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Donald Trumps Afghanistan-StrategieBleiben, um zu töten

Trump will von einem Abzug aus dem Land nichts mehr wissen. Ihm geht es darum, Terroristen zu bekämpfen. Seine Anhänger zeigen sich enttäuscht.

US-Soldaten sollen künftig einsamere Entscheidungen treffen dürfen, statt auf politische Vorgaben zu warten Foto: dpa

NEW YORK taz | Ein „totales Desaster“ hat Donald Trump den Krieg in Afghanistan genannt und dessen Ende verlangt. Damals war Barack Obama Präsident und hatte die US-Militärpräsenz in Afghanistan um Zigtausende Soldaten aufgestockt. Am Montag Abend kopierte Nummer 45 das Vorgehen seines Amtsvorgängers.

Mit dem Unterschied, dass Trump weder offenlegte, wieviele zusätzliche Soldaten er in den längsten Krieg der US-Geschichte schicken, noch welchen Etat er dafür bereitstellen, noch wann er den Einsatz beenden will. All das seien militärische Geheimnisse, die der Feind nicht wissen solle. Immerhin wiederholte er mehrfach, was das Ziel der US-Soldaten in Afghanistan sei: „Sie kämpfen, um zu siegen“.

Das Weiße Haus hatte die Rede in Fort Myer, das zwischen dem Soldatenfriedhof von Arlington und dem Pentagon liegt, als „neue Afghanistan-Strategie“ angekündigt. Doch zunächst sprach Trump ausführlich das an, was seine Landsleute in der Vorwoche, nach der Neonazi-Gewalt von Charlottesville, vergeblich von ihm erwartet hatten: Vor einer Mauer von 2.000 Soldaten in Uniform und einer Handvoll Regierungsmitgliedern wandte er sich gegen eine „Toleranz für Haß“ und beteuerte mehrfach, dass die USA nicht im Krieg mit sich selbst seien.

Zu Afghanistan hingegen kam wenig Neues. Nachdem Trump 2012 erklärt hatte „Wir bauen Straßen und Schulen für Leute, die uns hassen“ und den sofortigen Abzug propagierte, sagte er jetzt: „Wir werden siegen“ und wiederholte Dinge, die sinngemäß auch von George W. Bush und Obama kamen.

Die größte Bedrohung für die USA

Trump fügte hinzu, er strebe ein „nachhaltiges“ Ergebnis an. Er warnte vor den Konsequenzen eines „voreiligen“ Truppenabzugs. Begründung: Al Qaida und IS würden das entstehende Vakuum füllen. Und er bezeichnete die Sicherheitsrisiken in der Region als „immens“. Nach seiner Darstellung geht von Afghanistan und Pakistan die größte Bedrohung für die USA aus. Allerdings: Die Staatsangehörigen der beiden Länder hat er dennoch nicht auf seine Einreiseverbotsliste gesetzt. Er bemühte auch die Anschläge von Barcelona, um zu erklären, dass „Terrorgruppen vor nichts zurückschrecken“.

Wer konkrete Fakten zu Trumps' Afghanistan-Plänen haben wollte, war auf das Pentagon angewiesen. Das hatte in den Stunden vor Trumps‘ Rede durchblicken lassen, dass die USA 4.000 weitere US-Soldaten – zusätzlich zu den 9.000 bereits vor Ort stationierten – entsenden werden. Trump konzentrierte sich darauf, zumindest rethorisch auf Distanz zu seinem Amtsvorgänger zu gehen. „Wir befassen uns nicht mehr mit Nationenbildung, sondern wir töten Terroristen“, sagte er. Und er gab dem Militär freie Hand beim Vorgehen: „Mit Mikromanagement aus DC kann man keine Schlachten gewinnen“. Statt politischen Vorgaben zu folgen, sollen die Militärs ihre Strategieen je nach „Bedingung am Boden“ entwickeln.

Trump hatte in den zurückliegenden Wochen unter anderem Nord-Korea und Venezuela mit Militäraktionen gedroht. Am Montag kritisierte er dann das verbündete Pakistan scharf, weil es „Terroristen schützt, die wir bekämpfen“ und verlangte: „Das muss sich umgehend ändern“.

Statt auf Zusammenarbeit mit Pakistan will er nun verstärkt auf die andere regionale Atommacht Indien setzen. Mit einer politischen Lösung des Konfliktes – insbesondere mit Verhandlungen mit sämtlichen Akteuren – befasste Trump sich in seiner 26-minütigen Rede nur en passant: „Eines Tages wird es vielleicht eine Lösung geben, niemand weiß, ob und wann.“

Enttäuschte Trump-Anhänger

Für Kriegsgegner, die im vergangenen November Trump gewählt hatten, weil sie seinen anti-interventionistischen Reden glauben wollten, ist dessen Afghanistan-Strategie eine weitere Entttäuschung. Als einer der ersten Kritiker nach der Rede meldete sich ein republikanischer Abgeordneter aus dem rechten Tea Party-Flügel der Partei zu Wort. Kaum war Trump fertig, tweetete Justin Amash aus Michigan: „Es ist nicht überstürzt, den längsten Krieg zu beendigen. Der Präsident unterwirft sich dem militärisch indstriellen Establishment und verdoppelt den Einsatz für den ewigen Krieg“.

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8 Kommentare

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  • ??? Wissen die ergebenen Soldaten eigentlich, wem und was sie da Folge leisten? Ist doch einfach bekloppt , einem ideologisch verbrämtem Befehlshaber , oder dummen politischen Doktrinen- Folge zu leisten... um in sinnlosem Krieg verheizt zu werden...

    (davon abgesehen: jeder Krieg ist sinnlos und erstattet nur eine unfähige Diplomatie! Es bringt doch so mehr, Friedensdiplomatie zu stärken, um Kriege und Militäreinsätze zu vermeiden?)

  • Der Steve Bannon (ja der "Rechtsextreme") wollte da raus. Jetzt ist er raus (taz jubelt), die Amis dürfen weiter unsere Freiheit am Hindukusch verteidigen und taz schreibt "Bleiben, um zu töten". ???

    • @agerwiese:

      Bannon und andere alt-right-Strategen werden nicht zur Friedenstaube, nur weil sie sich offen gegen einen Militärschlag gegen Nordkorea oder gegen eine Re-Engagement in Afghanistan aussprechen.

       

      Soweit müssten auch Linke bei uns analysieren können. Einige Querfrontler hatten ja Trump selber nach seiner Wahl plötzlich als potentiellen Anti-NATO-Allierten herbeigeträumt. War wohl nichts.

       

      Die Anti-Globalisten um Bannon, die gesamte harte alt-right Szene, deren Medienstrippenzieher Robert Mercer, sie alle wollen die USA zunächst selber einer Transformation unterziehen. Da stören Interventionen außerhalb nur. Es geht um die Dekonstruktion des administrativen US-Staates von innen heraus, wie Bannon es formuliert hat. Würde das gelingen (was ich bezweifele ... da spielt das Großkapital nicht so einfach mit) würde sich diese Denkschule anschließend auch wieder aggressiv auf internationalem Terrain bewegen wollen.

  • Es wird viel gegen das gesteigerte Eingreifen der USA in Afghanistan geschrieben, genauso viel, wie gegen das Weggehen aus dem Irak nach dem dortigen Einfall.

    Wenn man sich einmal vor Augen führt, wie stark die Taliban nach dem Abbau der Amerikaner und der NATO - Streitkräfte geworden sind, zur Zeit auch direkt mit dem IS und den anderen Islamistischen Terrorvereinigungen zusammen arbeiten, wäre die Situation doch dieselbe, wie es zur Zeit in Syrien und dem Irak läuft.

    Durch diesen Zusammenschluss der Islamisten würde es in Afghanistan dann ähnlich ausgehen wie dort in Syrien und Irak.

     

    Immer wieder wurde den Amerikanern vorgeworfen dort ein Macht - Vakuum hinterlassen zu haben!

    Es ist wahrscheinlich nicht unbedingt das Anliegen, welches Trump nun verfolgt, aber zumindest wird es dieses Vakuum nun nicht so schnell geben, bzw. es wird behoben.

     

    Welches nun das Gefährlichere wäre, der Truppenabzug oder das Aufstocken und einbeziehen der Anrainerstaaten, muss die Zeit klären.

     

    Das für die Welt gefährlichste Szenario wäre aller Voraussicht nach der Rückzug und damit die Möglichkeit eines neuen IS - Kalifats!

     

    Auch wenn Trump den Truppen mehr Einsatzkompetenzen gibt, in denen das Militär nicht jeden Einsatz mit Washington absprechen muss, könnte zu diesem Zeitpunkt ein Vorteil zur Vermeidung extremer Gewalt sein, wenn man bedenkt, dass die Generäle und Einsatzleiter vor Ort wohl bei weitem mehr Erfahrung haben als der Oberbefehlshaber Donald Trump, der die Gewalt ja bereits mehrfach verherrlicht hat!!!

  • rechten Tea Party: „Es ist nicht überstürzt, den längsten Krieg zu beendigen. Der Präsident unterwirft sich dem militärisch industriellen Establishment und verdoppelt den Einsatz für den ewigen Krieg“

     

    Arme USA - die Tea-Party als letzter Strohalm für die Vernunft.

  • 4G
    4932 (Profil gelöscht)

    In diesem letzten zitierten Satz (im Beitrag) steckt warscheinlich die ganze Weltsicht der Amerikaner. Und dann wird jetzt noch in Pakistan rumgemacht und Indien in die Pflicht genommen und nur 4000 km entfernt liegt dann auch schon Nordkorea. Und wichtig: Alles schön weit weg von amerikanischen Gebiet.

    Der Journalist Andrew B. Denison hatte in der Phoenixrunde am 24.11.2015 (sinngemäß) gesagt: 'Mit Flüchtlingen und Terroristen hat Amerika gar nichts zu tun - nein gar nichts'.

    So bescheiden.

    Amerika produziert Krieg, Flüchtlinge und Terroristen, will aber mit den Folgelasten nichts zu tun haben. Das meinte er warscheinlich.

  • Auch Deutschland ihre 850 Mann starke Truppe letztes Jahr um 120 weitere verstärkt. Ich hoffe alle Soldaten haben da mächtig viel Spaß bei dem Unsinn.

     

    Seit 16 Jahren gibt es weder Kriegsziel noch Exit-Strategie, jeder Politiker der für eine Weiterführung dieses Schwachsinns stimmt sollte da selbst ein Jahr vergeuden!

    • 4G
      4932 (Profil gelöscht)
      @Chaosarah:

      Genau.

      Und es gibt seit 2001 noch nicht einmal einen Kriegsgrund. 15 der 19 WTC - Attentäter waren Staatsbürger Saudi-Arabiens. Und Bin Laden war zu diesem Zeitpunkt in Amerika.

      Zitat von 'tagesschau.de': 'Spielplatz Afghanistan'.

      Was dem Trump sein Golf, ist den Soldaten ihr Afghanistan. Irgendwo muss man sich ja austoben. Und die 30 Mio Zivilisten Afghanistans sind sowieso zuviele Leute. So denken warscheinlich die NATO-isten.

      Im Jahre 2017 n. Chr.