Ein Jahr Hutbürger: Hohn für die Pressefreiheit

Bei einer Pegida-Demo wurde letztes Jahr ein ZDF-Team von der Polizei festgehalten. Das war illegal, doch ein Umdenken hat es nicht gegeben.

Man mit Deutschlandhut und -fahne

Ein Hutbürger wie dieser hetzte bei einer Dresdner Pegida-Demo die Polizei auf ein TV-Team Foto: dpa

Hutbürger aller Länder, vereinigt Euch! Denn es könnte sein, dass ihr mit eurer kruden Auffassung („Sie begehen eine Straftat!“) von den Rechten der Medien bei Demonstrationen und ähnlichen Veranstaltungen auch weiterhin durchkommt.

Wer meinte, die Vorkommnisse bei der Pegida-Demonstration in Dresden vor knapp einem Jahr hätten für ein grundsätzliches Umdenken gesorgt oder für eine intensivere Auseinandersetzung mit der Presse- und Berichterstattungsfreiheit in den Schulungen der Bundespolizei, liegt leider falsch.

Wir erinnern uns: Im August 2018 war bei Pegida ein Demonstrant mit Deutschlandfarben-Hütchen gegen ein ZDF-Kamerateam vorgegangen, das – völlig im Einklang mit Recht und Gesetz – im Rahmen der Demo eben auch ihn, den Teilnehmer, gefilmt hatte. Das Team jedoch wurde von der Polizei rund eine Dreiviertelstunde zur ausführlichen Aufnahme der Personalien festgesetzt.

Das Ganze führte zu Hohn und zu einer peinlichen Entschuldigung des Dresdner Polizeipräsidenten sowie zu warmen, Besserung gelobenden Worten. Und sonst nichts, wie die Antwort der Bundesregierung auf eine schriftliche Anfrage der Linken zeigt.

Schutz von MedienvertreterInnen

Zwar heißt es darin: „Im Rahmen der Ausbildung des Vorbereitungsdienstes für den mittleren Polizeivollzugsdienst in der Bundespolizei (VmPVD) sind 18 Unterrichtseinheiten […] für die Thematik „Polizei und Grundrechte“ vorgesehen. […] Der Schutz von Pressevertreterinnen und Pressevertretern ist hierbei Teil der Unterrichtungen.“

Im Diplomstudiengang für die gehobenen Dienstgrade sind für das Thema „Schutz des kommunikativen Handelns“ immerhin 12 Unterrichtsstunden vorgesehen, die „unter anderem Meinungs- und Informationsfreiheit, Versammlungsfreiheit und Presse-, Rundfunk und Filmfreiheit“ beinhalten.

Dort wird auch der Schutz von MedienvertreterInnen bei Versammlungen thematisiert, „Versammlungen mit extremistischem Hintergrund nehmen hierbei einen größeren Raum ein. […] Im weiteren Verlauf des Studiums werden […] nochmals speziell aktuelle Entwicklungen in der inneren Sicherheit mit einem Zeitrahmen von 24 Unterrichtsstunden thematisiert.“ Und weiter heißt es, die Polizeiausbildung werde regelmäßig evaluiert und „auf aktuelle Schwerpunkte mit einer zeitnahen Einarbeitung in die Lehrinhalte reagiert“.

Fragt sich bloß, wie lange das dauert oder was denn nach Sicht der Zuständigen einen „aktuellen Schwerpunkt“ ausmacht. Denn in der Antwort heißt es auch: „Das Modulhandbuch (gPVB) als auch die Inhalte des Ausbildungsplans (VmPVD) werden regelmäßig evaluiert und bei erforderlichen Bedarf überarbeitet. Seit dem Jahr 2015 erfolgte zu der angefragten Thematik keine Anpassung.“

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2000-2012 Medienredakteur der taz, dann Redakteur bei "ZAPP" (NDR), Leiter des Grimme-Preises, 2016/17 Sprecher der ARD-Vorsitzenden Karola Wille, ab 2018 freier Autor, u.a. beim MDR Medienportal MEDIEN360G. Seit Juni 2023 Leitung des KNA-Mediendienst. Schreibt jede Woche die Medienkolumne "Flimmern und rauschen"

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