Ein Kaufhaus für Hamburgs Kreative: Bilder statt Bälle
Gratis? Nur beinahe: Künstler*innen bekommen ein halbes Jahr lang 8.000 Quadratmeter Leerstand in Hamburgs Innenstadt überlassen.
So lange nämlich übernimmt die städtische „Hamburg Kreativ Gesellschaft“ (HKG) das rund 8.000 Quadratmeter große Gebäude und „öffnet es für kreative Zwischennutzungen“. Etliche Kulturinstitutionen, auch Firmen, werden sich im Rahmen des Projekts „Frei_Fläche“ dort einmieten, für die gesamte Dauer oder auch nur einen Teil; sie eröffnen temporäre Ateliers und Ausstellungsflächen, Co-Working-Spaces oder Produktionsorte. Mit im Boot sind unter anderem die Kulturfabrik Kampnagel und im Oktober das Gaming-Festival „Play“. Ganz oben soll unter anderem an sechs Tagen in der Woche ein Pop-up-Café eröffnen, auch sollen dort etwa Lesungen abgehalten werden.
Im Oktober 2020 gingen bei Karstadt Sport die Lichter aus, ebenso in der Galeria-Kaufhof-Filiale schräg gegenüber. Dass aber für das Gebäude – oder das Grundstück – in dieser Lage nicht längst eine neue, lukrative Nutzung gefunden wurde, kann man überraschend finden: Wirklich nur ein Stück die Straße hinunter entsteht derzeit das Wohn- und Geschäftshaus-Ensemble „Johannis-Kontor“ – und dort konnte es den Investierenden, aber auch Teilen der verantwortlichen Politik gar nicht schnell genug gehen mit dem Abriss dessen, was zuvor dort stand.
Lange brach gelegen
Ideen, was zu machen sei an der exponierten Stelle, gab es durchaus welche, immerhin stand gleich nebenan mal ein Naturkundemuseum. Aber passiert ist eben lange wenig bis nichts. Kann sich die Eigentümerin des einst – angeblich – größten Sportartikelkaufhauses in ganz Europa eine Weile Leerstand schlicht leisten? Nun bekommt die R+V Lebensversicherung ja sogar ein wenig Geld: Miete zahlt die HKG keine, aber die Leerstands-, also laufenden Nebenkosten bis zum Jahresende. Den kreativen Mieter*innen werden die Flächen für 1,50 Euro pro Quadratmeter zur Verfügung gestellt; das ist nicht nichts, aber doch sehr wenig für Hamburger Verhältnisse.
„In der Innenstadt ist bisher wenig Kreativwirtschaft erlebbar“, so Katja Wolframm, Immobilienverantwortliche der HKG. Dort nun „zu zeigen, welche Potentiale diese Branche hat, ist ein schönes Angebot für alle Besucherinnen und Besucher und eine Einladung“. Die Mittel kommen aus dem „Fonds für kreative Zwischennutzung“, den der Senat mit rund neun Millionen Euro ausgestattet habe, so Dressel jetzt.
Noch Geld im Topf
Dieser Topf sei nun aber noch längst nicht ausgeschöpft – ein recht deutlicher Wink an Eigentümer*innen, die ihre Flächen derzeit nicht vermietet bekommen: Wer sich auch so eine „kreative Zwischennutzung“ vorstellen kann für Laden oder Lager, dem würde die Stadt dabei unter die Arme greifen.
Nicht zum allerersten Mal ist übrigens nun Kunst zu sehen, wo Karstadt Bälle und Boote verkaufte: So stellte im März 2001 der Schauspieler Volker Lechtenbrink im „Sport- und Spielhaus“ an der Mönckebergstraße aus – Schmuckstücke, Porzellan und Tischdekoration konnten da gekauft werden, die Erlöse gingen ans zwei Jahre später eröffnete Kinder-Hospiz Sternenbrücke.
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