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Dobrindts Flirt mit PalantirEine Software für den autoritären Umbau

Gareth Joswig
Kommentar von Gareth Joswig

Innenminister Alexander Dobrindt überlegt, die US-Software Palantir in Deutschland einzusetzen. Das ist ein Überwachungstool rechter Tech-Oligarchen.

Die Firma Palantir liefert Trump die Software zum autoritären Umbau von Militär, Polizei und Geheimdiensten Foto: Uwe Anspach/dpa

P alantir ist ein Tool zur Totalüberwachung antidemokratischer Tech-Oligarchen mit festen Verbindungen zur extrem rechten Trump-Regierung. Die Polizei bündelt mit der KI-gestützten Software alle möglichen Daten auch unverdächtiger Personen, die mal eine Aussage bei der Polizei gemacht oder in eine Verkehrskontrolle geraten sind. Es ist komplett haarsträubend, dass immer mehr deutsche Sicherheitsbehörden damit arbeiten und CSU-Innenminister Alexander Dobrindt sogar überlegt, die Software auch bundesweit einzusetzen – erst recht nach der Regierungsübernahme von Donald Trump.

Es wäre ein weiteres Stück kritischer Infrastruktur, bei dem die Bundesrepublik sich unnötigerweise abhängig macht. Palantir-Firmengründer ­Peter Thiel ist stolzer Antidemokrat und Förderer des AfD-Freunds und US-Vizepräsidenten J. D. Vance. Seine Firma liefert Trump die Software zum autoritären Umbau von Militär, Polizei und Geheimdiensten. Die Software ist die technische Grundlage für den umfassenden Überwachungsstaat.

Anstatt sich auf unsichere Software aus den USA zu verlassen, sollte Dobrindt lieber für eigene und rechtsstaatlich kompatible Alternativen sorgen, mit denen hiesige Sicherheitsbehörden arbeiten können. Ansonsten macht die Bundesrepublik sich noch erpressbarer von den USA, als sie es ohnehin schon ist – ganz zu schweigen vom Geld, das man antidemokratischen Milliardären in den Rachen wirft.

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Die rechtlichen Grundlagen für die Nutzung von Palantir sind mehr als fragwürdig. Die flächendeckende und verdachtsunabhängige Durchleuchtung der Bevölkerung widerspricht demokratischen Grundprinzipien. Eine Verfassungsklage gegen die Software in Hessen war bereits erfolgreich, in NRW und Bayern sind weitere Klagen anhängig.

Dass Dobrindt und die Union nun Fakten schaffen wollen, offenbart ein naives Verständnis von Sicherheitsarchitektur. Niemand kann zu einhundert Prozent versichern, ob die US-Firma in die Software nicht doch ein Hintertürchen eingebaut hat. In Zeiten der globalen autoritären Wende auf die Einführung von Autokraten-Überwachungssoftware zu setzen, ist ein Riesen­fehler.

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Gareth Joswig
Redakteur Inland
Arbeitet seit 2016 als Reporter und Redakteur bei der taz. Zunächst in den Lokalredaktionen von Bremen und Berlin, seit 2021 auch im Inland und Parlamentsbüro. Davor Geschichts- und Soziologiestudium. Themenschwerpunkte: extreme Rechte, AfD, soziale Bewegungen, Mietenpolitik, dies, das, verschiedene Dinge.
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9 Kommentare

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  • "Anstatt sich auf unsichere Software aus den USA zu verlassen, sollte Dobrindt lieber für eigene und rechtsstaatlich kompatible Alternativen sorgen"



    Ich verstehe die Bedenken. Allerdings: wie soll die Alternative aussehen? Und wer soll sie entwickeln?



    Die Kritik an Palantir ist nicht neu. Aber Kritik ist zahnlos, wenn sie keine Alternativen aufzeigt.



    Und genau das wurde und wird bisher von Seiten aller Kritiker verpasst.



    Leider wird sich mal wieder nur echauffiert statt Gegenlösungen aufzuzeigen. Es war lange genug Zeit.



    So wird das nichts. Es ist ein enormes Sicherheitsbedürfnis in der Bevölkerung vorhanden. Das muss man einfach nüchtern feststellen, ganz unabhängig von den Akteuren, die zweifellos absichtlich das Thema am köcheln halten.



    Wenn darauf von progressiver Seite keine diskussionsfähigen Gegenvorschläge erarbeitet und präsentiert werden, muss man sich auch nicht wundern, wenn rechts die Debatte komplett unter ihrer Deutungshoheit hält und Fakten schafft.

    • @Saskia Brehn:

      Dafür wäre es ja auch mal erforderlich darzulegen, wie denn angebliche Erfolge mit Palantir erzielt wurden. Das ist ja alles intransparent, vielleicht sind das ja nur Zufallserfolge ohne Zusammenhang mit dem Einsatz von Palantir. Bei erfolgreichen Festnahmen von Terrorverdächtigen gab es in der Vergangenheit ja meist Hinweise von ausländischen "Diensten" und nicht von Bundesländern die schon Palantir anwenden.

      • @Axel Schäfer:

        Insbesondere aus den USA gab es Hinweise. Da wird das verwendet.

    • @Saskia Brehn:

      Merkwürdiger Kommentar! Palantir ist viel zu gefährlich für uns, als das wir uns leisten könnten mit Whatauboutism zu reagieren.

  • Da waren sich in der demokratischen Mitte doch schon alle einig, dass wir mehr in unsere Sicherheit investieren müssen. Nicht mehr lange und wir haben soviel Sicherheit, dass sich keiner mehr vor AfD, Putin usw. fürchten muss. Danke dafür auch an Bündnis 90/Die Grünen, ARD und ZDF und all die anderen guten StaatsbürgerInnen. Es lebe die wertebasierte und wehrhafte Schein-Demokratie (hinter Brandmauern).

    • @DemokratischeZelleEins:

      Wer Sicherheit mit autoritärer Paranoia verwechselt, vernebelt bewusst das eigentliche Problem: Es sind nicht ARD, ZDF oder demokratische Parteien, die Angst machen müssen – sondern autoritäre Kräfte wie Putin oder radikale Hetzer wie die AfD, die unsere offene Gesellschaft ins Wanken bringen wollen. Wer so tut, als seien alle „guten StaatsbürgerInnen“ Teil einer großen Verschwörung, zündelt rhetorisch an den Grundfesten unserer Demokratie. Palantir kann man kritisch sehen – keine Frage. Aber die Verachtung gegenüber denen, die sich für wehrhafte Demokratie stark machen, bedient exakt das verschwörungsideologische Narrativ, das rechten Populist*innen in die Hände spielt. Wer Brandmauern gegen Rechts lächerlich macht, hat entweder nicht verstanden, wohin der Wind weht – oder pfeift längst im falschen Lager.

  • Liebe Leute, habt Ihr Euch schon vorgestellt,



    Das Finanzamt sucht damit das Geld?



    Der Steuerhinterziehenden,



    Der immer so schnell fliehenden



    Scheuen reichen Rehe. -



    Wisst Ihr, was ich dann in dieser Kugel sehe?



    Die Nutzung wird schnellstens untersagt,



    Denn der Ethikrat wurde nicht gefragt.



    --



    Also: Demos für den Einsatz von Palantir in der Steuerfahndung. Dann merken die Poliiker*innen, dass sie was falsch gemacht haben.

  • Portfolio freut dies. Hehe