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EU und Bosnien-HerzegowinaDurchbruch dank Merkel

Brüssel unterzeichnet ein Assoziierungsabkommen mit Bosnien-Herzegowina. Die deutsche Regierung bringt die Serben dazu, doch noch einzulenken.

Die Titova-Straße in Sarajevo. Jetzt kommen noch mehr Hilfen aus Brüssel Foto: dpa

Split taz Als am Montag das angepasste Stabilisierungs- und Assoziierungsabkommen (SAA) Bosnien und Herzegowinas mit der Europäischen Union endlich unterzeichnet war, durfte man sich vor allem im Kanzleramt in Berlin freuen. Angela Merkel habe die Schlüsselrolle bei der Durchsetzung des Abkommens gespielt, betonte das serbische Mitglied im dreiköpfigen Präsidentschaftsrat Mladen Ivanić.

Ende Juni hatte die Kanzlerin die drei Mitglieder des bosnisch-herzegowinischen Staatspräsidiums in Berlin empfangen und klargestellt, dass Deutschland bei der Annäherung des Landes an die EU weiterhin helfe, wenn die Politiker des Landes zu einem gemeinsamen Standpunkt gelangen könnten.

Doch noch stemmte sich die serbische Seite unter dem Präsidenten der serbischen Teilrepublik in Bosnien und Herzegowina, Milorad Dodik, gegen das Abkommen, das seiner Meinung nach seine Teilrepublik benachteiligen würde. Auf der Balkankonferenz am 4. Juli gelang es der deutschen Diplomatie, die Führung der Republik Serbien für den Kurs Deutschlands zu gewinnen, um ihrerseits Druck auf Dodik auszuüben. Doch der leistete weiter Widerstand. Das Abkommen benachteilige die Bauern der serbischen Teilrepublik, erklärte Dodik.

Die Kanzlerin schickte vergangene Woche Landwirtschaftsminister Christian Schmidt zu einer Stippvisite nach Bosnien und Herzegowina und überzeugte Dodik, indem sich Deutschland bereit erklärte, finanziell in die Bresche zu springen, um die Verluste auszugleichen. Zugesagt wurden Hilfsgelder in Höhe von fast 100 Millionen Euro.

Nach dem Besuch Schmidts war das Eis gebrochen. Mit der deutsch-britischen Initiative von 2014 waren die Weichen für ein Reformpaket zwar schon gestellt worden, doch seither blockierten nicht nur serbische Nationalisten die notwendigen Maßnahmen. Zunächst beinhaltet das Abkommen den Abbau aller ökonomischen Hemmnisse im Lande selbst – Nationalisten behindern im Interesse ihres Machterhalts sogar den internen Warenaustausch. Bosnien verpflichtet sich, alle in der EU üblichen Hygienestandards für landwirtschaftliche Produkte einzuführen, so dass landwirtschaftliche Produkte in die EU exportiert werden können.

Mit dem Abkommen werden in den nächsten Jahren weitere wichtige Reformen umgesetzt werden müssen. In der Öffentlichkeit Bosniens wurde durchaus registriert, dass Deutschland trotz der Krise in der EU die politische Führungsrolle in der Region übernommen hat, um der Bevölkerung Bosniens und Herzegowinas wieder eine politische und wirtschaftliche Per­spektive zu geben. Die Kanzlerin folgte damit auch den Vorschlägen der Parteifreunde und Bosnienkenner Christian Schwarz-Schilling und dem MdB Michael Brand.

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13 Kommentare

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  • "Durchbruch dank Merkel".

     

    Mit 100 Mio Euro Hilfsgeldern aus deutschen Steuermitteln als Dreingabe, hätte ich das vermutlich auch hinbekommen...

  • Es geht um Frieden und Stabilisierung. Die Aufnahme des Westbalkans geschieht erst, nachdem die entsprechenden Voraussetzungen bestehen. ZB dass der Wahlbetrug in Mazedonien und Montenegro aufhört. Was war der Vorteil der Aufnahme Kroatiens in die EU? Es geht durchwegs um eine Stärkung demokratischer Werte. Insofern ist es von Vorteil, dass die Kommisare nicht gewählt werden.

  • Die Stabilisierung in Bosnien-Hercegovina ist ein wichtiger Schritt. Die Aufnahme in die EU ist eigentlich einfach: Man nehme die Geschichte der Slowakei, die einst meilenweit vom EU-Beitritt entfernt schien.

    • @Gabriel Renoir:

      Welchen Vorteil hat die Aufnahme des Protektorates für die Bürger in D?

  • "In der Öffentlichkeit Bosniens wurde durchaus registriert, dass Deutschland trotz der Krise in der EU die politische Führungsrolle in der Region übernommen hat, um der Bevölkerung Bosniens und Herzegowinas wieder eine politische und wirtschaftliche Perspektive zu geben."

     

    Mit dem Blick auf das Schicksal vieler früherer Beitrittskandidaten kann dieser Satz nur sarkastisch gemeint sein.

    • @Urmel:

      Das gleiche habe ich auch gedacht

      • @HerrvonSinope:

        An welche Länder denken Sie? Estland, Lettland, Litauen, Polen, Slowakei, Ungarn, Rumänien, Bulgarien, Malta, Zypern, Spanien, Portugal, Irland, ?

  • "...indem sich Deutschland bereit erklärte, finanziell in die Bresche zu springen, um die Verluste auszugleichen. Zugesagt wurden Hilfsgelder in Höhe von fast 100 Millionen Euro."

     

    Genau das braucht die EU. Ein Land mit einem unmöglichen politischen System, das mit Bestechungsgeldern in die Gemeinschaft geholt wird.

    • @warum_denkt_keiner_nach?:

      Sehen sie, wir überfallen keine Länder, wir kaufen sie. Ich finde es sowas von egal wer noch in die EU aufgenommen wird, die wirtschaftliche Schieflage zwischen den nehmer und Geberländer wird nicht reparabel sein. Bleibt der Schluß?

      • @Durchnittsmensch:

        "Sehen sie, wir überfallen keine Länder, wir kaufen sie."

         

        Ach, wenn es sein muss, helfen wir auch beim Überfallen. Und wenn es nach dem neuen "Weißbuch" geht, werden wir auch bald wieder an der Spitze von Überfällen stehen...

  • An einem Ende der EU ist das erste Land ausgestiegen aber Mutti-Merkel verfolgt weiter Ihren Expansionszug. Am Besten holen wir als nächste Länder den Kosovo und Albanien in die Europäische Gemeinschaft. Das soll uns wohl richtig nach vorne helfen.

    • @Christian_72:

      leichter anflug von ueberheblichkeit?

      • @the real günni:

        wann und ob die EU ich vergrößert steht komplett in den Sternen bzw liegt auch an den Beitrittskandidatn selbst, indem sie die Werte der EU verinnerlichen.