piwik no script img

Energieversorger in der KriseUniper beantragt Staatshilfen

Wegen gedrosselter Gaslieferungen war der Versorger in die Krise geraten. Jetzt soll Bund bei Uniper einspringen. Moskau will wieder mehr Gas liefern.

Uniper Gaslager in Bierwang Foto: Andreas Gebert/reuters

Düsseldorf/Moskau rtr/dpa | Der angeschlagene Versorger Uniper setzt in der Gas-Krise auf staatliche Hilfen und einen möglichen Einstieg des Bundes. Uniper habe bei der Bundesregierung einen Antrag auf Stabilisierungsmaßnahmen gestellt, teilte das Unternehmen am Freitag mit. Das Unternehmen will damit auf neue gesetzliche Regelungen zurückgreifen, die eine staatliche Stützung des Versorgers bis hin zum Einstieg ermöglichen. Unipers Vorschlag ziele unter anderem auf eine faire Kostenverteilung, eine Aufstockung der Kreditlinie durch die staatliche Förderbank KfW sowie eine mögliche Beteiligung des Bundes an Uniper ab, hieß es weiter.

Der finnische Uniper-Mehrheitseigner Fortum erklärte, mit der Bundesregierung werde ein Umbau Unipers erörtert, durch die Geschäftstätigkeiten in Deutschland gebündelt und mit dem Bund abgesichert werden könnten. In deutschen Regierungskreisen hieß es, Fortum wolle das verlustträchtige Deutschlandgeschäft übertragen und den Rest des Konzerns weiterführen. Dies müsse man sich sehr genau ansehen.

Uniper ist der größte ausländische Kunde des russischen Gasriesen Gazprom. Durch die stark gestiegenen Gaspreise und die reduzierten Gas-Lieferungen aus Russland war der Versorger unter starken Druck geraten. Das Unternehmen mit rund 11.500 Beschäftigten gehört zudem zu den größten Stromerzeugern in Deutschland. Die Düsseldorfer spielen auch mit ihren Gasspeichern eine wichtige Rolle bei der Absicherung der Versorgung Deutschlands im Winter.

„Als Deutschlands größter Gasimporteur ist Uniper am stärksten von der Drosselung der russischen Gaslieferungen betroffen und steht daher unter e[Link auf Beitrag 5651596 (MS-ID 5862214)] xtremem finanziellen Druck“, erklärte Fortum. Der Konzern stehe auch in Gesprächen mit der Bundesregierung über eine mögliche Stabilisierung Unipers, „um so die Versorgungssicherheit für Gas und Strom in Deutschland zu gewährleisten“.

Russland will Lieferungen wieder hochfahren

Dazu würden mehrere Alternativen mit der Bundesregierung erörtert. „Eine davon ist die Reorganisation der Geschäftsbereiche von Uniper, um so die systemkritischen deutschen Geschäftstätigkeiten zu bündeln und mit der Bundesregierung abzusichern“, hieß es weiter. „Zum jetzigen Zeitpunkt wurden noch keine Entscheidungen über eine mögliche Lösung getroffen“, betonte Fortum.

Gleichzeitig will Russland im Fall einer Rückkehr seiner reparierten Gasturbine aus Kanada die Energielieferungen durch die gedrosselte Ostseepipeline Nord Stream 1 wieder hochfahren. „Wenn die Turbine nach der Reparatur kommt, dann erlaubt das eine Zunahme der Umfänge“, sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow am Freitag der Agentur Interfax zufolge. „Die Frage ist nur, warum das nicht gleich so gemacht wurde.“ Peskow wies einmal mehr zurück, dass Russland sein Gas als politisches Druckmittel einsetze.

Es handele sich nicht um ausgedachte Reparaturarbeiten, sondern um planmäßig angesetzte Instandhaltungen. „Wir weisen voll und ganz jedwede Andeutungen oder direkte Mitteilungen zurück, dass die russische Seite Gas oder Öl als Waffe für einen politischen Druck benutzt“, sagte Peskow. Russland erfülle alle Verpflichtungen gemäß der Verträge. „Und Russland ist vor allem in der Lage, die volle Energiesicherheit Europas zu gewährleisten.“

Insbesondere könne Russland auch garantieren, dass die Verbraucher in den europäischen Ländern nicht ständig steigende Preise für Strom, Wärme und anderes hinnehmen müssten. Der russische Staatskonzern Gazprom hatte die Gaslieferungen durch Nord Stream 1 nach Deutschland zuletzt drastisch reduziert – und das auch mit dem Fehlen einer Turbine begründet. Diese Erklärung hatten deutsche Politiker daraufhin als Vorwand bezeichnet und Russland einen „ökonomischen Angriff“ vorgeworfen.

Russland besteht darauf, dass die vorgeschriebenen Wartungsarbeiten trotz der Sanktionen des Westens wegen Moskaus Angriffskrieg in der Ukraine weiterhin erledigt werden. Die Anlagen werden in Kanada gewartet, das sich an den Sanktionen des Westens beteiligt.

Am 11. Juli beginnen jährliche Wartungsarbeiten von Nord Stream 1, die in der Regel zehn Tage dauern. Die große Sorge ist, dass Russland nach der Wartung den Gashahn nicht wieder aufdreht.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

12 Kommentare

 / 
  • Mit vollem Bauch ist gut Fastenpredigt halten.

    Und wenn es im Winter kalt wird, das Gas ausgeht und die Menschen frieren, dann wird man plötzlich völlig andere Töne zur Sanktionspolitik hören.

    Erst kommt das Fressen, dann kommt die Moral.

  • Kein Problem: Juniper geht Konkurs und alle Bürger bekommen Anteile an Juniper. Juniper wird also kein Staatsbetrieb sondern volkseigene Aktiengesellschaft.



    Und anders als VW ohne komische Sperrminoritäten

    • @Bolzkopf:

      Und dann kauft der Konzern Gas ein und verkauft es zum halben Preis an die Kunden weiter...

      • @Questor:

        Genau - und schmeißt den Aktionären die Rendite in den Rachen ...

  • Kaufen und Energielieferanten verstaatlichen, statt mal wieder Rettungsschirme für die Shareholder aufzuspannen

  • Die BAG Klimagerechtigkeit der LINKEn weist zum Thema "ständig steigende Gaspreise" auf diesen Tweet:

    "LINKE.BAG_Klimagerechtigkeit hat retweetet



    Julien Then



    @JulienThen



    Der Börsenpreis von #Gas ist im letzten Monat um knapp 1/3 gefallen. Er ist damit etwa so hoch wie im Herbst des letzten Jahres. Trotzdem explodieren die Verbraucherpreise. Über die Rolle von Spekulation wird kaum gesprochen. Dafür gibt's Haushaltstipps vom Wirtschaftsminister."



    twitter.com/Julien...wWgoC9gYDdpPIqAAAA

    • @Brot&Rosen:

      DIW Berlin fordert:

      "Den hochfrequenten maschinellen Handel mit Energiederivaten würde eine Finanztransaktionssteuer ziemlich sicher ausbremsen, weil die Handelsgewinne pro Transaktion sehr klein sind. Sie könnten auf null gesenkt und der maschinelle Handel so verhindert werden."



      www.diw.de/de/diw_...te__kommentar.html

  • Energiebetriebe in öffentliche Hand.

    "Großdemonstration



    Enteignen statt Krise



    eine klimagerechte Zukunft aufbauen!



    (...) am



    Samstag, 27.August 2022



    Start um 12 Uhr



    Köln, Hohenzollernring"



    rwe-enteignen.de/demo/



    Dazu rufen auf:



    Fridays for Future, Ende Gelände, Lützerath Lebt und RWE & Co enteignen

  • Warum soll Uniper die die Hartz4 Zahlungen nicht zurückzahlen, so wie die Lufthansa? Weil`s sonst in den folgenden Geschäftsbücher schlechte Bilanzen hagelt?



    Mal sehen, wie unser Lindner darauf reagiert. Jetzt ist er ja "unter der Haube" und vielleicht wird`s dann sparsamer - auch für die Industrie.

  • "Die Frage ist nur, warum das nicht gleich so gemacht wurde."

    Weil Russland aufgrund von Sanktionen,



    die Turbine von Kanada bisher nicht bekam.



    Jetzt fordert Habeck von Kanada die Sanktionen



    zu umgehen und die Turbine erst einmal



    nach Deutschland zu liefern um sie dann



    Russland zu übergeben.



    Die Ukraine drängt Kanada, die fehlende Gas Turbine nicht an Gazprom zu liefern, damit Russland kein Gas nach Deutschland liefern kann.



    www.welt.de/politi...ne-aus-Kanada.html

    Wem schaden die Sanktionen tatsächlich am meisten.Russland hat und sucht sich andere Handelspartner und rückt wirtschaftlich noch enger mit China zusammen.



    Die Auswirkungen der Sanktionen, nicht nur in



    Deutschland.



    In Pakistan gehen die Lichter aus – Europa kauft jeden verfügbaren LNG-TankerEuropas Jagd nach Flüssiggas bedroht die Existenz armer Länder



    finanzmarktwelt.de...lng-tanker-239231/



    In Deutschland wird es wird immer grotesker



    www.swr.de/swraktu...dwigsburg-100.html



    Die Nächsten Winter trifft die harte Realität dann auf kalte Luft.



    Bei Illner sagte Schoolz, auch in Bezug auf die Sanktionen gegen Russland "Ich glaube, dass man immer nur mit einer Unterstützung der Bürgerinnen und Bürger agieren kann",



    Ob diese Unterstützung der Bürger auch noch



    im Winter anhält, stellen viele Menschen



    in Frage, zumindest wenn die Lebensmittel und



    Energiepreise so enorm weiter steigen.



    Die Folgen, wären wohl für viele Bürger nicht



    mehr hinehmbar. Wie sich das dann gesellschaftlich und politisch auswirkt wird sich zeigen.

    • @Bu-Be:

      Kenne ich aus meiner Jugend :



      "Meinen Eltern geschieht's recht, wenn's mich friert!"

  • Wieder einmal das Übliche "Gewinne privatisieren, Verluste verstaatlichen"? Das 1. Quartal in 2022 sieht im Finanzbericht nicht besonders gut aus (-830 Mio. Euro). Im Vergleich dazu das 1. Quartal 2021 jedoch umso besser (+730 Mio Euro). Und für das komplette Jahr strebt man ein EBIT von +1000 Mio Euro an.



    Welches Spiel wird hier also gespielt? Wir brauchen neue, billige Kredite? Es müssen paar schlechte Quartale im Finanzbericht glatt gebügelt werden?



    Entweder übernimmt der Staat das deutsche Gasgeschäft oder man sollte es lassen. Wenn der Laden bankrott ist, kann ihn jemand anders für 1 Euro übernehmen.