piwik no script img

EU genehmigt Biontech-VakzinKein Wundermittel

Kommentar von Finn Mayer-Kuckuk

Mit der EU-Zulassung des Impfstoffs von Biontech/Pfizer steigt die Hoffnung auf Normalität. Was der Impfstoff bewirken kann und was nicht.

Um den R-Wert unter 1 zu bekommen, müssen sich möglichst viele Menschen impfen lassen Foto: Kale Wilk/ap

M onatelang nährte die Aussicht auf einen Impfstoff die Hoffnung auf Normalität. Jetzt kommt auch in Europa die Zulassung für das Biontech-Produkt – Zeit für eine differenziertere Sicht auf das, was die Immunisierungskampagne bewirken kann.

Der Impfstoff schützt die allermeisten Geimpften vor Krankheit und Tod durch Covid-19. Die neu aufkommende Mutation wird daran vermutlich nichts ändern. Alles spricht dafür, dass der Impfstoff auch gegen Varianten von Sars-CoV-2 wirkt. Er greift den charakteristischen Stachel auf der Oberfläche der Viruskugel an, der sich bei Anpassungen wohl nicht groß verändern wird. Die Nachrichten von einer Mutation sind daher keineswegs Vorboten einer Katastrophe. Ein Virus, das sich an den Menschen anpasst, wird immer mehr wie ein Erkältungserreger: leichter ansteckend, aber weniger tödlich.

Doch werden die Impfungen wohl erst im Lauf eines Jahres ihre Wirkung entfalten. Und mit dem neuen Wirkstoff kommt eine neue Unsicherheit: Verhindert er nur den Ausbruch der Krankheit oder unterbindet er bereits die Infektion? Dazu liegen noch zu wenige Daten vor. Wenn die Geimpften sich anstecken und das Virus weitergeben können, dann ist nur geschützt, wer die Spritzen erhalten hat.

Im Frühjahr und Sommer wird der Impfstoff zudem eine neue, beunruhigende Situation bringen. Wenn die Alten und Anfälligen geschützt sind, dann wird der wirtschaftlich-gesellschaftliche Druck übermächtig werden, den Seuchenschutz wieder zurückzufahren. Kann sich das Virus unter den Ungeimpften dann recht ungehemmt verbreiten, werden bei ihnen auch mehr schwere Verläufe sichtbar werden.

Der Impfstoff wird also keine Wunder bewirken. Aber mit etwas Glück sinkt die Vermehrungszahl R unter 1. Dazu müssen sich allerdings möglichst viele impfen lassen. Und das braucht Zeit: Es wurde zwar noch nie so schnell geimpft, aber Herstellung und Auslieferung brauchen ebenso ihre Zeit wie die sorgfältige Vergabe der empfindlichen Substanz.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

26 Kommentare

 / 
  • Welche Strategie wird eigentlich entwickelt, für den nicht unwahrscheinlichen Fall, dass nächsten Herbst 40, 50 oder 60% der Bevölkerung NICHT geimpft sind?

    Sei es nun aufgrund von persönlicher Entscheidung oder schlicht dem Versagen der Infrastrukturen...

    Die Taktik "Lock-Down und Sterbe-/Impfrate beobachten" lässt für viele Mitbürger einiges zu wünschen übrig und sollte meiner Meinung nach mit praktikablen, gezielten Maßnahmen ergänzt werden.

  • Ja, wie Ethikrat-Mitglied Herr Wolfram Henn (renomierte HumanGenetiker) empfahl:



    Wer sich nicht impfen lässt, darf Intensivbett oder Beatmungsgeräte nicht benutzen...

    • @H B:

      Herr Henn hat dieses Gedankenexperient zur persönlichen Entscheidungsfindung empholen, aber nicht als Leitfaden für die Intensivpraxis.

      Treibt man dieses Gedankenexperiment nämlich weiter, so kommt man schnell zu der Frage, ob die Justiz im Krankenhaus ansässig sein kann.



      Zum einen ist es rein organisatorisch nicht abbildbar, zum anderen kommen dann auch weitere schwierige Fragen auf:

      Gilt die "Empfehlung" auch für Raucher und Diabetes Typ 2 Patienten und Raser nach einem Unfall? Und was ist gar, wenn ein verurteilter Kinderschänder mit Luftnot in die Nortaufnahme kommt?

      Ist das die Richtung in die wir denken möchten?

    • @H B:

      Klingt eher nach Kindergarten-Rat als nach Ethik-Rat!

      Wer hat den renommiert?

    • @H B:

      Könnte man nun auch argumentieren, dass drr Herr nichts im Ethikrat zu suchen hat, wenn er Menschen ob ihrer Unvernunft sterben lassen will.



      Irgendwie platzen langsam echt allen die Latten weg.

  • 0G
    02854 (Profil gelöscht)

    Naja, nur blöd für Impfgegner. Alle anderen sind ja dann hoffentlich geimpft.

    • @02854 (Profil gelöscht):

      Leider gibt es auch eine gar nicht so kleine Zahl an Menschen, die nicht geimpft werden können (wg. Einnahme von Immunsuppressiva, gefährlichen Allergien, etc.). Diese können immer noch schuldlos von Impfverweigerern angesteckt werden.

    • @02854 (Profil gelöscht):

      "Impfgegner" und "die anderen"

      Gibt es vielleicht doch mehr als 2 Menschentypen?



      Denken Sie schwarz-weiß?

      • @Maria Reese:

        @Sehr guter Punkt... Für viele gibt es keine weitere...Alles muss schwarz oder weiß sein...

  • Um für sich selbst eine Risikoabschätzung durchführen zu können, muss man die "absolute Risikoreduktion" der Impfung betrachten.



    www.rwi-essen.de/unstatistik/109/

    • @PS007:

      Sehr interessant. Danke!

    • 4G
      4813 (Profil gelöscht)
      @PS007:

      Menschenversuche, in der alle Geimpften dem Virus ausgesetzt werden, mögen in der Welt der Querdenker möglich sein - in der Realen gottseidank nicht.

      • @4813 (Profil gelöscht):

        Was hat das mit dem Beitrag von PS007 zu tun?

        • @Strolch:

          Das frage ich mich auch.

        • 4G
          4813 (Profil gelöscht)
          @Strolch:

          Sehr viel, denn wenn man kritisch sieht, das: "Angabe bezieht sich auf Anteil an Infizierten, nicht auf Anteil an Geimpften", dann ist die Alternative alle zu infizieren um eine Zahl zur absoluten Risikominimierung zu erhalten. Das ist eine akademische theoretische oder zutiefst inhumane Diskussion. Impstoffe gegen Fleckfieber wurden so getestet.

          PS007 halte ich nach Konsum einer statistisch relevanten Zahl seiner Beiträge hier für einen qualifizierten Corona- Verharmloser.

  • "Unsicherheit: Verhindert er nur den Ausbruch der Krankheit oder unterbindet er bereits die Infektion?"



    Sorry : Es handelt sich um eine aktive Impfung, die eine bestehende Erkrankung ganz sicher NICHT unterbinden kann. Hierzu müsste ein passive Impfung verabreicht werden (Das gabs schon in Italien- Dort wurden die Antikörper Genesener verabreicht)!! Das ist ein WICHTIGER Unterschied. Bereits Erkrankte (egal womit!!) dürfen NICHT geimpft werden. Das ist eine generelle Regel im med. Bereich!!!

    • 4G
      4813 (Profil gelöscht)
      @ophorus:

      Warum sollte man Erkrankte impfen?



      Ihnen ist schon klar, das ein Impfarzt sie vor der Impfung untersucht?



      Wozu die Panikmache?



      Gehen sie doch einfach nicht hin - oder wollen sie schneller drankommen?

    • @ophorus:

      Ja ist ok, jedoch ist die zentrale Frage: Obwohl ich geimpft bin, kann ich, bis mein eigenes Immunsystem die Erreger in den Griff kriegt, ersten: symptomisch (aber meinetwegen unmerklich) erkranken und zweitens: Andere in dieser (symptomlosen) Zeitspannne anstecken.

    • @ophorus:

      Nee, die Frage ist: wird ein Geimpfter zwar infiziert, aber ohne Ausbruch der Krankheit? Doch während der Geimpfte selbst geschützt ist, verbreitet er trotzdem auch noch weiter die Viren.

      Oder verhindert der Impfstoff die Infektion so effektiv, dass der Geimpfte auch selbst niemanden mehr anstecken kann?

      Besser wäre natürlich die zweite Variante.

      • @TurboPorter:

        Es handelt sich um eine COVID19 Impfung: die schuetzt nur vor einer schweren COVID19 Erkrankung.



        Gegen eine SARS-CoV-2 Infektion schuetzt die Impfung nach jetzigem Wissenstand nicht.

    • @ophorus:

      Das war nicht die Frage. Die Frage ist, ob der Impfostoff die Ansteckung verhindert. Zum Verständnis.

      Ein Gesunder wird geimpft. Nach dem Impfschutz besteht, kommt er in Kontakt mit Krankheitserregern. Jetzt stellt sich die Frage, ob er sich infiziert und das Virus verbreiten kann oder ob er sich nicht einmal infiziert und damit auch nicht ansteckend ist.

      • @Strolch:

        Auf der Webseite des RKI steht dazu folgendes:



        "Über welchen Zeitraum eine geimpfte Person vor einer COVID-19 Erkrankung geschützt ist, d.h. wie lange der Impfschutz besteht, kann derzeit noch nicht gesagt werden. Zudem ist noch nicht geklärt, in welchem Maße die Transmission (Erregerübertragung) durch geimpfte Personen verringert oder verhindert wird."



        Stand: 17.12.2020



        Quelle: www.rki.de/SharedD...Impfen/gesamt.html

    • @ophorus:

      Kennen Sie besser als die Presse?

      Die können/werden nie einen Fehler machen...

  • 1G
    17900 (Profil gelöscht)

    Die Freiheit reisen zu können, ist für mich extrem wichtig.



    Von daher, nichts wie her mit dem Impfstoff.

  • Ich werde mich impfen lassen, wenn ich an der Reihe bin...