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Erste IG Metall-ChefinWider die Testosteronlastigkeit

Simone Schmollack
Kommentar von Simone Schmollack

Christiane Benner ist die erste Frau an der Spitze der IG Metall. Ihre Wahl zeigt: Um die Organisation zu leiten, braucht es keinen Schwermetallberuf.

Christiane Benner hält die Eröffnungsrede beim 25. Gewerkschaftstag der IG Metall in Frankfurt Foto: Chris Emil Janssen/imago

V or vier Jahren war es ihr nicht vergönnt, doch nun wurde Chris­tiane Benner mit einem sozialistisch zu nennenden Stimmenergebnis von über 96 Prozent zur neuen Chefin der IG Metall gekürt. Das ist zum einen folgerichtig, weil sie, die bisherige Vizevorsitzende, bei der letzten Wahl 2019 nicht an Jörg Hofmann vorbeikam, der aus Altersgründen diesmal nicht mehr kandidierte. Zum anderen ist es überaus begrüßenswert, denn mit der Soziologin steht der mächtigsten und männlichsten Gewerkschaft in Deutschland zum ersten Mal eine Frau vor.

Das wurde auch Zeit. Nicht etwa, weil in diesen schwierigen Zeiten – Rezession, Kriege, schwächelnde Gewerkschaften – gern auf Frauen zurückgegriffen wird, die das übernehmen sollen, was Männer nicht mehr wollen oder können. Auch nicht, weil Gewerkschaften und Frauen in der Historie nicht organisch zusammenfanden: Frauen waren zwar willkommen im Kampf für bessere Arbeitsbedingungen, die Entscheidungen wollten dann aber doch die Männer treffen. Nach 132 Jahren IG-Metall-Geschichte ist es schlichtweg geboten und gerecht, die Testosteronlastigkeit dieser Organisation aufzuweichen – der Frauenanteil beträgt schlappe 20 Prozent. Erfahrungsgemäß ziehen Frauen an der Spitze andere Frauen nach sich.

Und überhaupt: Was können Männer, was nicht auch diese Frau kann? Benner trat 1988 in die IG Metall ein und setzt sich seitdem nicht nur für Ar­beit­neh­me­r:in­nen­rech­te sein, sondern ebenso für einen ökologischen, digitalisierten, geschlechtergerechten Umbau der Industrie. Dazu gehört unter anderem ihr Plädoyer für eine 32-Stunden-Woche sowie für die gleiche Bezahlung von Frauen und Männern, die vergleichbare Jobs haben.

Nun muss sich die neue IG-Metall-Chefin erst noch bewähren. Trotzdem verdeutlicht die Personalie nicht nur Benners Durchhaltevermögen; sie zeigt zudem, dass es keinen Schwermetallberuf braucht, um eine männerdominierte Organisation zu leiten, sondern vielmehr Kommunikationstalent und strategisches Geschick.

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Simone Schmollack
Ressortleiterin Meinung
Ressortleiterin Meinung. Zuvor Ressortleiterin taz.de / Regie, Gender-Redakteurin der taz und stellvertretende Ressortleiterin taz-Inland. Dazwischen Chefredakteurin der Wochenzeitung "Der Freitag". Amtierende Vize-DDR-Meisterin im Rennrodeln der Sportjournalist:innen. Autorin zahlreicher Bücher, zuletzt: "Und er wird es wieder tun" über Partnerschaftsgewalt.
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11 Kommentare

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  • "Was können Männer, was nicht auch diese Frau kann?" - zum Beispiel in einem Schwermetallberuf arbeiten?

  • Wieso ist die Geschlechtsquantenzahl immer noch so von Bedeutung?!?!? Hier wurde eine qualifizierte Person gewählt, Punkt. Ob sie auch fähig ist, muss sie jetzt beweisen. Das Geschlecht ist dabei so wichtig wie die Haarfarbe, die Schuhgröße, die Blutgruppe. Punkt.

  • 20% Frauenanteil bei der IG Metall ist doch ziemlich hoch, wenn man bedenkt, daß der Anteil der in diesem Bereich beschäftigten Frauen so zwischen 5% und 10% rumdümpelt.



    Aber richtig, mit einer Frau wird garantiert allles besser, siehe z.B. Frau Faeser. (Vorsicht, diese Aussage kann Ironie enthalten.)

  • Also, es ist doch eigentlich ziemlich üblich, dass nicht alle Menschen in einer Organisation exakt das gleiche gelernt haben.

    In meiner Firma gibt es auch Grafiker, Entwickler, Marketing, Rechtsabteilung, etc.

    Jeder und jede soll das machen, was ihm oder ihr am besten liegt und als Chefin einer riesigen Gewerkschaft arbeitet sie nicht unbedingt aktiv in der Werkstatt, sondern mit dem großen Ganzen.

    Für strukturelle und übergeordnete Fragen hat eine Soziologin vielleicht bessere Werkzeuge parat, als ein Handwerker.

    • @sk_:

      die vielen Handwerker, die Betriebe gründen und diese leiten, haben wahrscheinlich mehr Erfahrung in strukturellen und übergeordneten Fragen, als die vielen SoziologInnen im Staatsdienst oder in den Verbänden.

  • Das Forum mal wieder entzückend.

    Nörgelnörgelnörgel.

    Ey, Leute: Ihr seid (teilweise?) mit Intelligenz ausgestattet. Ihr könnt das sicher besser?

    Ein paar auch noch am Thema vorbei -- immerhin ist Frau Benner seit 1997 tätig in der IG Metall, seit 2015 Vize.

    Wenn also wer die Bude kennt...

    Ich jedenfalls wünsche Frau Benner den Mut, die Kraft, und die Weitsicht, die so ein Job in diesen Zeiten erfordert und gratuliere ihr von Herzen nicht nur zur Wahl, sondern für die ganze Zeit davor.

  • "Trotzdem verdeutlicht die Personalie nicht nur Benners Durchhaltevermögen, sie zeigt zudem, dass es keinen Schwermetallberuf braucht, um eine männerdominierte Organisation zu leiten, sondern vielmehr Kommunikations- und strategisches Geschick."

    äh, ja, genau wie bei Christine Lambrecht. Die war ja auch wahnsinnig erfolgreich.

    • @Gerald Müller:

      Nein, sondern z.B. wie Daniela Cavallo. Auch hier im Forum leben einige offensichtlich noch in den 60ern.

  • Aufsichtsrätin BMW/Continental (studierte Soziologin) löst Aufsichtsrat Volkswagen/Bosch (studierter Soziologe) ab. Jetzt wird alles ganz anders.

  • "Um die Organisation zu leiten, braucht es keinen Schwermetallberuf"

    na, das kennen wir auch von Männern schon zu Genüge: mit der Tätigkeit der grossen Mehrheit einer Gruppe nicht vertraut zu sein bzw. diese nie ausgeübt zu haben, aber gleichwohl ChefIn sein wollen. Und hier wird das dann flugs zu einem Eignungsausweis.

  • "Trotzdem verdeutlicht die Personalie nicht nur Benners Durchhaltevermögen, sie zeigt zudem, dass es keinen Schwermetallberuf braucht, um eine männerdominierte Organisation zu leiten, sondern vielmehr Kommunikations- und strategisches Geschick."

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    Stimmt, eine Führungskraft muss heute nicht mehr wissen was die ihr unterstellten Menschen so den lieben langen Tag machen. Dann aktiviert sich der Schleudersitz auch schneller und die Belegschaft kann aufatmen.

    Anekdotische Evidenz, in 25 Arbeitsjahren gereift.