piwik no script img

EU-Beitritt Albanien und NordmazedonienStreit um Westbalkanländer

Frankreich sperrt sich gegen den Start der Verhandlungen. Bundeskanzlerin Merkel will versuchen, Präsident Macron noch umstimmen.

Nordmazedonien hatte seinen Namen geändert und so eine Beitrittshürde gekippt Foto: dpa

Brüssel taz | Die beiden Westbalkan-Länder Albanien und Nord-Mazedonien müssen weiter auf die versprochene Eintrittskarte zur Europäischen Union warten. Frankreich legte am Dienstag sein Veto gegen die Eröffnung von EU-Beitrittsverhandlungen ein. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) will sich damit nicht abfinden – und auf dem EU-Gipfel am Donnerstag Druck auf Staatschef Emmanuel Macron machen.

Merkel gebe die Hoffnung nicht auf, Macron umstimmen zu können, sagte ein Regierungsvertreter in Berlin. „Das ist kein Thema, was wir unter ferner liefen verhandeln“, fügte er hinzu. Es gehe um eine „entscheidende strategische Frage“ für die EU. Ohne Beitrittsperspektive, so die Sorge, könnten Russland oder China mehr Einfluss auf dem Balkan gewinnen.

Auch die Türkei und die USA werben um die Region, die seit den Balkankriegen nach neuen Perspektiven sucht. Bisher hatte die EU jedoch die Nase vorn. Zuletzt war es ihr gelungen, den uralten Namensstreit zwischen Griechenland und Mazedonien zu lösen.

Weniger Erfolg hatte die EU in Albanien. Das Land hat kein funktionierendes Rechtssystem; das Verfassungsgericht ist derzeit nur mit einer einzigen Richterin besetzt. Auch am Wahlsystem gibt es erhebliche Zweifel. Die Wahlen werden regelmäßig von Manipulationsvorwürfen überschattet.

Massive Vorbehalte in den Niederlanden

Der Beitritt Albaniens ist in der EU alles andere als populär. Massive Vorbehalte gibt es unter anderem in den Niederlanden. Der größte Widerstand kommt allerdings aus Frankreich. Macron begründet sein Veto damit, dass die EU nicht für die Aufnahme neuer Länder gerüstet sei, und der gesamte Beitrittsprozess neu geordnet werden müsse. „Diese Länder werden eines Tages Mitglieder der EU sein, aber es ist zu früh, den rechtlichen Weg zu beschreiten“, sagte ein Vertreter des französischen Präsidenten in Brüssel.

Mit Rücksicht auf Frankreich und die Niederlande war die Entscheidung in Brüssel auf die Zeit nach der Europawahl verschoben worden. Doch auch im neuen Europaparlament stößt die Beitrittsperspektive nicht auf Begeisterung. Albanien erfülle die EU-Kriterien selbst dann nicht, „wenn man beide Augen zudrückt“, kritisierte der CSU-Abgeordnete Markus Ferber.

Für Beitrittsgespräche sei es deshalb definitiv zu früh. Es liege zwar im geopolitischen Interesse der EU, die Balkanstaaten an sich zu binden, so Ferber. Man dürfe jedoch keine falschen Hoffnungen wecken. Demgegenüber werben die Grünen für einen Start der EU-Gespräche.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

3 Kommentare

 / 
  • 0G
    08604 (Profil gelöscht)

    Wovon hat Macron angst, von 2M Bevölkerung Mazedoniens? die haben es ihnen versprochen und er selber hat versprochen dass wenn wir den Namen ändern dass die letzte Bremze nicht mehr bestehen bleibe.. Und wofür,.nur den Grichen entgegenzukommen,.also die ganze EU ist eine Lüge und die Vorsitzende Lügner, wenn von obersten Schichten gelogen wird, warum mussen Mazedonien und Albanien besser sein? Wer kontrolliert Bulgarien und Griechenland ob das Juristische Systwm funktioniert? dort haben die Leute keine Mindestanforderungen von Humanrechte, besonders.die mazedonische Minderheit die seit 1913 erpresst wird, aus meiner Sicht soll die Regierung in Mazedonien erstmal die Stelle für bessere Politiker verlassen und sich nach Russland und Euroasia zu drehen un sein wirtschaftliches Überleben zu gewährleisten

  • Mir tut es für die beiden Länder leid, aber die EU hat schon deutlich zu viele Mitglieder. Jedes weitete Land mehr schwächt die ihnehin mangelnde Geschlossenheit nur weiter. So lange die EU nicht in der Lage ist eine einheitliche Politik zu formulieren und intern durchzusetzen ist die rein territoriale Ausweitung auch ziemlich genau das Gegenteil einer Strategie gegen Russland oder China. Die säßen dann einfach noch mehr in den EU- Beratungen als ohnehin schon. Merkels Argument ist keines und kann eugentlich auch nicht ernst gemeint sein. Weiterhin erscheint dagegen die Neugründung einer Kern- EU als die vernünftigere Strategie.

  • "Macron begründet sein Veto damit, dass die EU nicht für die Aufnahme neuer Länder gerüstet sei, und der gesamte Beitrittsprozess neu geordnet werden müsse."

    Seltener Realitätssinn in Frankreich.

    "Merkel gebe die Hoffnung nicht auf, Macron umstimmen zu können..."

    Politisches Abenteurertum in Berlin.