Erlassene Steuern von Privatbank: 47.000.000

Hamburgs Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) hat als Finanzsenator 47 Millionen Euro Steuern liegen gelassen. Dabei gäbe es dafür Verwendung.

Büste einer goldfarbenen Statue mit dem Gesicht von Helmut Schmidt

Goldene Reserve: der Kanzler aus purem Gold Bild: dpa/[M] taz

Guten Hunger! Seit Wochen streitet die Stadt mit den Kantinenbetreibern über den Preis des Schulessens. Alles überflüssig! Von den Tschentscher-Millionen könnte man 65.278 Kindern ein ganzes Schuljahr lang ein warmes, gesundes Schulessen spendieren – zum auch für die Caterer fairen Preis von vier Euro! Da für rund 47.000 Kinder, deren Eltern Sozialleistungen beziehen, sowieso der Bund zahlt, könnte Hamburg nach Berliner Vorbild ein kostenloses Essen für alle Kinder bis einschließlich der 6. Klasse anbieten.

Was auf die Ohren Die Stadt könnte von dem Geld die größten Rockbands der Welt in den Stadtpark einladen – und zwar ein ganzes Jahr lang alle zwei Monate eine! Dazu könnte Hamburg alle städtischen Bediensteten einladen plus alle Mandatsträger aus Landes- und Bezirkspolitik. Die meisten großen Rockbands hatten schon Todesfälle zu verzeichnen? Gut, wie wäre es mit sechsmal Rolling Stones?

Sommernotprogramm Wie lange Obdachlose in Hamburg in Not sind, entscheidet die Sozialbehörde nach dem Kalender. Das Winternotprogramm, das eine Schlafstätte bietet, dauert von 1. November bis zum 31. März. Schon lange fordern Initiativen eine ganzjährige Öffnung, weil der Erfrierungstod nicht die einzige Gefahr ist, die auf der Straße lauert. Bisher kostet das Programm rund drei Millionen Euro. Für eine ganzjährige Öffnung kämen etwa 4,2 Miliionen hinzu. Die 47 Millionen würden dann gut elf Jahre reichen.

Die Stadt könnte sich natürlich auch einfach entschließen, den geschätzt 2.000 Obdachlosen in der Stadt eine Unterbringung in ehemaligen Flüchtlingsunterkünften anzubieten. Die kosten derzeit 587 Euro pro Geflüchteten im Monat. Das Geld würde also für dreieinviertel Jahre reichen – falls alle Obdachlosen das Angebot annehmen.

Oder, noch nachhaltiger: Die Stadt könnte von dem Geld 391 Wohnungen à 40 Quadratmeter für ein Housing-First-Programm bauen, in dem Obdachlose dauerhaft Wohnraum finden könnten – vorausgesetzt, die Stadt bringt dazu Baugrundstücke aus eigenem Besitz ein.

Radwege ohne Ende Rot-Grün hat sein selbst gestecktes Ziel verfehlt, jedes Jahr 50 Kilometer Radweg neu zu bauen. Dabei kostet ein Kilometer lächerliche 200.000 Euro, wenn man mal davon ausgeht, dass der Grund nicht erworben werden muss, sondern den ­Autos abgezwackt wird. Das Tschen­tscher-Geld hätte dann für 235 Kilometer Radweg gereicht – zusätzlich!

Notdurft ohne Not Frauen, die mal in der Elbphilharmonie waren, kennen es: Die Toiletten-Schlangen sind länger als am Ticketschalter. Hier wäre leicht Abhilfe zu schaffen: 20 neue Damentoiletten in jedem Foyer. Das kann eigentlich nicht mehr als fünf Millionen Euro kosten. Aber die Erfahrung lehrt, dass in der Elphi immer alles zehnmal so teuer wird. Also würden die Tschentscher-Millionen gerade eben so reichen.

Falls das aus bautechnischen Gründen nicht geht, könnte man der Elphi aber auch die von den Planern ursprünglich gewünschten Klobürsten spendieren, für 291,97 Euro das Stück. Davon wären 160.975 Exemplare drin. Sollte für die Restlaufzeit der Elphi reichen.

Endlich Anschluss! Die Stadtbahn haben ja mittlerweile selbst die Grünen nur noch als Fernziel im Programm, aktuell tritt nur noch Marcus Weinbergs angegrünte CDU dafür ein. Dabei ist sie konkurrenzlos billig! Für unsere 47 Millionen wären zweieinhalb Tram-Kilometer zu haben! Das reicht schon fast, um etwa Steilshoop an den Barmbeker Bahnhof anzubinden – und so ein über 60 Jahre altes sozialdemokratisches Versprechen einzulösen.

Heja, Telemichel! Vor Jahren schon frohlockten die Hamburger Bundestagsabgeordneten Kruse und Kahrs, sie hätten beim Bund das nötige Geld für die Sanierung des Fernsehturms losgeeist. Nur findet sich kein Betreiber für das rotierende Restaurant in luftiger Höhe – unrentabel sei das, heißt es. Mit den Tschentscher-Milionen wäre das kein Problem. 47 Jahre lang könnte die Stadt einen Gastronomen mit jeweils einer Million Euro im Jahr vor der Pleite bewahren! Und länger hält das Ding eh nicht.

Ein bisschen Frieden Hamburgs Frauenhäuser sind chronisch überlastet. Ein sechstes ist gerade im Bau. Aber was auf die Dauer zu Buche schlägt, ist ja der Betrieb. Eine Übernachtung in Sicherheit kostet inklusive Beratung und Betreuung derzeit knapp 47 Euro. Die Tschentscher-Millionen hätten also für eine Million Übernachtungen gereicht, also über den Daumen für fast 1.000 Frauen und Kinder in drei Jahren.

Der goldene Schmidt Was wäre hanseatischer als ein Helmut-Schmidt-Denkmal – aus purem Gold! Es wird nicht ganz so groß werden können wie der steinerne, eiserne Kanzler an den Landungsbrücken, aber immerhin: Bei gegenwärtigem Goldpreis von 585er Gold könnte der goldene Schmidt 1.640 Kilogramm schwer werden. Dann wären immer noch zwei Millionen für den Sockel und das Künstlerhonorar übrig.

Und das beste: In Zeiten der Not könnte man ihn zum Wohl der Stadt wieder verflüsssigen. Vielleicht kann man den feinen Herrn Olearius von der Warburg-Bank ja dafür gewinnen, das Stück zu stiften? Dann wäre wohl auch die SPD wieder befriedet.

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