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Dumme Fragen an kluge FrauenWissenschaftlerin? Quotenfrau!

Der „Spiegel“ interviewt die Virologin Sandra Ciesek. Was dabei und danach geschah, ist ein Paradebeispiel für Sexismus in der Arbeitswelt.

Auf dumme Fragen klug geantwortet: Prof. Dr. Sandra Ciesek Foto: rheinmainfoto/imago

D er Spiegel hat ein Interview veröffentlicht mit Sandra Ciesek, Professorin für Virologie. Das, was darin und danach geschah, war ein Paradebeispiel für Sexismus. Deshalb heute: Die vier Phasen sexistischer Herabwürdigung von Frauen in der Arbeitswelt, Eintrag für ein Lehrbuch der Wirtschaftssoziologie.

Die erste Phase sexistischer Herabwürdigung von Frauen in der Arbeitswelt ist die Herabwürdigung selbst. Voraussetzung dafür ist das Grundprinzip, die Leistung einer Frau zu ignorieren. Qualifikationen, Titel, Erfahrung? Alles geschenkt. Die Frau wird auf ihr Frausein reduziert und dieses mit sexistischen Stereotypen verknüpft. Beispiele: Die Frau wurde befördert? Die hat sich hochgeschlafen! Die Frau hat den Job bekommen? Weil sie hübsch ist! Oder: Die Frau macht jetzt bei einem Podcast mit. „Ihnen ist klar, dass Sie die Quotenfrau sind?“ (Spiegel).

Die vermeintliche Intention: Provozieren, kritisch sein und was wagen, indem geäußert wird, was man heute gar nicht mehr sagen darf. Damit, wer die Herabwürdigung durchführt, sich das selbst glaubt, gilt als Voraussetzung: Negieren, dass das so schon 142.576 Mal gesagt wurde. Weiterhin wird die Frau in eine hierarchische Beziehung zu einem Mann gesetzt: „Sie hingegen gelten als ‚die Neue an Drostens Seite‘“ (Spiegel). Häufig tritt die Herabwürdigung auf, wenn Frauen in Männerdomänen vorstoßen. Wenn neben Virologen auch Virologinnen öffentlich werden. Tatsächliche (unbewusste) Intentionen: Einschüchterung, Aufmerksamkeit, Machterhalt.

Auf die Herabwürdigung folgt: Realisierung und Gegenwehr. Häufig sind die Betroffenen während der Herabwürdigung vor den Kopf gestoßen. In dieser Phase erkennen sie: Ja, das war sexistische Scheiße. In glücklichen Fällen finden sie Verbündete. Die Äußerung der Kritik ist ihre einzige Handlungsoption. Wehren sie allein sich direkt zu Anfang, wird auch das in sexistische Stereotype sortiert („spaßbefreit“, „empfindlich“, „zickig“).

Betroffene immer selbst schuld

Erreicht die Kritik jene, die die Herabwürdigung durchführten, tritt die Reaktion ein, in Form von Ablehnung und Rechtfertigung. Argumentationsmuster: Das sei nicht so gemeint gewesen, man sei falsch verstanden worden. Auch wird auf die vermeintliche Intention verwiesen wie „freche Fragen machen Interviews lebendiger“ (Ressortleiter Olaf Stampf, Spiegel). Außerdem sei die Betroffene selbst schuld, sie hätte früher was sagen können.

Zuletzt kommt es zur „Jetzt-ist-aber-mal-gut“-Phase. Sie wird ausgelöst vom bisher stillem Publikum. Dieses fordert ein Ende von Kritik und Shitstorm. Typischerweise kommt auch dabei eine Umkehr von Verantwortung zur Anwendung: Adressiert wird nicht, wer angefangen hat. Die Schuld zugeschrieben wird der Betroffenen und ihren Unterstützer:innen. Ein atypischer Verlauf ist möglich, wenn es in Phase drei statt zu Abwehr zu Selbstreflexion und Entschuldigung kommt. Dafür allerdings liegen kaum empirische Belege vor.

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Susan Djahangard
Susan Djahangard arbeitet von Hamburg aus als freie Journalistin. Für die taz schreibt sie vor allem die Kolumne "Sie zahlt" über Feminismus, Geld und Wirtschaft.
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35 Kommentare

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  • @Lurkus: Super zusammengefasst, danke!!!!!!!!!!!

  • 1G
    17900 (Profil gelöscht)

    Ich finde die jeweils Besten sollten an der Spitze stehen.



    Dafür ist es egal, ob Mann, Frau oder MarsianerINNEN.



    Dass allerdings Stellenausschreibungen mit "Frauen bevorzugt" oder ähnlichen Formulierungen überhaupt zulässig sind, ist meiner Ansicht nach ein Skandal.



    Drei Männer bewerben sich um den CDU-Vorsitz. Was sagt man dazu?

  • Dass zwei Frauen das Interview geführt haben wäre schön gewesen zu erwähnen. Ich sehe es aber auch so, dass natürlich auch Frauen Geschlechterstereotype reproduzieren, gegenüber Frauen, gegenüber Männern....

    Zu dem Thema "komm mit dem Wort Quotenfrau klar- wenn du die Frauenquote willst".... also ich komme gut mit dem Wort Frauenquote klar- warum ich das Wort Quotenfrau nicht mag?

    Mh, stellt euch vor jemand käme mit der Anfrage: "Sie sind hier also der Quotenausländer?" oder "Sie sind hier also der Quotenbehinderte?" Vielleicht wird der ein oder anderen Person dann etwas klarer, was das für Auswirkungen haben könnte, vielleicht aber auch nicht, weil man seine einmal gefasste Meinung auch einfach nicht so gerne hinterfragt, ne.....

    • @BlackRobin:

      Ja, dieses.

      Schöne Zusammenfassung, Frau Djahangard.

      @NORMALO: Sie ist noch relativ jung aber hat bereits jetzt das Zeug eine der großen internationalen Koryphäen zu werden, allemal besser als Streeck zB. Wenn sie herablassender behandelt wird als Streeck, dann läuft da ja wohl gehörig was schief.

      Siehe auch www.fr.de/meinung/...egel-90073768.html

      • @Ajuga:

        Nuja, ausgerechnet eine Thorwarth-Kolumne als Referenz für eine objektive Beurteilung eines potenziell gleichstellungsrelevanten Sachverhalts heranzuziehen, ist jetzt nicht SOO prickelnd. Aber in dem konkreten Fall Ciesek kann man wohl sagen, dass sie den Stempel fachlich nicht verdient hat (selbst wenn es gar nicht unwahrscheinlich ist, dass die Macher des Podcasts gezielt eine Frau als Pendant zu Drosten wollten).

        Es ging mir mehr darum, dass eine Frau in hervorgehobener Stellung, die das auch ohne Quote verdient erreicht hat, ledier nicht das Phänomen "Quotenfrau" insgesamt vom Tisch fegt. Es wird immer ein G'schmäckle bleiben und die lästige Frage "Quotenfrau?" im Raum stehen, wo die Quote zum Einsatz kommt. Das sollten die Befürworter von Quoten ehrlicherweise anerkennen und sich nicht mit "Ich mag das Wort nicht." wegducken.

    • @BlackRobin:

      Die Unterstellung, das eine bestimmte Frau auf einem bestimmten Posten zwangsläufig eine Quotenfrau sein muss, nur weil es auf der Welt Quoten gibt, kann man natürlich nicht halten. Insofern gehen die Interviewerinnen des Spiegel einen Schritt zu weit - und das sicher mit Absicht.

      Dass dagegen (harte) Frauenquoten auch zwangsläufig das hervorbringen, was man gewöhnlich "Quotenfrauen" nennt, ist logisch absolut zwingend. Insofern sei es Jedem vergönnt, das Wort nicht zu mögen. Aber das Phänomen, das es beschreibt, ist dadurch leider nicht aus der Welt zu schaffen.

  • Was ist denn an “Quotenfrau“ negativ? Das ist doch das Ziel der Frauenquoten.

    • @drafi:

      An dem Begriff "Quotenfrau" ist genau das negativ, was der Grund dafür ist, überhaupt eine Frauenquote einzuführen: Menschen bekommen einen Posten nicht wegen ihrer Fähigkeit/Leistung, sondern wegen ihres Geschlechtes, nämlich weil sie ein Mann sind. "Quotenfrau" tut aber so, als seien die Frauen diejenigen, die die Position eben aufgrund ihres Geschlechts bekämen, vermutet also eine Ungerechtigkeit, wo in Wirklichkeit mehr Gleichbehandlung passiert. Wir bräuchten dringend einen Begriff für die Männer, die normalerweise auf diese Weise übervorteilt werden, um das Problem beim Namen nennen zu können - statt Quotenmann vielleicht Pampermann oder gefütterter Lauch oder so. Oder wir bleiben bei Quotenmann, wenn klar ist, dass damit die 100%-Männerquote gemeint ist, die das Patriarchat eben so anstrebt, wenn man es lässt.

      • @Lurkus:

        Wenn ich das Patriarchat mal auf der Straße treffe, werde ich ihm ordentlich die Meinung geigen (oder weniger durch die Blume: Es hilft nichts, eine ungreifbare Geisteshaltung zu personalisieren, wenn man Prozessen wirklich auf den Grund gehen will "Das Patriarchat" existiert nmicht al sdenkende und handelnde Einheit.).

        Aber zu Ihrem Satz:



        " "Quotenfrau" tut aber so, als seien die Frauen diejenigen, die die Position eben aufgrund ihres Geschlechts bekämen."

        Nein, es tut nicht so. Es meint GANAU DAS, nämlich dass eine Frau eine Stelle bekommt, weil die Quote es verlangt, nicht weil sie die am besten geeignete Person für den Job ist. Die Erkenntnis, dass Frauen im Schnitt Männern in nichts nachstehen, kann eben nicht auf jeden Einzelfall runtergebrochen werden. Konketer: Es gibt NICHT zwangsläufig für jeden Job mindestens eine Frau, die mindestens so gut geeignet ist wie der beste Mann (wie auch umgekehrt).

        Also ja, es gibt sicher Männer, die ihren Job nur haben, weil sie Männer sind und die patriarchalen Strukturen ihres Arbeitsumfeldes eine gleichwertige Förderung von Frauen verhindern. Aber nein, das ist nicht generell der Fall, wo rein zahlenmäßig mehr Männer arbeiten. Und die Situation, dass sich bei eingerichteter Quote drei Männer auf einen Job bewerben aber nur eine Frau, dann aber mindestens zwei dieser Männer automatisch in die Röhre schauen, EGAL wie gut geeignet sie sind, während die Frau (ebenfalls eignungsunabhängig) eine Erfolgsgarantie hat, ist nicht so unrealistisch, wie gerne suggeriert wird. Sie passiert z. B. regelmäßig bei der Auswahl von Doppelspitzen bei den Grünen.

        Der Begriff "Quotenfrau" spukt also zurecht immer da herum, wo der Primat der Gleichstellung die Qualitätsfrage aushebelt. Und es wäre schlicht gelogen zu behaupten, dass das nirgends passiert oder dass es durch Frauendiskriminierung der Vergangenheit zu rechtfertigen wäre.

  • Wenn man für Frauenquoten ist, darf man eigentlich nichts gegen die Bezeichnung Quotenfrauen haben. Wo es Frauenquoten gibt, gibt es zwangsläufig Quotenfrauen und auch immer den Verdacht, dass die Frau dort wegen der Quote an der Position ist und nicht wegen der Leistung, Es ist ziemlich sicher, dass der NDR eine Frau haben wollte als weiteren Virus-Experten, was ja auch ok ist, da sie ja offensichtlich auch eine Koriphäe ist. Im Interview war das ja auch ironisch gemeint. Muss man nicht witzig finden aber auch nicht so todernst nehmen. Alte weisse Männer müssen sich ja auch immer mehr rechtfertigen, alt und weiss und dann auch noch in hohen Positionen (aber das sind die wenigsten) zu sein.

    • @Brunikowski:

      Nein man. Wo es Frauenquoten gibt, ist die Wahrscheinlichkeit geringer dass es Quotenmänner gibt, das heißt, Männer, die ihre Position nicht aufgrund von Leistung sondern aufgrund ihres Geschlechts bekommen haben. Das ist doch der whole point des ganzen, man würde doch nicht zu dieser Maßnahme greifen, wenn es keinen Grund dafür gäbe. Surprise: der Grund ist ungerechtfertigte Ungleichbehandlung.

      • @Lurkus:

        Eben. In einem System das Frauen diskriminiert, werden zwangsläufig mehr inkompetente(re) Männer in Schlüsselpositionen sitzen. Mehr INKOMPETENTE. Ob das Männer sind oder Frauen ist was die Inkompetenz angeht scheißegal, aber Männer sind im Schnitt so kompetent oder inkompetent wie Frauen, und somit muss die Gesamtkompetenz sinken, wenn man der Hälfte der Kompetenten höhere Hürden auferlegt.

      • @Lurkus:

        Männer bekommen eher selten eine Position aufgrund ihres Geschlechtes. Seltener als Frau. Der Vorwurf, Erfolg weil richtiges Geschlecht, trifft für den einzelnen erfolgreichen Mann nicht zu, aber für die einzelne erfolgreiche Frau durchaus. Wenn man immer alle Männer und alle Frauen betrachtet, ist es umgekehrt. Aber hier war ja die Rede von einer einzelnen Frau ...

  • Ich zucke, als alter, weisser Mann bei so etwas immer zusammen (wenn ich es merke!) und frage mich dann, wann ich es überall nicht merke.

    Und wieviel ich von dem ganzen Mist mit mir noch herumtrage. Manchmal fällt's auf, dann tut's weh.

    • @tomás zerolo:

      Mir geht immer das Herz auf, wenn jemand die eigene Position objektiv erfassen kann. Es geht ja nicht darum, dass alte weiße heterosexuelle Männer schlecht seien, sondern, dass sie als Standard gelten und Abweichungen mit jovialer Verachtung oder mit direktem Gewalteinsatz bestraft werden.

      Ich hatte als durchschnittlich großer Mann die längste Zeit Vorurteile gegenüber Frauen und ihrer Angst vor aus meiner Sicht unrealistischer Gewalt durch übergriffige Männer. Irgendwann wurde mir dann klar, dass sich natürlich die wenigsten Gewalttäter mit mir anlegen und dass eine 1,60m-Frau beim nächtlichen Joggen im Park viel gefährlicher lebt als ich.

      Dann denke ich zurück, wie oft ich dummgeschwätzt haben muss und anderen ihre Probleme abgesprochen habe, weil sie auf mich nicht zutrafen. Auf dem Papier passt immer alles und theoretisch haben Frauen ja gleiche Chancen und es darf auch keiner wegen seiner Hautfarbe kritisiert werden, daher ist es schwer die Perspektive eines Benachteiligten nachzuvollziehen, wenn man nicht selber das Ende des Rohrstocks abbekommen hat.

      Es ist immer nur wichtig, das zu verstehen und die eigene Position im Kontext des Gesamtproblems zu erfassen. Man versteht Erderwärmung nicht, wenns vor Ort kalt ist. Man versteht Arbeitslosigkeit nicht, wenn man nie Probleme hatte, eine Anstellung zu finden. Bis noch vor wenigen Monaten haben einkommensstärkere Freunde von mir nicht gesehen, wo das Problem bei Wohnraumverknappung liegt. >Man findet doch immer was, dann muss man auch mal mit ner 2-Raum-Wohnung vorliebnehmen und darf sich nicht über den 5-Minuten-Fußweg zum Bahnhof beschweren.

    • 1G
      15797 (Profil gelöscht)
      @tomás zerolo:

      Mir geht's auch irgendwie auch so

  • Zwei Journalistinnen entblödet sich nicht, eine Wissenschaftlerin zu demütigen. Warum tun sie das? Ist mir erstmal egal. Ein so unverschämtes Interview sollte es in diesem Jahrhundert nicht mehr geben. Ich war schon lange nicht mehr so sauer über Sexismus.

    • @Patricia Winter:

      Ja. Abgesehen davon, dass es Deutschland ist und nicht USA, ist es wie Trump.

      OTOH derselbe Laden hat Bojanowski und Fleischhauer auf die Welt losgelassen, insofern könnt man da schon eine "Leitlinie" sehen vllt

  • „Ihnen ist klar, dass Sie die Quotenfrau sind?“ (Spiegel).

    Es ist allerdings konstruktionsbedingt, daß bei einer Quotierung - gleich wo - immer der Verdacht in der Luft liegt, daß die entsprechende Person ihre Position nicht der eigenen Leistung, sondern einer Quotierung verdankt.

    Zum Nachteil derjenigen, die es wirklich mit eigener Leistung geschafft haben - und die nun auch in diesen (falschen) Verdacht geraten.

    Und was bedeutet es für das Selbstbewußtsein eines Menschen, der weiß, daß er wegen einer Quote eingestellt wurde?

    Und ist es nicht eine implizite Abwertung einer Menschengruppe, wenn man ihnen unterstellt, daß sie es nicht aus eigener Kraft schaffen können? Sondern paternalistischer Hilfe bedürfen?

    Wenn eine OP im Krankenhaus ansteht, fühle mich jedenfalls wohler dabei, wenn ich weiß, daß die Chirurgin hier steht, weil sie wirklich gut ist, und nicht wegen einer Quotierung.

    Ich habe übrigens eine sehr gute Ärztin.

    • @Weber:

      Und ich möchte nicht von einem Mann operiert werden, der den Posten nur hat, weil er ein Mann ist. Das allerdings ist sehr häufig der Fall und ich muss deshalb damit rechnen, schlechter operiert zu werden als es möglich wäre, lebten wir in einer Welt ohne Sexismus.

      • @ClaraN:

        naja, wenn man 10 Männer zur Wahl hat und eine Frau, und man nimmt die Frau, weil sie Frau ist, ist es ziemlich wahrscheinlich, nicht die beste Wahl getroffen hat. Nicht, weil die Frau eine Frau ist, sondern das Geschlecht an sich ein Kriterium war. Das Geschlecht sollte aber keine Rolle spielen und Quotenfrauen sollte es nicht geben müssen.

        • @Brunikowski:

          Ihr Denkfehler ist, zu glauben, diese 10 sind durchschnittlich qualifiziert.

          In einer Situation in der eine Quote nötig ist, haben wir schon eine Schieflage zugunsten unterdurchschnittlich qualifizierter Männer.

          • @Ajuga:

            Wäre die "Situation, in der eine Quote nötig ist", von Situationen, wo eine Quote NICHT nötig ist, so einfach zu unterscheiden, müsste eine halbwegs konsequente Anwendung des Antidiskriminierungsgesetzes völlig ausreichen, um Chancengleichheit zu garantieren. Quoten gibt es nur, weil das eben nicht so offensichtlich ist und eine Quote klare, nicht umgehbare Kriterien schafft (i. e. die chromosomonalen Verhältnisese der Bewerber*_:Innen und derer, die den Job schon haben). Diese Kriterien stellen nur eben gerade NICHT sicher, dass die Anwendungssituation wirklich einer Quote bedarf (also ohne sie Männer unsachgemäß bevorzugt würden).

            Tatsächlich ist einer Quote, die quantitativ was taugen soll, eben EGAL, ob einer der zehn Männer (oder vielleicht auch alle zehn) besser qualifiziert sind. Sie sichert trotzdem der Frau die Auswahl, wenn nur die jeweilige Vergleichsmenge männerlastig genug ist.

      • @ClaraN:

        "der den Posten nur hat, weil er ein Mann ist. Das allerdings ist sehr häufig der Fall"

        Woher wollen Sie denn das wissen?



        Um das zu belegen, müssten Sie eine Studie vorlegen, die belegt, dass Bewerberinnen auf eine Stelle oder eine Beförderung trotz gleicher oder höhere Qualifikation häufiger abgelehnt werden als Bewerber. Das können Sie aber nicht, weil es eine solche Studie m.W. nicht gibt.



        Nur das Endergebnis zu betrachten und sich eine Kausalität, die dahin geführt haben könnte, selbst auszudenken, führt in die falsche Richtung.

        Ich gebe der Autorin des Artikels recht, das solche Fragen in einem Interview mit einer Frau in einer verantwortungsvollen Position sexistisch, rückständig und generell unter aller Sau sind, aber ständige Forderungen nach Quoten und mehr Diversität nur um der Diversität willen sind mit schuld an so etwas.

      • @ClaraN:

        Genau das ist der Punkt! Die Quote wird leider meistens Falsch gesehen.



        Tatsächlich bewirkt diese NICHT, das Frauen trotz schlechterer Qualifikation einen Job bekommen, sondern daß Frauen mit gleicher oder besserer Qualifikation nun eine bessere Chance auf den Job haben.



        Und ja, es stimmt wohl leider auch oft, wenn man sagt "Du hast Deinen Job nur auf Grund der Quote", denn ohne "Frauenquote" hätte sie die Stelle, trotz besserer Qualifikation, womöglich nicht bekommen!

        • @Philip Wolfrum:

          "daß Frauen mit gleicher oder besserer Qualifikation nun eine bessere Chance auf den Job haben"

          Damit implizieren Sie, dass es für die meisten oder alle Berufe einen gleich großen Pool an qualifizierten Bewerberinnen gibt wie an Bewerbern, und Universitäten und Unternehmen aus reinem Sexismus lieber geringere Qualität akzeptieren als mehr Frauen einzustellen.



          Das hat nur mit der Realität nichts zu tun. Wenn nicht einmal 20% der Studierenden in einem Fach, wie z.B. Informatik, weiblich sind, wie stellen Sie sich dann vor, dass Universitäten oder Unternehmen durch Einstellungspraxis auf eine Gleichverteilung kommen sollen?



          Ob diese Präferenzen naturgegeben oder sozial konstruiert sind, ist eine andere Frage, aber daran wird man mit Quoten garantiert nichts ändern.

        • @Philip Wolfrum:

          Das ist die Wunschvorstellung. Die könnte funktionieren, wenn wirklich regelmäßig für jede offene Stelle mindestens eine weibliche Bewerberein existierte, die dem besten Mann gleichwertig qualifiziert ist. Gerade in Bereichen, wo Frauen unterrepräsentiert sind, kommt das aber nicht so häufig vor. Also hat man in diesen Fällen nur die Wahl, dann doch einem Mann den Vorzug zu geben, oder eben die bestmögliche Qualifikation für sekundär zu erklären.

          Und letzteres wird mehr und mehr zur Regel bei Quoten. Die werden zunehmend "hart" ausgestaltet, also (außer zwangsläufigen Mindestqualifikationen) ohne qualitative Forderungen an die vorzuziehenden Frauen, an denen sich die alten Macho-Seilschaften noch entlanghangeln könnten. Denn da wo die Diskriminierung noch eine echte Rolle spielt (oder auch die Zahl der Kandidatinnen, die da überhaupt auf die begehrten Positionen wollen, sich hartnäckig in Grenzen hält), hilft nur das Weglassen der Anforderung von "mindestens gleichwertiger Qualifikation", um wirklich die Zahl der Frauen hochzukriegen.

          Aber das führt nunmal umgekehrt zwangsläufig dazu, dass es "Quotenfrauen" gibt, bei denen das Geschlecht wichtiger für die Besetzung war als die Qualifikation. Eine Regel hat eben den Nachteil, dass sie IMMER gilt, und nicht nur in den Fällen, in denen man als allwissender Beobachter sagen könnte, dass sie wirklich benötigt wird.

          • @Normalo:

            Wo ist denn "Gerade in Bereichen, wo Frauen unterrepräsentiert sind, kommt das aber nicht so häufig vor." heutzutage noch der Fall?

            Bei der CDU/CSU vielleicht... aber in der Wissenschaft? Mathe und Physik ist noch schwierig, aber Lebenswissenschaften, Geowissenschaften, mittlerweile auch Chemie & Informatik, Kulturwissenschaften im Zweifelsfal eher umgekehrt, etc.



            In der Jura gibt es so Männerdomänen, in der nichtakademischen (Praxis-)Medizin auch, aber beides sind keine Wissenschaften iES.

            • @Ajuga:

              Die Berufswelt - und damit die potenzielle Reichweite von Frauenquoten - beschränkt sich nicht nur auf den Wissenschaftssektor und die Politik (und mit Ihrer Definition von "Wissenschaft iES" würde ich auch nicht in zu viele dunkle Gassen in der Umgebung von Unis spazieren wollen...). Im Gegenteil sind diese Bereiche über weite Strecken staatlich getragen und damit Wettberwerbsdruck, wie er im privatwirtschaftlichen Arbeitsleben herrscht (und unter dem die Gleichstellung von Frauen in besomnderem Maße leidet), ein Stückweit entzogen.

              Wenn Sie also fragen, wo es noch Unterrepräsentanz von Frauen gibt, ist der Blick auf den "Elfenbeinturm" der Academia etwas eng (was das eine oder andere Klischee über sebligen erfüllt... ;-)).

              In diesem Sinne:

              - Frauen sind eben nicht nur bei der Union sondern in ALLEN in deutschen Parlamenten vertretenen Parteien unterrepräsentiert - selbst da wo es seit jeher Quoten und eine feministische Agenda gibt.

              - MINT-Fächer in der Wirtschaft, alle technischen Fächer auch in der Wissenschaft

              - Etliche Fachbereiche der Krankenhausmedizin (z. B. Chirurgie und Orthopädie, andere haben dafür Frauenüberhang)

              - Betriebstwirtschaft in Unternehmen und Freiberufen

              - Handwerk

              - Fertigung in den profitstarken Schlüsselindustrien

              - Unternehmertum

              Es gibt natürlich noch viele andere Bereiche, in denen man hauptsächlich auf Männer trifft. Ich habe mich jetzt mal auf lukrativere konzentriert.

            • @Ajuga:

              Wieso CDU und Wissenschaft ... denken Sie an die Bereiche der industriellen Produktion, Bergbau, Hüttenwerke, Kraftwerke, Chemieanlagen ,... wo Industriehandwerker und Ingenieure tätig sind. Offenbar kein attraktiver Arbeitsplatz für Frauen, zumindest gibt es da wenig. Auch Frauen die entsprechend qualifiziert sind, gehen offenbar woanders hin.



              Werden jetzt hier Häuptlinge gesucht, ist die absolute Zahl der herausragenden Frauen mit der entsprechenden Erfahrung sehr viel kleiner als die der Männer.



              Ein Beispiel: Es gibt Gremien/Beraterkreise, die Ministerien beraten und ihnen Informationen aus der Praxis liefern. Die Juristinnen in den Ministerien (es sind immer Juristinnen in diesen Positionen) achten streng darauf, dass entsprechend irgendeinem Gesetz zur Gleichstellung hier mindestens (!) 50% Frauen benannt werden.



              Sie bekommen natürlich 50% Frauen. Darunter können aber auch einige Quotenfrauen sein. Das ist so gewollt.

  • Das sind alles korrekte Punkte, nur bei dem Fall, hätte ich dann doch eine konkrete Nachfrage.

    Im Text wird nur von dem Spiegel und dem Ressortleiter, ein Mann, geschrieben.

    Solche Interviews interessieren mich in der Regel nicht und Diskussionen auf Twitter grundsätzlich nicht, also wollte ich das Interview mal lesen, um was es eigentlich geht.

    Klick auf den Link, direkt oben.

    "Ein Interview von Veronika Hackenbroch und Rafaela von Bredow"

    Also wird Frau Prof. Dr. Sandra Ciesek von zwei Frauen interviewt. Das passt aber nicht zu Teilen Ihres Textes Frau Djahangard.

    "Tatsächliche (unbewusste) Intentionen: Einschüchterung, Aufmerksamkeit, Machterhalt."

    Wie profitieren denn die beiden Journalistinnen von dieser Intention, der Mechanismus würde auch gegen die Beiden laufen, warum sollten die sich an seiner Aufrechterhaltung beteiligen?

    • @Sven Günther:

      Es ist ja leider nicht so, dass Frauen, nur weil sie Frauen sind, nicht auch sexistische Stereotype reproduzieren und anderen Frauen dadurch in den Rücken fallen. Es ist daher unerheblich für die Analyse von Frau Djahangard, ob die Interviewfrage mit der "Quotenfrau" oder die Bemerkung über "die neue Frau an Drostens Seite" von Frauen kam oder von Männern.

      • @Kolyma:

        Man sollte also bei Sexismus in der Arbeitswelt, wie hier im Paradebeispiel, davon ausgehen, dass er von Frauen ausgeht, die nicht anders können, als Sexismus zu reproduzieren? Frauen sind nunmal so? Sie können kaum anders? Schon allein, weil sie Frauen sind?

        • @LeSti:

          Nein, wieso?



          Im Einzelfall mag das zutreffen, es mag tatsächlich Strukturen geben, in denen Frauen (noch immer) anders keinen Stich machen können, aber natürlich könnten sie auch anders.



          Wenn sie denn wollten, bzw. reflektieren, was genau sie da tun.



          Das alles sind doch Mechanismen, die für Machtverhältnisse allgemein gelten . Manche finden da ja auch ihre gemütliche Nische und sehen keinen Bedarf, was zu ändern, andere fürchten Nachteile, wieder andere identifizieren sich mit dem "Aggressor". Für die grauen Eminenzen im Hintergrund ist es natürlich am schönsten, wenn die "Drecksarbeit" in dem Fall von Geschlechtsgenossinnen gemacht wird.