen?!), werden sie schlichtweg unfähig, den Unteraschied zwischen ihren Interessen und den Zwängen des Marktes zu erkennen.

    "Die Grenzen meiner Sprache sind die Grenzen meiner Welt" - dieser Satz Wittgensteins lässt da doch fragen: wie totalitär ist der Neoliberalismus eigentlich, werden Hartz-IV-Empfänger doch schon seit Jahren gezwungen, sich in "Schulungen" und "Maßnahmen" einem neoliberalen Umerziehungsprogramm zu unterwerfen?

    • @85198 (Profil gelöscht):

      das Problem der Schulungen ist ja nicht, dass Leute sich für den Arbeitsmarkt fit machen müssen. Es sollte selbstverständlich sein, dass der Anspruch einer Gesellschaft ist, dass jeder für sich und seine Familie aufkommt, der dies gesundheitlich kann.

       

      Das Problem sehe ich eher darin, dass diese Maßnahmen in erster Linie den "Anbietern" als sichere und sehr lukrative Einnahmequelle dienen. Wie auch große andere Teile des Sozialsektors mit privaten "Anbietern"

      • 8G
        85198 (Profil gelöscht)
        @Dr. McSchreck:

        Doch das ist das Problem, denn ihnen wird keinerlei Möglichkeit geboten, auf Augenhöhe mit anderen Menschen zusammenzuarbeiten.

        Sie sagen, dass diese Leute "sich für den Arbeitsmarkt fit machen müssen". Damit reproduzieren sie aber den neoliberalen Zwang zum Markt schon selbst.

        Warum denn "Arbeitsmarkt"? Warum nicht "Zusammenarbeit mit anderen Menschen"?

        Auf diesen Schulungen wird dir "beigebracht", dass du "Markt" als "Chance" sehen sollst, dass es "Freiheit" wäre, seine Arbeitskraft als abhängig Beschäftigte® oder abhängiger Selbständige® zu verkaufen.

        Da wird dir beigebracht, wie du dich in Bewerbungen und bei Vorstellungsgesprächen verkaufen sollst, wie du auszusehen hast, wie du dich bewegen sollst, was du sagen sollst und auch, wie du denken sollst.

        Da gibt es tatsächlichen Übungen im "Glücklichsein" - "jetzt lächeln wir mal alle, dann geht es uns gleich besser".

        Gleichzeitig sollst du eine Bewerbung nach der anderen schreiben und immer schön daran glauben, dass du bald eine Arbeit findest und dass du dann frei bist und glücklich, selbst dann, wenn du schon das dritte Jahr hintereinander bei derselben Maßnahme hockst und noch nicht einmal Antworten auf deine Bewerbungsversuche erhälst.

        Wenn du versuchst, diese Umerziehungsmaßnahme zu verweigern, kann dir dein Aufseher beim Jobcenter einfach das Geld zum Essen verweigern. Im schlimmsten Fall kürzt er/sie dir dann 100% des Existenzminimums.

        Das Recht auf Leben ist aber nicht an irgend eine Gehorsamkeit geknüpft. Der Staat darf nicht einfach einen Menschen zum Sterben auswählen.

        • @85198 (Profil gelöscht):

          wenn man von einer Gruppe mit getragen werden will, sollte man versuchen, irgendetwie zu zeigen, dass man sich der Gruppe verbunden fühlt. Sonst lässt sie einen fallen.

           

          Nur darum geht es. Ein Behinderter, Kranker, der sich selbst nicht helfen kann, soll jede Hilfe bekommen. Aber wer glaubt, seinen Individualismus pflegen zu müssen, auf die Regeln der Gesellschaft zu pfeifen und dann gleichzeitig von dieser Gesellschaft finanziert werden will, hat seltsame Vorstellungen. Das läuft nirgends.

          • @Dr. McSchreck:

            Wenn wir wollen, dass alle etwas zur Gesellschaft beitragen sollen, dann sollten wir schauen, was diese Gesellschaft wirklich braucht.

             

            Wenn 70% der Jobs als nutzlos wahrgenommen werden,[1][2] sollten wir dann nicht die verbleibenden 30% auf alle Leute aufteilen? Aber würde das nicht bedeuten, dass wir Leuten verbieten würden, mehr als 3 Stunden pro Tag zu arbeiten?

             

            Vielleicht sind ja wirklich 70% der Jobs nutzlos. Wie sollen denn dann alle etwas zur Gesellschaft beitragen, wenn der Großteil der Verdienstmöglichkeiten nutzlos ist — und die wenigen sinnvollen Arbeitsstellen schon besetzt sind?

             

            Sollte das der Fall sein, dann gibt es ein tiefgreifendes Problem in unserer Gesellschaft: Unsere Gesellschaftsorganisation hilft uns nicht dabei, dass so viel sinnvolle Arbeit wie möglich erledigt wird.

             

            [1]: On the Phenomenon of Bullshit Jobs: http://web.archive.org/web/20160713055950/http://strikemag.org/bullshit-jobs/

            [2]: Ein Deutscher Artikel, der Bullshit-Jobs aufgreift: https://www.sein.de/sinnlose-jobs-wie-arbeit-die-gesellschaft-krank-macht/

          • @Dr. McSchreck:

            Ja, schön wärs ja, wenn bei solchen Schulungen wirklich praktische Kompetenz vermittelt würde. Aber was nützt mir, wenn ich mich beim Vorstellungsgespräch gut verkaufen kann und eingestellt werde, aber hinterher kack ich ab, weil die fachliche Kompetenz fehlt und werden gleich wieder geschmissen.

             

            Außerdem wird es wohl auch für die Betriebe mit der Bewerberauswahl immer schwieriger, weil Arbeitslose zur Bewerbung auf Jobs verdonnert werden, für die sie gar nicht die nötige Qualifikation besitzen. Usw.... ach, es ist müßig darüber zu reden mit Leuten, die keine Ahnung haben als Betroffene.

            • @Ute Krakowski:

              und woran liegt das? Dass viel zu viele dieser Schulungen überhaupt nicht dazu dienen, die "Klienten" zu fördern, sondern dem "Träger" die Taschen voll zu stopfen. Da muss man ja dann nicht darauf achten, ob die Schulung passt.

               

              Das hat aber auch wieder nichts mit Marktwirtschaft zu tun, sondern mit Selbstbedienung am Sozialstaat.

              • @Dr. McSchreck:

                Meine Rede!

              • @Dr. McSchreck:

                Sie vergessen dabei, dass es seit langem eine gewisse Arbeitslosigkeit zuletzt wieder auf höherem Niveau. Und doch können die meisten bzw. könnten alle Menschen versorgt werden. Sie erhalten ja Sozialleistungen. So gesehen funktioniert das System in diesem Kontext.

                Ein zweiter Schluss daraus, dass es dauerhaft Arbeitslosigkeit gibt, ist, dass es scheinbar für alle Menschen keine Arbeit gibt. Durch Maßnahmen und ABM wird allenfalls künstlich (Pseudo)Arbeit geschaffen.

                Ihr Anspruch also, dass alle Menschen, die können, etwas beitragen sollen, kann so, wie das System eingerichtet ist, nicht erfüllt werden. Aber vielleicht wollten Sie auch darauf hinaus?

                • @Uranus:

                  ABM oder Pseudo-Arbeit soll ja genau Tätigkeiten erfassen, für die es keinen regulären Markt gibt. Wo sich Leute, die auf dem regulären Markt keine Chance haben, etwas dazu verdienen können und die Gesellschaft profitiert auch, die den Leuten die Sozialleistungen zahlt.

                   

                  Mir ging es um die Haltung des Beitrages davor, dass Leute meinen, sie müssten in ihrer Individualität respektiert und in Ruhe gelassen werden, aber zahlen sollen die anderen schon, die sie ansonsten bitte nicht behelligen dürfen.

  • DANKE...

    der taz sich endlich in diese diskussion einzulassen, dank an die leser für die vielen kommentierten ideen, die aus dem leidensdruck individuell entwickelt werden. eine weitere ursache, die "im auf und ab" zum verfall der "westlichen wertewelt" beiträgt ist: sogenannte "demokratische staaten" leben nicht ihre "werte" - recht folgt der macht; lüge regiert die politik - sondern ihre interessen, d.h. sie folgen nicht dem bedarf des souveräns, des volkes, sondern den interessen der militärisch-wirtschaftlich komplexes. und der souverän wähnt sich angesichts der "digitalen revolution" mit seinem smartfon autark genug, in seiner welt zu bestehen und zu vergessen, dass seine transparenz auch wieder nur den militärisch-wirtschaftlichen interessenten dient: auf dem wege gehen "freiheit, gleichheit, brüderlichkeit" gehen die früchte der französischen revolution, geht solidarität als baustein jeder gesellschaft, jeder demokratie den bach runter. warum lassen sich die jungen das alles gefallen, die morgen noch würdig leben wollen ?

  • Vielleicht sollte man auch mal die Möglichkeit erwägen, dass das ein natürliches auf und ab ist und das Fortschritt nunmal nicht linear verläuft. Das hieße natürlich, auf das demokratische Potential einer Gesellschaft zu vertrauen und nicht immer alles und sofort haben zu wollen. Nicht jeder partielle Rückschritt ist sofort eine rechte Revolution. Und ehrlich gesagt sehe ich den rechten Durchmarsch eigentlich nirgendwo so richtig, da gibt es auch überall eine Besinnung auf menschliche und politische Tugenden, die lange Zeit ziemlich fehlte.

     

    Nicht dass ich da etwas weg reden möchte, aber bisher ist noch keine westliche Demokratie einfach so kollabiert und ein bißchen Vertrauen muss man schon haben, sonst sitzt man da wie das Kaninchen vor der Schlange.

     

    Und ganz ehrlich, ich habe auch nur ein prekäres Einkommen, aber so richtig unterdrückt und ausgebeutet fühle ich mich trotzdem nicht. Wie wäre es mal mit ein wenig Besonnenheit anstatt immer nur nach der Revolution zu rufen oder vor ihr Angst zu haben?

    • @Mustardman:

      diesen Gedanken teile ich vollkommen. Neulich schrieb jemand über ein Gespräch vor vielen Jahren mit einer Grünen und dem Satz "vergesst mir die Nachhut nicht". Leute, die immer "vorn" zu sein glauben, sollten aufpassen, dass sie nicht zu weit davon laufen, sonst ist die Masse auf einmal auf einem anderen Weg und man muss sich ein bißchen zurück bewegen und klären, welcher Weg der richtige ist.

       

      Linke Ziele teile ich im Prinzip alle, aber beim Weg bin ich fast immer anderer Meinung.

  • Ach, gibt's Die Linke in Deutschland nicht mehr? Nicht, dass ich deren Lösungen immer ganz toll finde, aber "neoliberal" sind sie bestimmt nicht. Und für Proteststimmen gegen das System, solange man noch keine besseren Antworten hat, sollten die doch auch gut sein, oder? Also irgendwie kaufe ich den AfD- und Le Pen Wählern die "Ich bin ja kein Nazi aber man kann ja sonst nix mehr wählen"-Erklärung nicht so ganz ab.Und auch nicht den die Erklärung erklärenden Essayisten.

    In ziemlich vielen Ländern (auch GB & F) gibt es Politiker und Parteien, die man sehr wohl als Alternative zum neoliberalen Kurs wählen könnte. Macht halt kaum einer. Und dann heulen'se alle wieder, dass es ja keine Alternativen gibt. Klingen wie alternativlos-Mutti, diese alternativlos-rechtsdrehenden Mutti-hasser.

    Man muss halt schon mal fünf cm über den Tellerrand der INSM-Dauerbeschallung hinwegdenken. Dazu braucht's keinen Doktortitel. Und auch, wenn es schwer ist, gute Lösungen zu finden: Für die Erkenntnis, dass an Hartz IV oder Abstiegsangst nicht schwule Feministinnen mit MiHiGru schuld sind, auch nicht.

    Nicht zuletzt könnte man auch mal selber die Politik machen, die man gerne haben würde, statt aus dem Sessel gegen "die da oben" zu meckern. Hat die AfD ja auch gemacht, als neue (pseudo) "Alternative". Sprich: Man muss keine rechte Sch… wählen, die die Probleme dieser Welt auf HomoperverseAusländerGender schiebt, weil es ja sonst nix anderes an Politik gibt. Die, die das behaupten, haben ja selber bewiesen, dass man die andere Politik die man will, auch selber machen kann. Wenn denen also nichts Besseres als eine auf AusländerSchwuleGender spuckende Partei einfällt.. dann wohl nicht (nur), weil es ja sonst keine Alternativen gibt, sondern weil die genau das wollen. Aber dann bloß nicht "deplorable" nennen, weil sonst müssen die nuuuur deswegen ja wieder ganz doll rechts wählen. Hm.

    Also ick weeß nich Kinners, die Analyse geht ja in ne interessante Richtung, aber da fehlt mir noch was.

    • @kami:

      Stimmt. Da könnte auch stehen: Wählt die Linke. Das würde einen Weg vorwärts zeigen, statt zu behaupten, solche Wege müsste erst gefunden werden.

    • @kami:

      ^Huch, das sollte eigentlich eine Antwort an KABOOM sein. Na gut, zum Artikel passt's ja irgendwie auch.

  • "Wer kann diese in bedrängten Zeiten vorantreiben?

    Durchaus auch ernst gemeinte Antwort: Eliten, die die Weisheit mit Löffeln gefressen haben. Ein zu allen anderen Qualifikationen auch weiser Mensch hätte nach meiner Vorstellung keine Statusverlustängste, überhaupt relativ wenig Ängste. (was zu verlieren usw.)

     

    Haben wir die Kraft dazu?

     

    Kraft für eine Politik, die an alle denkt, würde ich - wäre ich Politiker - beziehen können aus der Bereitschaft , verzichten zu können auf immer mehr , verzichten auf - aus dem wissen und der erfahrung - , dass mir / uns genügen könnte - in unserem Land z. B. - was wir in der 60er Jahren zur Verfügung hatten. Wenn die die heute mehr als das haben, darauf verzichten könnten dann müsste das heutige "Einkommen" doch reichen , sodass tendenziell alle genug haben.

     

    aus der Position des Materiell Genug-Habens könnten sogenannte kulturelle Liberalisierungen vielleicht eher wieder zu einem Bedürfnis werden

     

    Und reicht uns die Zeit dafür überhaupt noch aus?"

     

    Gann ganz schwierig zu sagen, schwierig - für mich - obwohl ich es gerne glauben möchte: "Wunder gibt es immer wieder."

  • Verdammte taz,

     

    nach 17jährigem Studium und dem unzweifelhaften Ruf als Meister der Prokrastination, sitze ich nun als einer der letzten Diplomstudenten Deutschlands endlich an meiner Diplomarbeit und habe noch 5 Wochen Zeit für 80 Seiten... arrrrgh. Nun wollte ich meinem Ruf gerecht werden und anstatt zu schreiben, mich etwas mit der taz zerstreuen. Doch statt Zerstreuung zu finden, lese nun schon der zweite Artikel in Folge, bei dem ich dachte: "oh, da hat wohl jemand Bourdieu gelesen". Statt Zerstreuung fand ich also inhaltliche Vorbereitung auf mein Thema. Danke dafür, das war mir doch glatt 5 Euro wert. Sehr spannender und gelungener Artikel, danke dafür. So, jetzt geh ich mal mit Pierre in´s Bett.

    • @Marcisius:

      Lieber Kollege,

       

      aus Erfahrung kann ich nur raten: Tief einatmen und nen Köpper mittenrein! Tür abschließen, alles Schriftliche, das du nicht brauchst, wegschaffen, und falls nicht unmittelbar benötigt auch das Internet abschalten. Nach dem Aufstehen einfach mal losschreiben, denn im Hirn beginnt sich dann, nach einer Weile, vieles von selbst zu fügen. Und erst Feierabend machen, wenn du zweieinhalb Seiten auf dem Papier hast. Und wenn dich dabei die Verzweiflung übermannt immer daran denken: In fünf Wochen bist du wieder frei!

      Bourdieu kannste auch dann noch in Ruhe fertiglesen. Bis dahin reichen die wichtigsten Passagen, denn die Zeit drängt!

      In dem Sinne: Viel Glück und gutes Gelingen!

      • @Ruhig Blut:

        @RUHIG BLUT

         

        Lieber Mitfühlender,

        um nicht wieder weiter in´s Prokrastinieren abzugleiten, nur kurz soviel:

         

        Vielen Dank!

        Deine Worte haben gerade zum richtigen Zeitpunkt den richtigen Nerv getroffen.

        Solidarität unter Fremden fühlt sich verdammt gut an!

        Internet aus und los geht´s.

         

        Alles Liebe Dir!

  • Whow!

    Über die underline hab ich noch geschmunzelt - aber was ein Riemen!

    Gut lesbar - all soup - Alles was reinkommt - reingehört & klug & umsichtig auf Kette gezogen!

    Chapeau - gern genommen.

    Beckmessern - können gern andere.

    Danke.

  • Immer wieder gibt es bedenkenswerte Aspekte, eine umfassende Analyse mit Änderungsvorschlägen steht aus.

     

    Stichworte im Text sind Entsolidarisierung als Folge der Ellenbogengesellschaft sowie Nutzenmaximierung und Arbeitsverdichtung. Ja, so war das schon immer, grob geschätzt seit 10.000 Jahren.

    Die Währung hierzu: Geld verdienen, nachdem berufliche Spezialisierungen stattgefunden haben; Folge: Je spezialisierter, je mehr Geld kann ich verdienen.

     

    Jetzt sagt Links: Umverteilen.

    Die Vernunft sagt: Verteile ich (blind) um, landet es sowieso wieder bei den Spezialisierten, weil die ihre "Preise" den weniger Spezialisierten diktieren können.

     

    Die aktuelle Agenda hat daher nur einen einzigen Punkt, der steht seit Jahren unbeabeitet da; sowohl von der Seiten Politik, als auch Kapital als auch Arbeitnehmer:

    Wie definieren wir Chancengleichheit? (sozusagen als Menschenrecht)

     

    ......

    Nachfolgend Chancengleichheit gesetzlich fixieren!

    • @Tom Farmer:

      Chancengleichheit wäre viel, aber nicht alles. Und alles kann keine Gesellschaft kein staat keine Elite geben.

       

      ch kann meine Chancen(n) bekommen haben und trotzdem - aus was weiß ich für gründen benachteiligt sein/werden. auch aus eigener schuld. wenn ich dann die schuld bei den anderen suche, kan ich ganauso versucht sein vom starken Mann zu phantasieren der es richten soll ..

       

      REchten und linksradikalen Rattenfängern entgeht nur wer viel weiß und sich - als mensch bildet - wer sich Unabhängikeit im Denken und erkämpft. Philosphieren - über alles nachdenken (auch mit Hilfe von anderen nachdenkern) hilft.

      • @Wolfgang Hanspach:

        "ch kann meine Chancen(n) bekommen haben und trotzdem - aus was weiß ich für gründen benachteiligt sein/werden. auch aus eigener schuld. wenn ich dann die schuld bei den anderen suche, kan ich ganauso versucht sein vom starken Mann zu phantasieren der es richten soll .."

        Das klingt doch nach dem neoliberalem Credo, wie er im Artikel kritisiert wird. Das System fordert dazu auf, bei sich die Schuld zu suchen und sich zu optimieren. Ist das auch Ihre Alternative?

         

        "REchten und linksradikalen Rattenfängern entgeht nur wer viel weiß [...]" Lassen Sie uns an Ihrem Wissen teilhaben?

  • ((Dann gilt spätestens seit der Wahl Donald Trumps)) Der Dachstuhl hat Feuer gefangen, im Keller steht das Wasser – und in der Hofeinfahrt stehen Abrisskräne. Alle schauen entgeistert zu und keiner tut etwas, deshalb muss Superma-- , äh Trump eingreifen.

  • Eine hervorragende Analyse, die viel zu denken gibt. Die Diskussion um in bedingungsloses Grundeinkommen zeigt ein Gegenmodell zum Neoliberalismus und sollte offensiver geführt werden. Wenn etwas nicht mehr als bloße Spinnerei gilt, finden sich auch Wege zur Verwirklichung,

    • @Joba:

      Kann ich beidem nur zustimmen. Analyse sehr klar. Eine Antwort auf die dabei formulierte Diagnose: Grundeinkommen!!

    • 3G
      36855 (Profil gelöscht)
      @Joba:

      Das bedingungslose Grundeinkommen finde ich auch gut.

      Wie wird es aber von Seiten der Arbeitgeber sein, wenn dies kommt?

      Werden die Löhne dann nicht noch mehr "gedeckelt", da der Arbeitnehmer ja schon Geld zum überleben hat?

      Wer soll das Grundeinkommen erhalten? Aufgrund der gravierenden Einkommensunterschiede in Europa und aussserhalb würde dies doch einen Zuzug ohne Gleichen nach sich ziehen oder?

  • Die Analyse ist IMHO im Kern korrekt. Weist aber bezüglich der Ursache einen Fehler auf. Demokratien basieren auf der Möglichkeit des Wählers, subjektiv wahrgenommene Fehlentwicklungen zu korrigieren. Und genau das geht in vielen westlichen Demokratien bezüglich des Neoliberalismus nicht. USA: Gleiche Wirtschaftspolitik, egal ob Demokraten oder Republikaner regieren. GB: Dasselbe. Deutschland: dasselbe etc. pp. Zumindest in Europa ist diese Fehlentwicklung eindeutig zuzuordnen: Ursache ist die Degeneration der Sozialdemokratie. Schröder, Blair, Kok, Zapatero etc. pp. stehen für die Kaperung der Sozialdemokratie dieser Länder durch Neoliberale.

    • @Kaboom:

      Ja. Und in Deutschland ist die Linke ja "nicht verlässlich" oder "nicht wählbar". Und in Griechenland schrecklich: https://youtu.be/Afl9WFGJE0M

       

      (ja, ich weiß, dass Böhmermann das damit nicht sagen will. Er greift aber auf, was viele Politiker aus Varufakis machen wollen)

    • 3G
      36855 (Profil gelöscht)
      @Kaboom:

      Dem ist nichts hinzuzufügen!

  • 1G
    10236 (Profil gelöscht)

    Progressiver Neoliberalismus ist gesellschaftlicher Fortschritt, der allerdings sehr genau drauf achtet, dass die Veränderungen keine allzu großen ökonomischen Umverteilungen zur Folge haben. Viel schlimmer finde ich allerdings, dass bei dem ganzen Gellabere über Chancen, Minderheiten, Gleichheit, gleiche Chancen etc. etc. keiner der progressiven Neoliberalen sich an die 4-jährige Grundschule ranwagt. Die Leiter soll nicht allzu lange unten bleiben.

  • jedenfalls dem zweiten Teil, der Wut auf die "liberale Elite", die den Kleinbürger verachtet, finde ich sehr gut analysiert.

     

    Zum ersten Teil sehe ich einiges etwas anders. Insbesondere was die Vorherrschaft des Marktes betrifft. In Deutschland jedenfalls m.E. ist nicht der Markt das Problem, das die kleinen Leute bedrängt, sondern der überbordende Verwaltungsapparat, der ständig neue Regeln erfindet, für die Überwacher eingestellt und Bußgelder eingetrieben werden. Eine immense Bürokratie, dazu Staatsgelder für viele "Stiftungen" und "halbstaatliche Organisationen", die viele Leute gut ernähren, die mit der vom Autor so genannten "ehrlichen harten Arbeit" nie etwas zu tun hatten.

     

    Es ist genau der Vorteil der Marktwirtschaft gegenüber "staatlich gelenkter Wirtschaft", dass solche Pfründesysteme ineffizient sind und am Markt keine Chance haben. In Deutschland könnte man die Steuer- und Abgabenlast deutlich senken, wenn es nicht zahllose Versorgungsposten in diesem Bereich gäbe, der nicht unmittelbar Verwaltung ist, aber eben von Steuern und Abgaben finanziert wird, aus diversen Haushaltsbereichen.

     

    Der blanke Hohn ist es dann natürlich - um wieder auf den zweiten Teil zurückzukommen - wenn Leute aus diesem Bereich, die ihr abgebrochenes Soziologiestudium über Beziehungen in die Politik in einen sehr lukrativen Posten umwandeln konnten - den "primitiven" Arbeiter verhöhnen, weil er nicht ganz so elitäre Wertvorstellungen hat, sondern sich um die Mietpreise sorgt und ob sein Job demnächst auch nach Rumänien abwandert.

    • @Dr. McSchreck:

      > In Deutschland jedenfalls m.E. ist nicht der Markt das Problem, das die kleinen Leute bedrängt, sondern der überbordende Verwaltungsapparat, der ständig neue Regeln erfindet, für die Überwacher eingestellt und Bußgelder eingetrieben werden.

       

      Welche denn konkret?

       

      Welche Regeln sind so schrecklich?

       

      Außerhalb von Hartz IV: die völlig widersinnigen Regeln dort betreffen nicht direkt Arbeitnehmer, sondern dienen dazu, die Verhandlungsposition der Arbeitnehmer zu untergraben und wurzeln daher im Neoliberalismus.