piwik no script img

EU-HaushaltsentwurfKein gutes Omen für die Natur

Jost Maurin
Kommentar von Jost Maurin

Im neuen EU-Haushalt drohen Rückschritte für die Umwelt: Agrarsubventionen mit wenig Umweltauflagen sind garantiert, Naturschutzprogramme nicht.

Die EU müsste den Bauern mehr für Agrarumweltprogramme zahlen: für mehr Blühstreifen, mehr Vielfalt auf dem Acker, mehr Tierschutz Foto: Julian Stratenschulte/dpa

D er Vorschlag der Europäischen Kommission für den Finanzrahmen der EU von 2028 bis 2034 verheißt nichts Gutes für die Natur. Er ebnet vielmehr den Weg dafür, dass Landwirte noch weniger Rücksicht auf die Umwelt nehmen müssen, um an Agrarsubventionen zu gelangen.

Dabei nutzt die Landwirtschaft beispielsweise in Deutschland rund die Hälfte der Bodenfläche. Sie trägt so maßgeblich dazu bei, dass immer mehr Tier- und Pflanzenarten aussterben und das Grundwasser verschmutzt wird. Laut Umweltbundesamt verursachte die Branche 2023 inklusive der Emissionen aus Böden und Maschinen 14 Prozent der Treibhausgase. Viele Tiere werden unter Bedingungen gehalten, die ethisch bedenklich sind.

Deshalb sollte die EU die Agrarsubventionen stärker nutzen, um eine umweltfreundliche Landwirtschaft zu unterstützen. Dazu müsste Brüssel weniger Geld für die Direktzahlungen ausgeben, die Bauern in erster Linie für den Besitz von Land und weniger für Umweltleistungen erhalten. Mehr müsste die EU den Bauern zahlen zum Beispiel für Agrarumweltprogramme, etwa für mehr Blühstreifen, mehr Vielfalt auf dem Acker oder mehr Tierschutz.

Das Logo der taz: Weißer Schriftzung t a z und weiße Tatze auf rotem Grund.
taz debatte

Die taz ist eine unabhängige, linke und meinungsstarke Tageszeitung. In unseren Kommentaren, Essays und Debattentexten streiten wir seit der Gründung der taz im Jahr 1979. Oft können und wollen wir uns nicht auf eine Meinung einigen. Deshalb finden sich hier teils komplett gegenläufige Positionen – allesamt Teil des sehr breiten, linken Meinungsspektrums.

Doch die Kommission setzt die Prioritäten genau umgekehrt: Für die sinnvollen Umweltprogramme sieht sie kein verbindliches Mindestbudget mehr vor. Aber sie verspricht rund 300 Milliarden Euro für die „Einkommensstützung“ der Landwirte. Das wird wohl darauf hinauslaufen, dass die Umweltprojekte zugunsten der von der Agrarlobby als „einkommenswirksam“ gelobten Direktzahlungen geplündert werden.

Zwar will die Kommission offenbar wieder vorschlagen, die Direktzahlungen pro Hof zu begrenzen. Doch das ist nur ein Ablenkungsmanöver. Denn diesen Vorschlag hat die Behörde schon bei mehreren Reformen unterbreitet – jedes Mal ist er im Rat der Mitglied­staaten gescheitert. Dafür würden Staaten wie Tschechien mit besonders großen Höfen auch dieses Mal sorgen. Und das weiß die Kommission.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Jost Maurin
Redakteur für Wirtschaft und Umwelt
Jahrgang 1974. Er schreibt vor allem zu Ernährungsfragen – etwa über Agrarpolitik, Gentechnik und die Lebensmittelindustrie. Journalistenpreis "Faire Milch" 2024 des Bundesverbands Deutscher Milchviehhalter. 2018, 2017 und 2014 gewann er den Preis "Grüne Reportage" des Verbands Deutscher Agrarjournalisten. 2015 "Bester Zweiter" beim Deutschen Journalistenpreis. 2022 nominiert für den Deutschen Reporter:innen-Preis (Essay "Mein Krieg mit der Waffe"), 2013 für den "Langen Atem". Bevor er zur taz kam, war er Redakteur bei der Nachrichtenagentur Reuters und Volontär bei der Süddeutschen Zeitung.
Mehr zum Thema

13 Kommentare

 / 
  • Zitat: "Er ebnet vielmehr den Weg dafür, dass Landwirte noch weniger Rücksicht auf die Umwelt nehmen müssen, um an Agrarsubventionen zu gelangen"



    Bitte mal etwas konkreter werden. An welcher Stelle müssen Landwirte demnächst weniger Rücksicht auf die Umwelt nehmen



    als heute?



    Es wäre schlecht, wenn es so wäre, aber ich finde keinen Beleg für diese Behauptung.

  • Die mit Gift und fossiler Überdüngung die ökologsichen Lebensgrundlagen für alle Lebewesen inkl.uns zerstörende Agrarindustrie + Lobby müssen nun endlich die direkten Folgekosten der zugrunde gehenden Fischerei in der Ostsee in Rechnung gestellt werden, denn die Braunalgenpest, die die Seegraswiesen erstickt und dann das Leben mit, weil es keinen Sauerstoff mehr gibt, kommt zu einem wesentlichen Teil von der Überdüngung deren Abfluss die Meere überdüngt und die Braunalgen pusht. Die CO2 Folge -Kosten Fossiler Zerstörung sind ebenso einzurechnen in die Kosten von Beton, dann erst setzt sich nachhaltiges Bauen durch. Rechnet endlich Folgekosten ein, was wir schon in den 19 80zigern forderten :jetzt ist es höchste Zeit dafür ! EU Subventionen nurmehr für regenerative & Agrarökologie !! Die Schande von Agrarindustrie Lobbyisten dürften sich nicht mehr Bauern nennen, auch Landwirte nicht. Bauern und Landwirte haben über viele Jahrhunderte u länger viele nachhaltige Bewirtschaftungsweisen gefunden.Erst die Industrialisierungszwänge haben sie der Gift&Fossil Industrie ausgeliefert. Nachhaltige Landwirtschaft würde nicht primär der Niederkonkurrierung von Bauern andrer Kontinente dienen

    • @R.L.:

      Die Industrialisierung der Landwirtschaft hat auch zu verantworten das jetzt die Erde mit 8 Milliarden Menschen extrem überbevölkert ist. Um die Zerstörung der Erde zu verhindern, sollte Dünger und Pflanzenschutz verboten werden. So könnte die Bevölkerung kurzfristig auf 2 Milliarden Menschen verringert werden und somit die Erde gerettet werden.

      • @Martin17:

        👍super Idee, 6 Milliarden Menschen verhungern lassen zum wohle des Planeten. Wem lassen Sie den verhungern ? Prozentual Anteilig Weltweit ?, oder räumen wir ganze Länder gleich komplett ? Wollen Sie die Menschen nur verhungern lassen oder machen wir Weltweit Zwangskastrationen gegen die Vermehrung bis auf ein paar Elitemenschen die den Bestand der Menschheit sichern ? Neben der Landwirtschaft als schuldigen für die "Überbevölkerung" ist auch die Medizin dafür verantwortlich, also auch gleich verbieten, auch Seuchen können (sehr) viele Menschen töten.

  • Das Hauptargument für einen (höheren) Mindestlohn ist immer das Menschen von ihrer Arbeit leben können, gilt das für Landwirte nicht ? Die Berufsgruppe, die mit die Meisten Arbeitsstunden überhaupt leistet, sehr gut ausgebildet ist, wird diffamiert weil es abhängig ist von einem System das nie ein Landwirt haben wollte.



    Landwirte sollen also in der Zukunft weniger erzeugen, dafür mehr (unentgeltlichen) Naturschutz durchführen und dafür weniger Geld erhalten. Ich bewundere alle Landwirte, vor allem die Jungen, die sich vor diesen Karren spannen lassen.

    • @Günter Witte:

      Es würde schon helfen, wenn die Landwirte versuchen würden, die Natur nicht mehr zu zerstören, was dem Umstand entgegenkäme, dass dies auch im eigenen Interesse ist. Im Übrigen würde die Landwirtschaft auch eine ganze Menge Unterstützer in der "normalen" Bevölkerung gewinnen, würden sie nicht stetig ein exaktes "Weiter So" fordern und sämtliche Kritik an der langfristig zerstörerischen Arbeitsweise als "Balkonbiologengewäsch" abtun. Würde der Bauernverband nicht grundsätzlich alles ablehnen, was zum Naturschutz notwendig ist, wäre vermutlich die Unterstützung der Bevölkerung größer und es wäre leichter auch auf ein angemessenes Einkommen für solche Bauern zu drängen, die sich enkeltauglich verhalten.

      • @Axel Donning:

        Der absoluten Mehrheit der (Deutschen) Bevölkerung ist es sch.... egal wie die Lebensmittel erzeugt werden, Hauptsache sie sind billig. Wäre es anders würde die, exorbitant Subventionierte, Bio-Landwirtschaft nicht nur bei 10% Marktanteil herumdümpeln.



        Es sind nicht die Landwirte die von den Zahlungen der EU profitieren, es sind, einzig und alleine, die Verbraucher die dadurch billige Lebensmittel erhalten. Die Ausgleichszahlungen für den Landwirt ist der Urlaub ( oder ein anderer Schnickschnack) für die Verbraucher, weil sie so nicht die realen Preise bezahlen müssen.

  • Es ist beschämend, wie wir mit dem Leben auf unserem Planeten umgehen.

    Offenbar haben Alle (nicht nur in Politik und konventioneller Landwirtschaft) vergessen, was Leben wirklich ausmacht. Dieses beseelte Netz sich ergänzender Lebensformen, aus denen stabile Ökosysteme hervor gehen und unsere Lebens-Grundlagen wie unseren wahren Reichtum begründen.

    Nehmen wir als Beispiel (den nur noch selten verwendeten) Begriff des *Mutterbodens":

    Mutterboden (engl: soil) ist ein eigenes Ökosystem bestehend aus Sand, Mineralien und einer großen Vielfalt aus Mikroorganismen, die zusammen eine art Organismus bilden, der sich selbst stabilisiert und die Grundlage für eine große Vielfalt an Leben(-sformen) erschafft.

    www.3sat.de/gesell...er-mensch-100.html

    Die konventionelle Landwirtschaft macht nun aber aus vormals *lebendigen Mutterböden*..*tote Agrar-Industriekrusten*, die nur noch mit Hilfe von Kunstdünger und Pestiziden "funktionieren".

    ..und wie armseelig ist das denn..?







    Höchste Zeit also..für eine neues Bewustsein...und eine neue Politik..eine die den *Reichtum des Lebens* wieder über *tote Profite* setzt.

  • Die Landwirtschaft wird von vielen Menschen mittlerweile nur noch als invasiv, krank machend und tödlich erlebt.

    Die Lobbys der Bauern als direkte Feinde. So die EU.

    80 Prozent der Vogelwelt in Deutschland vernichtet, vor allem die kleinen Feldvögel. So andere Tiere.

    Der Umgang mit den Tieren absolut furchtbar, die Schlachthöfe Tiefpunkte der Menschheitsgeschichte.

    Immer mehr Natur wird zerstört. Die Wälder öde Plantagen, die Wege darin durch tiefste Treckerspuren nahezu unpassierbar.

    Das Getreide, was angepflanzt wird, geht zu über 50 Prozent ins Tierfutter. Hornlose Kühe, in überfüllten Ställen aneinanderquetscht, sehen zu 90 Prozent niemals im Leben eine Weide. 1,14 Millionen Kühe in Anbindehaltung. 750 Millionen "Nutztiere" im Jahr, die unter grauenhaften Bedingungen gehalten und geschlachtet werden. Wild nicht gerechnet.

    In der Vergangenheit wurde die Landwirtschaft geehrt, sie bedeutete Leben für die Menschen, heute wird sie nur noch als feindlich wahrgenommen, will immer mehr von unserem Land.

    Die Natur gehört uns und nicht den Bauern und ihren unsäglichen Lobbys und Schlachthöfen.

    www.landwirtschaft...ensmittel/getreide

    • @shantivanille:

      "In der Vergangenheit wurde die Landwirtschaft geehrt, sie bedeutete Leben für die Menschen, heute wird sie nur noch als feindlich wahrgenommen, will immer mehr von unserem Land."

      Totaler Quatsch. Landwirtschaftschaft verliert jeden Tag Fläche. Es wird ständig weniger und nicht mehr.

      Auf landwirtschaftlichen Flächen wird Bauland ausgewiesen. Mal hier ein Neubaugebiet, mal dort ein BMW-Werk oder eine Batteriefabrik. Und dann noch eine Autobahn und eine Eisenbahn. Und hier und da ein Windrad.

      Dazu kommt für fast jede Flächenversiegelung als Kompensationsmaßnahme eine Anpflanzung, ein Tümpel etc. auf landwirtschaftlichen Flächen.

      Kleine Grünlandflächen gehen total verloren, weil sie einfach nicht wirtschaftlich zu nutzen sind. Weidetierhaltung braucht Betreuung (Lohn, Mindestlohn) und wird durch den Wolf schwierig. Die Maschinen sind zu groß. Also wird aus den kleinen Weiden einfach Wald gemacht.

      In Deutschland wächst die Waldfläche und es wächst die bebaute Fläche und es wachsen Flächen, die unter Schutz stehen.

      Es schrumpft die landwirtschaftlich genutzte Fläche.

  • Alle tun so, als hätten wir noch einen Planeten B im Kofferraum. Spoiler: haben wir nicht. Oder sie leben nach dem Motto: Hauptsache mir geht es noch gut, alle anderen sind mir egal. Ausbaden dürfen diese Misere dann die nächsten Generationen.

    • @Minelle:

      Ich finde, dass wir eigentlich jetzt schon dabei sind, die Misere auszubaden - nämlich in Form der selten gewordenen Tagfalter, vieler Vogelarten und allerlei anderer Tier- und Pflanzenarten. Unsere Landschaft ist trist und leer, und ich bin überzeugt davon, dass sich das unterschwellig auch auf das Empfinden von Menschen auswirkt, denen das gar nicht bewusst oder einfach schnuppe ist.

      • @Axel Donning:

        Es ist natürlich einfach, sich die Bauern als Sündenbock auszusuchen.

        Allerdings bringt das Vögel und Schmetterlinge nicht zurück.

        Von Professor Werner Kunz gibt es dazu interessante Videos bei YouTube.

        Spoiler: ja, moderne Landwirtschaft ist nicht gut. Naturschutz aber auch nicht. Schmetterlinge brauchen in Mitteleuropa Naturzerstörung.