EU-Minigipfel zu Terrorabwehr: Macron will durchgreifen
Frankreichs Präsident versucht die Mitgliedstaaten auf eine härtere Gangart einzuschwören. Die Außengrenzen müssten besser geschützt werden.
Der Kontext erklärt, weshalb Macron die Partner in dieser Weise drängt: Nach einer Attentatsserie in Frankreich (Paris, Conflans, Nizza) hat der Anschlag in Wien am 2. November verdeutlicht, dass der islamistische Terror bei Weitem kein „französisches“ Problem ist, sondern alle in der EU angeht.
Bei Solidaritätsbotschaften soll es darum nicht bleiben. Koordination heißt für Macron in diesem Bereich, dass die EU bei der Überwachung der Netzwerke, der Daten von Reisepassagieren und bei Grenzkontrollen endlich am selben Strang zieht und mit einstimmiger Entschlossenheit und einheitlichen Regeln der Hasspropaganda im Internet begegnet.
Die dramatische Aktualität der Terroranschläge rechtfertigt es für ihn, zu Eile und mehr Härte zu mahnen. Früher gab es in Frankreich eine goldene Regel, die bei der Ausbildung an der Hochschule Sciences Po, der Kaderschmiede der Politischen Wissenschaften, den zukünftigen Regierungsverantwortlichen eingebläut wurde: „Nie in der Hitze des Gefechts entscheiden!“
Rat vergessen
Natürlich haben diejenigen, die es in Führungspositionen geschafft haben, diesen klugen Rat meistens schnell vergessen. Vor allem, wenn die innere Sicherheit bedroht ist. Dann werden in Frankreich jedes Mal zusätzliche Möglichkeiten der Kontrolle, Verfolgung und Repression auf Kosten der verfassungsrechtlich garantierten Freiheiten in die Gesetzgebung übernommen.
Das Risiko einer Überreaktion, mit der sich der Staat bloß neue Feinde macht, ist reell. Merkel warnte bei der Videokonferenz diesbezüglich alle, die vom Kampf gegen den radikalen Islamismus eine Gerade zu einem „Kulturschock“ oder „Krieg der Zivilisationen“ ziehen möchten. Es gehe nicht um einen „Kampf des Islam gegen das Christentum“, sondern darum, dass ein demokratisches Gesellschaftsmodell sich gegen antidemokratische terroristische Angriffe verteidigen müsse.
Der gemeinsame Kampf gegen den Terrorismus ist für Macron auch ein Anlass, einen neuen Anlauf für die Stärkung und Erneuerung der Gemeinschaft zu nehmen. Über das Vorgehen waren sich die Teilnehmenden an diesem von Frankreich organisierten Minigipfel nicht ganz einig. Merkel und Rutte möchten nicht mehr Kontrollen innerhalb des Schengenraums. Macron argumentierte: „Wir müssen die Außengrenzen schützen, damit wir die Binnengrenzen offen halten können.“
Macron hatte schon am vergangenen Donnerstag anlässlich eines Besuchs der französisch-spanischen Grenze eine „tiefgreifende Reorganisation“ des Freizügigkeitsregeln im Schengenraum gefordert und dabei auch die Verdopplung der Zahl der Beamten an den französischen Grenzen von 2.400 auf 4.800 angekündigt.
Fatale Folgen
Wenn die Asylanträge von Migranten in anderen EU-Staaten abgelehnt würden, kämen diese sehr oft nach Frankreich. Die Schlepper seien aber „immer häufiger mit terroristischen Gruppen“ in Kontakt. Das europäische Asylrecht werde auf diese Weise „oft missbraucht“, indem Gefährder in die EU einreisten, macht Macron geltend.
Ohne das explizit zu sagen, verwies er damit auf das Beispiel des tunesischen Attentäters, der in einem Flüchtlingsboot via Lampedusa nach Nizza gekommen war, um dort in einer Kirche drei Menschen zu töten. Der Link zwischen Terrorismus und Migrationspolitik ist nicht von der Hand zu weisen, kann aber mit vorschnellen pauschalen Antworten auf konkrete Fälle fatale Folgen haben.
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