Erste deutsche Überfliegerin im All: Fit, fähig, frohgemut – und Frau
Diese Woche: Geld für die Raumfahrt und Zölle für Pinguine. Außerdem: Haben Sie bitte keine Angst vor, sondern um kriminelle Jugendliche.
t az: Herr Küppersbusch, was war schlecht vergangene Woche?
Friedrich Küppersbusch: Zölle.
taz: Und was wird besser in dieser?
Küppersbusch: „Was zoll das“ (Groenemeyer).
taz: Laut der Kriminalstatistik 2024 ist die Anzahl der Tatverdächtigen unter Kindern um 11,3 Prozent gestiegen. Müssen wir Angst vor unseren Kindern haben?
Küppersbusch: Nee, um. CDU-Minimalsekretär Linnemann geht schon seit Längerem mit der Forderung um, die Strafmündigkeit von 14 auf zwölf Jahre zu senken. Jetzt neu im Kinderknast: Bernd, das trockene Brot. Der deutliche Anstieg bei harter Gewaltkriminalität mag diese Schreckreaktion erklären, doch dagegen sprechen differenzierte Erklärungsversuche der Polizei: Die Coronageneration habe psychisch gelitten, viele Jungs kämen mit dem aufgeklärten Männerbild nicht klar, zudem hänge es immer mit dem Anzeigeverhalten und dem, was bisher Dunkelfeld war, zusammen. Das sucht nach gesellschaftlichen Ursachen von Kinderkriminalität – wogegen die Nazis von „Tätertypen“ fabelten und 1943 ebenfalls das Strafalter auf zwölf Jahre senkten. Also: Wollen wir Kinder zurückholen oder aussortieren? Aussortierte zurückholen wird komplizierter.
taz: Rabea Rogge, die erste Deutsche im All, wird als Überfliegerin gelobt. Wann müssen erfolgreiche Frauen das nicht mehr sein?
Küppersbusch: Für eine Raummission jemand auszuwählen, die fit, fähig und frohgemut drangeht, klingt nicht so abwegig. Schon 1987 waren eine deutsche Ärztin und eine Olympiaschwimmerin ausgesucht, sie durften dann kompetent zuschauen, wie drei deutsche Männer ins All flogen. Problem: das Geld. Rogge fliegt nun auf Tasche eines chinesischen Milliardärs im Raumschiff eines US-Milliardärs. Deutschland müsste also einfach sattes Geld auf den Tisch legen, um den Frauenflug zu erzwingen; und Friedrich Merz behutsam von seinem Satz: „Wir tun doch auch den Frauen damit keinen Gefallen“ runterhelfen
taz: Die Trump-Zölle betreffen auch zwei Inseln, auf denen nur Pinguine leben. Typisch menschlich?
Küppersbusch: Typisch künstlich. Nämlich KI: Nerds haben die gängigen Chat-KIs befragt, wie man die US-Handelsprobleme lösen könne, und die übereinstimmende Antwort war ungefähr das, was zu Trumps absurden Zahlen führt: Handelsdefizit geteilt durch Exporte minus Rabatt. Der Rest ist ein Verrechnungsfehler mit dem australischen Mutterland der Inseln. Man sieht dabei förmlich Kinder am Computer Welthandel spielen und hütet sich wohlweislich, dem Blödsinn Welpenschutz zu gewähren.
taz: Cory Booker hat 25 Stunden lang gegen Trump angeredet. Wird das die Demokraten motivieren, dem neuen Regime entschlossener entgegenzutreten?
Küppersbusch: Mal halten die Democrats Pappschilder hoch, lassen sich aus dem Parlament werfen oder filibustieren nun also. Hat alles noch was von Maschinensturm, blinder jäher Aktionismus, der in sich an Wirkungslosigkeit zerfällt. Dem rage against the machine folgten historisch Gründungen von Gewerkschaften, die politische Macht errangen. Der demokratische Catweazle Bernie Sanders versucht, gewerkschaftlichen Widerstand gegen die Oligarchenjunta zu organisieren, doch er ist auch in seiner Partei marginalisiert. Die gute Nachricht und die schlechte Nachricht: Der feste Glaube an die checks and balances, mit dem sich viele durch die erste Amtszeit Trumps halfen, ist dahin.
taz: Die dänische Regierung stellt sich deutlich gegen die USA: „Grönland gehört den Grönländern.“ Wird diese Botschaft wirken?
Küppersbusch: Auf die Grönländer am ehesten. Dänemark hat die kleine Bevölkerung lange abwertend behandelt, Frauen dort zwangssterilisiert und Jahrzehnte gebraucht, Reue zu zeigen. Nun hat es den Anhauch des Tragischen – die Bevölkerung wird als autonom anerkannt, damit Trump das schön egal ist und er sie trotzdem einsackt.
taz: 2013 forderte Marine Le Pen „den Verlust des passiven Wahlrechts auf Lebenszeit“ für alle, die im Zuge ihres Mandats Straftaten begangen haben. Ist sie nicht nur rechtsextrem, sondern auch extrem vergesslich?
Küppersbusch: Rechtspopulisten halten nichts für Demokratie, worin sie nicht die Mehrheit haben. So können sie sich einen Dreck scheren um alles, was Demokraten für sinnvolle Regeln halten – weil die in ihren Augen ja keine sind. Es ist eine Art permanenter Tyrannenmordmodus, in dem ihnen aber schon alles erlaubt ist.
taz: Und was macht der RWE?
Küppersbusch: Der DFB ermittelt gegen RWE, weil beim Auswärtsspiel in Verl sexistische Gesänge gegen die Schiedsrichterin gesungen wurden. Man kann auch einfach gar keine Miesheit auslassen.
Fragen: Julia Schöpfer, waam
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