Elektroautos mit Solarzellen: Sonne im Tank
Die Firma Sono Motors will E-Autos bauen, die sich über Solarzellen selbst aufladen. Zu schön, um wahr zu sein? Versprechungen und Tücken im Check.
Ein Auto, das nur mit Energie aus eigenen Solarzellen fährt – wie soll das funktionieren?
Es ist eine faszinierende Idee: Mit Solarzellen sammelt ein Auto selbst den Strom ein, den es zum Fahren braucht. In München bastelt das Start-up Sono Motors daran, und das schon seit Jahren. Sion heißt das Auto. Es ist sowohl auf dem Dach als auch an den Seiten mit Solarmodulen vollgepflastert, die sich nahtlos in die Außenhülle einfügen. Sie sollen den Strom produzieren, der den Elektromotor antreibt. Sono Motors spricht großspurig von der „Mobilitäts-Revolution auf vier Rädern“. Doch von dem schwarzen Gefährt gibt es bisher nur wenige Vorführ-Exemplare. Vor allem mit der Finanzierung klappt es immer wieder nicht. Aktuell gibt es wieder eine Crowdfunding-Aktion, weil das Geld ausgegangen war. Ein paar Mal schon schien das Projekt an die Wand zu knallen. Jetzt sollen Käufer nochmals Geld vorstrecken, damit das Auto gebaut werden kann.
Was klappt bei dem Auto technisch noch nicht?
Es ist weiterhin offen, ob das Ökofahrzeug jemals auf den Straßen rollen wird. Mit dem selbst produzierten Strom lassen sich nach Herstellerangaben wöchentlich im Schnitt 112 Kilometer fahren, das sind gerade einmal 16 pro Tag. Energie für weitere Fahrten wird wie bei gewöhnlichen Elektroautos von der Ladestation getankt. Damit das Auto die Kraft der Sonne aufnimmt, muss es im Freien stehen und nicht in einer Garage. Das dürfte für manche Autofahrer schwierig sein, in Großstädten wird die Zahl der Parkplätze kontinuierlich verringert.
Wer steckt hinter der Firma, die das Solarauto baut?
Die Köpfe und Gründer der Firma heißen Laurin Hahn und Jona Christians, sie sind Freunde noch aus Kinderzeiten und typische Vertreter der Start-up-Szene. Hahn ist jetzt 28 Jahre alt, Christians 29. Sie erzählen Medien, sie hätten 2012 in einer Garage die Idee vom Auto mit Solarzellen gehabt. 2016 gründeten sie die Firma. Per Crowdfunding sammelten sie Geld für das Sonnen-Auto, machten sich an die Entwicklung und stellten Prototypen her. Es entstand ein Hype um das Fahrzeug. Mittlerweile hat die Firma 400 Beschäftigte, bei einer Einstellung des Sion-Projekts müsste laut Christians der Großteil entlassen werden.
Wie finanziert sich das Unternehmen?
Die aktuell laufende Crowdfunding-Aktion wurde nun nochmals bis Ende Februar verlängert. Nach eigenen Angaben benötigen sie 105 Millionen Euro, haben aber bisher nur knapp 50 Millionen eingesammelt. Die Leute zahlen mit beliebigen Beiträgen Autos an, die sie später erhalten sollen. Nun wird noch einmal die Werbemaschinerie angekurbelt, es gibt eventartige Präsentationen des Fahrzeugs in verschiedenen Städten. Es erinnert stark an den VW Golf, das deutsche Bürger-Auto schlechthin. Die PR spricht die grün-ökologisch orientierte Familie mit eher hohem Einkommen an. Auf Werbefotos sieht man Vater, Mutter und Kind beim Picknick am See, während der Sion da steht und hoffentlich lädt.
Das Auto wurde schon mehrfach angekündigt, immer wieder gab es dann Verzögerungen und Verteuerungen. Woran liegt das?
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Die Technik ist kompliziert, die Entwicklung teuer. Vieles ging nicht voran wie geplant. Anfangs sollte der Sion 16.000 Euro kosten, jetzt liegt der Grundpreis bei 29.900. Einst wurde der Beginn der Fertigung für Herbst 2019 angekündigt. Dann fehlte wieder Geld, erneut per Crowdfunding sammelte Sono Motors weitere 53 Millionen Euro ein. Ende 2021 ging die Firma an die US-Börse, der Kurs schnellte am ersten Tag auf 38,50 Dollar pro Aktie, das brachte 135 Millionen. Mittlerweile liegt das Papier unter einem Dollar respektive Euro. In einem Statement bekannten die Firmenchefs vor Kurzem offenherzig: „Wir haben es nicht geschafft, den Investoren zu erklären, warum der Sion das Potenzial zum ersten erschwinglichen Solar-Elektroauto der Welt hat.“
Weshalb steigen die großen Autokonzerne nicht ein bei der Entwicklung solarer Elektroautos?
„Sie sind dabei“, sagt Michael Müller-Görnert vom Verkehrsclub Deutschland (VCD), der sich für eine ökologische Verkehrswende einsetzt. Demnach würden Mercedes-Benz und Tesla gegenwärtig an der Integration von Solarzellen in Elektroautos arbeiten. „Das ist sehr anspruchsvoll“, sagt er im Gespräch mit der taz. In den Niederlanden hat sich das Start-up „Lightyear“ jahrelang an einem Auto mit Solardach abgemüht. Als es produktionsfertig war, wurde der Preis mit 250.000 Euro angegeben. Gerade im Januar entschied die Firma, die Herstellung abzublasen. Bis 2025 soll ein neues, günstigeres Modell gebaut werden.
Nach Ansicht von Müller-Görnert werden solche Autos aber über kurz oder lang auf die Straßen kommen. Momentan kann man schon einen E-Hyundai gegen Aufpreis mit Solardach bestücken lassen. „Der Fall Sion zeigt aber, wie schwer es für ein Start-up ist, in dieser Branche Fuß zu fassen“, so der VCD-Mann. „Denn man braucht am Anfang verdammt viel Geld.“ Die Konzerne sind dabei klar im Vorteil. Mit Verbrennerautos machen sie Gewinne, die sie dann in andere Technologien investieren können.
Lösen solare E-Autos und E-Autos allgemein tatsächlich die Umweltprobleme im Verkehr?
Elektroautos, die mit Strom aus erneuerbaren Energien fahren, sind grundsätzlich deutlich weniger klimaschädlich als Fahrzeuge, die mit Benzin oder Diesel angetrieben werden. Dies gilt auch, wenn man nicht nur die Fahrten, sondern die gesamte Palette der benötigten Wertstoffe für die Herstellung der Fahrzeuge betrachtet.
Eines der Probleme am E-Auto-Markt momentan ist allerdings die geringe Auswahl kleinerer und günstigerer Wagen. Große Protz-SUV mit elektrischem Antrieb sieht Michael Müller-Görnert vom Verkehrsclub Deutschland als schädlich an, da sie viel Strom fressen und Platz beanspruchen.
Der Elektromotor ist für Müller-Görnert im Autoverkehr der „Antrieb der Wahl“. Allerdings sagt er auch: „Man sollte nicht alle älteren Autos eins zu eins durch neue E-Wagen ersetzen.“ Die Nachhaltigkeitsziele im Verkehr lassen sich nur mit deutlich weniger Pkws erreichen. Kein Auto ist also immer noch besser als E-Auto. Durch die Konzentration auf Pkws – auch auf E-Autos – geraten andere wichtige Baustellen aus dem Blick: Fahrradfreundlichkeit, Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs oder eine Leihinfrastruktur für geteilte Fahrzeuge in Städten.
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