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Ebola-Angst im afrikanischen FußballUnter Generalverdacht

Die Ebola-Epidemie führt im afrikanischen Fußball zu großen Verwerfungen. Nationalteams aus Westafrika werden diskriminiert.

Spieler aus der Elfenbeinküste feiern ein Tor gegen die Demokratische Rebublik Kongo in der Cup-Qualifikation am 15. Oktober Bild: reuters

Normalerweise beginnt ja immer ein großes Ringen und Rangeln, wenn die Vergabe großer Fußballturniere ansteht. Das ist beim Afrika-Cup nicht anders. Sieben Länder haben bereits Ansprüche angemeldet, den Kontinentalwettbewerb 2017 auszurichten.

Wenn sich am 2. November im algerischen Algier das Exekutivkomitee des afrikanischen Fußballverbandes Caf trifft, wird womöglich alles anders sein. Beim marokkanischen Verband überlegt man nämlich in diesen Tagen, ob man nicht kurzfristig auf die Gastgeberrolle des Afrika-Cup 2015 (17. Januar bis 8. Februar) verzichten soll.

Die Angst in Marokko, dass man sich mit dem Turnier auch eine Ebola-Epidemie ins Land holt, die derzeit vor allem in Westafrika chaotische Zustände erzeugt, ist groß. Deshalb hatte man zuletzt die Caf gebeten, das Turnier zu verschieben. Man wollte dadurch Zeit gewinnen, um geeignete Maßnahmen zur Abwehr einer Epidemie treffen zu können.

In Südafrika, Ägypten, Algerien und Tunesien, die aufgrund ihrer infrastrukturellen Voraussetzungen als mögliche Ersatzgastgeber gehandelt werden, wird die Angst vor der Krankheit gewiss ebenso groß sein. Eine spätere Terminierung des Turniers hat die Caf aber mit der Begründung abgelehnt: „Seit 1975 ist der Afrika-Cup noch nie verschoben worden. Dabei soll und wird es bleiben.“

Afrika-Cup der Frauen findet statt

Der Arzt der deutschen Nationalmannschaft Prof. Dr. Tim Meyer wies gegenüber dem Fußball-Magazin 11 Freunde darauf hin, dass die Marokkaner sich wohl eher um anreisende Fans als um Spieler sorgen würden. „Ich bin mit dem Ablauf eines Afrika-Cups nicht so vertraut, aber wenn dort wie bei einer EM oder WM aus allen möglichen Ländern Menschen ohne große Kontrollen ins Land strömen, könnte das durchaus zum Problem werden.“

Bei all der Aufregung geht unter, dass die derzeitige Debatte kürzlich erst geführt wurde. Der Afrika-Cup der Frauen, bei dem sich die besten drei Teams für die WM 2015 in Kanada qualifizieren, wird momentan in Namibia ausgespielt. Vier der acht teilnehmenden Teams kommen aus der gefährdeten Region Westafrika: Nigeria, Ghana, Kamerun und der Elfenbeinküste. Versuche, das Turnier zu verschieben, gab es ebenfalls, doch die Caf lehnte dieses Ansinnen im August schon ab.

Maßnahmen wegen der Verbreitung von Ebola hat der Verband aber dennoch getroffen. Die am meisten von der Epidemie betroffenen Länder – Sierra Leone, Liberia und Guinea – dürfen seit August ihre Qualifikationsspiele für den Afrika-Cup nicht mehr zu Hause austragen. Dass Guinea etwa zuletzt seine Heimspiele ausgerechnet in die marokkanische Stadt Casablanca verlegen konnte, ist ein Zeugnis dafür, wie irrational sich derzeit alle Verbände verhalten.

„Ebola“-Rufe beim Training

Es ist eine gewisse Ratlosigkeit spürbar, wie genau die gesundheitliche Gefahrenlage durch Ebola für den internationalen Fußball in Afrika einzuschätzen ist. Dabei gerät die soziale Dimension der derzeitigen Probleme völlig aus dem Blick. Spieler von Sierra Leone berichteten kürzlich der New York Times, wie demütigend und diskriminierend sie bei ihren Auswärtsauftritten behandelt werden.

Vergangene Woche etwa setzte man in Kamerun das Nationalteam von Sierra Leone wegen Beschwerden anderer Gäste vor die Hoteltür. Stattdessen wurde der Tross in einem anderen Hotel untergebracht, in dem ansonsten keine anderen Besucher nächtigten. Bei den Trainingseinheiten wurde die Auswahl mit „Ebola“-Rufen von Zaungästen beschimpft.

„Du fühlst dich erniedrigt wie Müll“, erklärte der Ersatztorhüter John Trye. Bei der Partie gegen die Elfenbeinküste zuvor verweigerten deren Spieler ihnen den Handschlag. Trikots wurden nicht wie sonst üblich ausgetauscht. In der Demokratischen Republik Kongo, berichtete Mittelfeldspieler Michael Lahoud, seien Kinder vor ihm schreiend weggerannt. Über die gesamte Partie hinweg wäre das Team dort von den Zuschauern verhöhnt worden.

Westafrikanische Sportler werden derzeit aufgrund ihrer Herkunft auch andernorts unter Generalverdacht gestellt. Bei der Ringer-Weltmeisterschaft Anfang September in Usbekistan verzichtete man auf medizinische Voruntersuchungen und schloss Sierra Leone, Liberia, Guinea, DR Kongo und Nigeria einfach vom Wettbewerb aus.

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3 Kommentare

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  • Mensch,herr kopp,laden se doch mal die frau wiedemann zu nem heissgetraenk ein!SYNERGIE

  • Es gab Zeiten - noch gar nicht so lange her - da galten 40 Tage Quarantäne als angemessen und im Falle von Infektionskrankheiten allgemein üblich.

    Nach 40 Tagen ist jedes Turnier vorbei, selbst die Olypiade (ja, einzelne wenige Schachweltmeisterschaften haben wegen der vielen Remis auch schon mal länger gedauert, aber sonst...).

    Wäre es Herrn Kopp und der taz lieber, die Ringer-Teams wären nach Usbekistan eingereist und hätten dort in irgendeinem Flughafen-Nebengebäude 40 Tage vor dem Fernseher gesessen, auf dem die WM-Übertragung lief, natürlich auf eigene Kosten?

  • Endlich wacht die Welt auf....... wenn der Fußball bedroht ist, wird die Lage richtig ernst....