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Entspannung an GroßhandelsmärktenHabeck erwartet sinkende Gaspreise

Der Wirtschaftsminister geht für 2023 von fallenden Preisen für Gas auch für Verbraucher aus. Zuletzt füllten sich auch die Speicher wieder.

Als die Gasnot noch größer aussah: Wirtschaftsminister Robert Habeck im Juli 2022 Foto: Kirsten Nijhof/dpa/picture alliance

Berlin dpa | Bürger in Deutschland müssen laut Wirtschaftsminister Robert Habeck noch ein Jahr lang mit hohen Gaspreisen rechnen. „Wann sinken die Preise? Ich hoffe, dass es gegen Ende 2023 schon besser ist, wenn auch nicht auf dem Niveau von 2021“, sagte der Grünen-Politiker der Deutschen Presse-Agentur. „Das Jahr über werden wir höhere Preise noch aushalten müssen.“ Danach werde die Infrastruktur voraussichtlich so weit ausgebaut sein, dass genügend Ersatz für das ausbleibende russische Gas nach Deutschland fließe und sich die Preise von selbst wieder regulierten.

Zuletzt war der Gaspreis an Europas Großhandelsmärkten zwar schon gesunken. Auf die Gasrechnung der Verbraucher hatte das aber noch keine unmittelbaren Auswirkungen, da sich viele Versorger mit langfristigen Verträgen eingedeckt haben. Dennoch sieht Habeck eine positive Entwicklung.

„Die Preise sind seit dem Sommer gesunken, das ist erstaunlich, da wir mitten im Winter sind“, sagte der Wirtschaftsminister. So sei der Gaspreis am sogenannten Spotmarkt vor Weihnachten von 130 auf etwas unter 100 Euro pro Megawattstunde gefallen. „Das ist deutlich zu hoch, gar keine Frage“, betonte er. Aber der Preis sei weniger explodiert, als man befürchtet habe.

Auf dem Spotmarkt wird Gas angeboten, das man heute kauft und morgen bezieht. Bis Mitte 2021 lag der Spotmarkt-Preis in der Regel in der Preisspanne 10 bis 30 Euro. Im Vergleich dazu habe sich der Preis mehr als verdreifacht, räumte der Wirtschaftsminister ein. „Wenn man aber aus dem Sommer 2022 darauf schaut und die hohen Preise von zeitweise über 300 Euro im August in Erinnerung hat, sieht es anders aus.“

Versorgung durch Flüsiggas

Antwort auf die hohen Preise sei zum einen die Gaspreisbremse, die ein gewisses Kontingent an Gas für Verbraucher bis zum Frühjahr 2024 künstlich auf einen Preis von 12 Cent pro Kilowattstunde drückt. Vor allem aber müsse die Infrastruktur weiter ausgebaut werden, betonte Habeck. „Die Preise sind so hoch, weil die Hälfte des Gases, das Deutschland verbraucht, durch Putins Lieferstopp weggebrochen ist, und wir außer den Pipeplines keine Lieferinfrastruktur hatten.“

Schwimmende Terminals für Flüssiggas sollen Abhilfe schaffen. „Wenn wir es schaffen, das in dem jetzt vorgelegten Tempo weiter auszubauen, dann schließen wir Deutschland wieder an den Weltmarkt an“, beteuerte Habeck. „Und dann werden wir auch die Weltmarktpreise bekommen, die deutlich unter dem liegen, was wir jetzt haben.“

Mit Blick auf die Versorgungssicherheit sagte der Grünen-Politiker, er sei der froh, dass die Temperaturen nach eisigen Wochen vor Weihnachten wieder gestiegen seien. „Natürlich geht es mir wie wohl den meisten Menschen im Land: Ich finde Winter schön, wenn er kalt ist“, betonte er. Außerdem mache ihm die zu spürende Klimaerhitzung natürlich Sorgen. „Aber ich will zugeben, dass ich in diesem Jahr durchaus froh bin, wenn es im Winter nicht so knackig kalt wird.“

Gasmangel nicht zu erwarten

Während der Kältewelle Mitte Dezember war der Füllstand der Gasspeicher teils um mehr als einen Prozentpunkt pro Tag gesunken. Zuletzt aber stieg er sogar wieder – wohl wegen der für Dezember milden Witterung. Am ersten Weihnachtstag waren die Speicher nach Daten des europäischen Gasspeicherverband GIE zu mehr als 88 Prozent gefüllt.

Habeck sieht die Versorgung für den aktuellen Winter daher gesichert. Wenn die Speicher Anfang Februar noch zu 40 Prozent gefüllt seien, dann sehe es auch für den Winter 2023/24 gut aus, sagte er. „Wenn die Bedingungen so bleiben, wie sie sind, werden wir keine Gasmangellage bekommen. Damit meine ich jetzt nicht die Wetterlage, sondern die Bereitschaft der Bürger und der Industrie einzusparen, den hohen Speicherstand und die Versorgung über das nichtrussische Ausland.“ Bei einer Gasmangellage müsste etwa die Gasversorgung für Firmen rationiert werden – danach sieht es laut Habeck derzeit aber nicht aus.

Damit zeigt sich der Wirtschaftsminister deutlich optimistischer als viele Bürger. Denn einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts YouGov zufolge rechnet eine große Mehrheit der Deutschen damit, dass Erdgas in diesem oder im nächsten Winter knapp wird. Nicht einmal jeder Dritte glaubt demnach, dass die Gasversorgung über beide Winter hinweg gesichert ist.

Bundesregierung und Bundesnetzagentur appellieren immer wieder an Verbraucher und Wirtschaft, sparsam mit Gas umzugehen, damit der Brennstoff nicht rationiert werden muss. Habeck hat den Eindruck, dass die Bürger gut mitziehen. „Dass wir so dastehen, liegt daran, dass die Deutschen im Herbst Gas gespart haben“, betonte er. „Die Menschen wissen, dass sie ihren Geldbeutel schonen, aber auch die Widerstandskraft des Landes damit hochhalten.“

Eine solche Solidarleistung sei nicht selbstverständlich. „Man verzichtet auf Komfort und auf Luxus in den Büros und auch zu Hause. Das ist in der Konsumgesellschaft, in der wir leben, was völlig Ungewöhnliches. Da kann ich nur Danke sagen“, betonte Habeck.

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7 Kommentare

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  • Es sieht tatsächlich noch deutlich besser aus als erwartet. Der Gasüreis liegt derzeit sogar niedriger als zum letzten Jahreswechsel. (Bis zum Kriegsbeginn fiel der Preis dann aber nochmal)

    Man darf eben nicht vergessen, dass Russland die Gasknappheit von langer Hand vorbereitet und bereits über den letzten Winter die Gaslieferungen merklich reduziert hatte.

    Hätte man die in der Krisenlage katastrophal wirkende Merit-Order-Regelung frühzeitig angepasst, wie von unabhängigen Experten gefordert (aber von den Energieversorger-Lobbys als unmöglich dargestellt), wären die Einflüsse auf die Energiepreise doch deutlich überschaubarer und nur ein Bruchteil an Steuergeld hätte aufgewendet werden müssen.

    • @Co-Bold:

      Leider ist die Strombörse eine europäische. Und wir wissen, das die europäische Einigkeit letztlich an der Einigkeit des Geldes hängt. Solidarität ist dabei nur Mittel zum Zweck.

  • Das tolle an Habeck ist dass er bis jetzt nie etwas hinbekommen oder richtig lag hat …

    1. Gasumlage ….



    2.es wird keine INSOLVENZEN geben….



    3. etc.

    Besser ist es ihm nicht zu glauben….

  • Mit der Inbetriebnahme der LNG Terminals ist der Gas-Drops aus meiner Sicht gelutscht. Anstelle der Spekulation wird so nach und nach der reale LNG Gaspreis hervortreten. Alles Weitere wird sich daran ausrichten.

    Nach jahrelangen einseitigem Zahlen der EEG Umlage trotz Ökotarifen, ist diese Gas-Fürsorge für mich allerdings ein einziges Katzengejammer.

    Daher hoffe ich, das die Fossilen auch endlich mal zu einer vergleichsweisen Solidarität gezwungen werden. Es benötigt aus meiner Sicht bei weitem noch mehr Ansporn zum Wechsel hin zu modernem Energiemanagement. Auch müssen z.B. die Strompreise variabel werden, damit es sich lohnt das persönliche Verhalten an die Begebenheiten anzupassen.

  • Jawohl. Herr Obergasmeister, wenn das Gas wieder sprudelt, ist alles in Ordnung, Hauptsache, IHRE Kundschaft hat nichts zu meckern und wählt mich wieder. Es gibt doch noch reichlich Reiche, die sich höhere Preise auf dem Weltmarkt leisten können. Den Rest regelt die SPD mit dem Bürgergeld und dem Doppelwumms.

  • "Ich hoffe, dass es gegen Ende 2023 schon besser ist, wenn auch nicht auf dem Niveau von 2021"

    Geil, dann können wir wieder verheizen. Juchu!

  • 9G
    95820 (Profil gelöscht)

    Der fliegende Robert – reloaded



    ----



    „Eskapismus, ruft ihr mir zu,



    vorwurfsvoll.



    Was denn sonst, antworte ich,



    bei diesem Sauwetter! -,



    spanne den Regenschirm auf



    und erhebe mich in die Lüfte.



    Von Euch aus gesehen,



    werde ich immer kleiner und kleiner,



    bis ich verschwunden bin.



    Ich hinterlasse nichts weiter



    als eine Legende,



    mit der ihr Neidhammel,



    wenn es draußen stürmt,



    euren Kindern in den Ohren liegt,



    damit sie Euch nicht davonfliegen.



    (Hans Magnus Enzensberger)