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Diplomatie ohne WiderspruchKrasser Move – Macron korrigiert Trump live

Trump und Macron geben sich die Hand – doch es ist nur ein schlecht gespieltes Theaterstück. Am Ende bleibt Macron nichts als höfliches Einlenken.

Macrons Eingriff in Trumps Lügen Foto: Brian Snyder/reuters

Paris taz | Bei ihren mehrfachen Treffen als Staatschefs seit 2018 haben Donald Trump und Emmanuel Macron vor den Kameras die verschiedensten Versionen des Händeschütteln und -drückens durchgespielt. Es ist jedes Mal ein Schauspiel, und wenn Macron auf der Bühne der transatlantischen Diplomatie nicht Trumps exklusiver Partner ist, so ist er doch bei dessen für die Weltöffentlichkeit inszeniertem Tête-à-Tête einer der begabtesten Teilnehmer für die Realityshow des amtierenden Präsidenten der USA.

Die Medien notieren daher jede Geste, jede Miene und jede als Scherz oder vermeintliches Kompliment getarnte Kritik. Es ist an uns unbedeutenden Zu­schaue­r*in­nen, die Interpretation für dieses Spektakel falscher Freunde und richtiger Gaukler zu finden und vielleicht zu verstehen, was das Spiel der Mächte mit der Zukunft der Menschheit tut. Am vergangenen Montag stand viel auf dem Spiel, und Macron repräsentierte ganz Europa beim Pas de deux der beiden Präsidenten nach einem „Arbeitsessen“ in Washington.

Beim Auftritt vor den Kameras ist die Kameradschaft zwischen den beiden gespielt, schlecht gespielt. Denn sie sind so gut wie in keinem Punkt gleicher Meinung. Für Trump zählt ohnehin nur seine eigene, und wenn Macron auf eine Frage in seiner Muttersprache antwortet, tut er so, als ginge ihn das alles überhaupt nichts an. Er hat seine Facts, die anderen können meinen und sagen, was sie wollen.

Als Macron also fast behutsam seine Hand auf seinen Arm legt, um eine dieser von Trump aus der Luft gegriffenen Behauptungen zu widerlegen, reagiert dieser mit einer amüsierten Gleichgültigkeit. Macron wollte die Aussage nicht unwidersprochen lassen, Europa habe erstens der Ukraine viel weniger gegeben als die USA und zudem alle Hilfe als „Spende“ verstanden.

Das stimmt so nicht

In Trumps Welt „alternativer Wahrheiten“ ist heute Selenskyj dafür verantwortlich, dass der Krieg noch andauert und den USA so viel Geld gekostet hat. Die Europäer jedoch hätten (quasi als Unterpfand für eine Rückerstattung) im Unterschied zu den USA die seit der Invasion von 2022 gesperrten russischen Guthaben im Wert von 230 Milliarden Dollar. Die amerikanische Hilfe beziffert er, über seinen Daumen gepeilt, auf 500 Milliarden, die er nicht als „à fonds perdu“, sondern als eine rückzahlbare Anleihe betrachten möchte.

Das stimmt so nicht, wagte Macron zu entgegnen. Er präzisierte, mit den russischen Guthaben sei das nicht so simpel, und 60 Prozent der europäischen Mittel seien nicht gepumpt, sondern als „reelles Geld“ gegeben worden. Auch wollte er nochmals klarstellen, dass Russland mit seinem Angriff diesen Krieg ausgelöst hatte.

Achselzuckend erwidert Trump: „Du kannst glauben, was du willst, das stört mich nicht.“ Jedenfalls wolle er (von der Ukraine) das Geld zurück. „Das ist normal!“, fügt er an, und alle Anwesenden begriffen, dass es ihm um die Bodenschätze der Ukraine ging.

Der französische Präsident riskierte es nicht, in der kaum begonnenen Konfrontation vor den Medien weiter zu gehen. In Englisch meinte er nun wieder konziliant, es brauche nun zuallererst einen Waffenstillstand, und der sei „in den kommenden Wochen möglich“ – wie dies Trump schon gesagt hatte. Macron wünscht, dass dabei Europa in die Verhandlungen eingebunden wird. Versprochen hat ihm Trump nichts, nicht mal als Fake.

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1 Kommentar

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  • Gegen einen Hengst, der eine rossige Stute wittert, hast du keine Chance.



    Gut, dass Macron nicht gleich alles vor die Füße des Gesalbten geworfen hat.



    Das macht auch den Unterschied.



    „Du kannst glauben, was du willst, das stört mich nicht.“ Allein wegen dieser Aussage hätte sich Macron die Reise sparen können (nachträglich betrachtet).