Einstufung durch Verfassungsschutz: Verdachtsfall AfD
Seit zwei Jahre prüft der Verfassungsschutz, nun will er die Partei offenbar zum rechtsextremen Verdachtsfall erklären. Die kündigte Klagen an.
Bereits vor zwei Jahren hatte das Bundesamt für Verfassungsschutz die AfD als Prüffall eingestuft. Den rechtsextremen „Flügel“ um Björn Höcke und Andreas Kalbitz sowie die AfD-Jugend stufte der Geheimdienst damals bereits als Verdachtsfall ein, eine Stufe höher. Im März 2020 erklärte der Verfassungsschutz den „Flügel“ dann sogar zum vollen Beobachtungsobjekt: Dieser sei eine „erwiesen extremistische Bestrebung“.
Der „Flügel“ löste sich in der Folge offiziell auf. Seine Anhänger um Björn Höcke aber blieben in der AfD weiter aktiv. Lediglich Co-Führer Andreas Kalbitz wurde aus formellen Gründen aus der Partei ausgeschlossen. Die Frage war seitdem: Wie groß ist der Einfluss der Rechtsextremen auf die Gesamtpartei?
Der Verfassungsschutz prüfte das seit der ersten Einstufung 2018 und gab sich dafür zwei Jahre – die nun vorbei sind. Das Bundesamt soll Bundesinnenminister Horst Seehofer nun ein rund 1.000-seitiges Gutachten vorgelegt haben. Darin wird offenbar festgehalten, dass die einstigen „Flügel“-AnhängerInnen weiter prägend in der Partei aktiv seien. Anfang kommender Woche trifft sich der Verfassungsschutz zu einer Amtsleiter-Runde, nach der die Einstufung verkündet werden könnte.
Seit zwei Jahren geprüft
Die AfD hatte ebenfalls vor Monaten eine Arbeitsgruppe gegründet, um eine Beobachtung durch den Verfassungsschutz abzuwehren. Für den Fall einer Einstufung kündigte sie Klagen dagegen an. Parteichef Jörg Meuthen hatte sich auf dem vergangenen Bundesparteitag zudem markig gegen rechtsextreme Töne in seiner Partei ausgesprochen. Ein letztes Ausweichmanöver – vergebens.
Zur Meldung über die nahende Einstufung sagte AfD-Chef Tino Chrupalla der taz: „Wir werden uns, wie wir wiederholt angekündigt haben, juristisch dagegen wehren.“ Auch Parteivize Stephan Brandner betonte: „Das ist alles schon vorbereitet. Wir haben damit ja gerechnet. Der Verfassungsschutz wird im Jahr der Bundestagswahl politisch instrumentalisiert.“ Die Brandenburger AfD geht bereits juristisch gegen ihre Beobachtung vor. Am Dienstag wollte sie ein Organstreitverfahren beim Landesverfassungsgericht und eine Klage vor dem Verwaltungsgericht einreichen. Wie der Landesverband mitteilte, wird auch eine einstweilige Anordnung angestrebt, die dem Brandenburger Innenministerium untersagen soll, dass es über die Einstufung berichtet.
Der Brandenburger Landesverband wird bereits seit vergangenem Juni vom Verfassungsschutz beobachtet. Zuvor hatte bereits der Thüringer Geheimdienst den dortigen Landesverband von Björn Höcke als rechtsextremen Verdachtsfall eingestuft.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Kanzler Olaf Scholz über Bundestagswahl
„Es darf keine Mehrheit von Union und AfD geben“
Weltpolitik in Zeiten von Donald Trump
Schlechte Deals zu machen will gelernt sein
Einführung einer Milliardärssteuer
Lobbyarbeit gegen Steuergerechtigkeit
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
Trump macht Selenskyj für Andauern des Kriegs verantwortlich
Wahlarena und TV-Quadrell
Sind Bürger die besseren Journalisten?
Emotionen und politische Realität
Raus aus dem postfaktischen Regieren!