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Einigung beim HeizungsgesetzEin hoher Preis

Anja Krüger
Kommentar von Anja Krüger

Die Kommunen werden mit dem Kompromiss beim Heizungsgesetz in die Verantwortung genommen – gut so. Das postfossile Heizzeitalter verzögert sich nun aber.

Die Wärmewende ist eine kollektive Aufgabe, keine individuelle Foto: Walter J.Pilsak/Zoonar/imago

D ie Ampelparteien haben bei ihrer Einigung auf das neue Heizungsgesetz eine Kehrtwende vollzogen: Anders als ursprünglich geplant, wird die Last der Wärmewende nicht zuerst auf die Bür­ge­r:in­nen abgewälzt, sondern die Kommunen werden in die Verantwortung genommen. Städte und Gemeinden müssen Konzepte für den Umstieg auf klimaneutrales Heizen vorlegen – und wenn sie das nicht tun, sind die Bür­ge­r:in­nen vor Ort von den Pflichten des neuen Heizungsgesetzes befreit.

Das ist eine wichtige und richtige Änderung. Die Wärmewende ist eine kollektive Aufgabe, keine individuelle. Dass sich Bür­ge­r:i­nnen von den bisher vorgesehenen Regelungen überfordert fühlten, ist nachvollziehbar. Deshalb war auch die Hetzkampagne gegen das Gesetz trotz Fake News und Übertreibungen so erfolgreich.

Bei aller Berechtigung hat die Kehrtwende aber einen hohen Preis: Der Einstieg ins postfossile Heizzeitalter wird sich dadurch an etlichen Stellen verzögern. Das ist sehr bitter. Die vorgesehene Regelung, dass ab 2024 keine Öl- und Gasheizungen in Neubauten eingebaut werden dürfen, gilt faktisch nur noch für Neubaugebiete. Bei Bestandsgebäuden waren die Übergangszeiten ohnehin viel großzügiger, als viele glaubten; jetzt sind sie noch unverbindlicher.

Umso schlimmer, dass sich die FDP in vielen Punkten durchsetzen konnte – vom weiterhin erlaubten Heizen mit Holz bis hin zur Pflege ihrer Wasserstoffmanie. Wasserstoff ist nicht mehr als ein Vorwand, um neue Gasheizungen zu ermöglichen. Immerhin muss künftig, wer eine Gasheizung kaufen will, eine Beratung durchlaufen. Das wird manchen die Augen dafür öffnen, dass andere Lösungen besser fürs Klima und für den Kontostand sind.

Fatal ist, dass die Koalition immer noch keine Antwort auf die Frage hat, wie sie die Wärmewende sozial abfedern will – für Ei­gen­tü­me­r:in­nen mit wenig Geld und für Mieter:innen. Diese soziale Flanke muss schnell geschlossen werden – auch weil sie ein Vorwand für Het­ze­r:in­nen ist, weiter Stimmung gegen das Gesetz zu machen.

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Anja Krüger
Wirtschaftsredakteurin
Buchveröffentlichungen: „Die verlogene Politik. Macht um jeden Preis“ (Knaur Taschenbuch Verlag, 2010), „Die Angstmacher. Wie uns die Versicherungswirtschaft abzockt“ (Lübbe Ehrenwirth, 2012).
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12 Kommentare

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  • Wag the dog, was die FDP da getrieben und die SPD geduldet hat. Leider zu Lasten all dessen, was dieses Land zukumftsfähig gemacht hätte. Der Kompromiss ist eine Schlaftablette für innovative Technik. Meine nächste Wahlentscheidung steht fest.

    • @Tazmahall:

      Die FDP hat zumindest den Irrweg des Habeck-Clan etwas gebremst. Noch ist der Spuk nicht vorbei. Nur eines ist sicher: So rettet Habeck nichts und besonders nicht das Klima. Wie das mit der durch Kinderarbeit gewonnenen Kohle aus Kolumbien, die die russischen Importe ersetzen, gelingen soll, bleibt Habecks Geheimnis. Vielleicht hat er auch hier eine Beratungsfirma mit 60 Millionen € beauftragt. Ist ja nur Staatsknete.

  • Ja, dem stimme ich zu.



    Denkbar wären ja auch Neubaugebiete mit einer Wärmepumpe für Alle, da eh Kabel und Rohre gelegt werden, ist eine "Fern" wärme Lösung denkbar einfach und würde auch noch Wohnraum sparen.



    Das wäre für Örtliche Energieversorger vielleicht der einfache Einstieg in die Technik.



    Abgesehen von Ewiggestrigen, die sich jetzt noch schnell Gas einbauen lassen, denke ich, dass sich eine Mehrheit für nachhaltige und zukunftsfähige Lösungen entscheiden wird. Das sehen manundfrau am Beispiel Photovoltaik : Zuwachsraten seit Jahren , im ersten Quartal diesen Jahres:145%!



    Das sind 159.000 neue Photovoltaik Anlagen auf privaten Dächern!



    Die Menschen möchten also regenerative Energien, auch, wenn das im Moment nicht ganz billig ist.



    Schön wäre es, wenn, wie die Autorin anmahnt, sich auch KleinverdienerInnen mit entsprechender Unterstützung an den Zukunftstechnologien beteiligen könnten.



    Aber grundsätzlich: die Ampel steht auf grün!

    • @Philippo1000:

      Grundsätzlich steht die Ampel auf Chaos und Unvermögen eines Wirtschaftsminister der seine Spezies mit lukrativen Jobs versorgt(e).



      Und gerne gehöre ich zu den Ewiggestrigen die sich nach 32 Jahren Gas-Niedrigtemperaturkessel nun einen sparsamen Gasbrennwertkessel einbauen lassen. Denn eines ist sicher: Der macht unser Haus mit 6 Wohnungen warm, ist sparsam und vor allem sehr günstig. 18.000 € inkl. aller Nebenarbeiten kostet der Einbau, inkl. hydraulischen Abgleich. Eine WP würde die 70 Grad Vorlauf nicht bringen, wäre mit notwendigen Nebenarbeiten bei weit über 80.000 € und es müsste eh der Gasbrennwertkessel als Hybrid dazu gebaut werden. Und Sorge um das Gas mache ich mir keine: Es wurde noch nie soviel in Gas- und Ölförderung investiert wie derzeit. Und wer heute dort Geld investiert, will morgen auch die Produkte verkaufen. Vielleicht werden die auch gebraucht um den nötigen und teuren Strom für die WP und eAutos herzustellen. Es kann ja nicht nur die durch Kinderarbeit abgebaute kolumbianische Kohle in Deutschland verstromt werden. Immerhin wird die durch moderne Schiffe mit Dieselantrieb nach D gekarrt. Was ja wiederum der Erdölindustrie erfreut.

  • Das GEG war und ist an vielen Punkten nicht durchdacht, schlampig, arbeitet mit völlig falschen Zahlen, erhebt die sündhaft teure und wenig effiziente WP zum Allheilmittel. Wer dagegen ist, verbreitet keine Fake News und ist auch kein Hetzer. Sondern diese Menschen können rechnen, sind informiert und fühlen sich von der Politik alleingelassen. Zahlreiche Termine und Gespräche meinerseits bei mehreren Heizungsfirmen, bei Energiebersatern bestätigen das. Kein einziges Gespräch hat mir die WP als wirtschaftlich tragbare Alternative aufgezeigt. Die Vorgaben, dass Städte und Kommunen hier ein Konzept vorlegen, ist richtig und überfällig.

    • @uffbasse:

      Wärmepumpen sind erstens netto sehr günstig zu kaufen, sofern sie überhaupt lieferbar sind weil so viele bestellt werden, und zweitens sind sie viel billiger als Atomkraft und in Zukunft alle fossilen Energieträger.



      Sie können jederzeit viele youtube Videos sehen von den Leuten, die von ihrem Einbau berichten, darunter ein Trio, mit einem Kleinkind, die ihre Wohnung noch nicht in allem gedämmt haben...

      • @Land of plenty:

        Wenn 18 Jahre return-on-investment lt. BMWI lohnend sind: Gnade vor diesem Minister!

      • @Land of plenty:

        Wärmepumpen sind billiger sofern die benötigte Energie ebenfalls billig ist. Das ist sie aber nicht. Jetzt nicht und in Zukunft auf Grund des massiven Mehrbedarfes ebenfalls nicht. Wenn der kw/h-Preis auf unter 10 Cent gefallen ist können wir nochmal gerne über Wärmepumpen reden.

        • @SeppW:

          Richtig, in Schweden kostet der Strom derzeit 8,1 Cent/kWh. In Holland 8 Cent. Da lohnt sogar eine WP mit einem schlechten Wirkungsgrad. Trotzdem heizen die Holländer überwiegend mit Gas, etwa 80% und die Schweden haben das was wir gerne hätten: Nämlich Fernwärme, auch etwa 80%. Nur wir brauchen Unmengen Strom den wir NIE mit erneuerbaren Energien abdecken können. Wir müssten exportieren. Nur so richtig wollen andere Länder nicht. Als Beispiel: Die BASF braucht alleine soviel Strom wie das ganze Land Dänemark. Wo soll denn das herkommen ?

          • @uffbasse:

            Soll natürlich „importieren“ heißen. Aber außer Absichtserklärungen wird hier nichts importiert. Und WP oder Elektroautos ohne erneuerbare Energien bleiben eine Luftnummer. Dem Klima helfen keine guten Absichten, sondern nur reine Fakten. Insofern ist erst einmal der jetzige Strombedarf mit erneuerbaren Energien zu decken, bevor man weiteren Strombedarf weckt ohne den grünen Strom zu haben. Und ob das sinnvoll ist Ackerflächen mit Solaranlagen zuzupflastern sei dahin gestellt. Zumal solche Flächen in der freien Natur auch noch massiv eingezäunt werden (müssen). Dem Regenwurm ist’s egal, dem Feldhasen, dem Wild wohl eher nicht.

      • @Land of plenty:

        Eine Wärmepumpe für unser 6-Parteien-Haus kostet mindestens 60.000 zzgl. weiterer umfangreichen Maßnahmen. Kostenschätzungen gehen von weiteren 300.000 € aus. Und dann besteht immer noch die Gefahr, dass die WP nicht ausreicht, also ein Hybridlösung notwendig ist. Und die WP bei uns nur im Winter mit maximal 2,0 JAZ läuft. Was wirtschaftlich absoluter Unsinn ist. Eine Gasbrennwert Heizung kostet inkl. aller Nebenarbeiten 18.000 € brutto und macht die Wohnungen warm.

      • @Land of plenty:

        Wenn der Strom für die Wärmepumpe aus einem Kohlekraftwerk kommt, ist das trotzdem CO2-mässig eine Nullnummer.