Dienstwagen in der Politik: Kretschmer, fahr doch Phaeton!
Markus Söder fährt Spritschleuder, Winfried Kretschmann ein E-Auto – die Klischees stimmen. Dabei bieten Dienstwagen viel Raum für Kreativität.

K lischees werden Klischees, weil sie mindestens ein bisschen stimmen. Das macht sie leicht abgegriffen, nur ändert das nichts an ihrem Wahrheitsgehalt. Jedenfalls fährt Markus Söder den schmutzigsten Dienstwagen aller Ministerpräsident*innen, und Winfried Kretschmann ist sowohl der einzige grüne Landeschef als auch der einzige mit E-Auto. Das hat die Deutsche Umwelthilfe in ihrem jährlichen Dienstwagen-Check herausgefunden.
Genauso langweilig wie die Bestätigung dieser Klischees ist leider die Fahrzeugwahl aller Spitzenpolitiker*innen: Viele BMWs und Audis, ein paar Mercedes, und der niedersächsische Verkehrsminister fährt natürlich VW. Dabei bietet die Wahl des Dienstwagens so viel Anlass für Kreativität!
Außenminister Johann Wadephul könnte zum Beispiel die deutsch-französische Freundschaft stärken, indem er sich einen Peugeot zulegt. Wenn Finanzminister Lars Klingbeil sparen will, könnte er doch einen chinesischen BYD kaufen. Und der sächsische Ministerpräsident Michael Kretschmer könnte sich einen gebrauchten VW Phaeton besorgen und so seine Bescheidenheit und seine Verbundenheit zum Südosten ausdrücken. Immerhin wurde das durchweg erfolglose Modell bis 2016 in Dresden und Zwickau gefertigt.

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Leichter ließe sich Bodenständigkeit nicht demonstrieren
Überhaupt bleibt rätselhaft, warum nicht viel mehr Politiker*innen Kleinwagen fahren: Viel leichter lässt sich Bodenständigkeit kaum demonstrieren. Die Bremer Umweltsenatorin Kathrin Moosdorf wenigstens kommt genauso wie der Hamburger Verkehrssenator Anjes Tjarks ganz ohne Dienstwagen aus.
Bundeswirtschaftsministerin Katherina Reiche, das muss man ihr zugestehen, macht in puncto konsequenter Außenwirkung alles richtig: Sie nutzt einen BMW mit Plug-in-Hybrid aus dem Fuhrpark ihres Ministeriums und nicht, wie alle ihre Kolleg*innen, fest zugeordnete Dienstautos. Flexibel, effizient, wenn nötig grün angehaucht und trotzdem vor allem fossil: eine Wahl ganz nach ihrer Vorstellung von der deutschen Wirtschaft.
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