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Diskussion über PendlerpauschaleSpitzenverdiener fahren mehr

FDP-Chef Lindner hat eine weitere Anhebung der Pendlerpauschale ins Spiel gebracht. Davon würden vor allem Bessergestellte profitieren.

Die Ampelparteien hatten sich im Koalitionsvertag auf eine Reform der Pendlerpauschale geeinigt Foto: Michael Gstettenbauer/imago

Berlin rtr | Neue Zahlen befeuern die Debatte über die Pendlerpauschale für Arbeitnehmer. Geringverdiener machen bei der Steuer mit 32 Kilometern zwar den längsten Arbeitsweg geltend, wie das Statistische Bundesamt mitteilte. Doch von einer Erhöhung der Entfernungspauschale, wie sie Finanzminister Christian Lindner ins Gespräch brachte, würden Spitzenverdiener weitaus stärker profitieren – denn sie arbeiten mehr Tage und fahren insgesamt die meisten Kilometer. Das zeigen weitere Zahlen der Statistikbehörde. „Wenn wir die Pendlerpauschale einfach erhöhen, führt dies bei hohen Einkommen zu einer höheren Steuerentlastung als bei geringen Einkommen“, sagte Grünen-Politiker Sascha Müller zu Reuters. „Als Instrument des gezielten sozialen Ausgleichs ist die Pendlerpauschale also nicht geeignet.“

Beschäftigte können mit der Pauschale – unabhängig vom Verkehrsmittel – die einfachen Entfernungskilometer vom Wohnort zur Arbeitsstätte bei der Steuer geltend machen. Das sind 30 Cent pro Kilometer, ab dem 21. Kilometer 38 Cent. Sie verringern in dieser Höhe das Einkommen, das sie versteuern müssen – sofern der geltend gemachte Betrag den auf 1.200 Euro jährlich angehobenen Arbeitnehmer-Pauschbetrag übersteigt.

Das bedeutet: Wer mehr verdient, hat einen höheren Steuersatz – und damit auch eine höhere Entlastung durch jeden Euro, den er oder sie bei der Steuer geltend macht. Wer keine Steuern zahlt, wird durch die Pauschale auch nicht entlastet. 2021 schlug die Pauschale beim Fiskus laut Finanzministerium mit Mindereinnahmen von rund 5,5 Milliarden Euro zu Buche.

Ampel will Pendlerpauschale reformieren

Aus den Zahlen des Statischen Bundesamts geht hervor, dass die höheren Einkommen nicht nur aufgrund ihres höheren Steuertarifs von der Entfernungspauschale profitieren – sondern dass sie auf das ganze Jahr gesehen auch mehr Kilometer geltend machen als Geringverdiener. 2018 gab es rund 242.700 Beschäftigte mit einem Jahresbruttolohn von weniger als 10.000 Euro, die im Durchschnitt einen Arbeitsweg von 32 Kilometer zurücklegten – und das an 122 Arbeitstagen, so dass sie durchschnittlich 986 Euro als Entfernungspauschale geltend machten. Auf die höchste Summe kamen mit 1.768 Euro im Durchschnitt aber Einkommen zwischen 100.000 und 200.000 Euro: Sie legten im Schnitt 28 Kilometer zurück, aber an 211 Arbeitstagen.

Lindner hatte sich offen gezeigt, „die Pendlerpauschale ab 2023 deutlich zu erhöhen – ab dem 1. Kilometer und nicht nur für Fernpendler“. Eine Erhöhung auf 38 Cent ab dem ersten Kilometer würde laut Finanzministerium die Pendler um etwa 1,25 Milliarden Euro zusätzlich entlasten.

Geringverdiener bis 10.000 Euro Jahresbrutto mit dem längsten Arbeitsweg zahlen aber keine Steuern, der Grundfreibetrag wurde gerade erst auf 10.347 Euro angehoben. Im Koalitionsvertrag haben sich SPD, Grüne und FDP darauf verständigt, die Pendlerpauschale zu reformieren.

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12 Kommentare

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  • Die meisten "Spitzenverdiener" haben einen Dienstwagen. Die interessiert die Pendlerpauschale nicht. Den größten Nutzen haben Arbeitende, mit Jahresgehältern deutlich unter 100000. Das sind keine Spitzenverdiener.

  • Eine Homeoffice Pauschale die höher als die individuelle Pendlerpauschale ist, würde die Umwelt entlasten

    • @WeisNich:

      Nicht die Pauschale entlastet, sondern das damit verbundene weniger Fahren mit dem Auto. Gegenüber Rad hat ein geteiltes Bürozimmer die Nase vorn.

      • @Rudolf Fissner:

        Es gibt Kausalketten. Wollten sie mir das erklären?

  • Die Pendlerpauschale hat nur einen Zweck: Möglichst einfach für einen Arbeitnehmer die Angabe der Kosten anzugeben, die sich beim Verkauf seiner Arbeit ergeben. Diese werden gegen die Einnahmen (Löhne) gegen gerechnet.



    Es kann über die Pendlerpauschale erfolgen oder über die Realen Kosten (Fahrtenbuch, Belege sammeln?)



    Immer aber korreliert die Summe, bzw. muss korrelieren, mit den tatsächlichen Kosten. Eine Pendlerpauschale muss also bei steigenden Spritkosten steigen.

    Erst dann wird die Einkommensteuer berechnet. Die Pendlerpauschale sagt da null darüber aus, ob ein Geringverdiener die Fahrkosten hatte oder ein Spitzenverdiener.

    Und das Pendler i.d.R. nich arbeitslos sind, ja wegen höheren Löhnen auch längere Arbeitswege nicht scheuen und deshalb im vergleich zu arbeitslosen ohne Fahrtwege mehr verdienen, dass ist auch eine Binse. Aber mit Sicherheit nicht auf die Verrechnung von Fahrtkosten zurück zu führen.

    Und mal by the way: Mit welchen Sätzen verrechnet die taz externe Arbeiten, die nicht am Schreibtisch erfolgen? Was gibt es bei der taz für einen Kilometer mit Privat-PKW für eine Recherche? Oder hat man da einen ben Dienstwagen-Torso oder ein ebenfalls teures Agreement mit einem Car-Sharing Dienstleister'

  • Hält hier noch irgendjemand dieses System für Zufall oder Irrtum ?



    Oder haben es alle als das erkannt was es ist: Abzocke.



    Wie immer auf dem Rücken des kleinen Mannes.

    Aber diese Dummerchen machen auch immer treu-doof das Kreuzchen ganz oben auf dem Wahlzettel ...

    • @Bolzkopf:

      Der "kleine Mann", der keine Steuern zahlt, beschwert sich also, dass ein anderer, der Steuern zahlt von Steuern entlastet wird, weil dieser von angepassten Aufwendungspauschalen im Zusammenhang mit dem Einkommen profitiert.

      Dies kann nur ein "kleiner Mann" für Abzocke halten, wenn ihm ein gewisses Grundverständnis vom Steuerrecht fehlt.

  • würden Spitzenverdiener weitaus stärker profitieren – denn sie arbeiten mehr Tage

    Ja, das mag sein. Aber sie haben ja auch tatsächlich mehr Unkosten, da sie mehr Tage arbeiten. Wo ist also die Ungerechtigkeit? Beim Tankrabatt war das Problem, dass auch die Spaßfahrt eine Vergünstigung erhielt. Dies wäre vorliegend nicht der Fall.

    • @Strolch:

      Steht doch im Artikel:



      +++Geringverdiener bis 10.000 Euro Jahresbrutto mit dem längsten Arbeitsweg zahlen aber keine Steuern, der Grundfreibetrag wurde gerade erst auf 10.347 Euro angehoben+++



      Es sind Geringverdienern also "Unkosten" entstanden, auf denen sie voll sitzenbleiben.



      Wo ist da die Gerechtigkeit?

      • @Brot&Rosen:

        Dafür zahlen die Geringverdiener *keine* Steuern. Weniger als nichts geht halt nicht. Das eigentliche Problem ist ja häufig der viel zu niedrige Lohn.

    • @Strolch:

      Die Frage ist wen man mit dem knappen Steuergeld entlasten muss. Diejenigen, die Hunderttausende verdienen - oder diejenigen, die Teilzeit in schlecht bezahlten Berufen arbeiten. Letztere erreicht man über die Pendlerpauschale nicht (oder kaum), erstere erreicht man gut.

  • Im Umkehrschluss bedeutet die nichts anderes als dass "Höherverdiener" stärker durch die höheren Kosten betroffen sind als "Geringverdienende". Soweit dies private Fahrten betrifft mag das vollkommen egal sein. Da es hier um Kosten geht, die direkt mit dem Arbeitseinkommen im Zusammenhang stehen, ist es vollkommen angebracht, pauschal berücksichtigte Werbungskosten bei Änderung der Ausgangsbedingungen maßvoll anzupassen.

    Das Problem mit der Progressionswirkung von Werbungskosten ließe sich durch einen einheitlichen Steuertarif leicht aus der Welt schaffen.