Einbruch bei Neuzulassungen von E-Autos: Viel zu viele Ladesäulen

Zwei Drittel weniger neue E-Autos als im Vormonat: Wegen geringerer Förderung bricht im September die Zahl ein. Jetzt sind zu viele Ladepunkte da.

Ladesäulen für Elektrofahrzeuge.

Zu viele Ladestationen oder zu wenige E-Fahrzeuge? Foto: Robert Michael/dpa

BERLIN taz | Die Anzahl der Elektroautos unter den Neuzulassungen ist im September in Deutschland eingebrochen. Überraschend kommt diese Entwicklung nicht, denn seit vergangenem Monat bekommen nur noch Privatpersonen die staatliche Förderung – die Mehrzahl der neu zugelassenen Autos sind jedoch Geschäftswagen. Mit dieser Entwicklung verschärft sich zugleich ein Phänomen, auf das die Energiewirtschaft bereits im Sommer hingewiesen hatte: Das öffentliche Ladenetz für Elektroautos übertrifft den aktuellen Bedarf inzwischen erheblich.

Die Neuzulassung von reinen E-Fahrzeugen fiel im September auf rund 31.700 – nur noch 14,1 Prozent aller Neuzulassungen. Gemessen am Vormonat, der durch das absehbare Ende der Förderung geprägt war, reduzierte sich der Absatz um fast zwei Drittel. Aber auch im Vergleich zum September 2022 brach der Absatz von E-Autos um fast 30 Prozent ein. Damit erreichen die Neuzulassungen aktuell nur rund ein Fünftel dessen, was nötig wäre, um das Regierungsziel von 15 Millionen Elektroautos 2030 zu erreichen.

Diese Entwicklung trifft auch die Betreiber der Ladeinfrastruktur, die mit ihren Investitionen erheblich in Vorleistung gegangen sind. Bereits im Sommer hatte der Branchenverband der Energiewirtschaft, BDEW, erklärt, es herrsche in Deutschland inzwischen – gemessen an der Zahl der Elektroautos – ein „Überangebot an Lademöglichkeiten“. Statistisch betrachtet fallen nämlich in Deutschland auf jeden Ladepunkt nur 13 reine Elektroautos. Um wirtschaftlich zu sein, bräuchte jede Station ein Vielfaches davon.

Aber die Politik hat den Bedarf an Ladepunkten über Jahre hinweg überschätzt, weil sie den technischen Fortschritt nicht im Blick hatte. Mit der deutlichen Zunahme der Ladeleistungen an den Stationen haben sich die Ladezeiten entsprechend verkürzt. Somit kann jeder Ladepunkt heute viel mehr Fahrzeuge abfertigen als ursprünglich gedacht.

Überangebot an Ladesäulen

Heute geht der BDEW davon aus, dass in Deutschland im Jahr 2030 maximal 250.000 öffentliche Ladepunkte ausreichen. Die EnBW als ein großer Ladesäulenbetreiber spricht gar von nur 130.000 bis 150.000 Hochleistungsladepunkten, die nötig seien, um die angepeilte Anzahl von E-Autos zu versorgen. Jeder dieser Schnellladepunkte könne den Bedarf von 100 E-Autos abdecken. Davon ungerührt hält die Bundesregierung in ihrem „Masterplan Ladeinfrastruktur II“ von Oktober 2022 noch am Ziel fest, bis 2030 eine Million öffentlich zugängliche Ladepunkte zu schaffen.

Würde man diese tatsächlich für die angepeilten 15 Millionen Fahrzeuge aufbauen, hätte man etwa die gleiche Relation von Fahrzeugen und Ladepunkten wie heute. Damit würden auch künftig viele Ladesäulen nicht vollständig genutzt. Der BDEW nennt aktuelle Zahlen, die mitunter erbärmlich sind: Zwischen 3 und maximal 25 Prozent der Zeit seien die Ladepunkte jeweils besetzt, im Durchschnitt 11,6 Prozent des Tages – also etwa 3 Stunden. Nach Branchenschätzungen müssen Schnellladesäulen jedoch zu 15 bis 20 Prozent ausgelastet sein, um wirtschaftlich zu sein. Normalladesäulen dürften aufgrund der deutlich geringeren Investitionskosten auch mit etwas geringeren Zahlen auskommen.

Subventionierung der Ladeinfrastruktur?

Damit ist offenkundig, dass viele Ladestationen heute unwirtschaftlich sind. Zwar drücken sich die Unternehmen um konkrete Aussagen herum, doch die Kennzahlen der Branche sind deutlich: Nach den jüngsten Zahlen der Nationalen Leitstelle Ladeinfrastruktur fanden pro öffentlichem Ladepunkt nur 23 Ladevorgänge im Monat statt – also weniger als einer pro Tag.

Während der BDEW eine Dauersubventionierung der Ladeinfrastruktur ablehnt und betont, diese müssen sich „perspektivisch über ihre Auslastung selbst tragen“, macht sich die Bundesregierung diese marktwirtschaftliche Betrachtungsweise nicht zu eigen. Das Verkehrsministerium benennt in seinem Masterplan die Kommunen noch als „Schlüsselakteure“ beim Ausbau der Ladestationen. Die öffentliche Hand solle dort einspringen, wo sich nicht genug private Investoren finden lassen. Gegen ein solches Ansinnen protestierte bereits der Deutsche Städte- und Gemeindebund: „Städte und Gemeinden sind keine Tankstellenbetreiber.“

Für die Ladesäulenbetreiber müsste nun die Zahl der E-Fahrzeuge rasant wachsen, damit das Geschäftsmodell aufgehen kann. Doch just in diesem Moment stagniert der Markt nach Jahren des Wachstums. Im vergangenen Jahr lag der Anteil der reinen Elektroautos an den Neuzulassungen bei 17,7 Prozent, in den ersten neun Monaten 2023 liegt er mit aktuell 18,1 Prozent kaum darüber. Sollten die nächsten Monate für die E-Fahrzeuge auch so schwach ausfallen wie der September, könnte die Quote des Vorjahres sogar noch unterschritten werden.

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