Ermittlungen in Baden-Württemberg: Polizei hat Spaß mit Hitler-Bildern

Die Staatsanwaltschaft ermittelt wegen Nazi-Chats unter Polizisten in Baden-Württemberg. Die Polizeigewerkschaft verharmlost den Fall als Spaß.

Die Staatsanwaltschaft Ulm ermittelt derzeit gegen 70 Po­li­zis­t*in­nen wegen rechtsextremer Chats Foto: Imago

KARLSRUHE taz | Es muss nicht immer gleich ein geplanter Staatsstreich sein. Auch in Baden-Württemberg laufen aktuell Ermittlungen gegen Beamte wegen verfassungsfeindlicher Tendenzen. Die Staatsanwaltschaft Ulm ermittelt derzeit gegen 70 Polizeibeamte und Polizeibeamtinnen, die in 13 Chatgruppen unter anderem Hakenkreuze und Hitler-Bilder ausgetauscht haben sollen.

Gegen einen 28-jährigen Polizisten laufen Ermittlungen wegen Volksverhetzung, er soll die Bilder an seine Kolleginnen und Kollegen verschickt haben. Zehn Präsidien und Einrichtungen der Polizei im Südwesten seien bislang betroffen. Es seien auch Entlassungen möglich, sagte ein Sprecher des LKA. Die Behörden beschlagnahmten nach eigenen Angaben die Mobiltelefone der Beschuldigten und prüften dabei etwa 6.000 Chatgruppen.

Bei den Gewerkschaften der Polizei zeigt man sich von diesen Vorgängen unbeeindruckt. Der Landeschef der Deutschen Polizeigewerkschaft, Ralf Kusterer, nannte das Verbreiten der verfassungsfeindlichen Symbole eine „vermeintliche Spaßaktion“, solche Ermittlungen hätten in der Vergangenheit keine Ergebnisse gebracht.

Dafür erfuhr er heftigen Widerspruch von Innenminister Thomas Strobl (CDU): „In der Polizei Baden-Württemberg gilt eine klare Null-Toleranz-Strategie gegenüber jedem Gebrauch eines verfassungsfeindlichen Symbols.“ Auch die baden-württembergische Generalsekretärin der CDU, Isabell Huber, reagierte mit deutlicher Kritik: Das Wort „Spaßaktion“ gehe in diesem Kontext gar nicht. Kusterer erweise „der Polizei mit seiner verharmlosenden Wortwahl einen Bärendienst“.

Doch Kusterer, der sich im gleichen Gespräch immerhin für Ermittlungen ausgesprochen hatte, zeigt sich auch von der bundesweiten Debatte über die Verfassungstreue von Staatsdienern, die angesichts der Reichsbürger-Razzien aufflammt, unberührt. Er sei sicher, dass die Polizei in Baden-Württemberg kein strukturelles Problem mit rechten Tendenzen habe.

2020 gab es ähnliche Vergehen

Belegen kann Kusterer das allerdings nicht, weil der Gewerkschaftsfunktionär erst vor Kurzem maßgeblich dazu beigetragen hatte, dass sich Baden-Württemberg als einziges großes Bundesland nicht an der bundesweiten Studie zur „Motivation, Einstellungen und Gewalt im Alltag von Polizeibeamten“ beteiligt hatte. Sie wurde seinerzeit noch von Innenminister Horst Seehofer (CSU) in Auftrag gegeben.

In der Landesregierung hatte der Boykott für großen Unmut gesorgt. Sowohl Innenminister Strobl als auch Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) hatten die Polizeivertreter dafür scharf kritisiert. Finanzminister Danyal ­Bayaz (Grüne) erinnerte angesichts der aktuellen Ermittlungen noch einmal via Twitter daran: „Es wäre wichtig, dass auch #Polizei BW an der bundesweiten Studie teilnimmt, bei der es u. a. um Rassismus geht.“ Das sei auch im Interesse der allermeisten Beamten, die für eine moderne und tolerante Polizei stünden.

2020 waren in Baden-Württemberg schon einmal Polizeibeamte wegen ähnlicher Vergehen aufgefallen. Sie wurden teilweise aus dem Polizeidienst entlassen.

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